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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Umnaßgobliches

Möglichkeit, militärische Fragen sachlich zu beurteilen, abgeht, so scheint es doch bei
der Vorliebe der sozialdemokratischen Partei für die französische Armee -- lediglich
weil sie einer Republik angehört, und weil es eben nicht die deutsche ist -- ange¬
zeigt, der Frage einmal naher zu trete", wie man in der französischen Armee über
das Duell denkt, das bei uns von vielen Seiten als Auswuchs des Militarismus
und als "Verbrechen" bezeichnet wird, das mit entehrender Strafe belegt werden
sollte.

Da muß denn zunächst konstatiert werden,, daß in Frankreich die Duellsitte und
der Dnellzwang nicht allein für die Offiziere, sondern auch für die Unteroffiziere
besteht, und zwar -- auch bei den Offizieren -- ohne Einschränkungen durch Ehren¬
gerichte. Das Offizierdnell wird in Frankreich nicht allein als selbstverständlich,
sondern anch als ganz unvermeidlich betrachtet. Eine hervorragende französische
Milittirzeitmig -- I^s Vranos nulitairo -- brachte kürzlich einen interessanten Artikel
über dieses Thema, dem Nur das Nachstehende entnehmen:

Nach dem traurigen Ausgang, den in der letzten Zeit verschiedne Duelle in
Deutschland und Österreich genommen hatten, hieß es, daß in beiden Ländern zu¬
folge des Einschreitens der beiden Kaiser das Duell in der Armee vollständig beseitigt
worden sei, wie dies in der englischen Armee schon früher geschehn, und auch in
der frnuzösischen Armee in Aussicht genommen sei. In Frankreich habe man an¬
geblich diesen Entschluß deshalb gefaßt, weil der vermehrte Dienst den Offizieren
nicht mehr erlaube, sich genügend in der Handhabung der Waffen auszubilden.
Wenn die Verfügungen der beiden Kaiser nur eine Einschränkung der Duelle, nicht
ihre unbedingte Ausrottung in der Armee zur Folge haben konnten und sollten,
so sei es ebenso unrichtig, von einer Vermindrung der Duelle in dem französische"
Offizierkorps zu sprechen. Wenn in der letzten Zeit über solche Zweikämpfe weniger
in die Öffentlichkeit gedrungen sei, so liege es allein daran, daß keine ernsten Folgen
zu Tage getreten seien. Im allgemeinen müßte aber festgestellt werde", daß seit
etwa zwölf Jahren das Duell in der französischen Armee nicht abgenommen --> viel¬
leicht auch nicht zugenommen -- habe. Die Duelle kommen vor, gerade wie
früher -- "nur daß man nicht davon spricht"! Hierin, schalten wir ein, liegt der
große Unterschied zwischen französischer Sitte und Gepflogenheit und deutscher. In
Frankreich würde sich anch der entschiedenste Sozialdemokrat scheuen und sich schämen,
Vorkommnisse innerhalb der Armee mit besondern! Behagen in die Öffentlichkeit
zu ziehn, während bei uns die sozialdemokratischen Führer, vor allem Bebel, es
für ihre Aufgabe halte", alles, was die Armee, nicht allein in den Angen des Volkes,
sondern auch in denen unsrer Nachbarn schädigen kann, breitzntreten und von der
Tribüne des Reichstags aus zu besprechen. Wo wird man in: französischen Parla¬
ment je eine Debatte hören über gesetzwidrige Behandlung von Soldaten, über
Offizierduelle u. tgi. in., über die sich bei uns sozialdemokratische Abgeordnete tage¬
lang mit wahrer Wollust ergehn!

Der Berichterstatter der l?rinn:<z militiürs schreibt um, daß er sich, um sich
genau über den Stand der Duellfrage in den verschiednen Armeen zu orientieren,
an einen hoch angesehenen französischen Stabsoffizier, der als Autorität in allen
Ehrensachen gilt, gewandt und ihn gefragt habe, ob wirklich in Deutschland, in
Österreich und in England das Duell zwischen Militärpersonen nicht mehr vor¬
komme, und ob es in Frankreich, Italien und Spanien auf dem Aussterbeetat sei.
Darauf habe der Oberstleutnant Derue achselzuckend geantwortet: Das Duell unter
Offizieren, ebenso wie das uuter Soldaten, ist viel zu notwendig in, Interesse des
Dienstes, als daß der Gedanke, es zu unterdrücken, dem Kaiser Wilhelm oder dem
französischen Kriegsminister beikomme" könnte. Gegen das Duell unter Offizieren
richten sich die Bannstrahlen der Kaiser von Deutschland oder von Österreich durch¬
aus nicht; wenn nun die Verordnungen aufmerksam liest, so ergiebt sich, daß sie
sich nur gegen das Duell zwischen Offizieren und Zivilpersonen richten, dem berech-
tigterweise irgend welcher Nutzen abgesprochen wird, und deren Zahl durch die
obligatorische Jntervention der Ehrengerichte beschränkt werden soll. (Wir brauchen


Maßgebliches und Umnaßgobliches

Möglichkeit, militärische Fragen sachlich zu beurteilen, abgeht, so scheint es doch bei
der Vorliebe der sozialdemokratischen Partei für die französische Armee — lediglich
weil sie einer Republik angehört, und weil es eben nicht die deutsche ist — ange¬
zeigt, der Frage einmal naher zu trete», wie man in der französischen Armee über
das Duell denkt, das bei uns von vielen Seiten als Auswuchs des Militarismus
und als „Verbrechen" bezeichnet wird, das mit entehrender Strafe belegt werden
sollte.

