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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Zwei Seelen

Da saß ich um, die Augen mir mit beiden Händen verhüllend. Und wieder und
wieder fragte ich verzweiflungsvoll: Gibt es denn keinen Frieden? Fuhrt denn
kein Weg aus meinem Elend hinaus?

Von neuem flammte es auf, und uoch einmal, von allen Seiten stürzten sich
Feuerströme nieder. Das Licht war so grell und blendend, daß auch die Zweige
vor mir in ihm vergingen. Nur eins stand noch in diesem geisterhaften Schein,
hoch und gewaltig, ein schwerer ernster Schatten in dem Feuermeer, das Kreuz.

Entsetzt schaute ich zu ihm auf. Du düstres Bild, was hast du mir zu
sagen? Du, das einzige, das ich noch sehe, was willst du mir verkünden?

Ich fuhr auf. Denn es war mir, als ob jemand zu mir redete. Eine Stimme
aus weiter Ferne, eine Stimme, die aus meiner tiefsten Seele hervorklang: Gib
den Kampf auf, ergib dich. Längst bist du müde. Nimm dein Kreuz auf dich und
sühne dein Unrecht. So wirst du Frieden haben.

Als stünde wirklich jemand vor mir, wehrte ich mit den Händen ab. Nein
nein, nur das nicht. Alles will ich tun, alles leiden, alles tragen, alles hingeben,
nur dies eine fordre nicht von mir!

Ich reckte mich empor, und mir wurde feierlich ums Herz, als ich uun in
die Finsternis hinaussprach zu dem, den ich nicht sah, und von dessen Gerechtigkeit
ich mich doch bedrängt wußte:

Noch liegt keine neue Schuld auf mir; die tiefen Wasser rinnen noch zwischen
ihr und mir, und nur mit den Augen haben wir uns gegrüßt, nur die Hand uns
darüber gegeben. Ich danke dir, daß dn mir Hilfe gesandt hast, als ich mich ver¬
gessen wollte. Aber nun zwinge ich es allein. Das Träumen ist vorüber, ich
werde stark sein. Und sollte ich dennoch schwach werden, höre es, du Erhabner
und Unsichtbarer, der du mit deinen Blitzen drohst, dann werde ich, ich gelobe es
dir, mich selber wie einen Hund an die Kette nehmen und mich in deine Hände
liefern.

Der Sturm sauste durch die Tannen, die Bäume ächzten, Wasserfluten er¬
gossen sich über mich, und ich sah nichts mehr als Nacht und Feuergluten. Aber
mitten in den Stürmen und in der Bewegung, in die die Natur hineingezogen
wurde, überkam mich tiefe Ruhe und eine kraftvolle Zuversicht, und in dieser ganzen
langen, schweren Nacht, während der ich im Kampfe der Elemente lag, ging die
wiedergewonnene Ruhe nicht wieder von mir. Mir konnte ja nichts geschehn; den
Tod fürchtete ich nicht, aber ich fürchtete auch das Leben nicht mehr.

Es wird eine Linie nach der andern in uns getilgt, und es werden andre
Linien darüber hingezogen, bis unvermerkt das Alte gelöscht ist, und etwas Neues
an seiner Stelle steht.


30

Die Nacht ging endlich vorüber. Das Flammenmeer ergoß sich über andre
Berge und Täter, dann hörte auch der Sturm auf, und endlich brach ein bleicher
Schein durch die Wolken. Ich raffte mich auf und suchte in dem spärlichen Lichte,
das fast noch Dunkelheit war, Schritt für Schritt meinen Weg. Der Pfad war
vielfach zerrissen, reißende Bäche schössen darüber hin. und da und dort hing ein
uiedergeworfner Baum kopfüber am Berge. An einer Stelle war der Pfad gänzlich
versunken, in eine tiefe Schlucht hineingestürzt, die über Nacht entstanden mich daran
erinnerte, daß mitten im Donner der Wolken einmal ein Dröhnen zu hören ge¬
wesen war, als fiele der Berg in sich zusammen. Ein Stück des Geländes mußte sich
oben gelöst haben und alles mit sich fortreißend, die Bäume vor sich her entwurzelnd
und den Boden bis auf den Felsgrund aufwühlend, in die Tiefe gestürzt sein.
Oder war vielleicht der zerklüftete Fels selbst, der sich einer altersschwachen Menschen¬
gestalt von riesenhaften Formen ähnlich von der Höhe nach dem Tale herunter-
neigle, in sich zusammengebrochen und hinabgestürzt? Die Leute sprachen zuweilen
als von einer uralten Rede davon, daß er Wohl dein Dorf noch einmal gefährlich
werden würde.

