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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

Formlosigkeit ihres Wildfnngs, war aber schon zu sehr mit ihrer Nepräseutations-
pflicht beschäftigt, als daß sie sich aus der Haltung hätte bringen lassen.

Während dessen war der Wagen angelangt. Es War Doktor Louis Dutt¬
müller, der seine Antrittsvisite machte. Er hatte es für notwendig und anständig
gehalten, dazu im Doktorwagen vorzufahren. Da er um noch keinen Doktorwngen
hatte, so hatte er sich den Landauer, ein Gefährt zweifelhaften Charakters, von
Fritze Poplitzen und deu nlteu Franz von Happich geborgt. Er selbst hatte sich
hochfein angezogen, einen funkeluagelueucn Chlinder aufgesetzt, brandrote Hand¬
schuhe nu den Händen und tadellose Bügelfalten in den Beinkleidern. Da es mit
Klnvphorn zu lange dauerte, und eine weiße Schürze schneller umgethan ist, als
ein blauer Frack angezogen wird, so empfing Auguste den Doktor, geleitete ihn in
den Vorraum und trug seine Visitenkarte ans dem nensilbernen Teller in den
"traurigen Ruhm." Während dessen besah sich der Doktor die Bilder an den
Wänden -- es waren lauter Pferde nebst Reitern in roten Fracks --, räusperte sich
gründlich und brachte seinen Kragen und seine Kravatte in tadellose Verfassung.

Es war angenehm. -- Doktor Louis Duttmüller trat ein, ein feierlicher
Augenblick. Das vornehme Zimmer, der Kamin, die Uhr, die Bilder, die hundert
überflüssigen Dinge, deren Zweck und Bedeutung dem Doktor gänzlich unbekannt
waren, die vornehme Dame in schwarzer Seide und der adlichen Nase und dem
verschleierten Blick, die beiden jungen Mädchen, von denen die eine immer hübscher
und feiner als die andre war, das alles imponierte dem Eintretenden sehr. Frauen
sehen das, und Frauen sehen so etwas nicht ungern. Nachdem die vorgeschriebnen
Höfltchkeitsformeln ausgetauscht waren -- Louis Duttmüller war darin nicht ganz
korrekt gewesen, aber man durfte es mit seiner bevorzugten Stellung, der eines
Arztes, entschuldigen --, setzte man sich. Die gnädige Frau nahm die Leitung
des Gesprächs in die Hand. Es war ihr sehr interessant, mit einem jungen
Mediziner, natürlich einem solchen, der in der modernen Medizin bewandert war,
in Beziehung zu trete". Mit dem alten Doktor Blume war doch gar nichts an-
zufangen, einem gänzlich verbauerten Menschen, der ihr einmal Kamillenthee (und
offnen Leib, aber das verschwieg die Gnädige) empfohlen hatte, wo sie mindestens
auf Migränin, Hämatogen oder Antipyrin gerechnet hatte. Ich bitte Sie, sagte
die gnädige Frau, Kamillenthee! den man heutzutage keinem Dienstmädchen mehr
anbieten darf, geschweige denn einer Dame von Stande.

Doktor Duttmüller war sich zwar nicht darüber klar, woran die gnädige Frau
gelitten hatte, glaubte aber behaupten zu können, daß Kamillenthee in der neuern
Medizin nur die Bedeutung eines Palliativs habe.

Nicht wahr! rief die gnädige Frau.

Dagegen werde jetzt, fuhr der Doktor fort, indem er eine ernst-wissenschaftliche
Miene annahm, mit Vorliebe salicylsaures Natron die Dosis von 0,25 bis
0,5 Gramm gegeben. neuster Zeit bevorzuge man auch Trional, Methylen,
Kolanin, Spermin, Salophen, Sanguinin, Scmose, Ferrvpyri", Carniferrin, Analgen
und andre Mittel.

Wie interessant!

Gnädige Frau leiden an --?

Ich habe ein allgemeines Leiden. Und niemand glaubt es mir, wie sehr ich
leide. Und dazu nicht einmal ein Arzt, der Verständnis hat. Finden Sie nicht,
daß die deutsche" Ärzte zu -- zu schwerfällig sind? In England bekommt mau
alles in der Apotheke, für jedes Leiden eine besondre Pastille. Und die Herren
Ärzte drüben sind so nett und lassen mit sich reden. Glauben Sie nicht, Herr
Doktor, daß die deutsche Medizin "och große Fortschritte mache" muß, um dahin
zu kommen, wo man in England schon längst ist?

Doktor Dnttmüller beeilte sich, seine volle Zustimmung auszusprechen und die
Hoffnung zu äußern, daß die deutsche Medizin sich in erfreulicher Weise modernisieren
werde. Er z. B. gehöre durchaus zu deu Modernen.


