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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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seinen Arm um ihre Taille gelegt hatte. Und hieraus, sowie aus dein täglichen
Bedienen, Aufwarten, Bettmachen und Gesellschaftleisten hatte sich eine Vertraulichkeit
entwickelt, die zu einem gewissen für sie sehr erfreulichen Ende geführt haben würde,
wenn er wohnen geblieben wäre. Nun aber hatte er im "Altenteile" bei Fritze
Poplitz Wohnung genommen und tum nur noch abends ab und zu in den Braunen
Bären. Und zum Essen kam er gar nicht mehr, sondern er ließ sich sein Mittag¬
brot von seinem halbwüchsigen Kutscher holen. Trotzdem gab sie ihre Hoffnung
nicht auf, sie wartete auf ein unvorhergesehenes forderndes Ereignis, da sie nicht
zweifelte, daß es über kurz oder lang eintreten müsse. Dnttmüller mußte doch auch
einmal krank werden, und wer sollte ihn dann pflegen? Oder sonst etwas. Dabei
war ihr nun des Braumeisters Laura sehr im Wege. Was hatte diese Laura in
Holzweißig zu thun? Worauf gründete sie ihre Ansprüche auf den Doktor? Jedes
mal, wenn der Braumeister mit seinem Vreak augeklappert kam, um die Aus¬
pumpung in die Wege zu leiten, oder um mit den Wirten in der Gegend zu ver¬
handeln, saß sie auf dem Wagen. Und er wußte es allemal so einzurichten, daß
sie entweder drüben beim Doktor abfliegen oder im Gasthof mit ihm zusammen¬
trafen. Und das gab dann immer ein Gethue und Gemache -- Laura sollte sich
schämen, sich so an einen Mann wegzuschmeißen. Und sie mußte es mit ansehen.
Aber sie wußte sich zu rächen und that dann mit dein Doktor ganz besonders
freundlich. -- Also die kam schon wieder. Man kann nicht sagen, daß es christ¬
liche Wünsche waren, die Dörcher dazu hegte. Vielmehr liefen ihre Wünsche auf
durchgehende Pferde, umgeworfne Wagen und Arm- und Beinbrüche hinaus. Dieses
schadete freilich weiter niemand als der Karte, die sie in der Hand hielt, die hinter¬
her arg zerknittert aussah.

Der dritte Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit war ein Brief von ungewöhn¬
licher Form, aus Papier, das einem Schreibbuche entnommen war, zusammengefaltet
und mit schlechtesten Siegellack und mit Hilfe eines Fingerhuts verschlossen. Die
Aufschrift, geschrieben mit schwerer, ungeübter und etwas zittriger Hand, lautete:
An meinen (meinen ausgestrichen) Herrn Lüi Duttmüller, gegenwärtigen Doktor in
Holzweißig. Mau sah es dem Briefe von außen an, daß er wichtiges enthielt,
und es ist begreiflich, daß Dorchens Neugierde hohe Spannung erreichte. Sie
besah den Brief gegen das Licht und bog die Falten auseinander -- da löste sich
die eine Hälfte des Siegels vom Papier, und der Brief war zu öffnen, ohne daß
man das Papier zu zerreißen brauchte. In ihm stand geschrieben:


Lieber Lüi.

Ich muß an dich schreiben, indem daß Gevatter Ölmann sagt, daß es sich für
eine Mannsperson wie du nicht schickt, wenn du ledig bist. Weil die Weibspersonen
und ledigen Jumfern sich nicht trauen, krank zu werden, was ein großer Verlust
ist. Worin Ölmann recht hat, enden daß sich jeder selber sagen kann, daß es für
ein anständiges Frauenzimmer schanierlich ist, mit einem ledigen Doktor zu kramen
und ihn hernach nicht einmal zu heiraten. Lieber Lüi. Aber komme mir nicht
mit Gockeln seiner Laura. Denn ich habe dich nicht studieren lassen und soviel
Geld ausgegeben und alle Nächte bis eins aufgesessen und Strümpfe gestopft, daß
du so eine heiratest, der ihre Mutter beim alten Hellwig gedient hat. Was ich
selber gennn weiß, indem daß ich damals schon für Justizrath gewaschen habe.
Was hat sie denn? Und wenn ihr Vater einmal stirbt, was ist denn dann? Gar
nichts ist. Aber Fräulein Hefter kann ich dir bloß empfehlen, was ein komplettes
Frauenzimmer ist, nicht zu jung und hat drei Häuser in Magdeburg. Ihr Vater
ist der Cousin von Fritze Poplitzen seiner Mutter. Aber er ist vorm Jahre wegen
zu vielem Branntwein an den Nerven selig entschlafen. Und Karline steht als
vaterlose Waise da und wird am nächsten Donnerstage mit mir nach Holzweißig
kommen und Fritze Poplitzcn besuchen, wenn du nicht abschreibst. Und das sage


