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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Zwei Seelen

Ich fragte nicht weiter. Die warnende Stimme war verklungen, nur die
Sehnsucht hatte noch das Wort, und sie entfaltete ein buntes Farbenspiel vor meiner
lauschenden Seele, Wo aber die Sehnsucht treibt, und die Hoffnung in allen Farben
schillert, da achtet man der Finsternisse nicht mehr, die dazwischen liegen, und geht
seinen Weg, wohin er anch sichre.

Ich wurde um ein andrer Mensch, Es war ja ein trübes Wasser, das sich
in mich ergoß, aber es sprudelte doch von Leben und regte das tote Gewässer
meines eignen Wesens bis zum Grunde auf. Das ganze Leben bekam nun ein
andres Aussehen, es gab darin wieder eine Ferne und Weite, es wurde wieder
kraftvoll, weil etwas vor mir lag, was Mut, Kühnheit und die Anspannung der
letzten Seelenkraft verlangte. Meine Verwandlung hätte mich verdächtig machen
können, man schrieb sie jedoch dem gesegneten Einfluß der gewohnten Berufs¬
arbeit zu.

Ich bekam nnn auch Augen für meine Nachbarschaft, Neben mir zur Linken
wohnte ein trübseliger Mensch, Von anständigem Herkommen hatte er zuerst sein
eignes Leben verwüstet und dann nicht geruht, bis auch Hab und Gut und Glück
seiner Verwandten zerzaust worden waren, sodnß durch diesen einzigen Menschen
eine ganze große Familie an den Bettelstab gebracht worden war. Sein Lieblings-
thenin war die christliche Liebe, die er jedoch nur so verstand, daß jeder verpflichtet
wäre, ihm die hilfreiche Hand zu reichen. Und so bestürmte er auch jetzt noch
jeden, dessen er irgend habhaft werden konnte, mit seinem Gejammer. Sein Name
ist mir unbekannt geblieben, man nannte ihn nur den Standpunkt, weil er sein
Schmerzenslied regelmäßig mit der Klage endigte: Was wirds werden? Auf den
Standpunkt, in dem ich aufgewachsen bin, gelange ich doch nicht zurück. Jeder
ging ihm, so viel er konnte, aus dem Wege, und wenn einer der Beamten zu ihm
hinein mußte, dann behielt er wohl die Tür in der Hand, um diesem Tränen¬
menschen so schnell wie möglich aus den Auge" zu kommen.

Von ganz anderm Schlage war mein Nachbar zur Rechten, der, der mir
zuerst von, Roter erzählt hatte, und doch war es eigentlich dasselbe Bild, nur nicht
in einer trüben Negenstimmuug, sondern in fröhlicher Sonnenbeleuchtung. Auch
er hatte eine feine Nase für andrer Leute Kochtöpfe, und wo die Seinigen einmal
etwas mehr als das nackte Leben hatten, durften sie getrost darauf rechnen, daß
die seine Nase schon den Geruch des Überflusses empfangen hatte. Da er jedoch
ein artiger Mensch war, voll strahlender Lumme und von unverwüstlicher Heiterkeit,
so vollzogen sich seine Schröpfnngen zwar nicht weniger schmerzhaft, aber minder
aufregend und wurden als etwas Unvermeidliches in guter Haltung ertragen.

Zwischen diesen beiden wohnte ich. Wer also ausging, die "umschliche Torheit
z" studieren, konnte sich wieder einmal über die verschwenderische Art der Natur
wundern, die dasselbe Wesen, auch wenn davon ein Stück vollauf genügte, so gern
mehrmals bildet, weshalb sich ja anch der, der irgendwo einen Narren ausgegraben
hat, darauf spitzt, in der Nähe herum noch einige andre Exemplare anzutreffen.
Die ewige Weisheit aber mochte Wohl ihr Haupt verhüllen, wenn ihr Blick auf
die drei Fenster fiel, hinter deren jedem ein Mensch hauste, der mit heißem Be¬
mühen fort und fort um seiner Vernichtung arbeitete.

Ich hatte jedoch auch zuweilen eine verständige Stunde, aber sie war zu¬
gleich unglücklich und kummervoll; eine Flut schwerer schmerzlicher Gedanken
salzte sich dann über meine Seele, nahm ihr den Atem und warf alles, was sich
oarin an Sehnsucht und Hoffnung aufgebaut hatte, in Trümmer. Dann marterte
A '"ich, war hilflos wie ein Kind, zu schwach zum Leben, zu schwach zum Sterben,
^"r ich dann im tiefsten Dunkel angelangt, so fing ich wieder langsam an empor¬
zusteigen, Stufe um Stufe, bis ich endlich wieder im Lichte war. Und um" erhob
M) das alles, was eben in sich zusammengesunken war, wieder aus dem Staube,
^urch das geöffnete Fenster wehte es frisch und lebendig herein, und es grüßte das
^"ick Welt, das vor mir ausgebreitet lag, Täter und Höhe", Wald und Heide,


Zwei Seelen

Ich fragte nicht weiter. Die warnende Stimme war verklungen, nur die
Sehnsucht hatte noch das Wort, und sie entfaltete ein buntes Farbenspiel vor meiner
lauschenden Seele, Wo aber die Sehnsucht treibt, und die Hoffnung in allen Farben
schillert, da achtet man der Finsternisse nicht mehr, die dazwischen liegen, und geht
seinen Weg, wohin er anch sichre.

