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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

Mutter die Brieftasche, las die Karten und suchte aus den Adressen, Poststempeln
und sonstigen Merkmalen Schlüsse auf den Inhalt der verschlossenen Briefe
zu ziehn.

Wir müssen unsre Verwundrung nussprechen, daß wir von Frau Happich noch
kein Wort geredet haben. Aber wir sind ihr noch nicht begegnet. Und das hat
seinen guten Grund. Denn Frau Happich war nur in ihrer Küche zu finden, und
da haben wir bis jetzt noch nichts zu suchen gehabt. Höchstens kam sie, wenn die
Briefbotentasche auf dem Tische lag, mit nassen oder fettigen Händen in das Hinter-
z^inmer, um sich an der Untersuchung zu beteiligen, und manche Fettflecke und Finger¬
spuren, die auf den Briefen, wenn sie abgeliefert wurden, zu sehen waren, und
°le kein günstiges Licht auf die Sauberkeit der Post warfen, hatten Frau Happich
Kur Verfasserin.

Man war nämlich in Holzweißig sehr neugierig. Da es nun die Pflicht des
Wirts ist, seine Gäste nicht bloß mit Bier, sondern auch mit Neuigkeiten zu ver¬
argen, so wird man es wenn auch nicht billigen, so doch begreifen, wenn sich im
Hinterzimmer bei Happichs ein Nachrichtenbureau in der eben beschriebnen Weise
etabliert hatte.

Stnwel saß also auf seinem Stammplatze neben dem Ofen, seinen Knotenstock
zwischen die Beine gelegt, trank sein Bier und stritt sich mit einem Gaste, ob dem
Amtsvorsteher in Altum seine Frau eine geborne Meier mit dem i oder dem y sei.
Währenddessen untersuchte Dörcher, diesesmal ohne Unterstützung ihrer Frau Mutter,
die Briefschaften. Während es sonst von großem Interesse war, zu erfahren, das;
Lcnnbrechts italienische Hühner von August Müller aus Braunfels bezogen seien,
oder daß auf dem Bartelshvfe in Siebendorf die Maul- und Klauenseuche herrsche,
oder daß bei Pastors Besuch erwartet werde, so träte" diesesmal alle solchen Ereignisse
in den Hintergrund vor zwei Postkarten und einem Briefe, die die höchste Aufmerk¬
samkeit herausforderten. Die erste Postkarte war eine Ansichtspostkarte mit Bildern aus
'
^gaz, an Doktor Sembritzky gerichtet und beschrieben mit den Worten: "Gruß und
^uß und auf Wiedersehn E. M." Die Karte war von einer Frauenhand geschrieben.
Ane schwesterliche Liebe war es Wohl nicht, die Gruß und Kuß sandte. Aus Ragaz!
Wer nur gewußt hätte, wo Rngaz liegt. Vermutlich in Polen. Dann konnte man
""nehmen, daß diese E. M. eine ebenso schwarze Jtzky sei, wie er, eine Zigeuner-
^inzessin. oder so etwas. Das war interessant und gab Anlaß, aufzupassen und
gelegentlich nachzufragen, was auf der Försterei vorgehe. Die zweite Postkarte kam
aus Braunfels, war vom Braumeister Gockel unterschrieben, an den Besitzer der
Untermühle, der anch eine Lokomobile besaß, gerichtet und lautete: Man hört und
i)ehe ja nichts von Ihnen. Wie weit sind Sie denn mit der Auspumperei gediehen?
Daß nur am Donnerstag alles im Lote ist. Am Donnerstag muß der Teich leer
>em, denn dann kommen Herren und Damen aus Braunfels nach dort zum Karpfen¬
saugen. Göckel.

Diese Karte, so einfach sie klang, verursachte im Innern von Dörcher eine
öwße Erregung. Daß die Damen niemand anders als Göckels Laura sei, das
U>ar mit dem Krückstocke zu fühlen, und daß das Ganze nicht auf einen Fischzug
^u der toten Asse, sondern auf einen solchen, wobei Duttmüller der Fisch war,' hin¬
auslief, das war ebenso sicher. -- Ich muß hier einige Worte der Erläuterung ein¬
halten. Dörcher Happich war ihres Vaters echte Tochter. Man sah es Happich
letzt nicht mehr an, daß er in seiner Jugend ein hübscher Mensch gewesen war.
^eine Tochter war ein in ihrer Art sehr hübsches Mädchen. Freilich etwas zu
Uein und zu voll. Dazu hatte sie auch dasselbe begehrliche Gemüt wie ihr Vater.
Und dieses Gemüt war auf den Doktor Duttmüller gerichtet. Solange Duttmüller
^Braunen Bären wohnte -- dieses Zeugnis konnte sie sich mit gutem Gewissen
.oft geben hatte sie es an Entgegenkommen nicht fehlen lassen. Sie hatte
UM mit der Wimper gezuckt, wenn er sie unter das Kinn gefaßt, oder wenn er
Hand länger, als durchaus nötig gewesen wäre, fest gehalten, oder wenn er


Doktor Duttmüller und sein Freund

Mutter die Brieftasche, las die Karten und suchte aus den Adressen, Poststempeln
und sonstigen Merkmalen Schlüsse auf den Inhalt der verschlossenen Briefe
zu ziehn.

