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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Die Ulabunkerstraße

Geld, nich? Und das muß mich der alt Fuchsins, was mein Schwager war, ab¬
schnallen, daß ich es mit in den Hof steck. Nu is er tot, hat beinah bankrott ge¬
macht, und was mein Schwester is, die kann die Zinsens nich bezahlen. Und 'n
Sohn hat sie, der sie noch jeden Groschen wegnimmt. Waihu Welt, Frau Ba¬
ronin. Abersten ich hab ja noch mein Auskommen, und ich drang Ihnen nich.

Das weiß ich, Herr Schlüter! Geduldig hatte Elisabeth dem alten Manne
zugehört. Jeden Tag fast erzählte er seine Geschichte, aber sie wußte, daß es ihm
gut tat, sich auszusprechen. -- Sie haben mich nicht gemahnt, aber ich möchte
meine Schulden bezahlen. Bei Herrn Müller verdiene ich ganz viel Geld.

Bei den langweiligen Herrn Müller. Schlüter steckte bedächtig das Geld ein.
Das is schwer verdient, Frau Baronin, bei son alten Kerl. Sagt nie und nimmer
ein freundlich Wort; ich kenn ihm. Früher hab ich ihn die Milch gebracht; mit
einmal hat er gesagt, sie wär nich gut. Was mich noch nie ein Mensch gesagt
hat. Nu sind wir, auseinander.

Weshalb nennen Sie ihn eigentlich alle den langweiligen Müller? fragte
Elisabeth.

Warum? Schlüter nahm seine verschlossene Milchkanne aus der einen Hand
in die andre. Ich weiß nich, Frau Baronin. Wir nennen ihn alle lange so. Wie
er aus Schirm wiederkam und ganz anders war als sonst. Früher war er ein
netten Kerl, fuhr auf See, und wenn er hier einkuckte, war er vernünftig. Abers
wie er aus Schina wiederkam, war er langweilig geworden, und sie nannten ihm
so. Abersten ich muß weiter, und auch vielen Dank, Fran Baronin. Und nu hab
ich Geld forn fnrchbar lange Zeit gekriegt.

Flink lief der alte Manu die Treppen hinunter, Elisabeth horchte auf seine
Verhallenden Schritte und das Klirren seiner Milchkarren. Nun ging er noch bis
acht Uhr Abends von Haus zu Haus und stieg eine Treppe nach der andern.
Morgen früh um fünf stand er schon mit seinem Tiras am Hafen und nahm die
Milch in Empfang, die von den Elbinseln kam. Und in seinem kleinen Milchkeller,
wo er mit seiner gichtischen Frau wohnte, blitzte und blinkte alles vor Sauberkeit.
Wenn er nicht Milch austrug, scheuerte er. Und dabei hatte er keine Aussicht,
dieses Leben aufgeben zu können; seine Ersparnisse waren verloren gegangen.

Die Sonne stand noch immer am Himmel, und im Hause brütete die Hitze.
Auf den Treppen saßen die spielende" Kinder, ans den Wohnungen kam Essens¬
und Petroleumgeruch. Vou Zeit zu Zeit erklang auch wohl die zankende Stimme
einer Frau und die grobe eines Mannes. Die Ehepaare hier in der Paulinen-
terrasse lebten nicht alle im Frieden. Manche stritten sich, sobald sie sich sahen,
und neulich war eine Frau ihrem Manne weggelaufen. Elisabeth wußte die Ge¬
schichte von Madame Hciuemann, die regen Anteil an allen Ereignissen der
Klnbnnkerstraße und der Paulinenterrasse nahm. Früher hatte Elisabeth nichts von
solchen Dingen geahnte

Sie trat in ihr eignes Zimmerchen zurück. Hier saßen ihre zwei kleinen
Mädchen friedfertig auf dem Fußboden, und Jetta redete laut und eifrig auf
Irmgard ein: Gefällt Ihnen diese Mütze nicht, Frcinlein? Sie steht Ihnen sonst
so gut. Vielleicht auch noch eine Schürze gefällig, Fräulein? Ich habe sie ganz
großartig. Heute nicht mehr, Fräulein? Adje, Fräulein, beehren Sie mich bald
wieder! --

Wir spielen Madame Heinemann und ein Dienstmädchen! sagte sie, sich zu
der eintretenden Mutter wendend. Mulli, Tante Heiuemann sagt, ich habe Tileur.
Darf ich nicht Ladenmädchen werden?

Elisabeth nahm ihr Kind in die Arme.

Nun wollen wir zu Bette gehn, mein Herzchen, und morgen weiter spielen.
Sie warf einen hilfesuchenden Blick auf die Photographie ihres Mannes, dessen
Augen, des schützenden Glases beraubt, einen noch sorglosen Ausdruck hatten.
Wann kam er, ihr zu helfen?


