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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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meistens der Anzeige und Ahndung entzieh". Von dein Ministerium ist kein nach¬
weisbarer Einfluß nuf die untergebnen Organe geübt worden, doch hat es darum
nicht an offiziellen Kandidaturen gefehlt. Nur sind diese den Wahlbezirken mit
mehr oder weniger Nachdruck durch das Exekutivkomitee der Regierungspartei nahe¬
gelegt worden. Erfreulicherweise haben sich mehrere Wählerschaften diese Ein¬
mischung in ihr Selbstbestimmuiigsrecht energisch verbeten und ihre Kandidaten mich
glücklich durchgebracht.

Das nach dem Abschlüsse der Stichwahlen nunmehr feststehende Endergebnis
zeigt als charakteristisches Zeichen einen Verlust der liberalen Regierungspartei von
fünfundvierzig Mandaten, von denen fünfundzwanzig den beiden Fraktionen der Uu-
abhäugigkeitspartei, und zwar ganz vorwiegend der Kossuthgruppe zu gute kommen.
Die katholische Vvltspnrtei hat nicht bloß in zahlreichen Wahlbezirken beträchtliche
Minderheiten, sondern anch einen Zuwachs von zehn Mandate" erreicht. Bemerkens¬
wert ist die Wahl von einem serbischen und vier slowakischeu ausgesprochen nationa¬
listischen Abgeordneten. Die sächsische Volkspartei hat den Regierungssachsen zwei
Mandate abgenommen. In der Hauptstadt ist ein Demokrat durchgedrungen, während
das keinem einzigen sozialdeiuokratischeu Kandidaten gelungen ist.

Das Uuvercinbarkcitsgesetz hat viele frühere Abgeordnete von der Bewerbung
abgehalten, noch mehr der Wegfall des offnen Hochdrucks von der Regierung und
ihren Organen ans. Den tiefsten Eindruck hat das Durchfällen des einst all¬
mächtigen parlamentarischen Diktators Kolvnian Tiszn in seinem Großwaroeiner
Wahlbezirke gemacht, deu er mich seiner von der böhmischen Okkupation im Jahre
1878 verursachten Wahlniederlage in Debreczin ohne Unterbrechung vertreten hat.
Damit ist anch äußerlich das Ende des verhängnisvollen Einflusses bezeichnet, den
Tiszn und sein Anhang über ein Vierteljahrhundert lang auf die Geschicke Ungarns
ausgeübt haben. Nahezu bedeutungslos erscheint daneben die Niederlage des Justiz-
ministers Plosz und des frühern Staatssekretärs Lang. Als Beweis,'daß Minister¬
präsident Szell der Willensäußerung der Wählerschaft freien Lauf gelassen habe,
weisen die Offiziösen darauf hin, daß auch sein eigner Schwiegersohn und sein Schwager
unter den unerwartet Durchgefallneu seien. Wenn die Regierungspartei ebenso wie die
äußerste Linke und die Volkspartei anch nur je eine Doppelwcihl zu verzeichnen
hat, so ist doch zweifellos, daß für den Justizminister, später wohl auch für Tisza
und Lang ein Mandat gefunden werden wird. Die Nachricht, daß sich der Gründer
der liberalen Partei nach seiner Niederlage gegen die Unabhängigkeitspartei vom
politischen Leben ganz zurückziehn werde, ist schleunig widerrufen worden. Doch ist
es nicht ausgeschlossen, daß er seine künftige politische Wirksamkeit in das Oberhaus
verlegen wird, wo er als Oberkurator eines reformierten Kirchcndistrikts seinen Sitz
einnehmen konnte, den ein auch unter anderm Titel zur Mitgliedschaft berechtigter
Verwandter, Graf Degeufeld, durch seinen Verzicht uns die bisherige Vertretung
frei gemacht hat. Wenig hätte gefehlt, daß auch Tiszas langjähriger politischer
Gegner, Graf Albert Apponhi, den Wahlkünsten lokaler Gegner in Jäszbereny und
des von Bänffy eingesetzten, von Szöll entlassenen Obergespans erlegen wäre. Die
dort geübten Mißbräuche gehörten zu den schreiendsten Verhöhnungen der von Szell
mit gutem Glauben in Aussicht gestellten Freiheit und Reinheit der Wahl.

Die Presse der äußersten Linken wirft allerdings trotz des starken Anwachsens
ihrer Bertreterzahl dem Ministerpräsidenten vor, er habe die nur vorsichtiger als früher
geübten Wahlkünste der Beamtenschaft nicht ungern gesehen und jedenfalls geduldet.
Zweifellos hat sich gegen die aus der Mitte der südungarischen Deutschen auf¬
gestellten unabhängigen Kandidaturen Lendl, Schreyer und Stcinackcr ein fühlbarer
Druck des Komitnts geltend gemacht. Trotzdem ist es dein erstgenannten Bewerber
ebenso wie dem Bürgermeister Scemeher in Werschetz gelungen, gegen die offi¬
ziellen Kandidaten des Exekutivkomitees mit dem Programm der liberalen Partei,


meistens der Anzeige und Ahndung entzieh». Von dein Ministerium ist kein nach¬
weisbarer Einfluß nuf die untergebnen Organe geübt worden, doch hat es darum
nicht an offiziellen Kandidaturen gefehlt. Nur sind diese den Wahlbezirken mit
mehr oder weniger Nachdruck durch das Exekutivkomitee der Regierungspartei nahe¬
gelegt worden. Erfreulicherweise haben sich mehrere Wählerschaften diese Ein¬
mischung in ihr Selbstbestimmuiigsrecht energisch verbeten und ihre Kandidaten mich
glücklich durchgebracht.

