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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Doktor Duttinüller und sein Freund

Aufsehen. Der Braumeister und seine Laura stehn Kops, wenn sie es erfahren.
Dem mag nun sein, wie ihm wolle. Na adjes.

Ehe er jedoch bis zur Thüre gestampft war, trat ein andrer Mann ein, der
an der Stimme und einer gewissen würdevollen Langsamkeit als Klapphorn erkannt
werden konnte. Klapphvrn sagte: Oha! Stüwel, dieses trifft sich günstig. Sie
sollten ein Telogramm mitnehmen.

Jetzt wurden Fran Duttmüller und Fräulein Karoline aufmerksam und un¬
ruhig.

Es ist also richtig? fragte der alte Happich.

Jawohl, richtig, fix und fertig. Doktor Duttmüller und unser gnädiges
Fräulein haben sich vor einer halben Struve verlobt, und die gnädige Fran hat
sie mit der Longschette gesegnet. Habe ich mit meinen eignen Augen gesehen.

Die alte Duttmüllern und Fräulein Karoline waren aufgesprungen, die
Duttmüllern sah Fräulein Karoline, und Fräulein Karoline sah die alte Dutt¬
müllern an.

So standen sie am Bette, fuhr Klapphorn fort, Alice, was unser gnädiges
Fräulein ist, stand, ich will einmal sagen, hier, hier stand der Doktor, und hier
lag die gnädige Fran. Und so hatten sie ihre Hände ineinander gelegt, und so
segnete sie sie. Und ich stand hier mit meinem Glase Limonade. Und wie sie
mich wegkriegten, haben sie mich über den Jordan gebracht, daß mir Hören und
Sehen verging.

Frau Duttmüller und Fräulein Karoline sahen sich noch immer an.

Fran Duttmüller war blaß geworden, und Fräulein Karoline war rot ge¬
worden. Jede Feder auf ihrem Pariser Hute zitterte vor Entrüstung. Frau Dutt¬
müller that den Mund auf, aber sie brachte keinen Ton heraus. Dagegen setzte
Fräulein Hefter einen Knicks hin und sagte: Das ist ja recht nüdlich, Fran Dutt¬
müller. Noch ein Knicks. Da kann man ja gratulüren, Frau Duttmüller. Nein
so ein Sohn, Frau Duttmüller, und so eine Überraschung, und so eine Schwüger-
tochter. Die wird Sie gewüß einmal auf Händen tragen, Frau Duttmüller.

Fran Duttmüller setzte zu eiuer Entschuldigung an, aber Fräulein Hefter ließ
es nicht dazu kommen. -- O, Sie brauchen sich gar nicht zu schonüren, sagte sie,
wieder einen Knicks hinsetzend, daß die Federn auf dem Hute tiefe Komplimente
Machten; ist mir söhr angenöhm gewesen, Frau Duttmüllern. Schade, daß Poplützens
nicht zu Hause waren. Empföhle mich, Frau Duttmüllern. -- Noch ein Knicks, und
hinaus war sie.

Frau Duttmüller ließ sich erschöpft auf das Sofa niederfalle". Der Windstoß
dieser Nachricht hatte in der That das Fenster aufgestoßen und alles in ihr durch¬
einander geworfen. Sie fühlte sich von widerstreitenden Gefühlen überwältigt.
Zunächst fühlte sie sich sehr niedergedrückt. Das Bewußtsein einer großen Blamage
lag schwer auf ihr. Auch waren die drei Häuser in Magdeburg, und was sonst
drum und dran hing, kein Spaß. Das alles war mit dem letzten Knickse von
Fräulein Hefter unwiederbringlich dahin. Aber zugleich fühlte sie sich auch gehoben,
gerührt und geehrt. Ihr Louis, ihr einziger Louis hat sich verlobt, und hat sich
verlobt mit einem "Fräulein von." In welche Tiefe sanken da Namen wie Dörcher
oder Laura hinab. Daß ihr Louis einmal hoch hinauf kommen möchte, das war
ihr Wunsch gewesen Tag und Nacht; daß er aber einmal ein "Fräulein von"
heiraten werde, das hatten ihre kühnsten Gedanken nicht gedacht. Schließlich ist
ja anch Geld nicht das einzige, was es in der Welt giebt. Es giebt auch Ehre.
Und wie ward sie geehrt, wenn ihr Louis ein "Fräulein von" heiratete.

Dies alles erwog sie in langem Nachsinnen. Niemand kümmerte sich um sie.
Nach geraumer Zeit erschien Klapphorn in Uniform mit seinem offiziellen Gesicht
und überreichte, steif an der Thür stehn bleibend, ein schmales, rosafarbnes Billet.
Frau Duttmüller las, daß die gnädige Frau überrascht sei, zu erfahren, daß sie,
die Frau Duttmüllern, im Orte sei, und daß sie Frau Duttmüller freundlichst


Doktor Duttinüller und sein Freund

Aufsehen. Der Braumeister und seine Laura stehn Kops, wenn sie es erfahren.
Dem mag nun sein, wie ihm wolle. Na adjes.