Der Gedanke riß mich aus der Betäubung, in die ich mich, nur immer mit


Zwei Seelen

Da saß ich um, die Augen mir mit beiden Händen verhüllend. Und wieder und
wieder fragte ich verzweiflungsvoll: Gibt es denn keinen Frieden? Fuhrt denn
kein Weg aus meinem Elend hinaus?

Von neuem flammte es auf, und uoch einmal, von allen Seiten stürzten sich
Feuerströme nieder. Das Licht war so grell und blendend, daß auch die Zweige
vor mir in ihm vergingen. Nur eins stand noch in diesem geisterhaften Schein,
hoch und gewaltig, ein schwerer ernster Schatten in dem Feuermeer, das Kreuz.

Entsetzt schaute ich zu ihm auf. Du düstres Bild, was hast du mir zu
sagen? Du, das einzige, das ich noch sehe, was willst du mir verkünden?

Ich fuhr auf. Denn es war mir, als ob jemand zu mir redete. Eine Stimme
aus weiter Ferne, eine Stimme, die aus meiner tiefsten Seele hervorklang: Gib
den Kampf auf, ergib dich. Längst bist du müde. Nimm dein Kreuz auf dich und
sühne dein Unrecht. So wirst du Frieden haben.

Als stünde wirklich jemand vor mir, wehrte ich mit den Händen ab. Nein
nein, nur das nicht. Alles will ich tun, alles leiden, alles tragen, alles hingeben,
nur dies eine fordre nicht von mir!

Ich reckte mich empor, und mir wurde feierlich ums Herz, als ich uun in
die Finsternis hinaussprach zu dem, den ich nicht sah, und von dessen Gerechtigkeit
ich mich doch bedrängt wußte:

Noch liegt keine neue Schuld auf mir; die tiefen Wasser rinnen noch zwischen
ihr und mir, und nur mit den Augen haben wir uns gegrüßt, nur die Hand uns
darüber gegeben. Ich danke dir, daß dn mir Hilfe gesandt hast, als ich mich ver¬
gessen wollte. Aber nun zwinge ich es allein. Das Träumen ist vorüber, ich
werde stark sein. Und sollte ich dennoch schwach werden, höre es, du Erhabner
und Unsichtbarer, der du mit deinen Blitzen drohst, dann werde ich, ich gelobe es
dir, mich selber wie einen Hund an die Kette nehmen und mich in deine Hände
liefern.

Der Sturm sauste durch die Tannen, die Bäume ächzten, Wasserfluten er¬
gossen sich über mich, und ich sah nichts mehr als Nacht und Feuergluten. Aber
mitten in den Stürmen und in der Bewegung, in die die Natur hineingezogen
wurde, überkam mich tiefe Ruhe und eine kraftvolle Zuversicht, und in dieser ganzen
langen, schweren Nacht, während der ich im Kampfe der Elemente lag, ging die
wiedergewonnene Ruhe nicht wieder von mir. Mir konnte ja nichts geschehn; den
Tod fürchtete ich nicht, aber ich fürchtete auch das Leben nicht mehr.

Es wird eine Linie nach der andern in uns getilgt, und es werden andre
Linien darüber hingezogen, bis unvermerkt das Alte gelöscht ist, und etwas Neues
an seiner Stelle steht.


30

Die Nacht ging endlich vorüber. Das Flammenmeer ergoß sich über andre
Berge und Täter, dann hörte auch der Sturm auf, und endlich brach ein bleicher
Schein durch die Wolken. Ich raffte mich auf und suchte in dem spärlichen Lichte,
das fast noch Dunkelheit war, Schritt für Schritt meinen Weg. Der Pfad war
vielfach zerrissen, reißende Bäche schössen darüber hin. und da und dort hing ein
uiedergeworfner Baum kopfüber am Berge. An einer Stelle war der Pfad gänzlich
versunken, in eine tiefe Schlucht hineingestürzt, die über Nacht entstanden mich daran
erinnerte, daß mitten im Donner der Wolken einmal ein Dröhnen zu hören ge¬
wesen war, als fiele der Berg in sich zusammen. Ein Stück des Geländes mußte sich
oben gelöst haben und alles mit sich fortreißend, die Bäume vor sich her entwurzelnd
und den Boden bis auf den Felsgrund aufwühlend, in die Tiefe gestürzt sein.
Oder war vielleicht der zerklüftete Fels selbst, der sich einer altersschwachen Menschen¬
gestalt von riesenhaften Formen ähnlich von der Höhe nach dem Tale herunter-
neigle, in sich zusammengebrochen und hinabgestürzt? Die Leute sprachen zuweilen
als von einer uralten Rede davon, daß er Wohl dein Dorf noch einmal gefährlich
werden würde.

