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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Zur Geschichte des Intelligeupvesens

nahegelegenen Orten ausmachen können, zu halten, und die wenigen Groschen, welche
dafür bezahlt werden, anzuwenden. Es müssen demnach alle hohe und niedere
Collegia, nämlich Regierungs-, Justiz-, Kaminer-, Policey- und Magistrats-Collegia,
die Jntelligenzblätter halten." Desgleichen, meint er, müsse man, wie es in Preußen
wirklich geschehe, die Pfarrer und Gemeinden dazu anhalten; und da namentlich
die Kaufleute und die Gewerbetreibenden von den Jntelligenzblätter" großen Nutzen
hätten, so könne man doch "mit Fug und Recht anbefehlen, daß eine jede Gilde
oder Innung, in der die Kaufleute und Handwerker eingeschlossen sind, solches thun
it. h. die Blätter halten) sollen. Ebenso können und müssen alle Wirtshäuser und
Gasthöfe, ingleichen alle Kaffee- und Wein-Hänser, zur Haltung der Anzeigeblätter
gesetzlich angehalten werden." Welch ein Geist spricht aus solchen Zeilen!

Wie weit aber in der That dieser Zwang getrieben wurde, dafür mögen
einige Beispiele angeführt werden. Im Berliner Jntelligenzblntt findet sich schon
im ersten Jahrgang von 172? die wiederholte Notiz, durch die auf Grund einer
Ordre vom 12. April desselben Jahres alle "Beambten und Magistrate in denen
Städten" angehalten werden, die Jntelligenzblättcr zu halten, und in der Nummer
vom 8. November des Jahres 1728 steht schon der Zusatz, daß auch die "Gewercke"
hierzu anzuhalten seien. Vom Karlsruher Jntelligenzblntt berichtet Schwarzkopf:
"Cameralistisch erhält sich das Intelligenzblatt dadurch, daß aus den Gemeinde-
Cassen vorschriftsmäßig die Exemplare für das Land bezahlt werden."

Daß solche "vorschriftsmäßigen" Abonnements meistens sehr drückend waren,
läßt sich denken. Aber die Einsicht dafür scheint bei den Fürsten nicht sehr häufig
gewesen zu sein. Eine Ausnahme teilt Moser mit: "In dem Brciuuschweig-
Wolfenbüttelischen Landtagsabschied von 1770 heißt es Art. 60: "Nachdem treu¬
devoteste Stände unterthänigst vorgestellet, daß die in der Fürstlichen Verordnung
vom 9. Januar 1766 den Gerichten anbefohlene Haltung der hiesigen Braun¬
schweigischen Anzeigen denselben fast beschwerlich fallen wolle, so haben Se. Durch¬
laucht gu. geruhet, die Haltung sothaner Anzeigen hinkünftig nicht weiter als eine
Nothwendigkeit den Gerichten auflegen zu lassen, jedoch mit dem Vorbehalt, daß
wenn eine (von Gott abzuwendende) Viehseuche, oder andere eine notwendige und
allgemeine Kuudmnchuug erheischende Vorfälle, es erfordern, sich hierauf nicht be¬
zogen, sondern diejenigen, welche solche nicht ohnehin freywillig halten, sie, so lange
die Vorfälle dauern, zu nehmen schuldig seyn sollen.""

Imi allgemeinen ergab sich bei dem oben geschilderten Zwangsverfähren ein
tüchtiger finanzieller Überschuß aus dem Betriebe des Jntelligenzwesens, der nciment-
llch für die Regierungen eine willkommne Finnnzquelle war, die für mannigfache
Zwecke verwandt wurde. Ju Weimar verwandte man die Überschüsse des Jn-
telligenzblattes für die Beleuchtung der Stadt, in Kiel für die Armenpflege. Die
Erträge der Berliner Jntelligenzanstalt kamen dem Potsdamer Militärwaisenhaus
zu gute; die der Breslauer dienten zur Unterhaltung der Arbeitshäuser in Brieg
und Janer, die der Anricher zur Unterhaltung des Zuchthauses. So verschmähten
es die Regierungen nicht, aus einer Wohlfahrtseinrichtung schließlich eine möglichst
ergiebige Finnnzquelle zu machen.

