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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

Aufgabe zu. Er fühlte sich ihr gewachsen. Natürlich ist ein Ertrunkner ein für
allemal als Scheintoter zu behandeln. Er repetierte im stillen alle die wohl ein¬
geprägten Maßnahmen, die in solchem Falle zu treffen sind. Lagerung des Körpers,
Entleerung der Luftwege vom Wasser, Bindung der Zunge. Einleitung der künst¬
lichen Atmung. Aus eigner Einsicht fügte er noch die Auskultation des Herzens
hinzu. Er konnte feststellen, daß das Herz noch leise schlug, und er verfehlte nicht
diese Thatsache zur Kenntnis der Anwesenden zu bringen mit dem Bemerken, das;
damit der ärztlichen Kunst die Möglichkeit eines Erfolgs gegeben sei.

Frau, sagte eiuer zu Frau Rummel, Ihr Mann lebt noch. Sie horte es
kaum und schüttelte nur mit dem Kopfe.

Nun setzte sich Dnttmüller, nachdem der Oberkörper des Ertrunknen frei ge¬
macht worden war, neben ihn, und Hegelmeier bewegte seine Arme aufwärts und
abwärts, immer dieselbe Bewegung, fünf Minuten lang, eine Viertelstunde lang.

Das wird ja nichts, sagte eine der Frauen. Ich habe es ja gleich gesagt,
was tot ist ist tot Und wenn einer ertrunken ist, dann ist er voll Wasser, und
die Seele ist futsch, und da hilft das Pumpen mit den Armen auch nichts. Folgte
die Erzählung eines ähnlichen Falles, wie einer das Genick gebrochen hatte, und
wie der auch nicht wieder lebendig geworden wäre.

Aber es war doch nicht vergeblich. Allmählich setzte der Atem, erst leise und
unregelmäßig, dann stärker und regelmäßiger wieder ein. Doktor Duttmüller Ver¬
fehlte uicht, die Erfolge seiner ärztlichen Kunst dem versammelte" Publikum von
Zeit zu Zeit kundzugeben und fachmannische Bemerkungen zur Belehrung des Volks
daran zu knüpfen. Ob dieses Publikum einen großen Nutzen davon hatte,
muß unentschieden bleiben, aber die Meinung befestigte sich allseitig, daß Doktor
Duttmüller ein sehr gescheiter Arzt sei. Und zwei Augen hingen um seinem Munde
und an seiner Thätigkeit, als wenn er ein wirklicher Heiland gewesen wäre, die
der Frau Rummel. Als es gewiß wurde, daß der Obersteiger wieder zum Leben
kam. sprang sie ans, holte ihre Kinder und zeigte ihnen lachend und weinend den
Vater und den Doktor, der ihn vom Tode zurückgebracht hatte, und es fehlte uicht
viel, so wäre sie dein Doktor trotz Nnchtjacke und Nachtmütze und trotz des versammelten
Publikums um den Kais gefallen.

Und mit nicht mindrer Spannung verfolgte Allee den Vorgang. Das war
es. was sie sich, ohne sich selbst darüber klar zu sein, als das schönste und höchste
gedacht hatte, helfen zu können in Not und Tod und einen Dank zu ernten der
w Freudenthränen besteht. Was war dagegen Dichterwerk und Lorbeerkranz!
Dienen, das ist doch das Höchste; uicht herrschen, sei es durch Wort oder Tone, nicht
die eigne künstlerische Vollendung, der Dienst, der dem Nächsten erwiesen wird in
hingebender Arbeit, das ist das Höchste.

Fräulein Allee, sagte Doktor Duttmüller in geschäftlichem Tone, bitte sorgen
Sie für warme Decken und Portwein. Es freute sie, daß er keine Redensarten
wachte, sondern sie einfach für voll nahm. Sie eilte also in des Obersteigers Woh¬
nung, belud einen Bergmann, den sie mitgenommen hatte, mit Bettdecken und
einer Wärmflasche und wandte sich dann zur Villa des Direktors.

Lydia trat ihr im Speisezimmer entgegen und rief: Alice, wo kommst du her?
Wie siehst du denn ans?

Sie sah allerdings anders aus als sonst. Die Wangen waren gerötet nicht
bloß von der frischen Nachtluft, sondern anch von innerer Erregung. Die Srigen
glänzten und blickten hell, die träumerische Decke war verschwunden. Der frohe
Ernst ihrer Mienen schmückte sie mit einer besondern Schönheit. Ja. du bist za
ganz feucht? Wo warst du uur? Was hast du gemacht?

Lhdia, denke dir. ich habe geholfen. Endlich, endlich habe ich einen Tag erlebt,
der nicht verloren war, ein dem ich etwas gethan habe. Das macht mich froh.
Aber was reden wir? Gieb mir dort die Flasche Portwein. So, ich danke.

