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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Und doch könnten sich die Italiener darüber mit einem höchst bedeutsamen
Erfolge für ihre innere Politik, also auf einem ganz andern Felde trösten. Die
Annäherung Italiens an Frankreich hat dem weltlichen, "politischen" Papsttum den
letzten Rückhalt genommen und den Nachfolger Leos des Dreizehnter vor eine ganz
neue Situation gestellt. Der im Dezember 1901 verstorbne katholische Theolog
und Historiker Franz Xaver Kraus hat in einem nachgelassenen Aufsatz (in Ur. 219
der Münchner Allgemeinen Zeitung vom 9. August d. I.) gezeigt, daß Leos höchstes
Ziel von jeher die Wiederherstellung des Kirchenstaats gewesen ist. Er hat das,
ivie sein Vorgänger Pius der Neunte, zunächst mit der Hilfe Deutschlands zu er¬
reichen gesucht; als es -- trotz des "Kulturfriedens" -- mißlang, wußte der
Kardinal Lavigerie, Erzbischof von Karthago, 1891 den Papst für die Anerken¬
nung der noch 1889 von ihm verdammten französischen Republik zu gewinnen, weil
sie die einzige Macht sei, die seinen Wunsch erfüllen könne; ja Leo gab 1895 in
einer Encyklika dem mit Frankreich Verbündeten Rußland zu Gefallen sogar die
Polen preis, indem er sie ermahnte, sich in ihr hartes Schicksal zu finden, und tat
ans demselben Grunde nichts, die katholischen Stiftungen im türkischen Orient gegen
das rasche Vordringen der griechisch-russischen zu unterstützen. In dieser Hoffnung
vermied er auch jeden ernsten Schritt gegen die Auflösung der Ordensgenossen¬
schaften in Frankreich, denn er beobachtete mit wachsender Sorge die zunehmende
Annäherung Italiens an Frankreich. "Er hatte Spiel und Einsatz verloren," als
er starb. In dieser ganz neuen Lage ist der neue Papst ans Ruder gekommen,
und sie hat Wohl auch dazu beigetragen, das Votum des Konklaves auf ihn
zu lenken, denn ein "politischer Papst" im Stile Leos wäre jetzt unmöglich. Er hat,
wie es heißt, allerdings erklärt, er werde den Präsidenten Loubet nicht empfangen,
wenn er nach Rom komme. Aber italienische Politiker meinen, das bedeute keines¬
wegs schon den Bruch mit Frankreich, es gebe noch eine dritte Möglichkeit
zwischen diesem und dem Empfange Loubets im Vatikan. Der Papst werde nämlich
seinen Nuntius nicht ans Paris abberufen. Das würde bedeuten: ein katholisches
Staatsoberhaupt darf Rom als Hauptstadt des Königreichs Italien besuchen, ohne
dadurch mit dem Papsttum in Gegensatz zu treten, und das wäre tatsächlich der
unausgesprochne Verzicht uns den Kirchenstaat, nachdem es sich abermals erwiesen
hat, daß das Streben nach seiner Wiederherstellung nicht nur cmssichts- und zweck¬
los wäre, sondern daß es auch die Interessen der katholischen Kirche schwer ge¬
" schädigt hat.


Ein höchst gefährlicher Schwindel.