Von dem ganzen Jntelligenzwesen ist heute much uicht der kleinste Nest mehr
vorhanden. Wie kommt das? Woran sind die Jntelligenzblätter eingegangen?
Es ist kein Zweifel, daß der Gedanke, der zur Gründung der Jntelligeuzanstalten
Anlaß gegeben hatte, durchaus richtig und nützlich war. Aber die Ausführung war
eine fortlaufende Reihe von Fehlern. Anstatt die Blätter einfach der Volkswirt¬
schaft frei zur Verfügung zu stellen und sie durch diese selbst regulieren zu lassen,
suchte man durch sie die Volkswirtschaft zu beeinflussen. Dies mußte auf die Dauer
"is lästiger Zwang empfunden werden, zumut da die Regierung, wie es doch oft
genug der Fall war, den Fortschritt der Zeit nicht erkannte und die aus ihrem
engen Rahmen hernusstrebeuden Blätter immer wieder in die alte Form zwängte.
Das verderblichste aber our es, die Jntelligenzblätter much fiskalischen Rücksichten


Zur Geschichte des Intelligeupvesens

nahegelegenen Orten ausmachen können, zu halten, und die wenigen Groschen, welche
dafür bezahlt werden, anzuwenden. Es müssen demnach alle hohe und niedere
Collegia, nämlich Regierungs-, Justiz-, Kaminer-, Policey- und Magistrats-Collegia,
die Jntelligenzblätter halten." Desgleichen, meint er, müsse man, wie es in Preußen
wirklich geschehe, die Pfarrer und Gemeinden dazu anhalten; und da namentlich
die Kaufleute und die Gewerbetreibenden von den Jntelligenzblätter» großen Nutzen
hätten, so könne man doch „mit Fug und Recht anbefehlen, daß eine jede Gilde
oder Innung, in der die Kaufleute und Handwerker eingeschlossen sind, solches thun
it. h. die Blätter halten) sollen. Ebenso können und müssen alle Wirtshäuser und
Gasthöfe, ingleichen alle Kaffee- und Wein-Hänser, zur Haltung der Anzeigeblätter
gesetzlich angehalten werden." Welch ein Geist spricht aus solchen Zeilen!

Wie weit aber in der That dieser Zwang getrieben wurde, dafür mögen
einige Beispiele angeführt werden. Im Berliner Jntelligenzblntt findet sich schon
im ersten Jahrgang von 172? die wiederholte Notiz, durch die auf Grund einer
Ordre vom 12. April desselben Jahres alle „Beambten und Magistrate in denen
Städten" angehalten werden, die Jntelligenzblättcr zu halten, und in der Nummer
vom 8. November des Jahres 1728 steht schon der Zusatz, daß auch die „Gewercke"
hierzu anzuhalten seien. Vom Karlsruher Jntelligenzblntt berichtet Schwarzkopf:
„Cameralistisch erhält sich das Intelligenzblatt dadurch, daß aus den Gemeinde-
Cassen vorschriftsmäßig die Exemplare für das Land bezahlt werden."