Die Ulabunkerstraße

Geld, nich? Und das muß mich der alt Fuchsins, was mein Schwager war, ab¬
schnallen, daß ich es mit in den Hof steck. Nu is er tot, hat beinah bankrott ge¬
macht, und was mein Schwester is, die kann die Zinsens nich bezahlen. Und 'n
Sohn hat sie, der sie noch jeden Groschen wegnimmt. Waihu Welt, Frau Ba¬
ronin. Abersten ich hab ja noch mein Auskommen, und ich drang Ihnen nich.

Das weiß ich, Herr Schlüter! Geduldig hatte Elisabeth dem alten Manne
zugehört. Jeden Tag fast erzählte er seine Geschichte, aber sie wußte, daß es ihm
gut tat, sich auszusprechen. — Sie haben mich nicht gemahnt, aber ich möchte
meine Schulden bezahlen. Bei Herrn Müller verdiene ich ganz viel Geld.

Bei den langweiligen Herrn Müller. Schlüter steckte bedächtig das Geld ein.
Das is schwer verdient, Frau Baronin, bei son alten Kerl. Sagt nie und nimmer
ein freundlich Wort; ich kenn ihm. Früher hab ich ihn die Milch gebracht; mit
einmal hat er gesagt, sie wär nich gut. Was mich noch nie ein Mensch gesagt
hat. Nu sind wir, auseinander.

Weshalb nennen Sie ihn eigentlich alle den langweiligen Müller? fragte
Elisabeth.

Warum? Schlüter nahm seine verschlossene Milchkanne aus der einen Hand
in die andre. Ich weiß nich, Frau Baronin. Wir nennen ihn alle lange so. Wie
er aus Schirm wiederkam und ganz anders war als sonst. Früher war er ein
netten Kerl, fuhr auf See, und wenn er hier einkuckte, war er vernünftig. Abers
wie er aus Schina wiederkam, war er langweilig geworden, und sie nannten ihm
so. Abersten ich muß weiter, und auch vielen Dank, Fran Baronin. Und nu hab
ich Geld forn fnrchbar lange Zeit gekriegt.

Flink lief der alte Manu die Treppen hinunter, Elisabeth horchte auf seine
Verhallenden Schritte und das Klirren seiner Milchkarren. Nun ging er noch bis
acht Uhr Abends von Haus zu Haus und stieg eine Treppe nach der andern.
Morgen früh um fünf stand er schon mit seinem Tiras am Hafen und nahm die
Milch in Empfang, die von den Elbinseln kam. Und in seinem kleinen Milchkeller,
wo er mit seiner gichtischen Frau wohnte, blitzte und blinkte alles vor Sauberkeit.
Wenn er nicht Milch austrug, scheuerte er. Und dabei hatte er keine Aussicht,
dieses Leben aufgeben zu können; seine Ersparnisse waren verloren gegangen.

Die Sonne stand noch immer am Himmel, und im Hause brütete die Hitze.
Auf den Treppen saßen die spielende» Kinder, ans den Wohnungen kam Essens¬
und Petroleumgeruch. Vou Zeit zu Zeit erklang auch wohl die zankende Stimme
einer Frau und die grobe eines Mannes. Die Ehepaare hier in der Paulinen-
terrasse lebten nicht alle im Frieden. Manche stritten sich, sobald sie sich sahen,
und neulich war eine Frau ihrem Manne weggelaufen. Elisabeth wußte die Ge¬
schichte von Madame Hciuemann, die regen Anteil an allen Ereignissen der
Klnbnnkerstraße und der Paulinenterrasse nahm. Früher hatte Elisabeth nichts von
solchen Dingen geahnte

Sie trat in ihr eignes Zimmerchen zurück. Hier saßen ihre zwei kleinen
Mädchen friedfertig auf dem Fußboden, und Jetta redete laut und eifrig auf
Irmgard ein: Gefällt Ihnen diese Mütze nicht, Frcinlein? Sie steht Ihnen sonst
so gut. Vielleicht auch noch eine Schürze gefällig, Fräulein? Ich habe sie ganz
großartig. Heute nicht mehr, Fräulein? Adje, Fräulein, beehren Sie mich bald
wieder! —

Wir spielen Madame Heinemann und ein Dienstmädchen! sagte sie, sich zu
der eintretenden Mutter wendend. Mulli, Tante Heiuemann sagt, ich habe Tileur.
Darf ich nicht Ladenmädchen werden?

Elisabeth nahm ihr Kind in die Arme.