Im 41. Heft haben wir Dressers
Schrift über Methoden und die Probleme der geistigen Heilbehandlung angezeigt
und dabei hervorgehoben, daß der Verfasser mit der "Christlichen Wissenschaft"
der Mrs. Eddy nichts zu schaffen haben will, und daß wir zwar die Möglichkeit
solcher Heilungen nicht leugnen, aber auch diesesmal, wie bei jeder solchen Ge¬
legenheit, daran erinnern müssen, daß auf diesem Gebiet die Gefahr der Selbst¬
täuschung groß, die Täuschung andrer leicht, darum äußerste skeptische Zurückhaltung
und Vorsicht geboten ist. Nachträglich erfahren wir, daß in New-Iork ein In¬
stitute of Science besteht, dem gegenüber nicht skeptische Zurückhaltung sondern
entschiedne Verurteilung, Entrüstung und obrigkeitliches Einschreiten Pflicht sind.
Die ungeheure Reklame, die das Institut in allen Ländern der zivilisierten Welt
bezahlt -- eine Annonce in Ur. 41 der Berliner Illustrierten Zeitung, die uns
vorliegt, nimmt beinahe eine ganze Doppelspalte ein --, beweist, daß den Schwindlern
viel tausend Neugierige, Dumme, Gewinnsüchtige und von allerlei bedenklichen, wo
nicht verbrecherischen Leidenschaften getriebne ins Garn gehen müssen; nur aus
diesen Kategorien nämlich kann sich die Kundschaft dieser Herren Aankees zusammen¬
setzen. Sie verschicken gratis eine Broschüre: Die Philosophie des persönlichen Ein¬
flusses, nebst einer Menge Beilagen, die Zeugnisse aus allen europäischen und
amerikanischen Staaten, Bildnisse der Zeugnisaussteller (darunter solche von hoch-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Und doch könnten sich die Italiener darüber mit einem höchst bedeutsamen
Erfolge für ihre innere Politik, also auf einem ganz andern Felde trösten. Die
Annäherung Italiens an Frankreich hat dem weltlichen, „politischen" Papsttum den
letzten Rückhalt genommen und den Nachfolger Leos des Dreizehnter vor eine ganz
neue Situation gestellt. Der im Dezember 1901 verstorbne katholische Theolog
und Historiker Franz Xaver Kraus hat in einem nachgelassenen Aufsatz (in Ur. 219
der Münchner Allgemeinen Zeitung vom 9. August d. I.) gezeigt, daß Leos höchstes
Ziel von jeher die Wiederherstellung des Kirchenstaats gewesen ist. Er hat das,
ivie sein Vorgänger Pius der Neunte, zunächst mit der Hilfe Deutschlands zu er¬
reichen gesucht; als es — trotz des „Kulturfriedens" — mißlang, wußte der
Kardinal Lavigerie, Erzbischof von Karthago, 1891 den Papst für die Anerken¬
nung der noch 1889 von ihm verdammten französischen Republik zu gewinnen, weil
sie die einzige Macht sei, die seinen Wunsch erfüllen könne; ja Leo gab 1895 in
einer Encyklika dem mit Frankreich Verbündeten Rußland zu Gefallen sogar die
Polen preis, indem er sie ermahnte, sich in ihr hartes Schicksal zu finden, und tat
ans demselben Grunde nichts, die katholischen Stiftungen im türkischen Orient gegen
das rasche Vordringen der griechisch-russischen zu unterstützen. In dieser Hoffnung
vermied er auch jeden ernsten Schritt gegen die Auflösung der Ordensgenossen¬
schaften in Frankreich, denn er beobachtete mit wachsender Sorge die zunehmende
Annäherung Italiens an Frankreich. „Er hatte Spiel und Einsatz verloren," als
er starb. In dieser ganz neuen Lage ist der neue Papst ans Ruder gekommen,
und sie hat Wohl auch dazu beigetragen, das Votum des Konklaves auf ihn
zu lenken, denn ein „politischer Papst" im Stile Leos wäre jetzt unmöglich. Er hat,
wie es heißt, allerdings erklärt, er werde den Präsidenten Loubet nicht empfangen,
wenn er nach Rom komme. Aber italienische Politiker meinen, das bedeute keines¬
wegs schon den Bruch mit Frankreich, es gebe noch eine dritte Möglichkeit
zwischen diesem und dem Empfange Loubets im Vatikan. Der Papst werde nämlich
seinen Nuntius nicht ans Paris abberufen. Das würde bedeuten: ein katholisches
Staatsoberhaupt darf Rom als Hauptstadt des Königreichs Italien besuchen, ohne
dadurch mit dem Papsttum in Gegensatz zu treten, und das wäre tatsächlich der
unausgesprochne Verzicht uns den Kirchenstaat, nachdem es sich abermals erwiesen
hat, daß das Streben nach seiner Wiederherstellung nicht nur cmssichts- und zweck¬
los wäre, sondern daß es auch die Interessen der katholischen Kirche schwer ge¬
» schädigt hat.


Ein höchst gefährlicher Schwindel.

Im 41. Heft haben wir Dressers
Schrift über Methoden und die Probleme der geistigen Heilbehandlung angezeigt
und dabei hervorgehoben, daß der Verfasser mit der „Christlichen Wissenschaft"
der Mrs. Eddy nichts zu schaffen haben will, und daß wir zwar die Möglichkeit
solcher Heilungen nicht leugnen, aber auch diesesmal, wie bei jeder solchen Ge¬
legenheit, daran erinnern müssen, daß auf diesem Gebiet die Gefahr der Selbst¬
täuschung groß, die Täuschung andrer leicht, darum äußerste skeptische Zurückhaltung
und Vorsicht geboten ist. Nachträglich erfahren wir, daß in New-Iork ein In¬
stitute of Science besteht, dem gegenüber nicht skeptische Zurückhaltung sondern
entschiedne Verurteilung, Entrüstung und obrigkeitliches Einschreiten Pflicht sind.
Die ungeheure Reklame, die das Institut in allen Ländern der zivilisierten Welt
bezahlt — eine Annonce in Ur. 41 der Berliner Illustrierten Zeitung, die uns
vorliegt, nimmt beinahe eine ganze Doppelspalte ein —, beweist, daß den Schwindlern
viel tausend Neugierige, Dumme, Gewinnsüchtige und von allerlei bedenklichen, wo
nicht verbrecherischen Leidenschaften getriebne ins Garn gehen müssen; nur aus
diesen Kategorien nämlich kann sich die Kundschaft dieser Herren Aankees zusammen¬
setzen. Sie verschicken gratis eine Broschüre: Die Philosophie des persönlichen Ein¬
flusses, nebst einer Menge Beilagen, die Zeugnisse aus allen europäischen und
amerikanischen Staaten, Bildnisse der Zeugnisaussteller (darunter solche von hoch-