Das nach dem Abschlüsse der Stichwahlen nunmehr feststehende Endergebnis
zeigt als charakteristisches Zeichen einen Verlust der liberalen Regierungspartei von
fünfundvierzig Mandaten, von denen fünfundzwanzig den beiden Fraktionen der Uu-
abhäugigkeitspartei, und zwar ganz vorwiegend der Kossuthgruppe zu gute kommen.
Die katholische Vvltspnrtei hat nicht bloß in zahlreichen Wahlbezirken beträchtliche
Minderheiten, sondern anch einen Zuwachs von zehn Mandate» erreicht. Bemerkens¬
wert ist die Wahl von einem serbischen und vier slowakischeu ausgesprochen nationa¬
listischen Abgeordneten. Die sächsische Volkspartei hat den Regierungssachsen zwei
Mandate abgenommen. In der Hauptstadt ist ein Demokrat durchgedrungen, während
das keinem einzigen sozialdeiuokratischeu Kandidaten gelungen ist.

Das Uuvercinbarkcitsgesetz hat viele frühere Abgeordnete von der Bewerbung
abgehalten, noch mehr der Wegfall des offnen Hochdrucks von der Regierung und
ihren Organen ans. Den tiefsten Eindruck hat das Durchfällen des einst all¬
mächtigen parlamentarischen Diktators Kolvnian Tiszn in seinem Großwaroeiner
Wahlbezirke gemacht, deu er mich seiner von der böhmischen Okkupation im Jahre
1878 verursachten Wahlniederlage in Debreczin ohne Unterbrechung vertreten hat.
Damit ist anch äußerlich das Ende des verhängnisvollen Einflusses bezeichnet, den
Tiszn und sein Anhang über ein Vierteljahrhundert lang auf die Geschicke Ungarns
ausgeübt haben. Nahezu bedeutungslos erscheint daneben die Niederlage des Justiz-
ministers Plosz und des frühern Staatssekretärs Lang. Als Beweis,'daß Minister¬
präsident Szell der Willensäußerung der Wählerschaft freien Lauf gelassen habe,
weisen die Offiziösen darauf hin, daß auch sein eigner Schwiegersohn und sein Schwager
unter den unerwartet Durchgefallneu seien. Wenn die Regierungspartei ebenso wie die
äußerste Linke und die Volkspartei anch nur je eine Doppelwcihl zu verzeichnen
hat, so ist doch zweifellos, daß für den Justizminister, später wohl auch für Tisza
und Lang ein Mandat gefunden werden wird. Die Nachricht, daß sich der Gründer
der liberalen Partei nach seiner Niederlage gegen die Unabhängigkeitspartei vom
politischen Leben ganz zurückziehn werde, ist schleunig widerrufen worden. Doch ist
es nicht ausgeschlossen, daß er seine künftige politische Wirksamkeit in das Oberhaus
verlegen wird, wo er als Oberkurator eines reformierten Kirchcndistrikts seinen Sitz
einnehmen konnte, den ein auch unter anderm Titel zur Mitgliedschaft berechtigter
Verwandter, Graf Degeufeld, durch seinen Verzicht uns die bisherige Vertretung
frei gemacht hat. Wenig hätte gefehlt, daß auch Tiszas langjähriger politischer
Gegner, Graf Albert Apponhi, den Wahlkünsten lokaler Gegner in Jäszbereny und
des von Bänffy eingesetzten, von Szöll entlassenen Obergespans erlegen wäre. Die
dort geübten Mißbräuche gehörten zu den schreiendsten Verhöhnungen der von Szell
mit gutem Glauben in Aussicht gestellten Freiheit und Reinheit der Wahl.

Die Presse der äußersten Linken wirft allerdings trotz des starken Anwachsens
ihrer Bertreterzahl dem Ministerpräsidenten vor, er habe die nur vorsichtiger als früher
geübten Wahlkünste der Beamtenschaft nicht ungern gesehen und jedenfalls geduldet.
Zweifellos hat sich gegen die aus der Mitte der südungarischen Deutschen auf¬
gestellten unabhängigen Kandidaturen Lendl, Schreyer und Stcinackcr ein fühlbarer
Druck des Komitnts geltend gemacht. Trotzdem ist es dein erstgenannten Bewerber
ebenso wie dem Bürgermeister Scemeher in Werschetz gelungen, gegen die offi¬
ziellen Kandidaten des Exekutivkomitees mit dem Programm der liberalen Partei,