Wir müssen unsre Verwundrung nussprechen, daß wir von Frau Happich noch
kein Wort geredet haben. Aber wir sind ihr noch nicht begegnet. Und das hat
seinen guten Grund. Denn Frau Happich war nur in ihrer Küche zu finden, und
da haben wir bis jetzt noch nichts zu suchen gehabt. Höchstens kam sie, wenn die
Briefbotentasche auf dem Tische lag, mit nassen oder fettigen Händen in das Hinter-
z^inmer, um sich an der Untersuchung zu beteiligen, und manche Fettflecke und Finger¬
spuren, die auf den Briefen, wenn sie abgeliefert wurden, zu sehen waren, und
°le kein günstiges Licht auf die Sauberkeit der Post warfen, hatten Frau Happich
Kur Verfasserin.

Man war nämlich in Holzweißig sehr neugierig. Da es nun die Pflicht des
Wirts ist, seine Gäste nicht bloß mit Bier, sondern auch mit Neuigkeiten zu ver¬
argen, so wird man es wenn auch nicht billigen, so doch begreifen, wenn sich im
Hinterzimmer bei Happichs ein Nachrichtenbureau in der eben beschriebnen Weise
etabliert hatte.

Stnwel saß also auf seinem Stammplatze neben dem Ofen, seinen Knotenstock
zwischen die Beine gelegt, trank sein Bier und stritt sich mit einem Gaste, ob dem
Amtsvorsteher in Altum seine Frau eine geborne Meier mit dem i oder dem y sei.
Währenddessen untersuchte Dörcher, diesesmal ohne Unterstützung ihrer Frau Mutter,
die Briefschaften. Während es sonst von großem Interesse war, zu erfahren, das;
Lcnnbrechts italienische Hühner von August Müller aus Braunfels bezogen seien,
oder daß auf dem Bartelshvfe in Siebendorf die Maul- und Klauenseuche herrsche,
oder daß bei Pastors Besuch erwartet werde, so träte» diesesmal alle solchen Ereignisse
in den Hintergrund vor zwei Postkarten und einem Briefe, die die höchste Aufmerk¬
samkeit herausforderten. Die erste Postkarte war eine Ansichtspostkarte mit Bildern aus
'
^gaz, an Doktor Sembritzky gerichtet und beschrieben mit den Worten: „Gruß und
^uß und auf Wiedersehn E. M." Die Karte war von einer Frauenhand geschrieben.
Ane schwesterliche Liebe war es Wohl nicht, die Gruß und Kuß sandte. Aus Ragaz!
Wer nur gewußt hätte, wo Rngaz liegt. Vermutlich in Polen. Dann konnte man
"»nehmen, daß diese E. M. eine ebenso schwarze Jtzky sei, wie er, eine Zigeuner-
^inzessin. oder so etwas. Das war interessant und gab Anlaß, aufzupassen und
gelegentlich nachzufragen, was auf der Försterei vorgehe. Die zweite Postkarte kam
aus Braunfels, war vom Braumeister Gockel unterschrieben, an den Besitzer der
Untermühle, der anch eine Lokomobile besaß, gerichtet und lautete: Man hört und
i)ehe ja nichts von Ihnen. Wie weit sind Sie denn mit der Auspumperei gediehen?
Daß nur am Donnerstag alles im Lote ist. Am Donnerstag muß der Teich leer
>em, denn dann kommen Herren und Damen aus Braunfels nach dort zum Karpfen¬
saugen. Göckel.

Diese Karte, so einfach sie klang, verursachte im Innern von Dörcher eine
öwße Erregung. Daß die Damen niemand anders als Göckels Laura sei, das
U>ar mit dem Krückstocke zu fühlen, und daß das Ganze nicht auf einen Fischzug
^u der toten Asse, sondern auf einen solchen, wobei Duttmüller der Fisch war,' hin¬
auslief, das war ebenso sicher. — Ich muß hier einige Worte der Erläuterung ein¬
halten. Dörcher Happich war ihres Vaters echte Tochter. Man sah es Happich
letzt nicht mehr an, daß er in seiner Jugend ein hübscher Mensch gewesen war.
^eine Tochter war ein in ihrer Art sehr hübsches Mädchen. Freilich etwas zu
Uein und zu voll. Dazu hatte sie auch dasselbe begehrliche Gemüt wie ihr Vater.
Und dieses Gemüt war auf den Doktor Duttmüller gerichtet. Solange Duttmüller
^Braunen Bären wohnte — dieses Zeugnis konnte sie sich mit gutem Gewissen
.oft geben hatte sie es an Entgegenkommen nicht fehlen lassen. Sie hatte
UM mit der Wimper gezuckt, wenn er sie unter das Kinn gefaßt, oder wenn er
Hand länger, als durchaus nötig gewesen wäre, fest gehalten, oder wenn er