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[0408] Maßgebliches und Unmaßgebliches Und doch könnten sich die Italiener darüber mit einem höchst bedeutsamen Erfolge für ihre innere Politik, also auf einem ganz andern Felde trösten. Die Annäherung Italiens an Frankreich hat dem weltlichen, „politischen" Papsttum den letzten Rückhalt genommen und den Nachfolger Leos des Dreizehnter vor eine ganz neue Situation gestellt. Der im Dezember 1901 verstorbne katholische Theolog und Historiker Franz Xaver Kraus hat in einem nachgelassenen Aufsatz (in Ur. 219 der Münchner Allgemeinen Zeitung vom 9. August d. I.) gezeigt, daß Leos höchstes Ziel von jeher die Wiederherstellung des Kirchenstaats gewesen ist. Er hat das, ivie sein Vorgänger Pius der Neunte, zunächst mit der Hilfe Deutschlands zu er¬ reichen gesucht; als es — trotz des „Kulturfriedens" — mißlang, wußte der Kardinal Lavigerie, Erzbischof von Karthago, 1891 den Papst für die Anerken¬ nung der noch 1889 von ihm verdammten französischen Republik zu gewinnen, weil sie die einzige Macht sei, die seinen Wunsch erfüllen könne; ja Leo gab 1895 in einer Encyklika dem mit Frankreich Verbündeten Rußland zu Gefallen sogar die Polen preis, indem er sie ermahnte, sich in ihr hartes Schicksal zu finden, und tat ans demselben Grunde nichts, die katholischen Stiftungen im türkischen Orient gegen das rasche Vordringen der griechisch-russischen zu unterstützen. In dieser Hoffnung vermied er auch jeden ernsten Schritt gegen die Auflösung der Ordensgenossen¬ schaften in Frankreich, denn er beobachtete mit wachsender Sorge die zunehmende Annäherung Italiens an Frankreich. „Er hatte Spiel und Einsatz verloren," als er starb. In dieser ganz neuen Lage ist der neue Papst ans Ruder gekommen, und sie hat Wohl auch dazu beigetragen, das Votum des Konklaves auf ihn zu lenken, denn ein „politischer Papst" im Stile Leos wäre jetzt unmöglich. Er hat, wie es heißt, allerdings erklärt, er werde den Präsidenten Loubet nicht empfangen, wenn er nach Rom komme. Aber italienische Politiker meinen, das bedeute keines¬ wegs schon den Bruch mit Frankreich, es gebe noch eine dritte Möglichkeit zwischen diesem und dem Empfange Loubets im Vatikan. Der Papst werde nämlich seinen Nuntius nicht ans Paris abberufen. Das würde bedeuten: ein katholisches Staatsoberhaupt darf Rom als Hauptstadt des Königreichs Italien besuchen, ohne dadurch mit dem Papsttum in Gegensatz zu treten, und das wäre tatsächlich der unausgesprochne Verzicht uns den Kirchenstaat, nachdem es sich abermals erwiesen hat, daß das Streben nach seiner Wiederherstellung nicht nur cmssichts- und zweck¬ los wäre, sondern daß es auch die Interessen der katholischen Kirche schwer ge¬ » schädigt hat. Ein höchst gefährlicher Schwindel. Im 41. Heft haben wir Dressers Schrift über Methoden und die Probleme der geistigen Heilbehandlung angezeigt und dabei hervorgehoben, daß der Verfasser mit der „Christlichen Wissenschaft" der Mrs. Eddy nichts zu schaffen haben will, und daß wir zwar die Möglichkeit solcher Heilungen nicht leugnen, aber auch diesesmal, wie bei jeder solchen Ge¬ legenheit, daran erinnern müssen, daß auf diesem Gebiet die Gefahr der Selbst¬ täuschung groß, die Täuschung andrer leicht, darum äußerste skeptische Zurückhaltung und Vorsicht geboten ist. Nachträglich erfahren wir, daß in New-Iork ein In¬ stitute of Science besteht, dem gegenüber nicht skeptische Zurückhaltung sondern entschiedne Verurteilung, Entrüstung und obrigkeitliches Einschreiten Pflicht sind. Die ungeheure Reklame, die das Institut in allen Ländern der zivilisierten Welt bezahlt — eine Annonce in Ur. 41 der Berliner Illustrierten Zeitung, die uns vorliegt, nimmt beinahe eine ganze Doppelspalte ein —, beweist, daß den Schwindlern viel tausend Neugierige, Dumme, Gewinnsüchtige und von allerlei bedenklichen, wo nicht verbrecherischen Leidenschaften getriebne ins Garn gehen müssen; nur aus diesen Kategorien nämlich kann sich die Kundschaft dieser Herren Aankees zusammen¬ setzen. Sie verschicken gratis eine Broschüre: Die Philosophie des persönlichen Ein¬ flusses, nebst einer Menge Beilagen, die Zeugnisse aus allen europäischen und amerikanischen Staaten, Bildnisse der Zeugnisaussteller (darunter solche von hoch-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/408>, abgerufen am 25.05.2024.