Ehe er jedoch bis zur Thüre gestampft war, trat ein andrer Mann ein, der
an der Stimme und einer gewissen würdevollen Langsamkeit als Klapphorn erkannt
werden konnte. Klapphvrn sagte: Oha! Stüwel, dieses trifft sich günstig. Sie
sollten ein Telogramm mitnehmen.

Jetzt wurden Fran Duttmüller und Fräulein Karoline aufmerksam und un¬
ruhig.

Es ist also richtig? fragte der alte Happich.

Jawohl, richtig, fix und fertig. Doktor Duttmüller und unser gnädiges
Fräulein haben sich vor einer halben Struve verlobt, und die gnädige Fran hat
sie mit der Longschette gesegnet. Habe ich mit meinen eignen Augen gesehen.

Die alte Duttmüllern und Fräulein Karoline waren aufgesprungen, die
Duttmüllern sah Fräulein Karoline, und Fräulein Karoline sah die alte Dutt¬
müllern an.

So standen sie am Bette, fuhr Klapphorn fort, Alice, was unser gnädiges
Fräulein ist, stand, ich will einmal sagen, hier, hier stand der Doktor, und hier
lag die gnädige Fran. Und so hatten sie ihre Hände ineinander gelegt, und so
segnete sie sie. Und ich stand hier mit meinem Glase Limonade. Und wie sie
mich wegkriegten, haben sie mich über den Jordan gebracht, daß mir Hören und
Sehen verging.

Frau Duttmüller und Fräulein Karoline sahen sich noch immer an.

Fran Duttmüller war blaß geworden, und Fräulein Karoline war rot ge¬
worden. Jede Feder auf ihrem Pariser Hute zitterte vor Entrüstung. Frau Dutt¬
müller that den Mund auf, aber sie brachte keinen Ton heraus. Dagegen setzte
Fräulein Hefter einen Knicks hin und sagte: Das ist ja recht nüdlich, Fran Dutt¬
müller. Noch ein Knicks. Da kann man ja gratulüren, Frau Duttmüller. Nein
so ein Sohn, Frau Duttmüller, und so eine Überraschung, und so eine Schwüger-
tochter. Die wird Sie gewüß einmal auf Händen tragen, Frau Duttmüller.

Fran Duttmüller setzte zu eiuer Entschuldigung an, aber Fräulein Hefter ließ
es nicht dazu kommen. — O, Sie brauchen sich gar nicht zu schonüren, sagte sie,
wieder einen Knicks hinsetzend, daß die Federn auf dem Hute tiefe Komplimente
Machten; ist mir söhr angenöhm gewesen, Frau Duttmüllern. Schade, daß Poplützens
nicht zu Hause waren. Empföhle mich, Frau Duttmüllern. — Noch ein Knicks, und
hinaus war sie.

Frau Duttmüller ließ sich erschöpft auf das Sofa niederfalle». Der Windstoß
dieser Nachricht hatte in der That das Fenster aufgestoßen und alles in ihr durch¬
einander geworfen. Sie fühlte sich von widerstreitenden Gefühlen überwältigt.
Zunächst fühlte sie sich sehr niedergedrückt. Das Bewußtsein einer großen Blamage
lag schwer auf ihr. Auch waren die drei Häuser in Magdeburg, und was sonst
drum und dran hing, kein Spaß. Das alles war mit dem letzten Knickse von
Fräulein Hefter unwiederbringlich dahin. Aber zugleich fühlte sie sich auch gehoben,
gerührt und geehrt. Ihr Louis, ihr einziger Louis hat sich verlobt, und hat sich
verlobt mit einem „Fräulein von." In welche Tiefe sanken da Namen wie Dörcher
oder Laura hinab. Daß ihr Louis einmal hoch hinauf kommen möchte, das war
ihr Wunsch gewesen Tag und Nacht; daß er aber einmal ein „Fräulein von"
heiraten werde, das hatten ihre kühnsten Gedanken nicht gedacht. Schließlich ist
ja anch Geld nicht das einzige, was es in der Welt giebt. Es giebt auch Ehre.
Und wie ward sie geehrt, wenn ihr Louis ein „Fräulein von" heiratete.

