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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Die russische Staatskunst sieht sich vor Entschließungen von großer Tragwette, die
russische Armee und Flotte sehen sich vielleicht vor große Aufgaben gestellt. Schon
ist ein englischer Flankeustoß in Tibet im Gange, und Rußland wird sich einrichten
müssen, den Krieg nicht nur in Ostasien, sondern auch in Mittelasien zu führen.

Englische Blätter haben in den letzten Monaten immer wieder den Versuch
gemacht, Deutschland die Rolle des Hetzers in dem russisch-asiatischen Gegensatz
zuzuweisen, Deutschland Hetze Rußland in den Konflikt hinein. Abgesehen davon,
daß Rußland überhaupt nicht so leicht "zu Hetzen" ist und von niemand Rat an¬
nimmt außer von seinen Interessen, die immer starker und mächtiger sein werden,
als alle politischen Theorien und persönlichen Sympathien, so ist es gerade die
deutsche Presse gewesen, soweit sie Anspruch auf Ansehen und Autorität hat, die
seit Monaten und bis unmittelbar vor Eintritt des Bruchs für die Erhaltung des
Friedens eintrat und an ihn glaubte; Berliner Blätter haben sogar über die
"norddeutsche Allgemeine Zeitung" gespottet, weil sie bis zum Ende der vorigen
Woche nicht aufgehört hatte, die Situation als eine friedliche zu behandeln. Es
entsprach das durchaus den Interessen der deutschen Politik. Deutschland kann an
dem Ausbruch eines Kriegs, dessen Umfang, Dauer und Ausgang unberechenbar
sind, ganz und gar nichts gelegen sein. Durch unsre Niederlassung in Kiautschou,
durch die Notwendigkeit, in Ostasien ein Kreuzergeschwader zu erhalten, sowie durch
den unabweisbaren Verbleib der ostasiatischen Brigade in Tientsin sind wir in
Ostasien viel verwundbarer geworden, und die Leitung unsrer Politik wird viel
Umsicht und Weisheit anwenden müssen, wenn sie verhüten will, daß unsre
Interessen in den russisch-japanischen Gegensatz verstrickt werden. Ganz besonders
läge diese Gefahr nahe, wenn sich China an dem Kriege beteiligte. Der Nachteil,
den der deutsche Handel und die deutsche Schiffahrt zunächst wenigstens unver¬
meidlich erleiden werden, kann es für Deutschland nur wünschenswert machen, daß
keine weitern Komplikationen eintreten, die unvermeidlich auf die chinesischen Terri¬
torialfragen von Einfluß sein würden. Heute ist es verständlich, weshalb England
im Jahre 1902 die Räumung von Schanghai mit so großem Nachdruck be¬
trieben hat.


Die Kolonialverwaltung.

Die Vorgänge in Südwestafrika haben auch
die Organisation unsrer Kolonialverwaltung wieder auf die Tagesordnung gesetzt.
In, vorigen Heft der "Grenzboten" ist schon darauf hingewiesen worden, daß sich
eine sehr starke Strömung zugunsten der Einordnung der Kolonialabteilung in das
Reichsmarineamt geltend mache, und es schien sogar, daß diese Strömung im Zu¬
nehmen war. Von andrer Seite wird die Errichtung eines selbständigen Kolonialamts
lebhaft gefordert, für das auch die "Kvlonialzeituug" mit großem Nachdruck ein¬
tritt. Diese Lösung muß auch als die richtigere erscheinen, schon aus dem Grunde,
daß sowohl die Marine als die Kolonien in fortwährendem Anwachsen begriffen
sind, und somit über kurz oder lang die verantwortliche Leitung eines so großen
Ressorts auch die Arbeitskraft eines Mannes wie des Admirals von Tirpitz über¬
steigen würde. Dann wäre die Notwendigkeit, die Kolvninlverwaltung selbständig
zu machen, so wie so gegeben. Außerdem würde die Unterstellung der Kolvnial-
abteilung unter den Staatssekretär der Marine zunächst tatsächlich einen Rückschritt
bedeuten. Der Kolonialdirektor ist jetzt direkt unter den Reichskanzler gestellt und
vom Auswärtigen Amt nur noch abhängig in den Fragen, die zu Berührungen
mit andern Nationen führen: zum Beispiel Grenzfragen oder gemeinsame Unter¬
nehmungen. Wie alle unsre Reichsämter wächst auch die Kolonialverwaltung aus
ihrem ursprünglich sehr engen Rahmen heraus. Es sei hierbei an das Reichs¬
schatzamt erinnert, das ursprünglich als Abteilung des Reichskanzleramts errichtet,
mit einem Ministerialdirektor an der Spitze, nur als eine für den Vortrag in
Reichsfinanzsachen beim Reichskanzler bestimmte Stelle gedacht war, die man nur
um die Empfindlichkeit der andern Bundesstaaten zu schonen, nicht beim preußischen
Finanzministerium errichtet hatte. Ein selbständiges Reichsschatzamt existiert erst seit


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Die russische Staatskunst sieht sich vor Entschließungen von großer Tragwette, die
russische Armee und Flotte sehen sich vielleicht vor große Aufgaben gestellt. Schon
ist ein englischer Flankeustoß in Tibet im Gange, und Rußland wird sich einrichten
müssen, den Krieg nicht nur in Ostasien, sondern auch in Mittelasien zu führen.