Da muß denn zunächst konstatiert werden,, daß in Frankreich die Duellsitte und
der Dnellzwang nicht allein für die Offiziere, sondern auch für die Unteroffiziere
besteht, und zwar — auch bei den Offizieren — ohne Einschränkungen durch Ehren¬
gerichte. Das Offizierdnell wird in Frankreich nicht allein als selbstverständlich,
sondern anch als ganz unvermeidlich betrachtet. Eine hervorragende französische
Milittirzeitmig — I^s Vranos nulitairo — brachte kürzlich einen interessanten Artikel
über dieses Thema, dem Nur das Nachstehende entnehmen:

Nach dem traurigen Ausgang, den in der letzten Zeit verschiedne Duelle in
Deutschland und Österreich genommen hatten, hieß es, daß in beiden Ländern zu¬
folge des Einschreitens der beiden Kaiser das Duell in der Armee vollständig beseitigt
worden sei, wie dies in der englischen Armee schon früher geschehn, und auch in
der frnuzösischen Armee in Aussicht genommen sei. In Frankreich habe man an¬
geblich diesen Entschluß deshalb gefaßt, weil der vermehrte Dienst den Offizieren
nicht mehr erlaube, sich genügend in der Handhabung der Waffen auszubilden.
Wenn die Verfügungen der beiden Kaiser nur eine Einschränkung der Duelle, nicht
ihre unbedingte Ausrottung in der Armee zur Folge haben konnten und sollten,
so sei es ebenso unrichtig, von einer Vermindrung der Duelle in dem französische«
Offizierkorps zu sprechen. Wenn in der letzten Zeit über solche Zweikämpfe weniger
in die Öffentlichkeit gedrungen sei, so liege es allein daran, daß keine ernsten Folgen
zu Tage getreten seien. Im allgemeinen müßte aber festgestellt werde», daß seit
etwa zwölf Jahren das Duell in der französischen Armee nicht abgenommen —> viel¬
leicht auch nicht zugenommen — habe. Die Duelle kommen vor, gerade wie
früher — „nur daß man nicht davon spricht"! Hierin, schalten wir ein, liegt der
große Unterschied zwischen französischer Sitte und Gepflogenheit und deutscher. In
Frankreich würde sich anch der entschiedenste Sozialdemokrat scheuen und sich schämen,
Vorkommnisse innerhalb der Armee mit besondern! Behagen in die Öffentlichkeit
zu ziehn, während bei uns die sozialdemokratischen Führer, vor allem Bebel, es
für ihre Aufgabe halte», alles, was die Armee, nicht allein in den Angen des Volkes,
sondern auch in denen unsrer Nachbarn schädigen kann, breitzntreten und von der
Tribüne des Reichstags aus zu besprechen. Wo wird man in: französischen Parla¬
ment je eine Debatte hören über gesetzwidrige Behandlung von Soldaten, über
Offizierduelle u. tgi. in., über die sich bei uns sozialdemokratische Abgeordnete tage¬
lang mit wahrer Wollust ergehn!

Der Berichterstatter der l?rinn:<z militiürs schreibt um, daß er sich, um sich
genau über den Stand der Duellfrage in den verschiednen Armeen zu orientieren,
an einen hoch angesehenen französischen Stabsoffizier, der als Autorität in allen
Ehrensachen gilt, gewandt und ihn gefragt habe, ob wirklich in Deutschland, in
Österreich und in England das Duell zwischen Militärpersonen nicht mehr vor¬
komme, und ob es in Frankreich, Italien und Spanien auf dem Aussterbeetat sei.
Darauf habe der Oberstleutnant Derue achselzuckend geantwortet: Das Duell unter
Offizieren, ebenso wie das uuter Soldaten, ist viel zu notwendig in, Interesse des
Dienstes, als daß der Gedanke, es zu unterdrücken, dem Kaiser Wilhelm oder dem
französischen Kriegsminister beikomme» könnte. Gegen das Duell unter Offizieren
richten sich die Bannstrahlen der Kaiser von Deutschland oder von Österreich durch¬
aus nicht; wenn nun die Verordnungen aufmerksam liest, so ergiebt sich, daß sie
sich nur gegen das Duell zwischen Offizieren und Zivilpersonen richten, dem berech-
tigterweise irgend welcher Nutzen abgesprochen wird, und deren Zahl durch die
obligatorische Jntervention der Ehrengerichte beschränkt werden soll. (Wir brauchen


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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/59>, abgerufen am 15.05.2024.