Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.Ich nahm die Arbeit wieder auf, Gerwig stand am Fenster und schaute in Ich habe nichts gesagt, erwiderte ich und arbeitete weiter. Er wandte sich Jetzt fing das Glöcklein von neuem an. Der arme Sünder war am innern Es war mir, als habe die Glocke mit dem schwarzen Seil noch nie so Da merkte ich, daß die Glocke schwieg. Dann war mir wieder, als ob sie Läuten sie wieder? fragte Gerwig. Nein, erwiderte ich. Die zweite Pause dauert länger als die erste. Ewig lang, ewig lang! stöhnte Gerwig. Dann rief er: Warum läuten sie denn nicht? Der Kerl ist ja schon lang zum Sie werden gleich wieder anfangen, sagte ich, um ihn zu beruhigen. Gerwig fuhr herum und sah mich ingrimmig an. Ich las ihm das Wort von Dann zischte er: Sie sollen wieder lüntenl und schrie: Lautet! Läutet! Läutet! Endlich sing das Glöcklein wieder um zu läuten. Gerwig horchte. Läuten sie? Ja. Da nahm er ein Blech, warf es auf den Amboß, ergriff den größten Hammer Hör auf! rief ich. Mnu wird ja verrückt! Ich zog ihm das Blech unter dem Hammer weg. Da schmiß er den Hammer Wir lauschten. Das Glöcklein schwieg. Ich machte mich daran, die Werkstatt aufzuräumen. Gerwig stützte den Ellbogen ans das Knie, legte das Kinn in die Hemd und Nicht lange, so that sich die Thür auf, und Valentin trat mit fröhlichem Ich schaute Gerwig an, ob der es auch sähe. Ja, er sah es auch. Seine Valentin war erregt und voller Gedanken. Lichter und Schatten flogen über Grmzbvwi III 1901 18
Ich nahm die Arbeit wieder auf, Gerwig stand am Fenster und schaute in Ich habe nichts gesagt, erwiderte ich und arbeitete weiter. Er wandte sich Jetzt fing das Glöcklein von neuem an. Der arme Sünder war am innern Es war mir, als habe die Glocke mit dem schwarzen Seil noch nie so Da merkte ich, daß die Glocke schwieg. Dann war mir wieder, als ob sie Läuten sie wieder? fragte Gerwig. Nein, erwiderte ich. Die zweite Pause dauert länger als die erste. Ewig lang, ewig lang! stöhnte Gerwig. Dann rief er: Warum läuten sie denn nicht? Der Kerl ist ja schon lang zum Sie werden gleich wieder anfangen, sagte ich, um ihn zu beruhigen. Gerwig fuhr herum und sah mich ingrimmig an. Ich las ihm das Wort von Dann zischte er: Sie sollen wieder lüntenl und schrie: Lautet! Läutet! Läutet! Endlich sing das Glöcklein wieder um zu läuten. Gerwig horchte. Läuten sie? Ja. Da nahm er ein Blech, warf es auf den Amboß, ergriff den größten Hammer Hör auf! rief ich. Mnu wird ja verrückt! Ich zog ihm das Blech unter dem Hammer weg. Da schmiß er den Hammer Wir lauschten. Das Glöcklein schwieg. Ich machte mich daran, die Werkstatt aufzuräumen. Gerwig stützte den Ellbogen ans das Knie, legte das Kinn in die Hemd und Nicht lange, so that sich die Thür auf, und Valentin trat mit fröhlichem Ich schaute Gerwig an, ob der es auch sähe. Ja, er sah es auch. Seine Valentin war erregt und voller Gedanken. Lichter und Schatten flogen über Grmzbvwi III 1901 18
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Ich nahm die Arbeit wieder auf, Gerwig stand am Fenster und schaute in
den Hof. Plötzlich schnellte er herum und fuhr mich an: Was willst du?