Der Gedanke riß mich aus der Betäubung, in die ich mich, nur immer mit


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[0812] Zwei Seelen Da saß ich um, die Augen mir mit beiden Händen verhüllend. Und wieder und wieder fragte ich verzweiflungsvoll: Gibt es denn keinen Frieden? Fuhrt denn kein Weg aus meinem Elend hinaus? Von neuem flammte es auf, und uoch einmal, von allen Seiten stürzten sich Feuerströme nieder. Das Licht war so grell und blendend, daß auch die Zweige vor mir in ihm vergingen. Nur eins stand noch in diesem geisterhaften Schein, hoch und gewaltig, ein schwerer ernster Schatten in dem Feuermeer, das Kreuz. Entsetzt schaute ich zu ihm auf. Du düstres Bild, was hast du mir zu sagen? Du, das einzige, das ich noch sehe, was willst du mir verkünden? Ich fuhr auf. Denn es war mir, als ob jemand zu mir redete. Eine Stimme aus weiter Ferne, eine Stimme, die aus meiner tiefsten Seele hervorklang: Gib den Kampf auf, ergib dich. Längst bist du müde. Nimm dein Kreuz auf dich und sühne dein Unrecht. So wirst du Frieden haben. Als stünde wirklich jemand vor mir, wehrte ich mit den Händen ab. Nein nein, nur das nicht. Alles will ich tun, alles leiden, alles tragen, alles hingeben, nur dies eine fordre nicht von mir! Ich reckte mich empor, und mir wurde feierlich ums Herz, als ich uun in die Finsternis hinaussprach zu dem, den ich nicht sah, und von dessen Gerechtigkeit ich mich doch bedrängt wußte: Noch liegt keine neue Schuld auf mir; die tiefen Wasser rinnen noch zwischen ihr und mir, und nur mit den Augen haben wir uns gegrüßt, nur die Hand uns darüber gegeben. Ich danke dir, daß dn mir Hilfe gesandt hast, als ich mich ver¬ gessen wollte. Aber nun zwinge ich es allein. Das Träumen ist vorüber, ich werde stark sein. Und sollte ich dennoch schwach werden, höre es, du Erhabner und Unsichtbarer, der du mit deinen Blitzen drohst, dann werde ich, ich gelobe es dir, mich selber wie einen Hund an die Kette nehmen und mich in deine Hände liefern. Der Sturm sauste durch die Tannen, die Bäume ächzten, Wasserfluten er¬ gossen sich über mich, und ich sah nichts mehr als Nacht und Feuergluten. Aber mitten in den Stürmen und in der Bewegung, in die die Natur hineingezogen wurde, überkam mich tiefe Ruhe und eine kraftvolle Zuversicht, und in dieser ganzen langen, schweren Nacht, während der ich im Kampfe der Elemente lag, ging die wiedergewonnene Ruhe nicht wieder von mir. Mir konnte ja nichts geschehn; den Tod fürchtete ich nicht, aber ich fürchtete auch das Leben nicht mehr. Es wird eine Linie nach der andern in uns getilgt, und es werden andre Linien darüber hingezogen, bis unvermerkt das Alte gelöscht ist, und etwas Neues an seiner Stelle steht. 30 Die Nacht ging endlich vorüber. Das Flammenmeer ergoß sich über andre Berge und Täter, dann hörte auch der Sturm auf, und endlich brach ein bleicher Schein durch die Wolken. Ich raffte mich auf und suchte in dem spärlichen Lichte, das fast noch Dunkelheit war, Schritt für Schritt meinen Weg. Der Pfad war vielfach zerrissen, reißende Bäche schössen darüber hin. und da und dort hing ein uiedergeworfner Baum kopfüber am Berge. An einer Stelle war der Pfad gänzlich versunken, in eine tiefe Schlucht hineingestürzt, die über Nacht entstanden mich daran erinnerte, daß mitten im Donner der Wolken einmal ein Dröhnen zu hören ge¬ wesen war, als fiele der Berg in sich zusammen. Ein Stück des Geländes mußte sich oben gelöst haben und alles mit sich fortreißend, die Bäume vor sich her entwurzelnd und den Boden bis auf den Felsgrund aufwühlend, in die Tiefe gestürzt sein. Oder war vielleicht der zerklüftete Fels selbst, der sich einer altersschwachen Menschen¬ gestalt von riesenhaften Formen ähnlich von der Höhe nach dem Tale herunter- neigle, in sich zusammengebrochen und hinabgestürzt? Die Leute sprachen zuweilen als von einer uralten Rede davon, daß er Wohl dein Dorf noch einmal gefährlich werden würde. Der Gedanke riß mich aus der Betäubung, in die ich mich, nur immer mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/812>, abgerufen am 17.06.2024.