Englische Blätter haben in den letzten Monaten immer wieder den Versuch
gemacht, Deutschland die Rolle des Hetzers in dem russisch-asiatischen Gegensatz
zuzuweisen, Deutschland Hetze Rußland in den Konflikt hinein. Abgesehen davon,
daß Rußland überhaupt nicht so leicht „zu Hetzen" ist und von niemand Rat an¬
nimmt außer von seinen Interessen, die immer starker und mächtiger sein werden,
als alle politischen Theorien und persönlichen Sympathien, so ist es gerade die
deutsche Presse gewesen, soweit sie Anspruch auf Ansehen und Autorität hat, die
seit Monaten und bis unmittelbar vor Eintritt des Bruchs für die Erhaltung des
Friedens eintrat und an ihn glaubte; Berliner Blätter haben sogar über die
„norddeutsche Allgemeine Zeitung" gespottet, weil sie bis zum Ende der vorigen
Woche nicht aufgehört hatte, die Situation als eine friedliche zu behandeln. Es
entsprach das durchaus den Interessen der deutschen Politik. Deutschland kann an
dem Ausbruch eines Kriegs, dessen Umfang, Dauer und Ausgang unberechenbar
sind, ganz und gar nichts gelegen sein. Durch unsre Niederlassung in Kiautschou,
durch die Notwendigkeit, in Ostasien ein Kreuzergeschwader zu erhalten, sowie durch
den unabweisbaren Verbleib der ostasiatischen Brigade in Tientsin sind wir in
Ostasien viel verwundbarer geworden, und die Leitung unsrer Politik wird viel
Umsicht und Weisheit anwenden müssen, wenn sie verhüten will, daß unsre
Interessen in den russisch-japanischen Gegensatz verstrickt werden. Ganz besonders
läge diese Gefahr nahe, wenn sich China an dem Kriege beteiligte. Der Nachteil,
den der deutsche Handel und die deutsche Schiffahrt zunächst wenigstens unver¬
meidlich erleiden werden, kann es für Deutschland nur wünschenswert machen, daß
keine weitern Komplikationen eintreten, die unvermeidlich auf die chinesischen Terri¬
torialfragen von Einfluß sein würden. Heute ist es verständlich, weshalb England
im Jahre 1902 die Räumung von Schanghai mit so großem Nachdruck be¬
trieben hat.


Die Kolonialverwaltung.

Die Vorgänge in Südwestafrika haben auch
die Organisation unsrer Kolonialverwaltung wieder auf die Tagesordnung gesetzt.
In, vorigen Heft der „Grenzboten" ist schon darauf hingewiesen worden, daß sich
eine sehr starke Strömung zugunsten der Einordnung der Kolonialabteilung in das
Reichsmarineamt geltend mache, und es schien sogar, daß diese Strömung im Zu¬
nehmen war. Von andrer Seite wird die Errichtung eines selbständigen Kolonialamts
lebhaft gefordert, für das auch die „Kvlonialzeituug" mit großem Nachdruck ein¬
tritt. Diese Lösung muß auch als die richtigere erscheinen, schon aus dem Grunde,
daß sowohl die Marine als die Kolonien in fortwährendem Anwachsen begriffen
sind, und somit über kurz oder lang die verantwortliche Leitung eines so großen
Ressorts auch die Arbeitskraft eines Mannes wie des Admirals von Tirpitz über¬
steigen würde. Dann wäre die Notwendigkeit, die Kolvninlverwaltung selbständig
zu machen, so wie so gegeben. Außerdem würde die Unterstellung der Kolvnial-
abteilung unter den Staatssekretär der Marine zunächst tatsächlich einen Rückschritt
bedeuten. Der Kolonialdirektor ist jetzt direkt unter den Reichskanzler gestellt und
vom Auswärtigen Amt nur noch abhängig in den Fragen, die zu Berührungen
mit andern Nationen führen: zum Beispiel Grenzfragen oder gemeinsame Unter¬
nehmungen. Wie alle unsre Reichsämter wächst auch die Kolonialverwaltung aus
ihrem ursprünglich sehr engen Rahmen heraus. Es sei hierbei an das Reichs¬
schatzamt erinnert, das ursprünglich als Abteilung des Reichskanzleramts errichtet,
mit einem Ministerialdirektor an der Spitze, nur als eine für den Vortrag in
Reichsfinanzsachen beim Reichskanzler bestimmte Stelle gedacht war, die man nur
um die Empfindlichkeit der andern Bundesstaaten zu schonen, nicht beim preußischen
Finanzministerium errichtet hatte. Ein selbständiges Reichsschatzamt existiert erst seit


