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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

langweiligen Stunden auszufüllen, was teils bei der heutigen Arbeit- und Ver¬
gnügungshetze nicht mehr nötig, teils bei der heutigen Arbeitwcise nicht mehr
möglich ist. Deu Arbeitgesaug zum Beispiel, über dessen kulturgeschichtliche Be¬
deutung uns Bücher belehrt hat, besorgt heute bei uus die rasselnde, klappernde,
brummende oder tosende Maschine. Endlich, um nnr noch eins anzuführen, wird
die Beziehung der Volksbräuche auf deu Kirchenglauben und die Kirchenbräuche und
der Einfluß der Kirche auf sie genauer anzugeben sein. So hätte schon der Stoff-
sammler hervorheben können, daß zwar in den evangelischen und deu gemischten
Gegenden der "Nickel" mit dem Knecht Ruprecht verschmilzt, der entweder ein rein
mythologischer Popanz ist oder den Nährvater Joseph bedeutet (in diesem Fall von
dem Christkind und einem Engel begleitet seinen Umzug hält), daß dagegen in katho¬
lischen Gegenden die Gestalt des sagenhaften Bischofs Nikolaus von Mhra noch
ziemlich rein bewahrt wird. Dieser Heilige soll einem Bürger, der seine drei
Töchter prostituieren wollte, weil er sie nicht aussteuern konnte, das Geld zur Aus¬
steuer der ältesten eines Abends zum Feuster hineingeworfen und diese edle Hand¬
lung noch zweimal wiederholt haben, sodaß alle drei anständigerweise unter die
Haube kamen. Zum Gedächtnis daran wirft entweder eine im Dunkel versteckte
Person den Kindern Äpfel und Nüsse zur Tür herein (das ist das korrekte Ver¬
fahren), oder eine vermummte Gestalt bringt sie herein. Die katholischen Epiphanias¬
umgänge hätten schärfer von den weltlichen Nenjnhrsbränchen unterschieden werdeu
müssen, und es wäre als höchst interessant hervorzuheben gewesen, daß sie dort, wo
sie zu einer Schätzung der Gemeindemitglieder ausgeartet waren, abgelöst worden
sind, die katholische Renaissance der letzten fünfzig Jahre wieder zum Leben erweckt
hat, in der Form, daß einzelne Familien den Pfarrer oder die ganze Geistlichkeit
baten, ihnen die Wohnung einzusegnen und zum Dank für die Mühewaltung eine
Tasse Kaffee oder ein Abendessen anzunehmen. Jeder solche Einfall findet Nach¬
ahmung, und so hatte denn schon vor vierzig Jahren ein Geistlicher, dessen Zeit
beschränkt und dessen Verdaunngskrcift mäßig war, von der wetteifernden
Frömmigkeit seiner Kirchkinder in den viertehalb Wochen von Dreikönig bis Licht¬
meß grausames aufzustehn. Daß der katholische Geistliche (S. 207) über die ein¬
zuführende Wöchnerin "exorzisicrend" bete, ist ein Jrrtnnii in der Wöchnerin
setzt die Dogmatik keinen Teufel voraus, es braucht also auch keiner ausgetrieben
zu werdeu.


Innere Mission.

Im Vorwort des Leitfadens der Innern Mission,
"zunächst für den Berufsnntcrricht in Diakonen- und Diakonissenanstalten" (vierte,
umgearbeitete und sehr vermehrte Auflage, Hamburg, Agentur des Rauben Hauses,
1903) schreibt der Verfasser or. Theodor Schäfer (Pastor und Direktor der
Diakonisscncinstalt zu Altona): "Die Innere Mission ist in den letzten zehn Jahren
mächtig gewachsen, und unsre Erkenntnis gleichfalls. Das machte eine bedeutende
Vermehrung des Inhalts durch kleine und große Zusätze nötig. Die wichtigsten
erstrecken sich auf die geschichtlichen Partien. Namentlich hoffe ich den Leser" und
der Sache damit einen Dienst geleistet zu haben, daß die skizzenhafte Geschichte der
Liebestäligkeit sich zu einer aus dem vollen Holz geschnittenen Geschichte der
Innern Mission erweitert hat." Diese Geschichte zeigt, wie sich der von den ersten
Zeiten der Kirche an unabhängig von den Kirchenbehörden und nicht selten gegen
diese tätige Neformgeist zuletzt in der Innern Mission ein großes Organ ge¬
schaffen und dadurch eine geordnete, dauernde und zusammenhängende Wirksamkeit
gesichert hat.