Dies alles erwog sie in langem Nachsinnen. Niemand kümmerte sich um sie.
Nach geraumer Zeit erschien Klapphorn in Uniform mit seinem offiziellen Gesicht
und überreichte, steif an der Thür stehn bleibend, ein schmales, rosafarbnes Billet.
Frau Duttmüller las, daß die gnädige Frau überrascht sei, zu erfahren, daß sie,
die Frau Duttmüllern, im Orte sei, und daß sie Frau Duttmüller freundlichst


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[0583] Doktor Duttinüller und sein Freund Aufsehen. Der Braumeister und seine Laura stehn Kops, wenn sie es erfahren. Dem mag nun sein, wie ihm wolle. Na adjes. Ehe er jedoch bis zur Thüre gestampft war, trat ein andrer Mann ein, der an der Stimme und einer gewissen würdevollen Langsamkeit als Klapphorn erkannt werden konnte. Klapphvrn sagte: Oha! Stüwel, dieses trifft sich günstig. Sie sollten ein Telogramm mitnehmen. Jetzt wurden Fran Duttmüller und Fräulein Karoline aufmerksam und un¬ ruhig. Es ist also richtig? fragte der alte Happich. Jawohl, richtig, fix und fertig. Doktor Duttmüller und unser gnädiges Fräulein haben sich vor einer halben Struve verlobt, und die gnädige Fran hat sie mit der Longschette gesegnet. Habe ich mit meinen eignen Augen gesehen. Die alte Duttmüllern und Fräulein Karoline waren aufgesprungen, die Duttmüllern sah Fräulein Karoline, und Fräulein Karoline sah die alte Dutt¬ müllern an. So standen sie am Bette, fuhr Klapphorn fort, Alice, was unser gnädiges Fräulein ist, stand, ich will einmal sagen, hier, hier stand der Doktor, und hier lag die gnädige Fran. Und so hatten sie ihre Hände ineinander gelegt, und so segnete sie sie. Und ich stand hier mit meinem Glase Limonade. Und wie sie mich wegkriegten, haben sie mich über den Jordan gebracht, daß mir Hören und Sehen verging. Frau Duttmüller und Fräulein Karoline sahen sich noch immer an. Fran Duttmüller war blaß geworden, und Fräulein Karoline war rot ge¬ worden. Jede Feder auf ihrem Pariser Hute zitterte vor Entrüstung. Frau Dutt¬ müller that den Mund auf, aber sie brachte keinen Ton heraus. Dagegen setzte Fräulein Hefter einen Knicks hin und sagte: Das ist ja recht nüdlich, Fran Dutt¬ müller. Noch ein Knicks. Da kann man ja gratulüren, Frau Duttmüller. Nein so ein Sohn, Frau Duttmüller, und so eine Überraschung, und so eine Schwüger- tochter. Die wird Sie gewüß einmal auf Händen tragen, Frau Duttmüller. Fran Duttmüller setzte zu eiuer Entschuldigung an, aber Fräulein Hefter ließ es nicht dazu kommen. — O, Sie brauchen sich gar nicht zu schonüren, sagte sie, wieder einen Knicks hinsetzend, daß die Federn auf dem Hute tiefe Komplimente Machten; ist mir söhr angenöhm gewesen, Frau Duttmüllern. Schade, daß Poplützens nicht zu Hause waren. Empföhle mich, Frau Duttmüllern. — Noch ein Knicks, und hinaus war sie. Frau Duttmüller ließ sich erschöpft auf das Sofa niederfalle». Der Windstoß dieser Nachricht hatte in der That das Fenster aufgestoßen und alles in ihr durch¬ einander geworfen. Sie fühlte sich von widerstreitenden Gefühlen überwältigt. Zunächst fühlte sie sich sehr niedergedrückt. Das Bewußtsein einer großen Blamage lag schwer auf ihr. Auch waren die drei Häuser in Magdeburg, und was sonst drum und dran hing, kein Spaß. Das alles war mit dem letzten Knickse von Fräulein Hefter unwiederbringlich dahin. Aber zugleich fühlte sie sich auch gehoben, gerührt und geehrt. Ihr Louis, ihr einziger Louis hat sich verlobt, und hat sich verlobt mit einem „Fräulein von." In welche Tiefe sanken da Namen wie Dörcher oder Laura hinab. Daß ihr Louis einmal hoch hinauf kommen möchte, das war ihr Wunsch gewesen Tag und Nacht; daß er aber einmal ein „Fräulein von" heiraten werde, das hatten ihre kühnsten Gedanken nicht gedacht. Schließlich ist ja anch Geld nicht das einzige, was es in der Welt giebt. Es giebt auch Ehre. Und wie ward sie geehrt, wenn ihr Louis ein „Fräulein von" heiratete. Dies alles erwog sie in langem Nachsinnen. Niemand kümmerte sich um sie. Nach geraumer Zeit erschien Klapphorn in Uniform mit seinem offiziellen Gesicht und überreichte, steif an der Thür stehn bleibend, ein schmales, rosafarbnes Billet. Frau Duttmüller las, daß die gnädige Frau überrascht sei, zu erfahren, daß sie, die Frau Duttmüllern, im Orte sei, und daß sie Frau Duttmüller freundlichst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/583>, abgerufen am 15.05.2024.