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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

üblichen "jemand" und "niemand" und des Pronomen "man" in dem Worte
"Mann" die allgemeine Bedeutung "Mensch" für beide Geschlechter, und im
Angelsächsischen und danach im Englischen hat man sich z, B. ungeniert witmon
wowÄll bis heutigentags ausgedrückt, während Paul Kluge sachlich ergänzt und
in dem Artikel "Mann" erwähnt, daß Lu. (was Martin Luther bedeutet) und
andre vor ihm -- auch andre nach ihm, wie Voß -- die Femininbildung "Männin"
(allerdings wohl nach dem lateinischen Text der Bibel) gebraucht haben. Diese
Bildung hat aber schon bald den fatalen Beigeschmack von "Mannweib" erhalten
und ist jedenfalls nicht gebräuchlich geworden zur Bezeichnung der Gehilfin, die der
liebe Gott dem Manne ans einer Rippe geschaffen hat."

Der Geist der Sprache hat vielmehr neben die maskulinen Formen "Mann
und "Mensch" an Stelle dieser "Männin" oder der naheliegenden "Menschin"
ein Neutrum "das Mensch" gesetzt, mit dem Plural "die Menscher." Ohne alles
Arg, wie sich ja der Geist der Sprache noch heute in Unvorsichtigkeiten, wenn
man sich nicht mit Wustmann: in "Sprachdummheiten" ausdrücken will, weiter
hilft. Wohin so etwas führt, kann man bei Kluge in zarter Andeutung, bei Paul
in ungeniertem Ausdruck lesen. "Mei Mensch ist kei Mensch. Ihr Mensch is e
Mensch," hat einmal eine Dresdner Dame in aufwallender Entrüstung gesagt,
indem sie die ursprünglich harmlose Bedeutung des Wortes mit seiner spätern ver¬
fänglichen durcheinanderwarf. Seit aber die gattungsmäßig ganz richtige Bezeich¬
nung von "Mensch" für das weibliche Geschlecht wenigstens der gebildeten Gesell¬
schaftsklassen als fatal empfunden wurde und gesellschaftlich ganz unmöglich ge¬
worden war, wobei die Frauenfrage noch gar nicht einzugreifen brauchte, weil sie
noch nicht vorhanden war, rückte die Weiblichkeit in ein neutrales Gebiet, wenn
auch nicht der Übermenschlichkeit, obwohl sie es dem männlichen Menschen doch
meistens war, so doch der Außermenschlichkeit, der ... e ^die Hoffmannej, oder
. . . en jdie Schnlzenj, oder der . . . sche jdie Müllerschej, oder wie es sonst die
Dialekte mit sich brachten, bis zum gnädigsten Fräulein und der Allergnädigsten.

Aber die Welt steht nicht still, und die Frauenfrage erhob ihr Haupt. Eine
der nettesten Seiten von ihr ist, daß sich edle Weiblichkeit auf ihr Menschentum
besann. Man fühlte plötzlich und mit Recht dieses Außerhalbdesmeuschentumsstehn
als einen nicht gebührlichen Zustand und griff wieder nach der Bezeichnung
"Mensch" als etwas, was nach dem Angelsächsischen klärlich beiden Geschlechtern
gleichmäßig Zustehendes war. Als eine ganz eigentümliche Neuerung der Sprach¬
dummheit, wenn man mit Wustmann reden will, oder mit andern des Sprach¬
geists, der ja in der Sprachbildung lebendig ist und sich in immer neuen -- wir
wollen sagen in immer neuen Unregelmäßigkeiten zeugnngskrttftig erweist, zeigt es
sich nun aber, daß das weibliche Ingenium den männlichem Charakter nicht, wie
es die Frauenfrage hätte vermuten lassen können, beim Menschen überhaupt
annulliert, sondern daß es ihn auf sich übernimmt. "Sie ist ein prächtiger
Mensch!" "Sie ist eine Seele von einem Menschen!" "Sie ist ein Mensch, der
seinen Mann steht!" und ähnliches sagen die fortgeschrittnen Damen voneinander.
Der nächste Schritt wird freilich sein, daß sie uns Männer ganz ausmerzen und
untereinander heiraten werden.

Wir Männer sind selbst schuld daran, wenn es so weit kommt. Ganz ab¬
gesehen davon, ob wir etwas mit den, indogermanischen Stamme man zu thun
haben oder nicht, wir wissen überhaupt nicht unter uns Ordnung zu halten. Es
ist schon ein Beweis unsrer Decadence, daß wir öffentlich der Frauenfrage gegen¬
über und privatim -- nun, wozu wir uns privatim veranlaßt sehen, mag unsre
Privatsnche bleiben hineilte Frau meint: Du hast doch nur gute Erfahrungen ge¬
macht^ daß wir also den Willen unsers Herrgotts nicht erfüllen, der geboten
hatte: Er soll dein Herr sein; sondern elend kneifen und die Erfüllung der uns
auferlegten Funktion feige unterlassen. Wenn man uns entgegentrete" und hier
von tores w^fürs sprechen wollte, so würden wir freilich schweige" müssen. Wir"