Als erster Anfang dieser Organisation wird die vom Augsburger Senior
Urlsperger in Basel gegründete deutsche Christeutumsgesellschast bezeichnet. Die
Idee hat Christian Hewrich Zeller, der Leiter der Armenschullehreranflalt zu
Beuggeu, deutlich ausgesprochen: "Wie viele Gemeinden sind in unserm deutschen
und schweizerischen Vaterlande, die es ebenso nötig hätten, daß ihnen Missionare
gesandt würden, wie es die armen Heiden nötig haben." Das Wort hat Pro-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

langweiligen Stunden auszufüllen, was teils bei der heutigen Arbeit- und Ver¬
gnügungshetze nicht mehr nötig, teils bei der heutigen Arbeitwcise nicht mehr
möglich ist. Deu Arbeitgesaug zum Beispiel, über dessen kulturgeschichtliche Be¬
deutung uns Bücher belehrt hat, besorgt heute bei uus die rasselnde, klappernde,
brummende oder tosende Maschine. Endlich, um nnr noch eins anzuführen, wird
die Beziehung der Volksbräuche auf deu Kirchenglauben und die Kirchenbräuche und
der Einfluß der Kirche auf sie genauer anzugeben sein. So hätte schon der Stoff-
sammler hervorheben können, daß zwar in den evangelischen und deu gemischten
Gegenden der „Nickel" mit dem Knecht Ruprecht verschmilzt, der entweder ein rein
mythologischer Popanz ist oder den Nährvater Joseph bedeutet (in diesem Fall von
dem Christkind und einem Engel begleitet seinen Umzug hält), daß dagegen in katho¬
lischen Gegenden die Gestalt des sagenhaften Bischofs Nikolaus von Mhra noch
ziemlich rein bewahrt wird. Dieser Heilige soll einem Bürger, der seine drei
Töchter prostituieren wollte, weil er sie nicht aussteuern konnte, das Geld zur Aus¬
steuer der ältesten eines Abends zum Feuster hineingeworfen und diese edle Hand¬
lung noch zweimal wiederholt haben, sodaß alle drei anständigerweise unter die
Haube kamen. Zum Gedächtnis daran wirft entweder eine im Dunkel versteckte
Person den Kindern Äpfel und Nüsse zur Tür herein (das ist das korrekte Ver¬
fahren), oder eine vermummte Gestalt bringt sie herein. Die katholischen Epiphanias¬
umgänge hätten schärfer von den weltlichen Nenjnhrsbränchen unterschieden werdeu
müssen, und es wäre als höchst interessant hervorzuheben gewesen, daß sie dort, wo
sie zu einer Schätzung der Gemeindemitglieder ausgeartet waren, abgelöst worden
sind, die katholische Renaissance der letzten fünfzig Jahre wieder zum Leben erweckt
hat, in der Form, daß einzelne Familien den Pfarrer oder die ganze Geistlichkeit
baten, ihnen die Wohnung einzusegnen und zum Dank für die Mühewaltung eine
Tasse Kaffee oder ein Abendessen anzunehmen. Jeder solche Einfall findet Nach¬
ahmung, und so hatte denn schon vor vierzig Jahren ein Geistlicher, dessen Zeit
beschränkt und dessen Verdaunngskrcift mäßig war, von der wetteifernden
Frömmigkeit seiner Kirchkinder in den viertehalb Wochen von Dreikönig bis Licht¬
meß grausames aufzustehn. Daß der katholische Geistliche (S. 207) über die ein¬
zuführende Wöchnerin „exorzisicrend" bete, ist ein Jrrtnnii in der Wöchnerin
setzt die Dogmatik keinen Teufel voraus, es braucht also auch keiner ausgetrieben
zu werdeu.


Innere Mission.

Im Vorwort des Leitfadens der Innern Mission,
„zunächst für den Berufsnntcrricht in Diakonen- und Diakonissenanstalten" (vierte,
umgearbeitete und sehr vermehrte Auflage, Hamburg, Agentur des Rauben Hauses,
1903) schreibt der Verfasser or. Theodor Schäfer (Pastor und Direktor der
Diakonisscncinstalt zu Altona): „Die Innere Mission ist in den letzten zehn Jahren
mächtig gewachsen, und unsre Erkenntnis gleichfalls. Das machte eine bedeutende
Vermehrung des Inhalts durch kleine und große Zusätze nötig. Die wichtigsten
erstrecken sich auf die geschichtlichen Partien. Namentlich hoffe ich den Leser» und
der Sache damit einen Dienst geleistet zu haben, daß die skizzenhafte Geschichte der
Liebestäligkeit sich zu einer aus dem vollen Holz geschnittenen Geschichte der
Innern Mission erweitert hat." Diese Geschichte zeigt, wie sich der von den ersten
Zeiten der Kirche an unabhängig von den Kirchenbehörden und nicht selten gegen
diese tätige Neformgeist zuletzt in der Innern Mission ein großes Organ ge¬
schaffen und dadurch eine geordnete, dauernde und zusammenhängende Wirksamkeit
gesichert hat.