seinen Arm um ihre Taille gelegt hatte. Und hieraus, sowie aus dein täglichen
Bedienen, Aufwarten, Bettmachen und Gesellschaftleisten hatte sich eine Vertraulichkeit
entwickelt, die zu einem gewissen für sie sehr erfreulichen Ende geführt haben würde,
wenn er wohnen geblieben wäre. Nun aber hatte er im „Altenteile" bei Fritze
Poplitz Wohnung genommen und tum nur noch abends ab und zu in den Braunen
Bären. Und zum Essen kam er gar nicht mehr, sondern er ließ sich sein Mittag¬
brot von seinem halbwüchsigen Kutscher holen. Trotzdem gab sie ihre Hoffnung
nicht auf, sie wartete auf ein unvorhergesehenes forderndes Ereignis, da sie nicht
zweifelte, daß es über kurz oder lang eintreten müsse. Dnttmüller mußte doch auch
einmal krank werden, und wer sollte ihn dann pflegen? Oder sonst etwas. Dabei
war ihr nun des Braumeisters Laura sehr im Wege. Was hatte diese Laura in
Holzweißig zu thun? Worauf gründete sie ihre Ansprüche auf den Doktor? Jedes
mal, wenn der Braumeister mit seinem Vreak augeklappert kam, um die Aus¬
pumpung in die Wege zu leiten, oder um mit den Wirten in der Gegend zu ver¬
handeln, saß sie auf dem Wagen. Und er wußte es allemal so einzurichten, daß
sie entweder drüben beim Doktor abfliegen oder im Gasthof mit ihm zusammen¬
trafen. Und das gab dann immer ein Gethue und Gemache — Laura sollte sich
schämen, sich so an einen Mann wegzuschmeißen. Und sie mußte es mit ansehen.
Aber sie wußte sich zu rächen und that dann mit dein Doktor ganz besonders
freundlich. — Also die kam schon wieder. Man kann nicht sagen, daß es christ¬
liche Wünsche waren, die Dörcher dazu hegte. Vielmehr liefen ihre Wünsche auf
durchgehende Pferde, umgeworfne Wagen und Arm- und Beinbrüche hinaus. Dieses
schadete freilich weiter niemand als der Karte, die sie in der Hand hielt, die hinter¬
her arg zerknittert aussah.

Der dritte Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit war ein Brief von ungewöhn¬
licher Form, aus Papier, das einem Schreibbuche entnommen war, zusammengefaltet
und mit schlechtesten Siegellack und mit Hilfe eines Fingerhuts verschlossen. Die
Aufschrift, geschrieben mit schwerer, ungeübter und etwas zittriger Hand, lautete:
An meinen (meinen ausgestrichen) Herrn Lüi Duttmüller, gegenwärtigen Doktor in
Holzweißig. Mau sah es dem Briefe von außen an, daß er wichtiges enthielt,
und es ist begreiflich, daß Dorchens Neugierde hohe Spannung erreichte. Sie
besah den Brief gegen das Licht und bog die Falten auseinander — da löste sich
die eine Hälfte des Siegels vom Papier, und der Brief war zu öffnen, ohne daß
man das Papier zu zerreißen brauchte. In ihm stand geschrieben:


Lieber Lüi.

Ich muß an dich schreiben, indem daß Gevatter Ölmann sagt, daß es sich für
eine Mannsperson wie du nicht schickt, wenn du ledig bist. Weil die Weibspersonen
und ledigen Jumfern sich nicht trauen, krank zu werden, was ein großer Verlust
ist. Worin Ölmann recht hat, enden daß sich jeder selber sagen kann, daß es für
ein anständiges Frauenzimmer schanierlich ist, mit einem ledigen Doktor zu kramen
und ihn hernach nicht einmal zu heiraten. Lieber Lüi. Aber komme mir nicht
mit Gockeln seiner Laura. Denn ich habe dich nicht studieren lassen und soviel
Geld ausgegeben und alle Nächte bis eins aufgesessen und Strümpfe gestopft, daß
du so eine heiratest, der ihre Mutter beim alten Hellwig gedient hat. Was ich
selber gennn weiß, indem daß ich damals schon für Justizrath gewaschen habe.
Was hat sie denn? Und wenn ihr Vater einmal stirbt, was ist denn dann? Gar
nichts ist. Aber Fräulein Hefter kann ich dir bloß empfehlen, was ein komplettes
Frauenzimmer ist, nicht zu jung und hat drei Häuser in Magdeburg. Ihr Vater
ist der Cousin von Fritze Poplitzen seiner Mutter. Aber er ist vorm Jahre wegen
zu vielem Branntwein an den Nerven selig entschlafen. Und Karline steht als
vaterlose Waise da und wird am nächsten Donnerstage mit mir nach Holzweißig
kommen und Fritze Poplitzcn besuchen, wenn du nicht abschreibst. Und das sage


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/512>, abgerufen am 28.05.2024.