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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Reaktiousversuch eines starren Junkers und eines sehr nupopillären Königs, und
vornehmlich aus demselben Grunde verhielt man sich 1866 gegen die deutsche Politik
Preußens ablehnend. Und 1886 war Fürst Alexander schließlich ein Deutscher,
der Held von Sliwniza und das Opfer gemeiner, undankbarer Schurken. Ebenso
steckte in allen diesen Volksbewegungen immer ein an sich berechtigter Kern:
1848/49 die Herstellung der deutschen Einheit, 1859 die Abwehr des französischen
Übergewichts, 1863 die Trennung Schleswig-Holsteins von Dänemark, in der
Konfliktszeit die Wahrung der Verfassung, die freilich im Ernste gar nicht von der
Krone, sondern von der Fortschrittspartei bedroht war. 1866 die Abneigung gegen
einen Bürgerkrieg zu Gunsten eines unpopulären Regiments, 1886 die Sympathie
für einen glänzend erprobten und niederträchtig mißhandelten Fürsten. Man wird
aber sagen'können: das, was in allen diesen Fällen die "Volksströmung" wesentlich
bestimmte, das waren viel weniger politische Erwägungen, als sittliche Empftndnngen
Sympathien für das, was mau für recht, Zorn über das, was man für unrecht
hielt, also nu sich sehr ehrenwerte Beweggründe. Was wäre nun geworden wenn
diese Vvlksstimmungen unsre Politik bestimmt hätten? Wir hätten 1849 eine
Reichsverfassung erhalten, nach der der Kaiser nicht neben und nicht über dem
Reichstage gestanden hätte, sondern kraft seines nnr suspensiven Vetos unter ihm,
die also die ganze Politik dem in Deutschland doppelt unberechenbaren Spiele der
Parteien im Reichstage preisgegeben hätte. Wenn wir 1859 für Österreich das
Schwert gezogen hätten, so wäre Frankreich wahrscheinlich besiegt aber auch dre
u"s notwendige Einheit Italiens verhindert, der wankende klerikale Absolutismus in
Osterreich befestigt worden. Wir hätten 1863/64 einen neuen Kleinstaat an einer
gefährdeten Grenze geschaffen, der die Macht Deutschlands nicht gestärkt, sondern ge¬
schwächt hätte, in Preußen wäre aus dem Siege der Fortschrittspartei ein der
Verfassung widersprechendes, parlamentarisches, also machtloses Königtum hervor¬
gegangen, das zu einer energischen dentschen Politik unfähig gewesen Ware; und
wäre 1866 die österreichisch-mittelstaatliche Politik siegreich geblieben, Preußen unter-
legen. außerdem etwa um Schlesien und seine altsächsischen Lande. Westfalen und
die Altmark verkleinert worden, wie es der blinde Haß seiner Feinde verlangte
so bestünde heute uoch ein loser, zwieträchtiger, also ohnmächtiger Staatenbund, und
das linke Rheinufer wäre vermutlich französisch. Das alles sind nicht etwa wüste
Phantasien, sondern die nüchternen, schlichten Folgerungen aus dem, was damals
die ..Volksstimmung" als das allein Richtige und Gerechte stürmisch verlangte

Es ist eben nicht anders: auch baun, wenn sich Strömungen derart erklaren
l"sfeu. sogar sittlich ehrenhaft sind, ja wenn ihr ffern an sich berechtigt i.e
werden und dürfen ihr Ziel nicht erreichen, wenn s.e es f^sah ges eilt ^ ^falsche oder ungangbare Wege einschlagen, wenn ihnen starke Staatsin eressen ent-
gegenstehn, wie es bei allen diesen Gelegenheiten der Fall war Sie erreichten
1870 so gut wie 1813 ihr Ziel, einmal die Befreiung vom fremden Joch, dann
die Abwehr eines unberechtigten fremden Einspruchs in unsre nationale Entwicklung,
weil hier das Staatsinteresse dasselbe Ziel verfolgte, der Weg dahin ganz klar lag,
und die Regiernnaspolitik von der volkstümlichen Strömung gefördert wurde.

Nach solchen Erfahrungen ist es doch offenbar die PflM einer be onnenen
patriotischen Presse, ganz besonders in Deutschland, der "Volksstronumg acht un¬
besehen zu folgen, nur eben weil es die Volksströmung ist. und noch weniger
Anenden Schlagworten nachzulaufen. nur weil sie gelegentlich von einem bedeutenden
Manne ausgesprochen werden. Nicht darauf kommt es an. sondern darauf. ob das
Schlagwort begründet, ob die Volksströmung politisch berechtigt und auf dem richtigen
^ege ist. Das zu beurteilen ist die Sache ruhiger Erwägung, nicht leidenschaftlicher
Aufwallung und donnernder Resolutionen, von denen wir z. B. 18"3/64 gerade
genug erlebt haben, daß wir für alle Zeiten von dem Glauben an sie geheilt sein
lauten. Ju diesem Sinne haben die Grenzboten ihre Anfgc.be immer verstanden und
werden sie immer in diesem Sinne zu lösen suchen.


