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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

es Wendet sich hoffend eignen Zielen zu, deren Verwirklichung nur auf den
Trümmern des preußischen Staates möglich wäre. Oder glaubt man, daß der junge
polnische Preuße, der nach einer Reihe von Jahren aus den Sokolvereinen in das
Heer tritt, während der kurzen Dienstzeit im Regiment mit preußischem Staats¬
gefühl, mit Königs- und Vaterlandstreue, mit der Hingebung an die Fahne er¬
füllt werden wird, die mau ihn frühzeitig gelehrt hat, als eine feindliche anzusehen?
In dieselben Kreise aber tritt er nach erfüllter zweijähriger Dienstpflicht zurück.

Man hat die polnische Woge zu groß, zu mächtig werden lassen. Wohl wird
die neue Akademie einem kleinen Teil der Deutschen im Lande die notwendige geistige
Behaglichkeit gewähren, aber ein Wellenbrecher gegen das Polentum wird sie schwerlich
sein; höchstens kann sie dazu mitwirke", daß sich die Deutschen in der Stadt Posen selbst
wohler fühlen und leichter ausharren. Die Polen werden auch von dieser Einrichtung
profitieren, wie sie von allen andern nützlichen Einrichtungen des preußischen Staats
zu profitiere" verstanden haben, aber nnr um sich daran gegen ihn selbst zu stärken.
Die preußische Schule in ihrer Entwicklung seit den fünfziger Jahren hat den Polen
den 1863 noch völlig fehlenden gebildeten Mittelstand geschaffen, der heute weit
mehr und weit gefährlicher als Klerus und Adel die Seele der Auflehnung und
die Stärke des Widerstandes gegen die preußische Staatsmacht ist. Der polnische
Sensenmann war verhältnismäßig leicht niederzuwerfen, da bedürfte es uur eiues
wirklichen Wollens; der gebildete polnische Bürger, der sich mit Geschicklichkeit
aller Kampfesmittel des konstitutionellen Staates und seiner Einrichtungen bedient,
seine Pfeile gleichsam in unserm eignen Blute tränkt, ist kaum noch zu besiegen.
Innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung werden sich die Dämme fast nicht mehr
errichten lassen, die imstande sind, der hereinbrechenden polnischen Woge Halt zu
gebieten -- und doch ist es hohe, vielleicht höchste Zeit dazu.

In Bonn konnte, in Straßburg kann der deutsche Geist, der deutsche Ge¬
danke seine siegende Kraft bewähren, weil die dortigen Hochschulen mitten in einer
im innersten Kern deutschen Bevölkerung errichtet sind, der am Mittelrhein uur
französische Tünche abzuwaschen war; in den neuen Generationen des Elsaß wird
die reale lebensvolle Gegenwart die französischen Erinnerungen der Vergangenheit
ans eigner Kraft zu überwinden wissen. Beide Hochschulen stehn an der Grenz-
scheide zwischen zwei mächtigen, in ihrer Kultur hoch entwickelten Völkern, sie
können in freilich noch fernen Tagen dereinst wirklich eine Brücke der Geister sein.
Anders steht die Sache in Posen, wo die Akademie nicht an der Grenzscheide zweier
großer Kulturvölker, sondern in einer vom Deutschtum zwar äußerlich beherrschten,
aber von ihm ungenügend durchsetzten slawischen Abart steht, deren Ziel und Streben
sich dahin richten, dieses "deutsche Joch" mit Hilfe seiner eignen Einrichtungen zu
erschüttern und abzuwerfen. In Straßbnrg darf die Universität damit rechnen,
der elsässischen Bevölkerung von Jahr zu Jahr mehr Fleisch von ihrem Fleisch,
Blut von ihrem Blut zu werden, namentlich wenn das Land erst tüchtige eigne
Lehrkräfte hervorbringt. Dem Polen wird die deutsche Akademie in Posen so
lauge als eine feindliche Einrichtung gelten, die man entweder boycottiert oder gegen
die Deutschen ausnutzt, bis es deu starken realen Kräften des preußischen Staats,
seineu Machtmittel", gelungen sein wird, die landesverräterische Tendenz, die der
großpvlnischen Idee zugrunde liegt, zu brechen und auszurotten. Das muß durch
die Gesetzgebung geschehen, wenn man den sonst schließlich unabweisbaren Appell
an die Gewalt der Waffen vermeiden will.

Herr Stube hat der neuen Akademie die Worte als Leitstern mitgegeben, die
das allgemeine Kollegiengebäude der Straßburger Hochschule schmücke": Littoris
et Mriae,! Die Anknüpfung an Straßbnrg lag dem Minister besonders nahe, er
hat als Laudwehroffizier es einst erobern helfen, er hat später als Mitglied der
elsässischen Regierung dort gewaltet. Vielleicht ist ihm auch bekannt, daß, als bei
der Einweihung des Kollegicngebcindes, die Straßburger Studentenschaft dem Reichs¬
kanzler einen Huldignngsgrnß sandte, der mit den Worten schloß: I>itwris se xatiicce! --
Bismarcks Antwort lautete: ?al,ria,e, ot litwris! Später einmal an dieses Vor-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

es Wendet sich hoffend eignen Zielen zu, deren Verwirklichung nur auf den
Trümmern des preußischen Staates möglich wäre. Oder glaubt man, daß der junge
polnische Preuße, der nach einer Reihe von Jahren aus den Sokolvereinen in das
Heer tritt, während der kurzen Dienstzeit im Regiment mit preußischem Staats¬
gefühl, mit Königs- und Vaterlandstreue, mit der Hingebung an die Fahne er¬
füllt werden wird, die mau ihn frühzeitig gelehrt hat, als eine feindliche anzusehen?
In dieselben Kreise aber tritt er nach erfüllter zweijähriger Dienstpflicht zurück.

