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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

der König von Preußen, eine Anzahl Berliner Künstler um sich berufen hatte, war
ebenfalls eine rein preußische, die Vollendung der Berliner Siegesallee, Es wäre
also korrekt gewesen, für jene Rede den preußischen Kultusminister verantwortlich
zu machen, und das um so mehr, als ja auch der Berliner Akademiedirektor Anton
von Werner, der Hauptschuldige in der Affüre der deutschen Kunstbeteiliguug in
Se. Louis, ebenfalls ein Nachgeordneter Beamter des preußischen Kultusministers
ist. Da Herr von Werner seine Sache vor dem Reichstage nicht selbst führen
kann, so hätte er durch seinen vorgesetzten Minister dort gedeckt werden müssen.
Das war weder des Reichskanzlers noch seines Vertreters Aufgabe. Wenn immerhin
die Ausstellung vom Neichsamt des Innern ressortiert, so sind doch weder der
Reichskanzler noch Graf Posadowsky Autoritäten auf dem Gebiete der Kunstkritik,
haben sich das auch nie angemaßt. Hier steht die Verantwortlichkeit bei dem
preußische,? Kultusminister. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird deshalb eine zweite
Aufführung des Stückes im Preußischen Abgeordnetenhause stattfinden. Daß den
Einzelstaaten und ihren Höfen ein Preiser aus den Reihen der Fortschrittspartei
sÜÄ8 Freisinnigen Partei entstehn würde, wie jetzt in der Person des Abgeordneten
Dove, hätte im Jahre 1866 niemand für möglich gehalten. I'smxora. mutantur
se nos mutÄMnr in illis!

Was die verlangte Beteiligung des Reichskanzlers an der "Knnstdebatte"
betrifft, so genügt es, die Frage aufzuwerfen, ob wohl jemand an den Fürsten
Bismarck eine solche Zumutung gestellt haben würde, und wenn ja, welche Ant¬
wort er Wohl erhalten hätte. Graf Bülow hat, das wird jeder ruhige Beobachter
zugeben müssen, den einzig richtigen Standpunkt eingenommen, daß es nicht das
Amt des deutschen Reichskanzlers sei, in Kunstfragen oder sonstigen ästhetischen
Fragen den Kritiker oder den Schiedsrichter zu spielen.

Wie schon im vorigen Hefte hervorgehoben worden ist, werden bei oder nach
der Beratung des Militäretats Resolutionen über die Beurlaubung der Mann¬
schaften eine Rolle spielen. Wir haben betont, daß der Urlaub niemals Gegen¬
stand einer Parlamentsresolution sein kann. Das ist Kommando- und Dienstsache
und muß es bleiben, solange die Armee sich nicht in eine Schützengilde oder
Bürgerwehr verwandeln soll, die ihre Urlaubsbedürfnisse in ihren Statuten fest¬
setzt. Der Urlaub soll und muß eine Belohnung durch den Kompagniechef für
gute Ausbildung, gute Haltung und gutes Betragen sein. Ein in der Ausbildung,
im Schießen usw. zurückgebliebner Mann oder ein solcher, dessen Betragen Anlaß
zu ernstem Tadel gibt, kann und darf nicht Anspruch auf Urlaub haben. Im
Interesse der Armee und der Disziplin muß eine solche Resolution also besser
unterbleiben. Dagegen ist es angezeigt, wenn der Reichstag den Wunsch ausspricht,
daß die zur Belohnung beurlaubten Soldaten freie Fahrt in der dritten Wagen¬
klasse, auch unter Benutzung der Schnellzuge, auf allen deutschen Bahnen haben
sollen. Das wäre eine Maßnahme im Interesse der sozialen Gerechtigkeit, weil
sich sonst mancher arme Mann trotz guter Ausbildung vom Urlaub ausgeschlossen
sähe, der nicht die Mittel hat, von Berlin nach Memel oder ins Elsaß zu fahren.
Die Freisinnige Partei hat einen solchen Antrag eingebracht, und man wird, wenn
auch in andrer Fassung, dem nur zustimmen können. Sein Inhalt wird von hohen
Militärs durchaus gebilligt. Wir würden sogar noch einen Schritt weiter gehn
und vorschlagen, daß den zur Belohnung beurlaubten Soldaten die Löhnung für
die Urlaubstage nicht abgezogen werden soll. Dieser Abzug schreibt sich
noch aus der Zeit her, wo die Obersten ihre Regimenter oder die Hauptleute
ihre Kompagnien bezahlen mußten. Auch der auf vierzehn Tage beurlaubte Soldat
bleibt Soldat und bleibt unter militärischem Zwange, wie er ja auch die Uniform
trägt. Auch bei freier Eisenbahnfahrt ist die Urlaubsreise in die Heimat mit
Kosten verknüpft; wie oft hat nicht schon der Hauptmann in den Beutel gegriffen,
um tüchtigen, aber armen Soldaten die Reise zu ermögliche". Nicht selten werden