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[0380] Maßgebliches und Unmaßgebliches Die russische Staatskunst sieht sich vor Entschließungen von großer Tragwette, die russische Armee und Flotte sehen sich vielleicht vor große Aufgaben gestellt. Schon ist ein englischer Flankeustoß in Tibet im Gange, und Rußland wird sich einrichten müssen, den Krieg nicht nur in Ostasien, sondern auch in Mittelasien zu führen. Englische Blätter haben in den letzten Monaten immer wieder den Versuch gemacht, Deutschland die Rolle des Hetzers in dem russisch-asiatischen Gegensatz zuzuweisen, Deutschland Hetze Rußland in den Konflikt hinein. Abgesehen davon, daß Rußland überhaupt nicht so leicht „zu Hetzen" ist und von niemand Rat an¬ nimmt außer von seinen Interessen, die immer starker und mächtiger sein werden, als alle politischen Theorien und persönlichen Sympathien, so ist es gerade die deutsche Presse gewesen, soweit sie Anspruch auf Ansehen und Autorität hat, die seit Monaten und bis unmittelbar vor Eintritt des Bruchs für die Erhaltung des Friedens eintrat und an ihn glaubte; Berliner Blätter haben sogar über die „norddeutsche Allgemeine Zeitung" gespottet, weil sie bis zum Ende der vorigen Woche nicht aufgehört hatte, die Situation als eine friedliche zu behandeln. Es entsprach das durchaus den Interessen der deutschen Politik. Deutschland kann an dem Ausbruch eines Kriegs, dessen Umfang, Dauer und Ausgang unberechenbar sind, ganz und gar nichts gelegen sein. Durch unsre Niederlassung in Kiautschou, durch die Notwendigkeit, in Ostasien ein Kreuzergeschwader zu erhalten, sowie durch den unabweisbaren Verbleib der ostasiatischen Brigade in Tientsin sind wir in Ostasien viel verwundbarer geworden, und die Leitung unsrer Politik wird viel Umsicht und Weisheit anwenden müssen, wenn sie verhüten will, daß unsre Interessen in den russisch-japanischen Gegensatz verstrickt werden. Ganz besonders läge diese Gefahr nahe, wenn sich China an dem Kriege beteiligte. Der Nachteil, den der deutsche Handel und die deutsche Schiffahrt zunächst wenigstens unver¬ meidlich erleiden werden, kann es für Deutschland nur wünschenswert machen, daß keine weitern Komplikationen eintreten, die unvermeidlich auf die chinesischen Terri¬ torialfragen von Einfluß sein würden. Heute ist es verständlich, weshalb England im Jahre 1902 die Räumung von Schanghai mit so großem Nachdruck be¬ trieben hat. Die Kolonialverwaltung. Die Vorgänge in Südwestafrika haben auch die Organisation unsrer Kolonialverwaltung wieder auf die Tagesordnung gesetzt. In, vorigen Heft der „Grenzboten" ist schon darauf hingewiesen worden, daß sich eine sehr starke Strömung zugunsten der Einordnung der Kolonialabteilung in das Reichsmarineamt geltend mache, und es schien sogar, daß diese Strömung im Zu¬ nehmen war. Von andrer Seite wird die Errichtung eines selbständigen Kolonialamts lebhaft gefordert, für das auch die „Kvlonialzeituug" mit großem Nachdruck ein¬ tritt. Diese Lösung muß auch als die richtigere erscheinen, schon aus dem Grunde, daß sowohl die Marine als die Kolonien in fortwährendem Anwachsen begriffen sind, und somit über kurz oder lang die verantwortliche Leitung eines so großen Ressorts auch die Arbeitskraft eines Mannes wie des Admirals von Tirpitz über¬ steigen würde. Dann wäre die Notwendigkeit, die Kolvninlverwaltung selbständig zu machen, so wie so gegeben. Außerdem würde die Unterstellung der Kolvnial- abteilung unter den Staatssekretär der Marine zunächst tatsächlich einen Rückschritt bedeuten. Der Kolonialdirektor ist jetzt direkt unter den Reichskanzler gestellt und vom Auswärtigen Amt nur noch abhängig in den Fragen, die zu Berührungen mit andern Nationen führen: zum Beispiel Grenzfragen oder gemeinsame Unter¬ nehmungen. Wie alle unsre Reichsämter wächst auch die Kolonialverwaltung aus ihrem ursprünglich sehr engen Rahmen heraus. Es sei hierbei an das Reichs¬ schatzamt erinnert, das ursprünglich als Abteilung des Reichskanzleramts errichtet, mit einem Ministerialdirektor an der Spitze, nur als eine für den Vortrag in Reichsfinanzsachen beim Reichskanzler bestimmte Stelle gedacht war, die man nur um die Empfindlichkeit der andern Bundesstaaten zu schonen, nicht beim preußischen Finanzministerium errichtet hatte. Ein selbständiges Reichsschatzamt existiert erst seit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/380>, abgerufen am 10.06.2024.