Man hat die polnische Woge zu groß, zu mächtig werden lassen. Wohl wird
die neue Akademie einem kleinen Teil der Deutschen im Lande die notwendige geistige
Behaglichkeit gewähren, aber ein Wellenbrecher gegen das Polentum wird sie schwerlich
sein; höchstens kann sie dazu mitwirke», daß sich die Deutschen in der Stadt Posen selbst
wohler fühlen und leichter ausharren. Die Polen werden auch von dieser Einrichtung
profitieren, wie sie von allen andern nützlichen Einrichtungen des preußischen Staats
zu profitiere» verstanden haben, aber nnr um sich daran gegen ihn selbst zu stärken.
Die preußische Schule in ihrer Entwicklung seit den fünfziger Jahren hat den Polen
den 1863 noch völlig fehlenden gebildeten Mittelstand geschaffen, der heute weit
mehr und weit gefährlicher als Klerus und Adel die Seele der Auflehnung und
die Stärke des Widerstandes gegen die preußische Staatsmacht ist. Der polnische
Sensenmann war verhältnismäßig leicht niederzuwerfen, da bedürfte es uur eiues
wirklichen Wollens; der gebildete polnische Bürger, der sich mit Geschicklichkeit
aller Kampfesmittel des konstitutionellen Staates und seiner Einrichtungen bedient,
seine Pfeile gleichsam in unserm eignen Blute tränkt, ist kaum noch zu besiegen.
Innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung werden sich die Dämme fast nicht mehr
errichten lassen, die imstande sind, der hereinbrechenden polnischen Woge Halt zu
gebieten — und doch ist es hohe, vielleicht höchste Zeit dazu.

In Bonn konnte, in Straßburg kann der deutsche Geist, der deutsche Ge¬
danke seine siegende Kraft bewähren, weil die dortigen Hochschulen mitten in einer
im innersten Kern deutschen Bevölkerung errichtet sind, der am Mittelrhein uur
französische Tünche abzuwaschen war; in den neuen Generationen des Elsaß wird
die reale lebensvolle Gegenwart die französischen Erinnerungen der Vergangenheit
ans eigner Kraft zu überwinden wissen. Beide Hochschulen stehn an der Grenz-
scheide zwischen zwei mächtigen, in ihrer Kultur hoch entwickelten Völkern, sie
können in freilich noch fernen Tagen dereinst wirklich eine Brücke der Geister sein.
Anders steht die Sache in Posen, wo die Akademie nicht an der Grenzscheide zweier
großer Kulturvölker, sondern in einer vom Deutschtum zwar äußerlich beherrschten,
aber von ihm ungenügend durchsetzten slawischen Abart steht, deren Ziel und Streben
sich dahin richten, dieses „deutsche Joch" mit Hilfe seiner eignen Einrichtungen zu
erschüttern und abzuwerfen. In Straßbnrg darf die Universität damit rechnen,
der elsässischen Bevölkerung von Jahr zu Jahr mehr Fleisch von ihrem Fleisch,
Blut von ihrem Blut zu werden, namentlich wenn das Land erst tüchtige eigne
Lehrkräfte hervorbringt. Dem Polen wird die deutsche Akademie in Posen so
lauge als eine feindliche Einrichtung gelten, die man entweder boycottiert oder gegen
die Deutschen ausnutzt, bis es deu starken realen Kräften des preußischen Staats,
seineu Machtmittel», gelungen sein wird, die landesverräterische Tendenz, die der
großpvlnischen Idee zugrunde liegt, zu brechen und auszurotten. Das muß durch
die Gesetzgebung geschehen, wenn man den sonst schließlich unabweisbaren Appell
an die Gewalt der Waffen vermeiden will.