Ich wurde um ein andrer Mensch, Es war ja ein trübes Wasser, das sich
in mich ergoß, aber es sprudelte doch von Leben und regte das tote Gewässer
meines eignen Wesens bis zum Grunde auf. Das ganze Leben bekam nun ein
andres Aussehen, es gab darin wieder eine Ferne und Weite, es wurde wieder
kraftvoll, weil etwas vor mir lag, was Mut, Kühnheit und die Anspannung der
letzten Seelenkraft verlangte. Meine Verwandlung hätte mich verdächtig machen
können, man schrieb sie jedoch dem gesegneten Einfluß der gewohnten Berufs¬
arbeit zu.

Ich bekam nnn auch Augen für meine Nachbarschaft, Neben mir zur Linken
wohnte ein trübseliger Mensch, Von anständigem Herkommen hatte er zuerst sein
eignes Leben verwüstet und dann nicht geruht, bis auch Hab und Gut und Glück
seiner Verwandten zerzaust worden waren, sodnß durch diesen einzigen Menschen
eine ganze große Familie an den Bettelstab gebracht worden war. Sein Lieblings-
thenin war die christliche Liebe, die er jedoch nur so verstand, daß jeder verpflichtet
wäre, ihm die hilfreiche Hand zu reichen. Und so bestürmte er auch jetzt noch
jeden, dessen er irgend habhaft werden konnte, mit seinem Gejammer. Sein Name
ist mir unbekannt geblieben, man nannte ihn nur den Standpunkt, weil er sein
Schmerzenslied regelmäßig mit der Klage endigte: Was wirds werden? Auf den
Standpunkt, in dem ich aufgewachsen bin, gelange ich doch nicht zurück. Jeder
ging ihm, so viel er konnte, aus dem Wege, und wenn einer der Beamten zu ihm
hinein mußte, dann behielt er wohl die Tür in der Hand, um diesem Tränen¬
menschen so schnell wie möglich aus den Auge» zu kommen.

Von ganz anderm Schlage war mein Nachbar zur Rechten, der, der mir
zuerst von, Roter erzählt hatte, und doch war es eigentlich dasselbe Bild, nur nicht
in einer trüben Negenstimmuug, sondern in fröhlicher Sonnenbeleuchtung. Auch
er hatte eine feine Nase für andrer Leute Kochtöpfe, und wo die Seinigen einmal
etwas mehr als das nackte Leben hatten, durften sie getrost darauf rechnen, daß
die seine Nase schon den Geruch des Überflusses empfangen hatte. Da er jedoch
ein artiger Mensch war, voll strahlender Lumme und von unverwüstlicher Heiterkeit,
so vollzogen sich seine Schröpfnngen zwar nicht weniger schmerzhaft, aber minder
aufregend und wurden als etwas Unvermeidliches in guter Haltung ertragen.

Zwischen diesen beiden wohnte ich. Wer also ausging, die »umschliche Torheit
z» studieren, konnte sich wieder einmal über die verschwenderische Art der Natur
wundern, die dasselbe Wesen, auch wenn davon ein Stück vollauf genügte, so gern
mehrmals bildet, weshalb sich ja anch der, der irgendwo einen Narren ausgegraben
hat, darauf spitzt, in der Nähe herum noch einige andre Exemplare anzutreffen.
Die ewige Weisheit aber mochte Wohl ihr Haupt verhüllen, wenn ihr Blick auf
die drei Fenster fiel, hinter deren jedem ein Mensch hauste, der mit heißem Be¬
mühen fort und fort um seiner Vernichtung arbeitete.

Ich hatte jedoch auch zuweilen eine verständige Stunde, aber sie war zu¬
gleich unglücklich und kummervoll; eine Flut schwerer schmerzlicher Gedanken
salzte sich dann über meine Seele, nahm ihr den Atem und warf alles, was sich
oarin an Sehnsucht und Hoffnung aufgebaut hatte, in Trümmer. Dann marterte
A '"ich, war hilflos wie ein Kind, zu schwach zum Leben, zu schwach zum Sterben,
^"r ich dann im tiefsten Dunkel angelangt, so fing ich wieder langsam an empor¬
zusteigen, Stufe um Stufe, bis ich endlich wieder im Lichte war. Und um» erhob
M) das alles, was eben in sich zusammengesunken war, wieder aus dem Staube,
^urch das geöffnete Fenster wehte es frisch und lebendig herein, und es grüßte das
^«ick Welt, das vor mir ausgebreitet lag, Täter und Höhe», Wald und Heide,