Als erster Anfang dieser Organisation wird die vom Augsburger Senior
Urlsperger in Basel gegründete deutsche Christeutumsgesellschast bezeichnet. Die
Idee hat Christian Hewrich Zeller, der Leiter der Armenschullehreranflalt zu
Beuggeu, deutlich ausgesprochen: „Wie viele Gemeinden sind in unserm deutschen
und schweizerischen Vaterlande, die es ebenso nötig hätten, daß ihnen Missionare
gesandt würden, wie es die armen Heiden nötig haben." Das Wort hat Pro-


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[0142] Maßgebliches und Unmaßgebliches langweiligen Stunden auszufüllen, was teils bei der heutigen Arbeit- und Ver¬ gnügungshetze nicht mehr nötig, teils bei der heutigen Arbeitwcise nicht mehr möglich ist. Deu Arbeitgesaug zum Beispiel, über dessen kulturgeschichtliche Be¬ deutung uns Bücher belehrt hat, besorgt heute bei uus die rasselnde, klappernde, brummende oder tosende Maschine. Endlich, um nnr noch eins anzuführen, wird die Beziehung der Volksbräuche auf deu Kirchenglauben und die Kirchenbräuche und der Einfluß der Kirche auf sie genauer anzugeben sein. So hätte schon der Stoff- sammler hervorheben können, daß zwar in den evangelischen und deu gemischten Gegenden der „Nickel" mit dem Knecht Ruprecht verschmilzt, der entweder ein rein mythologischer Popanz ist oder den Nährvater Joseph bedeutet (in diesem Fall von dem Christkind und einem Engel begleitet seinen Umzug hält), daß dagegen in katho¬ lischen Gegenden die Gestalt des sagenhaften Bischofs Nikolaus von Mhra noch ziemlich rein bewahrt wird. Dieser Heilige soll einem Bürger, der seine drei Töchter prostituieren wollte, weil er sie nicht aussteuern konnte, das Geld zur Aus¬ steuer der ältesten eines Abends zum Feuster hineingeworfen und diese edle Hand¬ lung noch zweimal wiederholt haben, sodaß alle drei anständigerweise unter die Haube kamen. Zum Gedächtnis daran wirft entweder eine im Dunkel versteckte Person den Kindern Äpfel und Nüsse zur Tür herein (das ist das korrekte Ver¬ fahren), oder eine vermummte Gestalt bringt sie herein. Die katholischen Epiphanias¬ umgänge hätten schärfer von den weltlichen Nenjnhrsbränchen unterschieden werdeu müssen, und es wäre als höchst interessant hervorzuheben gewesen, daß sie dort, wo sie zu einer Schätzung der Gemeindemitglieder ausgeartet waren, abgelöst worden sind, die katholische Renaissance der letzten fünfzig Jahre wieder zum Leben erweckt hat, in der Form, daß einzelne Familien den Pfarrer oder die ganze Geistlichkeit baten, ihnen die Wohnung einzusegnen und zum Dank für die Mühewaltung eine Tasse Kaffee oder ein Abendessen anzunehmen. Jeder solche Einfall findet Nach¬ ahmung, und so hatte denn schon vor vierzig Jahren ein Geistlicher, dessen Zeit beschränkt und dessen Verdaunngskrcift mäßig war, von der wetteifernden Frömmigkeit seiner Kirchkinder in den viertehalb Wochen von Dreikönig bis Licht¬ meß grausames aufzustehn. Daß der katholische Geistliche (S. 207) über die ein¬ zuführende Wöchnerin „exorzisicrend" bete, ist ein Jrrtnnii in der Wöchnerin setzt die Dogmatik keinen Teufel voraus, es braucht also auch keiner ausgetrieben zu werdeu. Innere Mission. Im Vorwort des Leitfadens der Innern Mission, „zunächst für den Berufsnntcrricht in Diakonen- und Diakonissenanstalten" (vierte, umgearbeitete und sehr vermehrte Auflage, Hamburg, Agentur des Rauben Hauses, 1903) schreibt der Verfasser or. Theodor Schäfer (Pastor und Direktor der Diakonisscncinstalt zu Altona): „Die Innere Mission ist in den letzten zehn Jahren mächtig gewachsen, und unsre Erkenntnis gleichfalls. Das machte eine bedeutende Vermehrung des Inhalts durch kleine und große Zusätze nötig. Die wichtigsten erstrecken sich auf die geschichtlichen Partien. Namentlich hoffe ich den Leser» und der Sache damit einen Dienst geleistet zu haben, daß die skizzenhafte Geschichte der Liebestäligkeit sich zu einer aus dem vollen Holz geschnittenen Geschichte der Innern Mission erweitert hat." Diese Geschichte zeigt, wie sich der von den ersten Zeiten der Kirche an unabhängig von den Kirchenbehörden und nicht selten gegen diese tätige Neformgeist zuletzt in der Innern Mission ein großes Organ ge¬ schaffen und dadurch eine geordnete, dauernde und zusammenhängende Wirksamkeit gesichert hat. Als erster Anfang dieser Organisation wird die vom Augsburger Senior Urlsperger in Basel gegründete deutsche Christeutumsgesellschast bezeichnet. Die Idee hat Christian Hewrich Zeller, der Leiter der Armenschullehreranflalt zu Beuggeu, deutlich ausgesprochen: „Wie viele Gemeinden sind in unserm deutschen und schweizerischen Vaterlande, die es ebenso nötig hätten, daß ihnen Missionare gesandt würden, wie es die armen Heiden nötig haben." Das Wort hat Pro-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/142>, abgerufen am 18.05.2024.