Daß solche „vorschriftsmäßigen" Abonnements meistens sehr drückend waren,
läßt sich denken. Aber die Einsicht dafür scheint bei den Fürsten nicht sehr häufig
gewesen zu sein. Eine Ausnahme teilt Moser mit: „In dem Brciuuschweig-
Wolfenbüttelischen Landtagsabschied von 1770 heißt es Art. 60: »Nachdem treu¬
devoteste Stände unterthänigst vorgestellet, daß die in der Fürstlichen Verordnung
vom 9. Januar 1766 den Gerichten anbefohlene Haltung der hiesigen Braun¬
schweigischen Anzeigen denselben fast beschwerlich fallen wolle, so haben Se. Durch¬
laucht gu. geruhet, die Haltung sothaner Anzeigen hinkünftig nicht weiter als eine
Nothwendigkeit den Gerichten auflegen zu lassen, jedoch mit dem Vorbehalt, daß
wenn eine (von Gott abzuwendende) Viehseuche, oder andere eine notwendige und
allgemeine Kuudmnchuug erheischende Vorfälle, es erfordern, sich hierauf nicht be¬
zogen, sondern diejenigen, welche solche nicht ohnehin freywillig halten, sie, so lange
die Vorfälle dauern, zu nehmen schuldig seyn sollen.«"

Imi allgemeinen ergab sich bei dem oben geschilderten Zwangsverfähren ein
tüchtiger finanzieller Überschuß aus dem Betriebe des Jntelligenzwesens, der nciment-
llch für die Regierungen eine willkommne Finnnzquelle war, die für mannigfache
Zwecke verwandt wurde. Ju Weimar verwandte man die Überschüsse des Jn-
telligenzblattes für die Beleuchtung der Stadt, in Kiel für die Armenpflege. Die
Erträge der Berliner Jntelligenzanstalt kamen dem Potsdamer Militärwaisenhaus
zu gute; die der Breslauer dienten zur Unterhaltung der Arbeitshäuser in Brieg
und Janer, die der Anricher zur Unterhaltung des Zuchthauses. So verschmähten
es die Regierungen nicht, aus einer Wohlfahrtseinrichtung schließlich eine möglichst
ergiebige Finnnzquelle zu machen.

Von dem ganzen Jntelligenzwesen ist heute much uicht der kleinste Nest mehr
vorhanden. Wie kommt das? Woran sind die Jntelligenzblätter eingegangen?
Es ist kein Zweifel, daß der Gedanke, der zur Gründung der Jntelligeuzanstalten
Anlaß gegeben hatte, durchaus richtig und nützlich war. Aber die Ausführung war
eine fortlaufende Reihe von Fehlern. Anstatt die Blätter einfach der Volkswirt¬
schaft frei zur Verfügung zu stellen und sie durch diese selbst regulieren zu lassen,
suchte man durch sie die Volkswirtschaft zu beeinflussen. Dies mußte auf die Dauer
"is lästiger Zwang empfunden werden, zumut da die Regierung, wie es doch oft
genug der Fall war, den Fortschritt der Zeit nicht erkannte und die aus ihrem
engen Rahmen hernusstrebeuden Blätter immer wieder in die alte Form zwängte.
Das verderblichste aber our es, die Jntelligenzblätter much fiskalischen Rücksichten