Maßgebliches und Unmaßgebliches

der König von Preußen, eine Anzahl Berliner Künstler um sich berufen hatte, war
ebenfalls eine rein preußische, die Vollendung der Berliner Siegesallee, Es wäre
also korrekt gewesen, für jene Rede den preußischen Kultusminister verantwortlich
zu machen, und das um so mehr, als ja auch der Berliner Akademiedirektor Anton
von Werner, der Hauptschuldige in der Affüre der deutschen Kunstbeteiliguug in
Se. Louis, ebenfalls ein Nachgeordneter Beamter des preußischen Kultusministers
ist. Da Herr von Werner seine Sache vor dem Reichstage nicht selbst führen
kann, so hätte er durch seinen vorgesetzten Minister dort gedeckt werden müssen.
Das war weder des Reichskanzlers noch seines Vertreters Aufgabe. Wenn immerhin
die Ausstellung vom Neichsamt des Innern ressortiert, so sind doch weder der
Reichskanzler noch Graf Posadowsky Autoritäten auf dem Gebiete der Kunstkritik,
haben sich das auch nie angemaßt. Hier steht die Verantwortlichkeit bei dem
preußische,? Kultusminister. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird deshalb eine zweite
Aufführung des Stückes im Preußischen Abgeordnetenhause stattfinden. Daß den
Einzelstaaten und ihren Höfen ein Preiser aus den Reihen der Fortschrittspartei
sÜÄ8 Freisinnigen Partei entstehn würde, wie jetzt in der Person des Abgeordneten
Dove, hätte im Jahre 1866 niemand für möglich gehalten. I'smxora. mutantur
se nos mutÄMnr in illis!

Was die verlangte Beteiligung des Reichskanzlers an der „Knnstdebatte"
betrifft, so genügt es, die Frage aufzuwerfen, ob wohl jemand an den Fürsten
Bismarck eine solche Zumutung gestellt haben würde, und wenn ja, welche Ant¬
wort er Wohl erhalten hätte. Graf Bülow hat, das wird jeder ruhige Beobachter
zugeben müssen, den einzig richtigen Standpunkt eingenommen, daß es nicht das
Amt des deutschen Reichskanzlers sei, in Kunstfragen oder sonstigen ästhetischen
Fragen den Kritiker oder den Schiedsrichter zu spielen.

Wie schon im vorigen Hefte hervorgehoben worden ist, werden bei oder nach
der Beratung des Militäretats Resolutionen über die Beurlaubung der Mann¬
schaften eine Rolle spielen. Wir haben betont, daß der Urlaub niemals Gegen¬
stand einer Parlamentsresolution sein kann. Das ist Kommando- und Dienstsache
und muß es bleiben, solange die Armee sich nicht in eine Schützengilde oder
Bürgerwehr verwandeln soll, die ihre Urlaubsbedürfnisse in ihren Statuten fest¬
setzt. Der Urlaub soll und muß eine Belohnung durch den Kompagniechef für
gute Ausbildung, gute Haltung und gutes Betragen sein. Ein in der Ausbildung,
im Schießen usw. zurückgebliebner Mann oder ein solcher, dessen Betragen Anlaß
zu ernstem Tadel gibt, kann und darf nicht Anspruch auf Urlaub haben. Im
Interesse der Armee und der Disziplin muß eine solche Resolution also besser
unterbleiben. Dagegen ist es angezeigt, wenn der Reichstag den Wunsch ausspricht,
daß die zur Belohnung beurlaubten Soldaten freie Fahrt in der dritten Wagen¬
klasse, auch unter Benutzung der Schnellzuge, auf allen deutschen Bahnen haben
sollen. Das wäre eine Maßnahme im Interesse der sozialen Gerechtigkeit, weil
sich sonst mancher arme Mann trotz guter Ausbildung vom Urlaub ausgeschlossen
sähe, der nicht die Mittel hat, von Berlin nach Memel oder ins Elsaß zu fahren.
Die Freisinnige Partei hat einen solchen Antrag eingebracht, und man wird, wenn
auch in andrer Fassung, dem nur zustimmen können. Sein Inhalt wird von hohen
Militärs durchaus gebilligt. Wir würden sogar noch einen Schritt weiter gehn
und vorschlagen, daß den zur Belohnung beurlaubten Soldaten die Löhnung für
die Urlaubstage nicht abgezogen werden soll. Dieser Abzug schreibt sich
noch aus der Zeit her, wo die Obersten ihre Regimenter oder die Hauptleute
ihre Kompagnien bezahlen mußten. Auch der auf vierzehn Tage beurlaubte Soldat
bleibt Soldat und bleibt unter militärischem Zwange, wie er ja auch die Uniform
trägt. Auch bei freier Eisenbahnfahrt ist die Urlaubsreise in die Heimat mit
Kosten verknüpft; wie oft hat nicht schon der Hauptmann in den Beutel gegriffen,
um tüchtigen, aber armen Soldaten die Reise zu ermögliche«. Nicht selten werden