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[0603] Zwei Seelen Ich fragte nicht weiter. Die warnende Stimme war verklungen, nur die Sehnsucht hatte noch das Wort, und sie entfaltete ein buntes Farbenspiel vor meiner lauschenden Seele, Wo aber die Sehnsucht treibt, und die Hoffnung in allen Farben schillert, da achtet man der Finsternisse nicht mehr, die dazwischen liegen, und geht seinen Weg, wohin er anch sichre. Ich wurde um ein andrer Mensch, Es war ja ein trübes Wasser, das sich in mich ergoß, aber es sprudelte doch von Leben und regte das tote Gewässer meines eignen Wesens bis zum Grunde auf. Das ganze Leben bekam nun ein andres Aussehen, es gab darin wieder eine Ferne und Weite, es wurde wieder kraftvoll, weil etwas vor mir lag, was Mut, Kühnheit und die Anspannung der letzten Seelenkraft verlangte. Meine Verwandlung hätte mich verdächtig machen können, man schrieb sie jedoch dem gesegneten Einfluß der gewohnten Berufs¬ arbeit zu. Ich bekam nnn auch Augen für meine Nachbarschaft, Neben mir zur Linken wohnte ein trübseliger Mensch, Von anständigem Herkommen hatte er zuerst sein eignes Leben verwüstet und dann nicht geruht, bis auch Hab und Gut und Glück seiner Verwandten zerzaust worden waren, sodnß durch diesen einzigen Menschen eine ganze große Familie an den Bettelstab gebracht worden war. Sein Lieblings- thenin war die christliche Liebe, die er jedoch nur so verstand, daß jeder verpflichtet wäre, ihm die hilfreiche Hand zu reichen. Und so bestürmte er auch jetzt noch jeden, dessen er irgend habhaft werden konnte, mit seinem Gejammer. Sein Name ist mir unbekannt geblieben, man nannte ihn nur den Standpunkt, weil er sein Schmerzenslied regelmäßig mit der Klage endigte: Was wirds werden? Auf den Standpunkt, in dem ich aufgewachsen bin, gelange ich doch nicht zurück. Jeder ging ihm, so viel er konnte, aus dem Wege, und wenn einer der Beamten zu ihm hinein mußte, dann behielt er wohl die Tür in der Hand, um diesem Tränen¬ menschen so schnell wie möglich aus den Auge» zu kommen. Von ganz anderm Schlage war mein Nachbar zur Rechten, der, der mir zuerst von, Roter erzählt hatte, und doch war es eigentlich dasselbe Bild, nur nicht in einer trüben Negenstimmuug, sondern in fröhlicher Sonnenbeleuchtung. Auch er hatte eine feine Nase für andrer Leute Kochtöpfe, und wo die Seinigen einmal etwas mehr als das nackte Leben hatten, durften sie getrost darauf rechnen, daß die seine Nase schon den Geruch des Überflusses empfangen hatte. Da er jedoch ein artiger Mensch war, voll strahlender Lumme und von unverwüstlicher Heiterkeit, so vollzogen sich seine Schröpfnngen zwar nicht weniger schmerzhaft, aber minder aufregend und wurden als etwas Unvermeidliches in guter Haltung ertragen. Zwischen diesen beiden wohnte ich. Wer also ausging, die »umschliche Torheit z» studieren, konnte sich wieder einmal über die verschwenderische Art der Natur wundern, die dasselbe Wesen, auch wenn davon ein Stück vollauf genügte, so gern mehrmals bildet, weshalb sich ja anch der, der irgendwo einen Narren ausgegraben hat, darauf spitzt, in der Nähe herum noch einige andre Exemplare anzutreffen. Die ewige Weisheit aber mochte Wohl ihr Haupt verhüllen, wenn ihr Blick auf die drei Fenster fiel, hinter deren jedem ein Mensch hauste, der mit heißem Be¬ mühen fort und fort um seiner Vernichtung arbeitete. Ich hatte jedoch auch zuweilen eine verständige Stunde, aber sie war zu¬ gleich unglücklich und kummervoll; eine Flut schwerer schmerzlicher Gedanken salzte sich dann über meine Seele, nahm ihr den Atem und warf alles, was sich oarin an Sehnsucht und Hoffnung aufgebaut hatte, in Trümmer. Dann marterte A '"ich, war hilflos wie ein Kind, zu schwach zum Leben, zu schwach zum Sterben, ^"r ich dann im tiefsten Dunkel angelangt, so fing ich wieder langsam an empor¬ zusteigen, Stufe um Stufe, bis ich endlich wieder im Lichte war. Und um» erhob M) das alles, was eben in sich zusammengesunken war, wieder aus dem Staube, ^urch das geöffnete Fenster wehte es frisch und lebendig herein, und es grüßte das ^«ick Welt, das vor mir ausgebreitet lag, Täter und Höhe», Wald und Heide,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/603>, abgerufen am 25.05.2024.