Herr Stube hat der neuen Akademie die Worte als Leitstern mitgegeben, die
das allgemeine Kollegiengebäude der Straßburger Hochschule schmücke«: Littoris
et Mriae,! Die Anknüpfung an Straßbnrg lag dem Minister besonders nahe, er
hat als Laudwehroffizier es einst erobern helfen, er hat später als Mitglied der
elsässischen Regierung dort gewaltet. Vielleicht ist ihm auch bekannt, daß, als bei
der Einweihung des Kollegicngebcindes, die Straßburger Studentenschaft dem Reichs¬
kanzler einen Huldignngsgrnß sandte, der mit den Worten schloß: I>itwris se xatiicce! —
Bismarcks Antwort lautete: ?al,ria,e, ot litwris! Später einmal an dieses Vor-


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[0472] Maßgebliches und Unmaßgebliches es Wendet sich hoffend eignen Zielen zu, deren Verwirklichung nur auf den Trümmern des preußischen Staates möglich wäre. Oder glaubt man, daß der junge polnische Preuße, der nach einer Reihe von Jahren aus den Sokolvereinen in das Heer tritt, während der kurzen Dienstzeit im Regiment mit preußischem Staats¬ gefühl, mit Königs- und Vaterlandstreue, mit der Hingebung an die Fahne er¬ füllt werden wird, die mau ihn frühzeitig gelehrt hat, als eine feindliche anzusehen? In dieselben Kreise aber tritt er nach erfüllter zweijähriger Dienstpflicht zurück. Man hat die polnische Woge zu groß, zu mächtig werden lassen. Wohl wird die neue Akademie einem kleinen Teil der Deutschen im Lande die notwendige geistige Behaglichkeit gewähren, aber ein Wellenbrecher gegen das Polentum wird sie schwerlich sein; höchstens kann sie dazu mitwirke», daß sich die Deutschen in der Stadt Posen selbst wohler fühlen und leichter ausharren. Die Polen werden auch von dieser Einrichtung profitieren, wie sie von allen andern nützlichen Einrichtungen des preußischen Staats zu profitiere» verstanden haben, aber nnr um sich daran gegen ihn selbst zu stärken. Die preußische Schule in ihrer Entwicklung seit den fünfziger Jahren hat den Polen den 1863 noch völlig fehlenden gebildeten Mittelstand geschaffen, der heute weit mehr und weit gefährlicher als Klerus und Adel die Seele der Auflehnung und die Stärke des Widerstandes gegen die preußische Staatsmacht ist. Der polnische Sensenmann war verhältnismäßig leicht niederzuwerfen, da bedürfte es uur eiues wirklichen Wollens; der gebildete polnische Bürger, der sich mit Geschicklichkeit aller Kampfesmittel des konstitutionellen Staates und seiner Einrichtungen bedient, seine Pfeile gleichsam in unserm eignen Blute tränkt, ist kaum noch zu besiegen. Innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung werden sich die Dämme fast nicht mehr errichten lassen, die imstande sind, der hereinbrechenden polnischen Woge Halt zu gebieten — und doch ist es hohe, vielleicht höchste Zeit dazu. In Bonn konnte, in Straßburg kann der deutsche Geist, der deutsche Ge¬ danke seine siegende Kraft bewähren, weil die dortigen Hochschulen mitten in einer im innersten Kern deutschen Bevölkerung errichtet sind, der am Mittelrhein uur französische Tünche abzuwaschen war; in den neuen Generationen des Elsaß wird die reale lebensvolle Gegenwart die französischen Erinnerungen der Vergangenheit ans eigner Kraft zu überwinden wissen. Beide Hochschulen stehn an der Grenz- scheide zwischen zwei mächtigen, in ihrer Kultur hoch entwickelten Völkern, sie können in freilich noch fernen Tagen dereinst wirklich eine Brücke der Geister sein. Anders steht die Sache in Posen, wo die Akademie nicht an der Grenzscheide zweier großer Kulturvölker, sondern in einer vom Deutschtum zwar äußerlich beherrschten, aber von ihm ungenügend durchsetzten slawischen Abart steht, deren Ziel und Streben sich dahin richten, dieses „deutsche Joch" mit Hilfe seiner eignen Einrichtungen zu erschüttern und abzuwerfen. In Straßbnrg darf die Universität damit rechnen, der elsässischen Bevölkerung von Jahr zu Jahr mehr Fleisch von ihrem Fleisch, Blut von ihrem Blut zu werden, namentlich wenn das Land erst tüchtige eigne Lehrkräfte hervorbringt. Dem Polen wird die deutsche Akademie in Posen so lauge als eine feindliche Einrichtung gelten, die man entweder boycottiert oder gegen die Deutschen ausnutzt, bis es deu starken realen Kräften des preußischen Staats, seineu Machtmittel», gelungen sein wird, die landesverräterische Tendenz, die der großpvlnischen Idee zugrunde liegt, zu brechen und auszurotten. Das muß durch die Gesetzgebung geschehen, wenn man den sonst schließlich unabweisbaren Appell an die Gewalt der Waffen vermeiden will. Herr Stube hat der neuen Akademie die Worte als Leitstern mitgegeben, die das allgemeine Kollegiengebäude der Straßburger Hochschule schmücke«: Littoris et Mriae,! Die Anknüpfung an Straßbnrg lag dem Minister besonders nahe, er hat als Laudwehroffizier es einst erobern helfen, er hat später als Mitglied der elsässischen Regierung dort gewaltet. Vielleicht ist ihm auch bekannt, daß, als bei der Einweihung des Kollegicngebcindes, die Straßburger Studentenschaft dem Reichs¬ kanzler einen Huldignngsgrnß sandte, der mit den Worten schloß: I>itwris se xatiicce! — Bismarcks Antwort lautete: ?al,ria,e, ot litwris! Später einmal an dieses Vor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/472>, abgerufen am 25.05.2024.