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[0511] Doktor Duttmüller und sein Freund Mutter die Brieftasche, las die Karten und suchte aus den Adressen, Poststempeln und sonstigen Merkmalen Schlüsse auf den Inhalt der verschlossenen Briefe zu ziehn. Wir müssen unsre Verwundrung nussprechen, daß wir von Frau Happich noch kein Wort geredet haben. Aber wir sind ihr noch nicht begegnet. Und das hat seinen guten Grund. Denn Frau Happich war nur in ihrer Küche zu finden, und da haben wir bis jetzt noch nichts zu suchen gehabt. Höchstens kam sie, wenn die Briefbotentasche auf dem Tische lag, mit nassen oder fettigen Händen in das Hinter- z^inmer, um sich an der Untersuchung zu beteiligen, und manche Fettflecke und Finger¬ spuren, die auf den Briefen, wenn sie abgeliefert wurden, zu sehen waren, und °le kein günstiges Licht auf die Sauberkeit der Post warfen, hatten Frau Happich Kur Verfasserin. Man war nämlich in Holzweißig sehr neugierig. Da es nun die Pflicht des Wirts ist, seine Gäste nicht bloß mit Bier, sondern auch mit Neuigkeiten zu ver¬ argen, so wird man es wenn auch nicht billigen, so doch begreifen, wenn sich im Hinterzimmer bei Happichs ein Nachrichtenbureau in der eben beschriebnen Weise etabliert hatte. Stnwel saß also auf seinem Stammplatze neben dem Ofen, seinen Knotenstock zwischen die Beine gelegt, trank sein Bier und stritt sich mit einem Gaste, ob dem Amtsvorsteher in Altum seine Frau eine geborne Meier mit dem i oder dem y sei. Währenddessen untersuchte Dörcher, diesesmal ohne Unterstützung ihrer Frau Mutter, die Briefschaften. Während es sonst von großem Interesse war, zu erfahren, das; Lcnnbrechts italienische Hühner von August Müller aus Braunfels bezogen seien, oder daß auf dem Bartelshvfe in Siebendorf die Maul- und Klauenseuche herrsche, oder daß bei Pastors Besuch erwartet werde, so träte» diesesmal alle solchen Ereignisse in den Hintergrund vor zwei Postkarten und einem Briefe, die die höchste Aufmerk¬ samkeit herausforderten. Die erste Postkarte war eine Ansichtspostkarte mit Bildern aus ' ^gaz, an Doktor Sembritzky gerichtet und beschrieben mit den Worten: „Gruß und ^uß und auf Wiedersehn E. M." Die Karte war von einer Frauenhand geschrieben. Ane schwesterliche Liebe war es Wohl nicht, die Gruß und Kuß sandte. Aus Ragaz! Wer nur gewußt hätte, wo Rngaz liegt. Vermutlich in Polen. Dann konnte man "»nehmen, daß diese E. M. eine ebenso schwarze Jtzky sei, wie er, eine Zigeuner- ^inzessin. oder so etwas. Das war interessant und gab Anlaß, aufzupassen und gelegentlich nachzufragen, was auf der Försterei vorgehe. Die zweite Postkarte kam aus Braunfels, war vom Braumeister Gockel unterschrieben, an den Besitzer der Untermühle, der anch eine Lokomobile besaß, gerichtet und lautete: Man hört und i)ehe ja nichts von Ihnen. Wie weit sind Sie denn mit der Auspumperei gediehen? Daß nur am Donnerstag alles im Lote ist. Am Donnerstag muß der Teich leer >em, denn dann kommen Herren und Damen aus Braunfels nach dort zum Karpfen¬ saugen. Göckel. Diese Karte, so einfach sie klang, verursachte im Innern von Dörcher eine öwße Erregung. Daß die Damen niemand anders als Göckels Laura sei, das U>ar mit dem Krückstocke zu fühlen, und daß das Ganze nicht auf einen Fischzug ^u der toten Asse, sondern auf einen solchen, wobei Duttmüller der Fisch war,' hin¬ auslief, das war ebenso sicher. — Ich muß hier einige Worte der Erläuterung ein¬ halten. Dörcher Happich war ihres Vaters echte Tochter. Man sah es Happich letzt nicht mehr an, daß er in seiner Jugend ein hübscher Mensch gewesen war. ^eine Tochter war ein in ihrer Art sehr hübsches Mädchen. Freilich etwas zu Uein und zu voll. Dazu hatte sie auch dasselbe begehrliche Gemüt wie ihr Vater. Und dieses Gemüt war auf den Doktor Duttmüller gerichtet. Solange Duttmüller ^Braunen Bären wohnte — dieses Zeugnis konnte sie sich mit gutem Gewissen .oft geben hatte sie es an Entgegenkommen nicht fehlen lassen. Sie hatte UM mit der Wimper gezuckt, wenn er sie unter das Kinn gefaßt, oder wenn er Hand länger, als durchaus nötig gewesen wäre, fest gehalten, oder wenn er

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/511>, abgerufen am 13.05.2024.