Doktor Duttmüller und sein Freund

Formlosigkeit ihres Wildfnngs, war aber schon zu sehr mit ihrer Nepräseutations-
pflicht beschäftigt, als daß sie sich aus der Haltung hätte bringen lassen.

Während dessen war der Wagen angelangt. Es War Doktor Louis Dutt¬
müller, der seine Antrittsvisite machte. Er hatte es für notwendig und anständig
gehalten, dazu im Doktorwagen vorzufahren. Da er um noch keinen Doktorwngen
hatte, so hatte er sich den Landauer, ein Gefährt zweifelhaften Charakters, von
Fritze Poplitzen und deu nlteu Franz von Happich geborgt. Er selbst hatte sich
hochfein angezogen, einen funkeluagelueucn Chlinder aufgesetzt, brandrote Hand¬
schuhe nu den Händen und tadellose Bügelfalten in den Beinkleidern. Da es mit
Klnvphorn zu lange dauerte, und eine weiße Schürze schneller umgethan ist, als
ein blauer Frack angezogen wird, so empfing Auguste den Doktor, geleitete ihn in
den Vorraum und trug seine Visitenkarte ans dem nensilbernen Teller in den
„traurigen Ruhm." Während dessen besah sich der Doktor die Bilder an den
Wänden — es waren lauter Pferde nebst Reitern in roten Fracks —, räusperte sich
gründlich und brachte seinen Kragen und seine Kravatte in tadellose Verfassung.

Es war angenehm. — Doktor Louis Duttmüller trat ein, ein feierlicher
Augenblick. Das vornehme Zimmer, der Kamin, die Uhr, die Bilder, die hundert
überflüssigen Dinge, deren Zweck und Bedeutung dem Doktor gänzlich unbekannt
waren, die vornehme Dame in schwarzer Seide und der adlichen Nase und dem
verschleierten Blick, die beiden jungen Mädchen, von denen die eine immer hübscher
und feiner als die andre war, das alles imponierte dem Eintretenden sehr. Frauen
sehen das, und Frauen sehen so etwas nicht ungern. Nachdem die vorgeschriebnen
Höfltchkeitsformeln ausgetauscht waren — Louis Duttmüller war darin nicht ganz
korrekt gewesen, aber man durfte es mit seiner bevorzugten Stellung, der eines
Arztes, entschuldigen —, setzte man sich. Die gnädige Frau nahm die Leitung
des Gesprächs in die Hand. Es war ihr sehr interessant, mit einem jungen
Mediziner, natürlich einem solchen, der in der modernen Medizin bewandert war,
in Beziehung zu trete». Mit dem alten Doktor Blume war doch gar nichts an-
zufangen, einem gänzlich verbauerten Menschen, der ihr einmal Kamillenthee (und
offnen Leib, aber das verschwieg die Gnädige) empfohlen hatte, wo sie mindestens
auf Migränin, Hämatogen oder Antipyrin gerechnet hatte. Ich bitte Sie, sagte
die gnädige Frau, Kamillenthee! den man heutzutage keinem Dienstmädchen mehr
anbieten darf, geschweige denn einer Dame von Stande.

Doktor Duttmüller war sich zwar nicht darüber klar, woran die gnädige Frau
gelitten hatte, glaubte aber behaupten zu können, daß Kamillenthee in der neuern
Medizin nur die Bedeutung eines Palliativs habe.

Nicht wahr! rief die gnädige Frau.

Dagegen werde jetzt, fuhr der Doktor fort, indem er eine ernst-wissenschaftliche
Miene annahm, mit Vorliebe salicylsaures Natron die Dosis von 0,25 bis
0,5 Gramm gegeben. neuster Zeit bevorzuge man auch Trional, Methylen,
Kolanin, Spermin, Salophen, Sanguinin, Scmose, Ferrvpyri», Carniferrin, Analgen
und andre Mittel.

Wie interessant!

Gnädige Frau leiden an —?

Ich habe ein allgemeines Leiden. Und niemand glaubt es mir, wie sehr ich
leide. Und dazu nicht einmal ein Arzt, der Verständnis hat. Finden Sie nicht,
daß die deutsche» Ärzte zu — zu schwerfällig sind? In England bekommt mau
alles in der Apotheke, für jedes Leiden eine besondre Pastille. Und die Herren
Ärzte drüben sind so nett und lassen mit sich reden. Glauben Sie nicht, Herr
Doktor, daß die deutsche Medizin »och große Fortschritte mache» muß, um dahin
zu kommen, wo man in England schon längst ist?

Doktor Dnttmüller beeilte sich, seine volle Zustimmung auszusprechen und die
Hoffnung zu äußern, daß die deutsche Medizin sich in erfreulicher Weise modernisieren
werde. Er z. B. gehöre durchaus zu deu Modernen.


