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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Doktor Dnttmüller und sein Freund

Wenn man nämlich einen Knx zu kaufen kriegt, so ist man beschränkter Sozius und
kann mit verdienen.

Oder man wird sein Geld los, sagte der Schulze. Kiuder, laßt die Finger
davon. Mein Gevatter Mewes in Siebendorf, der die Sache versteht, sagt: Wer
sein Geld will fliegen sehen, der kaufe Tauben, und wers begraben will, der soll
es in Bergwerken anlegen.

Der Abend sollte noch schöner werden. Denn nachdem sich alle laut ver¬
schworen hatten, es fiele ihnen gar nicht ein, sich die Finger zu verbrennen, nachdem
man im stillen erwogen hatte, ob man im Interesse der Couponschere nicht ein
paar Tausend riskieren könnte, Wenns einem geboten würde, und nachdem der
Herr Direktor nach langem Zureden zur Kugel gegriffen und unter großem Hallo
drei nennen geworfen hatte -- es war der reine Dusel gewesen, wie von mi߬
günstiger Seite behauptet wurde --, kam unter gransnmen Bremstönen ein Wagen
den Waldweg herab, ein "Bre--ak," der soviel Menschen geladen hatte, als irgend
draufgingen, mit einem Pferde davor, das sich verzweifelt dagegen wehrte, den
Wagen auf den Leib zu bekommen. Die Herren Landwirte reckten die Hälse und hatten
bald heraus, daß es der Bre--ak der Ruppertschen Brauerei sei, daß der Brau¬
meister Göckel, Herr Organist Larisch und noch einige mehr oder weniger bekannte
Herren aus Braunfels darauf säßen, und daß es diesen Abend uoch Freibier geben
werde. So war es auch. Der Wagen hielt am Kegelhänschen; die Herren
stiegen ab, wobei sie eine Gruppe bildeten, die nach Alter, Größe, Dicke, Kleidung
und Benehmen völlig unsortiert war. Nachdem sie ihre vom langen Fahren außer
Schick gekommnen Glieder wieder eingerenkt, den Staub abgeschüttelt und sich sonst
nach Kräften verschönt hatten, setzten sie sich im Festzuge in Bewegung, wie Leute,
die gewiß sind, willkommen geheißen zu werden. Voran Herr Larisch, ein wür¬
diger älterer Herr mit einem breiten roten Gesichte, das aussah, als wenn sein
Inhaber in nicht zu entfernter Weise mit dem Kladderadatsch verwandt sei, dann
Herr Göckel, dessen Leibesumfang leicht seinen Beruf erraten ließ, dann ein langer
schmaler, sorgfältig, wenn auch etwas altmodisch gekleideter alter Herr, der im
Gehn bemüht war, Schnupftabakskrümel vou seinem Vorhemdchen wegznschnippeu;
dann ein kleiner beweglicher Herr, der, wenn man sein Haar für echt halten wollte,
in den besten Jahren war und sich bemühte, seinen Schritten Gemessenheit und
Würde beizubringen, und zuletzt ein junger Herr in modernem Anzüge mit auf¬
gestreiften Beinkleidern und tadelloser Bügelfalte.

Das ist aber einmal schön, rief der Schulze in seinen biedersten Tönen, Herr
Göckel und Herr Larisch und die übrigen Herren, daß Sie uns einmal besuche".
Kommen Sie, hier am Hcrrentische ist noch Platz.

Der Festzug kam also am Herrentische zum Stillstande, Herr Larisch nahm vor
der Front Aufstellung und sagte, zu den fremden Herren am obern Ende des
Tisches gewandt: Ich habe die Ehre, allerseits einen vergnüglichen guten Abend
zu wünschen. Erlauben Sie, daß ich den Ausrufer in der Menagerie mache. Ich
heiße Larisch, August Larisch, und bin mit Respekt zu vermelden Schulmeister. Aber
nur bis nachmittags um drei Uhr. Daß ich außerdem in der Marienkirche all¬
sonntäglich die Orgel drehe, übergehe ich mit gebührender Bescheidenheit. Dies ist,
wie Sie wissen, mein Freund der Braumeister Göckel, der ein nur uuvolllomumes
Deutsch spricht und den edeln Beruf hat, sich zu Ehren seiner Firma und zu Gunsten
dieser Blutsauger von Wirten totzusanfeu. -- Geben Sie mir Ihre Vorderflosse,
Andres, Sie Blutsauger. -- Dies ist mein Freund Bernhard Scholz, ehemals
Tabccksreisender, jetzt Rentier, eine vollendete alte Jnmfer. Dieser kleine Herr ist
Herr Lehrende Bolze, Giftmischer außer Dienst und Professor aller einleitenden
Wissenschaften. Und dies ist Herr Doktor Saltx, ein Mediziner von noch leidlich
reinem Gewissen, der es aber gewiß noch einmal weit bringen wird.

