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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches


Kein Zlveifel, daß ein solcher Gesang mit allen seinen Zusammenklängen acht
nur mehr Schönheit bot als die alte Einzelmclodie. sondern auch dem kleinen Kunst-
Werk als Ganzem einen deutlichem Eigenstempel aufdrückte, als ihn die bloße
Tenormelodie verleihen konnte, schon dadurch, daß er den ä-matt-ähnlichen Cha¬
rakter der dorischen Tonart dem Hörer nachdrücklicher vermittelte.

Viel rascher wird dieses verhältnismäßig individuellere Gepräge von der poe¬
tischen Seite her einleuchte". Mustern wir zum Beispiel einmal die Wolken-
steinischen Gedichte auf die heimatliche Ortszeichnung, auf Andeutungen über die
Umgebung von Hauenstein hin. soweit sie in dieser entstanden sind.

Wer es sich von den zahlreichen Sommergästen des freundlichen Seis uicht
verdrießen läßt, im Hauensteiner Wald zwischen Fichten und Lärchen auf steinigen
Wegen hinanzuklettern, kann plötzlich auf einen großen lichten Kalkklotz treffen, der
senkrecht wie die ihn eng umstehenden Stämme und so hoch wie ihre Wipfel auf¬
ragt. An einer Seite führt ein fußbreiter Steig hinnus in die blinkenden Blauer-
trümmer auf seinen Scheitel, die zusammen mit dem tiefblauen Himmel bvckum ep
kochten. Und wer denn dnrch die Fensteransschnitte auf die besonnte grüne the: er
Mulde hinabschant mit den goldigen Feldstücken, den weißen Höfen und den vramic
Stadeln und den großen Nußbaumwipfeln, und den Blick ""es dem asnee gen
Ortlerzng seitwärts in die Ferne wandern läßt, der möchte wohl den ""en ^um diesen Bergsitz preisen. Oswalds Gedichte freilich erzählen v°n H°neun
?bst nur aus d in Winter, und da hat der Dichter, der ""f "deuten ^l engerer Tage fast dnrch ganz Enropa. dnrch Nordafrika ,ab V''d ^ 'n gel unen
'se, eitel Klagelieder zu singen. Nach allem interessanten Umhertreiben sitzt er letzt
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c.iendeÖrtlichkeit der Gemeinde Knstelrut ist das jetzige) ^)>e dem Hauenstein zunächst liegende z^riua)^^
Ratzes am Schlern.
Maßgebliches und Unmaßgebliches


Kein Zlveifel, daß ein solcher Gesang mit allen seinen Zusammenklängen acht
nur mehr Schönheit bot als die alte Einzelmclodie. sondern auch dem kleinen Kunst-
Werk als Ganzem einen deutlichem Eigenstempel aufdrückte, als ihn die bloße
Tenormelodie verleihen konnte, schon dadurch, daß er den ä-matt-ähnlichen Cha¬
rakter der dorischen Tonart dem Hörer nachdrücklicher vermittelte.

Viel rascher wird dieses verhältnismäßig individuellere Gepräge von der poe¬
tischen Seite her einleuchte». Mustern wir zum Beispiel einmal die Wolken-
steinischen Gedichte auf die heimatliche Ortszeichnung, auf Andeutungen über die
Umgebung von Hauenstein hin. soweit sie in dieser entstanden sind.

Wer es sich von den zahlreichen Sommergästen des freundlichen Seis uicht
verdrießen läßt, im Hauensteiner Wald zwischen Fichten und Lärchen auf steinigen
Wegen hinanzuklettern, kann plötzlich auf einen großen lichten Kalkklotz treffen, der
senkrecht wie die ihn eng umstehenden Stämme und so hoch wie ihre Wipfel auf¬
ragt. An einer Seite führt ein fußbreiter Steig hinnus in die blinkenden Blauer-
trümmer auf seinen Scheitel, die zusammen mit dem tiefblauen Himmel bvckum ep
kochten. Und wer denn dnrch die Fensteransschnitte auf die besonnte grüne the: er
Mulde hinabschant mit den goldigen Feldstücken, den weißen Höfen und den vramic
Stadeln und den großen Nußbaumwipfeln, und den Blick ""es dem asnee gen
Ortlerzng seitwärts in die Ferne wandern läßt, der möchte wohl den ""en ^um diesen Bergsitz preisen. Oswalds Gedichte freilich erzählen v°n H°neun
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Ratzes am Schlern.
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[0541] Maßgebliches und Unmaßgebliches [Abbildung] Kein Zlveifel, daß ein solcher Gesang mit allen seinen Zusammenklängen acht nur mehr Schönheit bot als die alte Einzelmclodie. sondern auch dem kleinen Kunst- Werk als Ganzem einen deutlichem Eigenstempel aufdrückte, als ihn die bloße Tenormelodie verleihen konnte, schon dadurch, daß er den ä-matt-ähnlichen Cha¬ rakter der dorischen Tonart dem Hörer nachdrücklicher vermittelte. Viel rascher wird dieses verhältnismäßig individuellere Gepräge von der poe¬ tischen Seite her einleuchte». Mustern wir zum Beispiel einmal die Wolken- steinischen Gedichte auf die heimatliche Ortszeichnung, auf Andeutungen über die Umgebung von Hauenstein hin. soweit sie in dieser entstanden sind. Wer es sich von den zahlreichen Sommergästen des freundlichen Seis uicht verdrießen läßt, im Hauensteiner Wald zwischen Fichten und Lärchen auf steinigen Wegen hinanzuklettern, kann plötzlich auf einen großen lichten Kalkklotz treffen, der senkrecht wie die ihn eng umstehenden Stämme und so hoch wie ihre Wipfel auf¬ ragt. An einer Seite führt ein fußbreiter Steig hinnus in die blinkenden Blauer- trümmer auf seinen Scheitel, die zusammen mit dem tiefblauen Himmel bvckum ep kochten. Und wer denn dnrch die Fensteransschnitte auf die besonnte grüne the: er Mulde hinabschant mit den goldigen Feldstücken, den weißen Höfen und den vramic Stadeln und den großen Nußbaumwipfeln, und den Blick ""es dem asnee gen Ortlerzng seitwärts in die Ferne wandern läßt, der möchte wohl den ""en ^um diesen Bergsitz preisen. Oswalds Gedichte freilich erzählen v°n H°neun ?bst nur aus d in Winter, und da hat der Dichter, der "»f "deuten ^l engerer Tage fast dnrch ganz Enropa. dnrch Nordafrika ,ab V''d ^ 'n gel unen 'se, eitel Klagelieder zu singen. Nach allem interessanten Umhertreiben sitzt er letzt »in Races pei Saleren**) "°'"''"° c.iendeÖrtlichkeit der Gemeinde Knstelrut ist das jetzige) ^)>e dem Hauenstein zunächst liegende z^riua)^^ Ratzes am Schlern.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/541>, abgerufen am 25.05.2024.