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[0227] Doktor Duttmüller und sein Freund Formlosigkeit ihres Wildfnngs, war aber schon zu sehr mit ihrer Nepräseutations- pflicht beschäftigt, als daß sie sich aus der Haltung hätte bringen lassen. Während dessen war der Wagen angelangt. Es War Doktor Louis Dutt¬ müller, der seine Antrittsvisite machte. Er hatte es für notwendig und anständig gehalten, dazu im Doktorwagen vorzufahren. Da er um noch keinen Doktorwngen hatte, so hatte er sich den Landauer, ein Gefährt zweifelhaften Charakters, von Fritze Poplitzen und deu nlteu Franz von Happich geborgt. Er selbst hatte sich hochfein angezogen, einen funkeluagelueucn Chlinder aufgesetzt, brandrote Hand¬ schuhe nu den Händen und tadellose Bügelfalten in den Beinkleidern. Da es mit Klnvphorn zu lange dauerte, und eine weiße Schürze schneller umgethan ist, als ein blauer Frack angezogen wird, so empfing Auguste den Doktor, geleitete ihn in den Vorraum und trug seine Visitenkarte ans dem nensilbernen Teller in den „traurigen Ruhm." Während dessen besah sich der Doktor die Bilder an den Wänden — es waren lauter Pferde nebst Reitern in roten Fracks —, räusperte sich gründlich und brachte seinen Kragen und seine Kravatte in tadellose Verfassung. Es war angenehm. — Doktor Louis Duttmüller trat ein, ein feierlicher Augenblick. Das vornehme Zimmer, der Kamin, die Uhr, die Bilder, die hundert überflüssigen Dinge, deren Zweck und Bedeutung dem Doktor gänzlich unbekannt waren, die vornehme Dame in schwarzer Seide und der adlichen Nase und dem verschleierten Blick, die beiden jungen Mädchen, von denen die eine immer hübscher und feiner als die andre war, das alles imponierte dem Eintretenden sehr. Frauen sehen das, und Frauen sehen so etwas nicht ungern. Nachdem die vorgeschriebnen Höfltchkeitsformeln ausgetauscht waren — Louis Duttmüller war darin nicht ganz korrekt gewesen, aber man durfte es mit seiner bevorzugten Stellung, der eines Arztes, entschuldigen —, setzte man sich. Die gnädige Frau nahm die Leitung des Gesprächs in die Hand. Es war ihr sehr interessant, mit einem jungen Mediziner, natürlich einem solchen, der in der modernen Medizin bewandert war, in Beziehung zu trete». Mit dem alten Doktor Blume war doch gar nichts an- zufangen, einem gänzlich verbauerten Menschen, der ihr einmal Kamillenthee (und offnen Leib, aber das verschwieg die Gnädige) empfohlen hatte, wo sie mindestens auf Migränin, Hämatogen oder Antipyrin gerechnet hatte. Ich bitte Sie, sagte die gnädige Frau, Kamillenthee! den man heutzutage keinem Dienstmädchen mehr anbieten darf, geschweige denn einer Dame von Stande. Doktor Duttmüller war sich zwar nicht darüber klar, woran die gnädige Frau gelitten hatte, glaubte aber behaupten zu können, daß Kamillenthee in der neuern Medizin nur die Bedeutung eines Palliativs habe. Nicht wahr! rief die gnädige Frau. Dagegen werde jetzt, fuhr der Doktor fort, indem er eine ernst-wissenschaftliche Miene annahm, mit Vorliebe salicylsaures Natron die Dosis von 0,25 bis 0,5 Gramm gegeben. neuster Zeit bevorzuge man auch Trional, Methylen, Kolanin, Spermin, Salophen, Sanguinin, Scmose, Ferrvpyri», Carniferrin, Analgen und andre Mittel. Wie interessant! Gnädige Frau leiden an —? Ich habe ein allgemeines Leiden. Und niemand glaubt es mir, wie sehr ich leide. Und dazu nicht einmal ein Arzt, der Verständnis hat. Finden Sie nicht, daß die deutsche» Ärzte zu — zu schwerfällig sind? In England bekommt mau alles in der Apotheke, für jedes Leiden eine besondre Pastille. Und die Herren Ärzte drüben sind so nett und lassen mit sich reden. Glauben Sie nicht, Herr Doktor, daß die deutsche Medizin »och große Fortschritte mache» muß, um dahin zu kommen, wo man in England schon längst ist? Doktor Dnttmüller beeilte sich, seine volle Zustimmung auszusprechen und die Hoffnung zu äußern, daß die deutsche Medizin sich in erfreulicher Weise modernisieren werde. Er z. B. gehöre durchaus zu deu Modernen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/227>, abgerufen am 05.06.2024.