Nein, Schatz, erwiderte Lydia, du darfst nicht wieder fort. Dein Vater und


Doktor Duttmüller und sein Freund

Aufgabe zu. Er fühlte sich ihr gewachsen. Natürlich ist ein Ertrunkner ein für
allemal als Scheintoter zu behandeln. Er repetierte im stillen alle die wohl ein¬
geprägten Maßnahmen, die in solchem Falle zu treffen sind. Lagerung des Körpers,
Entleerung der Luftwege vom Wasser, Bindung der Zunge. Einleitung der künst¬
lichen Atmung. Aus eigner Einsicht fügte er noch die Auskultation des Herzens
hinzu. Er konnte feststellen, daß das Herz noch leise schlug, und er verfehlte nicht
diese Thatsache zur Kenntnis der Anwesenden zu bringen mit dem Bemerken, das;
damit der ärztlichen Kunst die Möglichkeit eines Erfolgs gegeben sei.

Frau, sagte eiuer zu Frau Rummel, Ihr Mann lebt noch. Sie horte es
kaum und schüttelte nur mit dem Kopfe.

Nun setzte sich Dnttmüller, nachdem der Oberkörper des Ertrunknen frei ge¬
macht worden war, neben ihn, und Hegelmeier bewegte seine Arme aufwärts und
abwärts, immer dieselbe Bewegung, fünf Minuten lang, eine Viertelstunde lang.

Das wird ja nichts, sagte eine der Frauen. Ich habe es ja gleich gesagt,
was tot ist ist tot Und wenn einer ertrunken ist, dann ist er voll Wasser, und
die Seele ist futsch, und da hilft das Pumpen mit den Armen auch nichts. Folgte
die Erzählung eines ähnlichen Falles, wie einer das Genick gebrochen hatte, und
wie der auch nicht wieder lebendig geworden wäre.

Aber es war doch nicht vergeblich. Allmählich setzte der Atem, erst leise und
unregelmäßig, dann stärker und regelmäßiger wieder ein. Doktor Duttmüller Ver¬
fehlte uicht, die Erfolge seiner ärztlichen Kunst dem versammelte» Publikum von
Zeit zu Zeit kundzugeben und fachmannische Bemerkungen zur Belehrung des Volks
daran zu knüpfen. Ob dieses Publikum einen großen Nutzen davon hatte,
muß unentschieden bleiben, aber die Meinung befestigte sich allseitig, daß Doktor
Duttmüller ein sehr gescheiter Arzt sei. Und zwei Augen hingen um seinem Munde
und an seiner Thätigkeit, als wenn er ein wirklicher Heiland gewesen wäre, die
der Frau Rummel. Als es gewiß wurde, daß der Obersteiger wieder zum Leben
kam. sprang sie ans, holte ihre Kinder und zeigte ihnen lachend und weinend den
Vater und den Doktor, der ihn vom Tode zurückgebracht hatte, und es fehlte uicht
viel, so wäre sie dein Doktor trotz Nnchtjacke und Nachtmütze und trotz des versammelten
Publikums um den Kais gefallen.

Und mit nicht mindrer Spannung verfolgte Allee den Vorgang. Das war
es. was sie sich, ohne sich selbst darüber klar zu sein, als das schönste und höchste
gedacht hatte, helfen zu können in Not und Tod und einen Dank zu ernten der
w Freudenthränen besteht. Was war dagegen Dichterwerk und Lorbeerkranz!
Dienen, das ist doch das Höchste; uicht herrschen, sei es durch Wort oder Tone, nicht
die eigne künstlerische Vollendung, der Dienst, der dem Nächsten erwiesen wird in
hingebender Arbeit, das ist das Höchste.

Fräulein Allee, sagte Doktor Duttmüller in geschäftlichem Tone, bitte sorgen
Sie für warme Decken und Portwein. Es freute sie, daß er keine Redensarten
wachte, sondern sie einfach für voll nahm. Sie eilte also in des Obersteigers Woh¬
nung, belud einen Bergmann, den sie mitgenommen hatte, mit Bettdecken und
einer Wärmflasche und wandte sich dann zur Villa des Direktors.

Lydia trat ihr im Speisezimmer entgegen und rief: Alice, wo kommst du her?
Wie siehst du denn ans?

Sie sah allerdings anders aus als sonst. Die Wangen waren gerötet nicht
bloß von der frischen Nachtluft, sondern anch von innerer Erregung. Die Srigen
glänzten und blickten hell, die träumerische Decke war verschwunden. Der frohe
Ernst ihrer Mienen schmückte sie mit einer besondern Schönheit. Ja. du bist za
ganz feucht? Wo warst du uur? Was hast du gemacht?

Lhdia, denke dir. ich habe geholfen. Endlich, endlich habe ich einen Tag erlebt,
der nicht verloren war, ein dem ich etwas gethan habe. Das macht mich froh.
Aber was reden wir? Gieb mir dort die Flasche Portwein. So, ich danke.