Maßgebliches und Unmaßgebliches

üblichen „jemand" und „niemand" und des Pronomen „man" in dem Worte
„Mann" die allgemeine Bedeutung „Mensch" für beide Geschlechter, und im
Angelsächsischen und danach im Englischen hat man sich z, B. ungeniert witmon
wowÄll bis heutigentags ausgedrückt, während Paul Kluge sachlich ergänzt und
in dem Artikel „Mann" erwähnt, daß Lu. (was Martin Luther bedeutet) und
andre vor ihm — auch andre nach ihm, wie Voß — die Femininbildung „Männin"
(allerdings wohl nach dem lateinischen Text der Bibel) gebraucht haben. Diese
Bildung hat aber schon bald den fatalen Beigeschmack von „Mannweib" erhalten
und ist jedenfalls nicht gebräuchlich geworden zur Bezeichnung der Gehilfin, die der
liebe Gott dem Manne ans einer Rippe geschaffen hat."

Der Geist der Sprache hat vielmehr neben die maskulinen Formen „Mann
und „Mensch" an Stelle dieser „Männin" oder der naheliegenden „Menschin"
ein Neutrum „das Mensch" gesetzt, mit dem Plural „die Menscher." Ohne alles
Arg, wie sich ja der Geist der Sprache noch heute in Unvorsichtigkeiten, wenn
man sich nicht mit Wustmann: in „Sprachdummheiten" ausdrücken will, weiter
hilft. Wohin so etwas führt, kann man bei Kluge in zarter Andeutung, bei Paul
in ungeniertem Ausdruck lesen. „Mei Mensch ist kei Mensch. Ihr Mensch is e
Mensch," hat einmal eine Dresdner Dame in aufwallender Entrüstung gesagt,
indem sie die ursprünglich harmlose Bedeutung des Wortes mit seiner spätern ver¬
fänglichen durcheinanderwarf. Seit aber die gattungsmäßig ganz richtige Bezeich¬
nung von „Mensch" für das weibliche Geschlecht wenigstens der gebildeten Gesell¬
schaftsklassen als fatal empfunden wurde und gesellschaftlich ganz unmöglich ge¬
worden war, wobei die Frauenfrage noch gar nicht einzugreifen brauchte, weil sie
noch nicht vorhanden war, rückte die Weiblichkeit in ein neutrales Gebiet, wenn
auch nicht der Übermenschlichkeit, obwohl sie es dem männlichen Menschen doch
meistens war, so doch der Außermenschlichkeit, der ... e ^die Hoffmannej, oder
. . . en jdie Schnlzenj, oder der . . . sche jdie Müllerschej, oder wie es sonst die
Dialekte mit sich brachten, bis zum gnädigsten Fräulein und der Allergnädigsten.

Aber die Welt steht nicht still, und die Frauenfrage erhob ihr Haupt. Eine
der nettesten Seiten von ihr ist, daß sich edle Weiblichkeit auf ihr Menschentum
besann. Man fühlte plötzlich und mit Recht dieses Außerhalbdesmeuschentumsstehn
als einen nicht gebührlichen Zustand und griff wieder nach der Bezeichnung
„Mensch" als etwas, was nach dem Angelsächsischen klärlich beiden Geschlechtern
gleichmäßig Zustehendes war. Als eine ganz eigentümliche Neuerung der Sprach¬
dummheit, wenn man mit Wustmann reden will, oder mit andern des Sprach¬
geists, der ja in der Sprachbildung lebendig ist und sich in immer neuen — wir
wollen sagen in immer neuen Unregelmäßigkeiten zeugnngskrttftig erweist, zeigt es
sich nun aber, daß das weibliche Ingenium den männlichem Charakter nicht, wie
es die Frauenfrage hätte vermuten lassen können, beim Menschen überhaupt
annulliert, sondern daß es ihn auf sich übernimmt. „Sie ist ein prächtiger
Mensch!" „Sie ist eine Seele von einem Menschen!" „Sie ist ein Mensch, der
seinen Mann steht!" und ähnliches sagen die fortgeschrittnen Damen voneinander.
Der nächste Schritt wird freilich sein, daß sie uns Männer ganz ausmerzen und
untereinander heiraten werden.

Wir Männer sind selbst schuld daran, wenn es so weit kommt. Ganz ab¬
gesehen davon, ob wir etwas mit den, indogermanischen Stamme man zu thun
haben oder nicht, wir wissen überhaupt nicht unter uns Ordnung zu halten. Es
ist schon ein Beweis unsrer Decadence, daß wir öffentlich der Frauenfrage gegen¬
über und privatim — nun, wozu wir uns privatim veranlaßt sehen, mag unsre
Privatsnche bleiben hineilte Frau meint: Du hast doch nur gute Erfahrungen ge¬
macht^ daß wir also den Willen unsers Herrgotts nicht erfüllen, der geboten
hatte: Er soll dein Herr sein; sondern elend kneifen und die Erfüllung der uns
auferlegten Funktion feige unterlassen. Wenn man uns entgegentrete» und hier
von tores w^fürs sprechen wollte, so würden wir freilich schweige» müssen. Wir"