Jede Vorstellung wurde dnrch eine Verbeugung des Vorgestellten und eine
Gclächterscilve der Herren Landwirte begrüßt. Darauf setzte man sich. Herr Larisch


Doktor Dnttmüller und sein Freund

Wenn man nämlich einen Knx zu kaufen kriegt, so ist man beschränkter Sozius und
kann mit verdienen.

Oder man wird sein Geld los, sagte der Schulze. Kiuder, laßt die Finger
davon. Mein Gevatter Mewes in Siebendorf, der die Sache versteht, sagt: Wer
sein Geld will fliegen sehen, der kaufe Tauben, und wers begraben will, der soll
es in Bergwerken anlegen.

Der Abend sollte noch schöner werden. Denn nachdem sich alle laut ver¬
schworen hatten, es fiele ihnen gar nicht ein, sich die Finger zu verbrennen, nachdem
man im stillen erwogen hatte, ob man im Interesse der Couponschere nicht ein
paar Tausend riskieren könnte, Wenns einem geboten würde, und nachdem der
Herr Direktor nach langem Zureden zur Kugel gegriffen und unter großem Hallo
drei nennen geworfen hatte — es war der reine Dusel gewesen, wie von mi߬
günstiger Seite behauptet wurde —, kam unter gransnmen Bremstönen ein Wagen
den Waldweg herab, ein „Bre—ak," der soviel Menschen geladen hatte, als irgend
draufgingen, mit einem Pferde davor, das sich verzweifelt dagegen wehrte, den
Wagen auf den Leib zu bekommen. Die Herren Landwirte reckten die Hälse und hatten
bald heraus, daß es der Bre—ak der Ruppertschen Brauerei sei, daß der Brau¬
meister Göckel, Herr Organist Larisch und noch einige mehr oder weniger bekannte
Herren aus Braunfels darauf säßen, und daß es diesen Abend uoch Freibier geben
werde. So war es auch. Der Wagen hielt am Kegelhänschen; die Herren
stiegen ab, wobei sie eine Gruppe bildeten, die nach Alter, Größe, Dicke, Kleidung
und Benehmen völlig unsortiert war. Nachdem sie ihre vom langen Fahren außer
Schick gekommnen Glieder wieder eingerenkt, den Staub abgeschüttelt und sich sonst
nach Kräften verschönt hatten, setzten sie sich im Festzuge in Bewegung, wie Leute,
die gewiß sind, willkommen geheißen zu werden. Voran Herr Larisch, ein wür¬
diger älterer Herr mit einem breiten roten Gesichte, das aussah, als wenn sein
Inhaber in nicht zu entfernter Weise mit dem Kladderadatsch verwandt sei, dann
Herr Göckel, dessen Leibesumfang leicht seinen Beruf erraten ließ, dann ein langer
schmaler, sorgfältig, wenn auch etwas altmodisch gekleideter alter Herr, der im
Gehn bemüht war, Schnupftabakskrümel vou seinem Vorhemdchen wegznschnippeu;
dann ein kleiner beweglicher Herr, der, wenn man sein Haar für echt halten wollte,
in den besten Jahren war und sich bemühte, seinen Schritten Gemessenheit und
Würde beizubringen, und zuletzt ein junger Herr in modernem Anzüge mit auf¬
gestreiften Beinkleidern und tadelloser Bügelfalte.

Das ist aber einmal schön, rief der Schulze in seinen biedersten Tönen, Herr
Göckel und Herr Larisch und die übrigen Herren, daß Sie uns einmal besuche».
Kommen Sie, hier am Hcrrentische ist noch Platz.

Der Festzug kam also am Herrentische zum Stillstande, Herr Larisch nahm vor
der Front Aufstellung und sagte, zu den fremden Herren am obern Ende des
Tisches gewandt: Ich habe die Ehre, allerseits einen vergnüglichen guten Abend
zu wünschen. Erlauben Sie, daß ich den Ausrufer in der Menagerie mache. Ich
heiße Larisch, August Larisch, und bin mit Respekt zu vermelden Schulmeister. Aber
nur bis nachmittags um drei Uhr. Daß ich außerdem in der Marienkirche all¬
sonntäglich die Orgel drehe, übergehe ich mit gebührender Bescheidenheit. Dies ist,
wie Sie wissen, mein Freund der Braumeister Göckel, der ein nur uuvolllomumes
Deutsch spricht und den edeln Beruf hat, sich zu Ehren seiner Firma und zu Gunsten
dieser Blutsauger von Wirten totzusanfeu. — Geben Sie mir Ihre Vorderflosse,
Andres, Sie Blutsauger. — Dies ist mein Freund Bernhard Scholz, ehemals
Tabccksreisender, jetzt Rentier, eine vollendete alte Jnmfer. Dieser kleine Herr ist
Herr Lehrende Bolze, Giftmischer außer Dienst und Professor aller einleitenden
Wissenschaften. Und dies ist Herr Doktor Saltx, ein Mediziner von noch leidlich
reinem Gewissen, der es aber gewiß noch einmal weit bringen wird.