Reaktiousversuch eines starren Junkers und eines sehr nupopillären Königs, und
vornehmlich aus demselben Grunde verhielt man sich 1866 gegen die deutsche Politik
Preußens ablehnend. Und 1886 war Fürst Alexander schließlich ein Deutscher,
der Held von Sliwniza und das Opfer gemeiner, undankbarer Schurken. Ebenso
steckte in allen diesen Volksbewegungen immer ein an sich berechtigter Kern:
1848/49 die Herstellung der deutschen Einheit, 1859 die Abwehr des französischen
Übergewichts, 1863 die Trennung Schleswig-Holsteins von Dänemark, in der
Konfliktszeit die Wahrung der Verfassung, die freilich im Ernste gar nicht von der
Krone, sondern von der Fortschrittspartei bedroht war. 1866 die Abneigung gegen
einen Bürgerkrieg zu Gunsten eines unpopulären Regiments, 1886 die Sympathie
für einen glänzend erprobten und niederträchtig mißhandelten Fürsten. Man wird
aber sagen'können: das, was in allen diesen Fällen die „Volksströmung" wesentlich
bestimmte, das waren viel weniger politische Erwägungen, als sittliche Empftndnngen
Sympathien für das, was mau für recht, Zorn über das, was man für unrecht
hielt, also nu sich sehr ehrenwerte Beweggründe. Was wäre nun geworden wenn
diese Vvlksstimmungen unsre Politik bestimmt hätten? Wir hätten 1849 eine
Reichsverfassung erhalten, nach der der Kaiser nicht neben und nicht über dem
Reichstage gestanden hätte, sondern kraft seines nnr suspensiven Vetos unter ihm,
die also die ganze Politik dem in Deutschland doppelt unberechenbaren Spiele der
Parteien im Reichstage preisgegeben hätte. Wenn wir 1859 für Österreich das
Schwert gezogen hätten, so wäre Frankreich wahrscheinlich besiegt aber auch dre
u»s notwendige Einheit Italiens verhindert, der wankende klerikale Absolutismus in
Osterreich befestigt worden. Wir hätten 1863/64 einen neuen Kleinstaat an einer
gefährdeten Grenze geschaffen, der die Macht Deutschlands nicht gestärkt, sondern ge¬
schwächt hätte, in Preußen wäre aus dem Siege der Fortschrittspartei ein der
Verfassung widersprechendes, parlamentarisches, also machtloses Königtum hervor¬
gegangen, das zu einer energischen dentschen Politik unfähig gewesen Ware; und
wäre 1866 die österreichisch-mittelstaatliche Politik siegreich geblieben, Preußen unter-
legen. außerdem etwa um Schlesien und seine altsächsischen Lande. Westfalen und
die Altmark verkleinert worden, wie es der blinde Haß seiner Feinde verlangte
so bestünde heute uoch ein loser, zwieträchtiger, also ohnmächtiger Staatenbund, und
das linke Rheinufer wäre vermutlich französisch. Das alles sind nicht etwa wüste
Phantasien, sondern die nüchternen, schlichten Folgerungen aus dem, was damals
die ..Volksstimmung" als das allein Richtige und Gerechte stürmisch verlangte

Es ist eben nicht anders: auch baun, wenn sich Strömungen derart erklaren
l"sfeu. sogar sittlich ehrenhaft sind, ja wenn ihr ffern an sich berechtigt i.e
werden und dürfen ihr Ziel nicht erreichen, wenn s.e es f^sah ges eilt ^ ^falsche oder ungangbare Wege einschlagen, wenn ihnen starke Staatsin eressen ent-
gegenstehn, wie es bei allen diesen Gelegenheiten der Fall war Sie erreichten
1870 so gut wie 1813 ihr Ziel, einmal die Befreiung vom fremden Joch, dann
die Abwehr eines unberechtigten fremden Einspruchs in unsre nationale Entwicklung,
weil hier das Staatsinteresse dasselbe Ziel verfolgte, der Weg dahin ganz klar lag,
und die Regiernnaspolitik von der volkstümlichen Strömung gefördert wurde.

Nach solchen Erfahrungen ist es doch offenbar die PflM einer be onnenen
patriotischen Presse, ganz besonders in Deutschland, der „Volksstronumg acht un¬
besehen zu folgen, nur eben weil es die Volksströmung ist. und noch weniger
Anenden Schlagworten nachzulaufen. nur weil sie gelegentlich von einem bedeutenden
Manne ausgesprochen werden. Nicht darauf kommt es an. sondern darauf. ob das
Schlagwort begründet, ob die Volksströmung politisch berechtigt und auf dem richtigen
^ege ist. Das zu beurteilen ist die Sache ruhiger Erwägung, nicht leidenschaftlicher
Aufwallung und donnernder Resolutionen, von denen wir z. B. 18»3/64 gerade
genug erlebt haben, daß wir für alle Zeiten von dem Glauben an sie geheilt sein
lauten. Ju diesem Sinne haben die Grenzboten ihre Anfgc.be immer verstanden und
werden sie immer in diesem Sinne zu lösen suchen.