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[0636] Maßgebliches und Unmaßgebliches üblichen „jemand" und „niemand" und des Pronomen „man" in dem Worte „Mann" die allgemeine Bedeutung „Mensch" für beide Geschlechter, und im Angelsächsischen und danach im Englischen hat man sich z, B. ungeniert witmon wowÄll bis heutigentags ausgedrückt, während Paul Kluge sachlich ergänzt und in dem Artikel „Mann" erwähnt, daß Lu. (was Martin Luther bedeutet) und andre vor ihm — auch andre nach ihm, wie Voß — die Femininbildung „Männin" (allerdings wohl nach dem lateinischen Text der Bibel) gebraucht haben. Diese Bildung hat aber schon bald den fatalen Beigeschmack von „Mannweib" erhalten und ist jedenfalls nicht gebräuchlich geworden zur Bezeichnung der Gehilfin, die der liebe Gott dem Manne ans einer Rippe geschaffen hat." Der Geist der Sprache hat vielmehr neben die maskulinen Formen „Mann und „Mensch" an Stelle dieser „Männin" oder der naheliegenden „Menschin" ein Neutrum „das Mensch" gesetzt, mit dem Plural „die Menscher." Ohne alles Arg, wie sich ja der Geist der Sprache noch heute in Unvorsichtigkeiten, wenn man sich nicht mit Wustmann: in „Sprachdummheiten" ausdrücken will, weiter hilft. Wohin so etwas führt, kann man bei Kluge in zarter Andeutung, bei Paul in ungeniertem Ausdruck lesen. „Mei Mensch ist kei Mensch. Ihr Mensch is e Mensch," hat einmal eine Dresdner Dame in aufwallender Entrüstung gesagt, indem sie die ursprünglich harmlose Bedeutung des Wortes mit seiner spätern ver¬ fänglichen durcheinanderwarf. Seit aber die gattungsmäßig ganz richtige Bezeich¬ nung von „Mensch" für das weibliche Geschlecht wenigstens der gebildeten Gesell¬ schaftsklassen als fatal empfunden wurde und gesellschaftlich ganz unmöglich ge¬ worden war, wobei die Frauenfrage noch gar nicht einzugreifen brauchte, weil sie noch nicht vorhanden war, rückte die Weiblichkeit in ein neutrales Gebiet, wenn auch nicht der Übermenschlichkeit, obwohl sie es dem männlichen Menschen doch meistens war, so doch der Außermenschlichkeit, der ... e ^die Hoffmannej, oder . . . en jdie Schnlzenj, oder der . . . sche jdie Müllerschej, oder wie es sonst die Dialekte mit sich brachten, bis zum gnädigsten Fräulein und der Allergnädigsten. Aber die Welt steht nicht still, und die Frauenfrage erhob ihr Haupt. Eine der nettesten Seiten von ihr ist, daß sich edle Weiblichkeit auf ihr Menschentum besann. Man fühlte plötzlich und mit Recht dieses Außerhalbdesmeuschentumsstehn als einen nicht gebührlichen Zustand und griff wieder nach der Bezeichnung „Mensch" als etwas, was nach dem Angelsächsischen klärlich beiden Geschlechtern gleichmäßig Zustehendes war. Als eine ganz eigentümliche Neuerung der Sprach¬ dummheit, wenn man mit Wustmann reden will, oder mit andern des Sprach¬ geists, der ja in der Sprachbildung lebendig ist und sich in immer neuen — wir wollen sagen in immer neuen Unregelmäßigkeiten zeugnngskrttftig erweist, zeigt es sich nun aber, daß das weibliche Ingenium den männlichem Charakter nicht, wie es die Frauenfrage hätte vermuten lassen können, beim Menschen überhaupt annulliert, sondern daß es ihn auf sich übernimmt. „Sie ist ein prächtiger Mensch!" „Sie ist eine Seele von einem Menschen!" „Sie ist ein Mensch, der seinen Mann steht!" und ähnliches sagen die fortgeschrittnen Damen voneinander. Der nächste Schritt wird freilich sein, daß sie uns Männer ganz ausmerzen und untereinander heiraten werden. Wir Männer sind selbst schuld daran, wenn es so weit kommt. Ganz ab¬ gesehen davon, ob wir etwas mit den, indogermanischen Stamme man zu thun haben oder nicht, wir wissen überhaupt nicht unter uns Ordnung zu halten. Es ist schon ein Beweis unsrer Decadence, daß wir öffentlich der Frauenfrage gegen¬ über und privatim — nun, wozu wir uns privatim veranlaßt sehen, mag unsre Privatsnche bleiben hineilte Frau meint: Du hast doch nur gute Erfahrungen ge¬ macht^ daß wir also den Willen unsers Herrgotts nicht erfüllen, der geboten hatte: Er soll dein Herr sein; sondern elend kneifen und die Erfüllung der uns auferlegten Funktion feige unterlassen. Wenn man uns entgegentrete» und hier von tores w^fürs sprechen wollte, so würden wir freilich schweige» müssen. Wir"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/636>, abgerufen am 14.05.2024.