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[0498] Maßgebliches und Unmaßgebliches der König von Preußen, eine Anzahl Berliner Künstler um sich berufen hatte, war ebenfalls eine rein preußische, die Vollendung der Berliner Siegesallee, Es wäre also korrekt gewesen, für jene Rede den preußischen Kultusminister verantwortlich zu machen, und das um so mehr, als ja auch der Berliner Akademiedirektor Anton von Werner, der Hauptschuldige in der Affüre der deutschen Kunstbeteiliguug in Se. Louis, ebenfalls ein Nachgeordneter Beamter des preußischen Kultusministers ist. Da Herr von Werner seine Sache vor dem Reichstage nicht selbst führen kann, so hätte er durch seinen vorgesetzten Minister dort gedeckt werden müssen. Das war weder des Reichskanzlers noch seines Vertreters Aufgabe. Wenn immerhin die Ausstellung vom Neichsamt des Innern ressortiert, so sind doch weder der Reichskanzler noch Graf Posadowsky Autoritäten auf dem Gebiete der Kunstkritik, haben sich das auch nie angemaßt. Hier steht die Verantwortlichkeit bei dem preußische,? Kultusminister. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird deshalb eine zweite Aufführung des Stückes im Preußischen Abgeordnetenhause stattfinden. Daß den Einzelstaaten und ihren Höfen ein Preiser aus den Reihen der Fortschrittspartei sÜÄ8 Freisinnigen Partei entstehn würde, wie jetzt in der Person des Abgeordneten Dove, hätte im Jahre 1866 niemand für möglich gehalten. I'smxora. mutantur se nos mutÄMnr in illis! Was die verlangte Beteiligung des Reichskanzlers an der „Knnstdebatte" betrifft, so genügt es, die Frage aufzuwerfen, ob wohl jemand an den Fürsten Bismarck eine solche Zumutung gestellt haben würde, und wenn ja, welche Ant¬ wort er Wohl erhalten hätte. Graf Bülow hat, das wird jeder ruhige Beobachter zugeben müssen, den einzig richtigen Standpunkt eingenommen, daß es nicht das Amt des deutschen Reichskanzlers sei, in Kunstfragen oder sonstigen ästhetischen Fragen den Kritiker oder den Schiedsrichter zu spielen. Wie schon im vorigen Hefte hervorgehoben worden ist, werden bei oder nach der Beratung des Militäretats Resolutionen über die Beurlaubung der Mann¬ schaften eine Rolle spielen. Wir haben betont, daß der Urlaub niemals Gegen¬ stand einer Parlamentsresolution sein kann. Das ist Kommando- und Dienstsache und muß es bleiben, solange die Armee sich nicht in eine Schützengilde oder Bürgerwehr verwandeln soll, die ihre Urlaubsbedürfnisse in ihren Statuten fest¬ setzt. Der Urlaub soll und muß eine Belohnung durch den Kompagniechef für gute Ausbildung, gute Haltung und gutes Betragen sein. Ein in der Ausbildung, im Schießen usw. zurückgebliebner Mann oder ein solcher, dessen Betragen Anlaß zu ernstem Tadel gibt, kann und darf nicht Anspruch auf Urlaub haben. Im Interesse der Armee und der Disziplin muß eine solche Resolution also besser unterbleiben. Dagegen ist es angezeigt, wenn der Reichstag den Wunsch ausspricht, daß die zur Belohnung beurlaubten Soldaten freie Fahrt in der dritten Wagen¬ klasse, auch unter Benutzung der Schnellzuge, auf allen deutschen Bahnen haben sollen. Das wäre eine Maßnahme im Interesse der sozialen Gerechtigkeit, weil sich sonst mancher arme Mann trotz guter Ausbildung vom Urlaub ausgeschlossen sähe, der nicht die Mittel hat, von Berlin nach Memel oder ins Elsaß zu fahren. Die Freisinnige Partei hat einen solchen Antrag eingebracht, und man wird, wenn auch in andrer Fassung, dem nur zustimmen können. Sein Inhalt wird von hohen Militärs durchaus gebilligt. Wir würden sogar noch einen Schritt weiter gehn und vorschlagen, daß den zur Belohnung beurlaubten Soldaten die Löhnung für die Urlaubstage nicht abgezogen werden soll. Dieser Abzug schreibt sich noch aus der Zeit her, wo die Obersten ihre Regimenter oder die Hauptleute ihre Kompagnien bezahlen mußten. Auch der auf vierzehn Tage beurlaubte Soldat bleibt Soldat und bleibt unter militärischem Zwange, wie er ja auch die Uniform trägt. Auch bei freier Eisenbahnfahrt ist die Urlaubsreise in die Heimat mit Kosten verknüpft; wie oft hat nicht schon der Hauptmann in den Beutel gegriffen, um tüchtigen, aber armen Soldaten die Reise zu ermögliche«. Nicht selten werden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/498>, abgerufen am 17.06.2024.