Nein, Schatz, erwiderte Lydia, du darfst nicht wieder fort. Dein Vater und


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[0453] Doktor Duttmüller und sein Freund Aufgabe zu. Er fühlte sich ihr gewachsen. Natürlich ist ein Ertrunkner ein für allemal als Scheintoter zu behandeln. Er repetierte im stillen alle die wohl ein¬ geprägten Maßnahmen, die in solchem Falle zu treffen sind. Lagerung des Körpers, Entleerung der Luftwege vom Wasser, Bindung der Zunge. Einleitung der künst¬ lichen Atmung. Aus eigner Einsicht fügte er noch die Auskultation des Herzens hinzu. Er konnte feststellen, daß das Herz noch leise schlug, und er verfehlte nicht diese Thatsache zur Kenntnis der Anwesenden zu bringen mit dem Bemerken, das; damit der ärztlichen Kunst die Möglichkeit eines Erfolgs gegeben sei. Frau, sagte eiuer zu Frau Rummel, Ihr Mann lebt noch. Sie horte es kaum und schüttelte nur mit dem Kopfe. Nun setzte sich Dnttmüller, nachdem der Oberkörper des Ertrunknen frei ge¬ macht worden war, neben ihn, und Hegelmeier bewegte seine Arme aufwärts und abwärts, immer dieselbe Bewegung, fünf Minuten lang, eine Viertelstunde lang. Das wird ja nichts, sagte eine der Frauen. Ich habe es ja gleich gesagt, was tot ist ist tot Und wenn einer ertrunken ist, dann ist er voll Wasser, und die Seele ist futsch, und da hilft das Pumpen mit den Armen auch nichts. Folgte die Erzählung eines ähnlichen Falles, wie einer das Genick gebrochen hatte, und wie der auch nicht wieder lebendig geworden wäre. Aber es war doch nicht vergeblich. Allmählich setzte der Atem, erst leise und unregelmäßig, dann stärker und regelmäßiger wieder ein. Doktor Duttmüller Ver¬ fehlte uicht, die Erfolge seiner ärztlichen Kunst dem versammelte» Publikum von Zeit zu Zeit kundzugeben und fachmannische Bemerkungen zur Belehrung des Volks daran zu knüpfen. Ob dieses Publikum einen großen Nutzen davon hatte, muß unentschieden bleiben, aber die Meinung befestigte sich allseitig, daß Doktor Duttmüller ein sehr gescheiter Arzt sei. Und zwei Augen hingen um seinem Munde und an seiner Thätigkeit, als wenn er ein wirklicher Heiland gewesen wäre, die der Frau Rummel. Als es gewiß wurde, daß der Obersteiger wieder zum Leben kam. sprang sie ans, holte ihre Kinder und zeigte ihnen lachend und weinend den Vater und den Doktor, der ihn vom Tode zurückgebracht hatte, und es fehlte uicht viel, so wäre sie dein Doktor trotz Nnchtjacke und Nachtmütze und trotz des versammelten Publikums um den Kais gefallen. Und mit nicht mindrer Spannung verfolgte Allee den Vorgang. Das war es. was sie sich, ohne sich selbst darüber klar zu sein, als das schönste und höchste gedacht hatte, helfen zu können in Not und Tod und einen Dank zu ernten der w Freudenthränen besteht. Was war dagegen Dichterwerk und Lorbeerkranz! Dienen, das ist doch das Höchste; uicht herrschen, sei es durch Wort oder Tone, nicht die eigne künstlerische Vollendung, der Dienst, der dem Nächsten erwiesen wird in hingebender Arbeit, das ist das Höchste. Fräulein Allee, sagte Doktor Duttmüller in geschäftlichem Tone, bitte sorgen Sie für warme Decken und Portwein. Es freute sie, daß er keine Redensarten wachte, sondern sie einfach für voll nahm. Sie eilte also in des Obersteigers Woh¬ nung, belud einen Bergmann, den sie mitgenommen hatte, mit Bettdecken und einer Wärmflasche und wandte sich dann zur Villa des Direktors. Lydia trat ihr im Speisezimmer entgegen und rief: Alice, wo kommst du her? Wie siehst du denn ans? Sie sah allerdings anders aus als sonst. Die Wangen waren gerötet nicht bloß von der frischen Nachtluft, sondern anch von innerer Erregung. Die Srigen glänzten und blickten hell, die träumerische Decke war verschwunden. Der frohe Ernst ihrer Mienen schmückte sie mit einer besondern Schönheit. Ja. du bist za ganz feucht? Wo warst du uur? Was hast du gemacht? Lhdia, denke dir. ich habe geholfen. Endlich, endlich habe ich einen Tag erlebt, der nicht verloren war, ein dem ich etwas gethan habe. Das macht mich froh. Aber was reden wir? Gieb mir dort die Flasche Portwein. So, ich danke. Nein, Schatz, erwiderte Lydia, du darfst nicht wieder fort. Dein Vater und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/453>, abgerufen am 28.05.2024.