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[0619] Zur Geschichte des Intelligeupvesens nahegelegenen Orten ausmachen können, zu halten, und die wenigen Groschen, welche dafür bezahlt werden, anzuwenden. Es müssen demnach alle hohe und niedere Collegia, nämlich Regierungs-, Justiz-, Kaminer-, Policey- und Magistrats-Collegia, die Jntelligenzblätter halten." Desgleichen, meint er, müsse man, wie es in Preußen wirklich geschehe, die Pfarrer und Gemeinden dazu anhalten; und da namentlich die Kaufleute und die Gewerbetreibenden von den Jntelligenzblätter» großen Nutzen hätten, so könne man doch „mit Fug und Recht anbefehlen, daß eine jede Gilde oder Innung, in der die Kaufleute und Handwerker eingeschlossen sind, solches thun it. h. die Blätter halten) sollen. Ebenso können und müssen alle Wirtshäuser und Gasthöfe, ingleichen alle Kaffee- und Wein-Hänser, zur Haltung der Anzeigeblätter gesetzlich angehalten werden." Welch ein Geist spricht aus solchen Zeilen! Wie weit aber in der That dieser Zwang getrieben wurde, dafür mögen einige Beispiele angeführt werden. Im Berliner Jntelligenzblntt findet sich schon im ersten Jahrgang von 172? die wiederholte Notiz, durch die auf Grund einer Ordre vom 12. April desselben Jahres alle „Beambten und Magistrate in denen Städten" angehalten werden, die Jntelligenzblättcr zu halten, und in der Nummer vom 8. November des Jahres 1728 steht schon der Zusatz, daß auch die „Gewercke" hierzu anzuhalten seien. Vom Karlsruher Jntelligenzblntt berichtet Schwarzkopf: „Cameralistisch erhält sich das Intelligenzblatt dadurch, daß aus den Gemeinde- Cassen vorschriftsmäßig die Exemplare für das Land bezahlt werden." Daß solche „vorschriftsmäßigen" Abonnements meistens sehr drückend waren, läßt sich denken. Aber die Einsicht dafür scheint bei den Fürsten nicht sehr häufig gewesen zu sein. Eine Ausnahme teilt Moser mit: „In dem Brciuuschweig- Wolfenbüttelischen Landtagsabschied von 1770 heißt es Art. 60: »Nachdem treu¬ devoteste Stände unterthänigst vorgestellet, daß die in der Fürstlichen Verordnung vom 9. Januar 1766 den Gerichten anbefohlene Haltung der hiesigen Braun¬ schweigischen Anzeigen denselben fast beschwerlich fallen wolle, so haben Se. Durch¬ laucht gu. geruhet, die Haltung sothaner Anzeigen hinkünftig nicht weiter als eine Nothwendigkeit den Gerichten auflegen zu lassen, jedoch mit dem Vorbehalt, daß wenn eine (von Gott abzuwendende) Viehseuche, oder andere eine notwendige und allgemeine Kuudmnchuug erheischende Vorfälle, es erfordern, sich hierauf nicht be¬ zogen, sondern diejenigen, welche solche nicht ohnehin freywillig halten, sie, so lange die Vorfälle dauern, zu nehmen schuldig seyn sollen.«" Imi allgemeinen ergab sich bei dem oben geschilderten Zwangsverfähren ein tüchtiger finanzieller Überschuß aus dem Betriebe des Jntelligenzwesens, der nciment- llch für die Regierungen eine willkommne Finnnzquelle war, die für mannigfache Zwecke verwandt wurde. Ju Weimar verwandte man die Überschüsse des Jn- telligenzblattes für die Beleuchtung der Stadt, in Kiel für die Armenpflege. Die Erträge der Berliner Jntelligenzanstalt kamen dem Potsdamer Militärwaisenhaus zu gute; die der Breslauer dienten zur Unterhaltung der Arbeitshäuser in Brieg und Janer, die der Anricher zur Unterhaltung des Zuchthauses. So verschmähten es die Regierungen nicht, aus einer Wohlfahrtseinrichtung schließlich eine möglichst ergiebige Finnnzquelle zu machen. Von dem ganzen Jntelligenzwesen ist heute much uicht der kleinste Nest mehr vorhanden. Wie kommt das? Woran sind die Jntelligenzblätter eingegangen? Es ist kein Zweifel, daß der Gedanke, der zur Gründung der Jntelligeuzanstalten Anlaß gegeben hatte, durchaus richtig und nützlich war. Aber die Ausführung war eine fortlaufende Reihe von Fehlern. Anstatt die Blätter einfach der Volkswirt¬ schaft frei zur Verfügung zu stellen und sie durch diese selbst regulieren zu lassen, suchte man durch sie die Volkswirtschaft zu beeinflussen. Dies mußte auf die Dauer "is lästiger Zwang empfunden werden, zumut da die Regierung, wie es doch oft genug der Fall war, den Fortschritt der Zeit nicht erkannte und die aus ihrem engen Rahmen hernusstrebeuden Blätter immer wieder in die alte Form zwängte. Das verderblichste aber our es, die Jntelligenzblätter much fiskalischen Rücksichten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/619>, abgerufen am 16.05.2024.