Jede Vorstellung wurde dnrch eine Verbeugung des Vorgestellten und eine
Gclächterscilve der Herren Landwirte begrüßt. Darauf setzte man sich. Herr Larisch


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[0162] Doktor Dnttmüller und sein Freund Wenn man nämlich einen Knx zu kaufen kriegt, so ist man beschränkter Sozius und kann mit verdienen. Oder man wird sein Geld los, sagte der Schulze. Kiuder, laßt die Finger davon. Mein Gevatter Mewes in Siebendorf, der die Sache versteht, sagt: Wer sein Geld will fliegen sehen, der kaufe Tauben, und wers begraben will, der soll es in Bergwerken anlegen. Der Abend sollte noch schöner werden. Denn nachdem sich alle laut ver¬ schworen hatten, es fiele ihnen gar nicht ein, sich die Finger zu verbrennen, nachdem man im stillen erwogen hatte, ob man im Interesse der Couponschere nicht ein paar Tausend riskieren könnte, Wenns einem geboten würde, und nachdem der Herr Direktor nach langem Zureden zur Kugel gegriffen und unter großem Hallo drei nennen geworfen hatte — es war der reine Dusel gewesen, wie von mi߬ günstiger Seite behauptet wurde —, kam unter gransnmen Bremstönen ein Wagen den Waldweg herab, ein „Bre—ak," der soviel Menschen geladen hatte, als irgend draufgingen, mit einem Pferde davor, das sich verzweifelt dagegen wehrte, den Wagen auf den Leib zu bekommen. Die Herren Landwirte reckten die Hälse und hatten bald heraus, daß es der Bre—ak der Ruppertschen Brauerei sei, daß der Brau¬ meister Göckel, Herr Organist Larisch und noch einige mehr oder weniger bekannte Herren aus Braunfels darauf säßen, und daß es diesen Abend uoch Freibier geben werde. So war es auch. Der Wagen hielt am Kegelhänschen; die Herren stiegen ab, wobei sie eine Gruppe bildeten, die nach Alter, Größe, Dicke, Kleidung und Benehmen völlig unsortiert war. Nachdem sie ihre vom langen Fahren außer Schick gekommnen Glieder wieder eingerenkt, den Staub abgeschüttelt und sich sonst nach Kräften verschönt hatten, setzten sie sich im Festzuge in Bewegung, wie Leute, die gewiß sind, willkommen geheißen zu werden. Voran Herr Larisch, ein wür¬ diger älterer Herr mit einem breiten roten Gesichte, das aussah, als wenn sein Inhaber in nicht zu entfernter Weise mit dem Kladderadatsch verwandt sei, dann Herr Göckel, dessen Leibesumfang leicht seinen Beruf erraten ließ, dann ein langer schmaler, sorgfältig, wenn auch etwas altmodisch gekleideter alter Herr, der im Gehn bemüht war, Schnupftabakskrümel vou seinem Vorhemdchen wegznschnippeu; dann ein kleiner beweglicher Herr, der, wenn man sein Haar für echt halten wollte, in den besten Jahren war und sich bemühte, seinen Schritten Gemessenheit und Würde beizubringen, und zuletzt ein junger Herr in modernem Anzüge mit auf¬ gestreiften Beinkleidern und tadelloser Bügelfalte. Das ist aber einmal schön, rief der Schulze in seinen biedersten Tönen, Herr Göckel und Herr Larisch und die übrigen Herren, daß Sie uns einmal besuche». Kommen Sie, hier am Hcrrentische ist noch Platz. Der Festzug kam also am Herrentische zum Stillstande, Herr Larisch nahm vor der Front Aufstellung und sagte, zu den fremden Herren am obern Ende des Tisches gewandt: Ich habe die Ehre, allerseits einen vergnüglichen guten Abend zu wünschen. Erlauben Sie, daß ich den Ausrufer in der Menagerie mache. Ich heiße Larisch, August Larisch, und bin mit Respekt zu vermelden Schulmeister. Aber nur bis nachmittags um drei Uhr. Daß ich außerdem in der Marienkirche all¬ sonntäglich die Orgel drehe, übergehe ich mit gebührender Bescheidenheit. Dies ist, wie Sie wissen, mein Freund der Braumeister Göckel, der ein nur uuvolllomumes Deutsch spricht und den edeln Beruf hat, sich zu Ehren seiner Firma und zu Gunsten dieser Blutsauger von Wirten totzusanfeu. — Geben Sie mir Ihre Vorderflosse, Andres, Sie Blutsauger. — Dies ist mein Freund Bernhard Scholz, ehemals Tabccksreisender, jetzt Rentier, eine vollendete alte Jnmfer. Dieser kleine Herr ist Herr Lehrende Bolze, Giftmischer außer Dienst und Professor aller einleitenden Wissenschaften. Und dies ist Herr Doktor Saltx, ein Mediziner von noch leidlich reinem Gewissen, der es aber gewiß noch einmal weit bringen wird. Jede Vorstellung wurde dnrch eine Verbeugung des Vorgestellten und eine Gclächterscilve der Herren Landwirte begrüßt. Darauf setzte man sich. Herr Larisch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/162>, abgerufen am 31.05.2024.