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[0061] Reaktiousversuch eines starren Junkers und eines sehr nupopillären Königs, und vornehmlich aus demselben Grunde verhielt man sich 1866 gegen die deutsche Politik Preußens ablehnend. Und 1886 war Fürst Alexander schließlich ein Deutscher, der Held von Sliwniza und das Opfer gemeiner, undankbarer Schurken. Ebenso steckte in allen diesen Volksbewegungen immer ein an sich berechtigter Kern: 1848/49 die Herstellung der deutschen Einheit, 1859 die Abwehr des französischen Übergewichts, 1863 die Trennung Schleswig-Holsteins von Dänemark, in der Konfliktszeit die Wahrung der Verfassung, die freilich im Ernste gar nicht von der Krone, sondern von der Fortschrittspartei bedroht war. 1866 die Abneigung gegen einen Bürgerkrieg zu Gunsten eines unpopulären Regiments, 1886 die Sympathie für einen glänzend erprobten und niederträchtig mißhandelten Fürsten. Man wird aber sagen'können: das, was in allen diesen Fällen die „Volksströmung" wesentlich bestimmte, das waren viel weniger politische Erwägungen, als sittliche Empftndnngen Sympathien für das, was mau für recht, Zorn über das, was man für unrecht hielt, also nu sich sehr ehrenwerte Beweggründe. Was wäre nun geworden wenn diese Vvlksstimmungen unsre Politik bestimmt hätten? Wir hätten 1849 eine Reichsverfassung erhalten, nach der der Kaiser nicht neben und nicht über dem Reichstage gestanden hätte, sondern kraft seines nnr suspensiven Vetos unter ihm, die also die ganze Politik dem in Deutschland doppelt unberechenbaren Spiele der Parteien im Reichstage preisgegeben hätte. Wenn wir 1859 für Österreich das Schwert gezogen hätten, so wäre Frankreich wahrscheinlich besiegt aber auch dre u»s notwendige Einheit Italiens verhindert, der wankende klerikale Absolutismus in Osterreich befestigt worden. Wir hätten 1863/64 einen neuen Kleinstaat an einer gefährdeten Grenze geschaffen, der die Macht Deutschlands nicht gestärkt, sondern ge¬ schwächt hätte, in Preußen wäre aus dem Siege der Fortschrittspartei ein der Verfassung widersprechendes, parlamentarisches, also machtloses Königtum hervor¬ gegangen, das zu einer energischen dentschen Politik unfähig gewesen Ware; und wäre 1866 die österreichisch-mittelstaatliche Politik siegreich geblieben, Preußen unter- legen. außerdem etwa um Schlesien und seine altsächsischen Lande. Westfalen und die Altmark verkleinert worden, wie es der blinde Haß seiner Feinde verlangte so bestünde heute uoch ein loser, zwieträchtiger, also ohnmächtiger Staatenbund, und das linke Rheinufer wäre vermutlich französisch. Das alles sind nicht etwa wüste Phantasien, sondern die nüchternen, schlichten Folgerungen aus dem, was damals die ..Volksstimmung" als das allein Richtige und Gerechte stürmisch verlangte Es ist eben nicht anders: auch baun, wenn sich Strömungen derart erklaren l"sfeu. sogar sittlich ehrenhaft sind, ja wenn ihr ffern an sich berechtigt i.e werden und dürfen ihr Ziel nicht erreichen, wenn s.e es f^sah ges eilt ^ ^falsche oder ungangbare Wege einschlagen, wenn ihnen starke Staatsin eressen ent- gegenstehn, wie es bei allen diesen Gelegenheiten der Fall war Sie erreichten 1870 so gut wie 1813 ihr Ziel, einmal die Befreiung vom fremden Joch, dann die Abwehr eines unberechtigten fremden Einspruchs in unsre nationale Entwicklung, weil hier das Staatsinteresse dasselbe Ziel verfolgte, der Weg dahin ganz klar lag, und die Regiernnaspolitik von der volkstümlichen Strömung gefördert wurde. Nach solchen Erfahrungen ist es doch offenbar die PflM einer be onnenen patriotischen Presse, ganz besonders in Deutschland, der „Volksstronumg acht un¬ besehen zu folgen, nur eben weil es die Volksströmung ist. und noch weniger Anenden Schlagworten nachzulaufen. nur weil sie gelegentlich von einem bedeutenden Manne ausgesprochen werden. Nicht darauf kommt es an. sondern darauf. ob das Schlagwort begründet, ob die Volksströmung politisch berechtigt und auf dem richtigen ^ege ist. Das zu beurteilen ist die Sache ruhiger Erwägung, nicht leidenschaftlicher Aufwallung und donnernder Resolutionen, von denen wir z. B. 18»3/64 gerade genug erlebt haben, daß wir für alle Zeiten von dem Glauben an sie geheilt sein lauten. Ju diesem Sinne haben die Grenzboten ihre Anfgc.be immer verstanden und werden sie immer in diesem Sinne zu lösen suchen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/61>, abgerufen am 14.05.2024.