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[0306] meistens der Anzeige und Ahndung entzieh». Von dein Ministerium ist kein nach¬ weisbarer Einfluß nuf die untergebnen Organe geübt worden, doch hat es darum nicht an offiziellen Kandidaturen gefehlt. Nur sind diese den Wahlbezirken mit mehr oder weniger Nachdruck durch das Exekutivkomitee der Regierungspartei nahe¬ gelegt worden. Erfreulicherweise haben sich mehrere Wählerschaften diese Ein¬ mischung in ihr Selbstbestimmuiigsrecht energisch verbeten und ihre Kandidaten mich glücklich durchgebracht. Das nach dem Abschlüsse der Stichwahlen nunmehr feststehende Endergebnis zeigt als charakteristisches Zeichen einen Verlust der liberalen Regierungspartei von fünfundvierzig Mandaten, von denen fünfundzwanzig den beiden Fraktionen der Uu- abhäugigkeitspartei, und zwar ganz vorwiegend der Kossuthgruppe zu gute kommen. Die katholische Vvltspnrtei hat nicht bloß in zahlreichen Wahlbezirken beträchtliche Minderheiten, sondern anch einen Zuwachs von zehn Mandate» erreicht. Bemerkens¬ wert ist die Wahl von einem serbischen und vier slowakischeu ausgesprochen nationa¬ listischen Abgeordneten. Die sächsische Volkspartei hat den Regierungssachsen zwei Mandate abgenommen. In der Hauptstadt ist ein Demokrat durchgedrungen, während das keinem einzigen sozialdeiuokratischeu Kandidaten gelungen ist. Das Uuvercinbarkcitsgesetz hat viele frühere Abgeordnete von der Bewerbung abgehalten, noch mehr der Wegfall des offnen Hochdrucks von der Regierung und ihren Organen ans. Den tiefsten Eindruck hat das Durchfällen des einst all¬ mächtigen parlamentarischen Diktators Kolvnian Tiszn in seinem Großwaroeiner Wahlbezirke gemacht, deu er mich seiner von der böhmischen Okkupation im Jahre 1878 verursachten Wahlniederlage in Debreczin ohne Unterbrechung vertreten hat. Damit ist anch äußerlich das Ende des verhängnisvollen Einflusses bezeichnet, den Tiszn und sein Anhang über ein Vierteljahrhundert lang auf die Geschicke Ungarns ausgeübt haben. Nahezu bedeutungslos erscheint daneben die Niederlage des Justiz- ministers Plosz und des frühern Staatssekretärs Lang. Als Beweis,'daß Minister¬ präsident Szell der Willensäußerung der Wählerschaft freien Lauf gelassen habe, weisen die Offiziösen darauf hin, daß auch sein eigner Schwiegersohn und sein Schwager unter den unerwartet Durchgefallneu seien. Wenn die Regierungspartei ebenso wie die äußerste Linke und die Volkspartei anch nur je eine Doppelwcihl zu verzeichnen hat, so ist doch zweifellos, daß für den Justizminister, später wohl auch für Tisza und Lang ein Mandat gefunden werden wird. Die Nachricht, daß sich der Gründer der liberalen Partei nach seiner Niederlage gegen die Unabhängigkeitspartei vom politischen Leben ganz zurückziehn werde, ist schleunig widerrufen worden. Doch ist es nicht ausgeschlossen, daß er seine künftige politische Wirksamkeit in das Oberhaus verlegen wird, wo er als Oberkurator eines reformierten Kirchcndistrikts seinen Sitz einnehmen konnte, den ein auch unter anderm Titel zur Mitgliedschaft berechtigter Verwandter, Graf Degeufeld, durch seinen Verzicht uns die bisherige Vertretung frei gemacht hat. Wenig hätte gefehlt, daß auch Tiszas langjähriger politischer Gegner, Graf Albert Apponhi, den Wahlkünsten lokaler Gegner in Jäszbereny und des von Bänffy eingesetzten, von Szöll entlassenen Obergespans erlegen wäre. Die dort geübten Mißbräuche gehörten zu den schreiendsten Verhöhnungen der von Szell mit gutem Glauben in Aussicht gestellten Freiheit und Reinheit der Wahl. Die Presse der äußersten Linken wirft allerdings trotz des starken Anwachsens ihrer Bertreterzahl dem Ministerpräsidenten vor, er habe die nur vorsichtiger als früher geübten Wahlkünste der Beamtenschaft nicht ungern gesehen und jedenfalls geduldet. Zweifellos hat sich gegen die aus der Mitte der südungarischen Deutschen auf¬ gestellten unabhängigen Kandidaturen Lendl, Schreyer und Stcinackcr ein fühlbarer Druck des Komitnts geltend gemacht. Trotzdem ist es dein erstgenannten Bewerber ebenso wie dem Bürgermeister Scemeher in Werschetz gelungen, gegen die offi¬ ziellen Kandidaten des Exekutivkomitees mit dem Programm der liberalen Partei,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/306>, abgerufen am 21.05.2024.