Ich habe nichts gesagt, erwiderte ich und arbeitete weiter. Er wandte sich
dem Fenster zu und starrte wieder in den Hof hinaus.
Jetzt fing das Glöcklein von neuem an. Der arme Sünder war am innern
Thore angelangt.
Es war mir, als habe die Glocke mit dem schwarzen Seil noch nie so
schrillen Ton gehabt. Mau hörte es ihrem wilden Klingen nu, wie das Erz in
den Lüften flog. Das Triumphieren des trunkneu Glöckleins nahm kein Ende.
Es war nimmer zum aushalten. Ich drückte mir die Ohren zu, aber das schnei¬
dende Sausen fand doch seinen Weg zu meinem Gehör. Gerwig lief in der
Schmiede auf und nieder und schlug um das Eisenblech, das an den Wänden hing
und in den Winkeln lehnte, damit der unheimliche Jnbel vom Turme übertönt
werde. Als er wieder einmal an mir vorüberfuhr, fielen mir die Hände von den
Ohren, so erschrak ich über sein verzerrtes Gesicht.
Da merkte ich, daß die Glocke schwieg. Dann war mir wieder, als ob sie
weiter läute. Sie hatte wirklich aufgehört. Aber durch die Lüfte zog ein scharfes
Summen, und der Glockenton bebte mir noch im Mark.
Läuten sie wieder? fragte Gerwig.
Nein, erwiderte ich. Die zweite Pause dauert länger als die erste.
Ewig lang, ewig lang! stöhnte Gerwig.
Dann rief er: Warum läuten sie denn nicht? Der Kerl ist ja schon lang zum
Speirer Thor Hinansi
Sie werden gleich wieder anfangen, sagte ich, um ihn zu beruhigen.
Gerwig fuhr herum und sah mich ingrimmig an. Ich las ihm das Wort von
den Lippen, das er mir zurufen wollte.
Dann zischte er: Sie sollen wieder lüntenl und schrie: Lautet! Läutet! Läutet!
Endlich sing das Glöcklein wieder um zu läuten. Gerwig horchte.
Läuten sie?
Ja.
Da nahm er ein Blech, warf es auf den Amboß, ergriff den größten Hammer
und schlug darauf los, daß die Schmiede mit Getöse erfüllt war.
Hör auf! rief ich. Mnu wird ja verrückt!
Ich zog ihm das Blech unter dem Hammer weg. Da schmiß er den Hammer
in den Winkel und warf sich ans einen Stuhl.
Wir lauschten. Das Glöcklein schwieg.
Ich machte mich daran, die Werkstatt aufzuräumen.
Gerwig stützte den Ellbogen ans das Knie, legte das Kinn in die Hemd und
schaute unverwandt nach der Thür. Er atmete schwer, und das Haar hing ihm
in die heiße Stirn.
Nicht lange, so that sich die Thür auf, und Valentin trat mit fröhlichem
Gruße herein. Wir schauten ihm ins Gesicht. Ich sah ihm an, mit einer Ge¬
wißheit, die ich hätte beschwören mögen, daß er Kunigundeus Mund geküßt hatte.
Ein stolzes Lächeln lag auf seinen Lippen, und er kräuselte sie so voller Übermut,
wie wenn sie ihm ihr Lachen und ihr Schmollen ausgeküßt hätte.
Ich schaute Gerwig an, ob der es auch sähe. Ja, er sah es auch. Seine
Unterlippe bebte. Unsre Augen begegneten einander, und wir verstanden uns.
Valentin war erregt und voller Gedanken. Lichter und Schatten flogen über
sein Gesicht. Er ging unruhig im Gemach umher. Seine Augen ruhten zuweilen
auf Gerwig und auf mir, wie wenn er uns etwas sagen wollte, was ihm schwer
über die Lippen ging. Als er einmal hinter Gerwig stehn blieb und die Stuhl-
Grmzbvwi III 1901 18
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