Nun wollen wir zu Bette gehn, mein Herzchen, und morgen weiter spielen.
Sie warf einen hilfesuchenden Blick auf die Photographie ihres Mannes, dessen
Augen, des schützenden Glases beraubt, einen noch sorglosen Ausdruck hatten.
Wann kam er, ihr zu helfen?


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[0059] Die Ulabunkerstraße Geld, nich? Und das muß mich der alt Fuchsins, was mein Schwager war, ab¬ schnallen, daß ich es mit in den Hof steck. Nu is er tot, hat beinah bankrott ge¬ macht, und was mein Schwester is, die kann die Zinsens nich bezahlen. Und 'n Sohn hat sie, der sie noch jeden Groschen wegnimmt. Waihu Welt, Frau Ba¬ ronin. Abersten ich hab ja noch mein Auskommen, und ich drang Ihnen nich. Das weiß ich, Herr Schlüter! Geduldig hatte Elisabeth dem alten Manne zugehört. Jeden Tag fast erzählte er seine Geschichte, aber sie wußte, daß es ihm gut tat, sich auszusprechen. — Sie haben mich nicht gemahnt, aber ich möchte meine Schulden bezahlen. Bei Herrn Müller verdiene ich ganz viel Geld. Bei den langweiligen Herrn Müller. Schlüter steckte bedächtig das Geld ein. Das is schwer verdient, Frau Baronin, bei son alten Kerl. Sagt nie und nimmer ein freundlich Wort; ich kenn ihm. Früher hab ich ihn die Milch gebracht; mit einmal hat er gesagt, sie wär nich gut. Was mich noch nie ein Mensch gesagt hat. Nu sind wir, auseinander. Weshalb nennen Sie ihn eigentlich alle den langweiligen Müller? fragte Elisabeth. Warum? Schlüter nahm seine verschlossene Milchkanne aus der einen Hand in die andre. Ich weiß nich, Frau Baronin. Wir nennen ihn alle lange so. Wie er aus Schirm wiederkam und ganz anders war als sonst. Früher war er ein netten Kerl, fuhr auf See, und wenn er hier einkuckte, war er vernünftig. Abers wie er aus Schina wiederkam, war er langweilig geworden, und sie nannten ihm so. Abersten ich muß weiter, und auch vielen Dank, Fran Baronin. Und nu hab ich Geld forn fnrchbar lange Zeit gekriegt. Flink lief der alte Manu die Treppen hinunter, Elisabeth horchte auf seine Verhallenden Schritte und das Klirren seiner Milchkarren. Nun ging er noch bis acht Uhr Abends von Haus zu Haus und stieg eine Treppe nach der andern. Morgen früh um fünf stand er schon mit seinem Tiras am Hafen und nahm die Milch in Empfang, die von den Elbinseln kam. Und in seinem kleinen Milchkeller, wo er mit seiner gichtischen Frau wohnte, blitzte und blinkte alles vor Sauberkeit. Wenn er nicht Milch austrug, scheuerte er. Und dabei hatte er keine Aussicht, dieses Leben aufgeben zu können; seine Ersparnisse waren verloren gegangen. Die Sonne stand noch immer am Himmel, und im Hause brütete die Hitze. Auf den Treppen saßen die spielende» Kinder, ans den Wohnungen kam Essens¬ und Petroleumgeruch. Vou Zeit zu Zeit erklang auch wohl die zankende Stimme einer Frau und die grobe eines Mannes. Die Ehepaare hier in der Paulinen- terrasse lebten nicht alle im Frieden. Manche stritten sich, sobald sie sich sahen, und neulich war eine Frau ihrem Manne weggelaufen. Elisabeth wußte die Ge¬ schichte von Madame Hciuemann, die regen Anteil an allen Ereignissen der Klnbnnkerstraße und der Paulinenterrasse nahm. Früher hatte Elisabeth nichts von solchen Dingen geahnte Sie trat in ihr eignes Zimmerchen zurück. Hier saßen ihre zwei kleinen Mädchen friedfertig auf dem Fußboden, und Jetta redete laut und eifrig auf Irmgard ein: Gefällt Ihnen diese Mütze nicht, Frcinlein? Sie steht Ihnen sonst so gut. Vielleicht auch noch eine Schürze gefällig, Fräulein? Ich habe sie ganz großartig. Heute nicht mehr, Fräulein? Adje, Fräulein, beehren Sie mich bald wieder! — Wir spielen Madame Heinemann und ein Dienstmädchen! sagte sie, sich zu der eintretenden Mutter wendend. Mulli, Tante Heiuemann sagt, ich habe Tileur. Darf ich nicht Ladenmädchen werden? Elisabeth nahm ihr Kind in die Arme. Nun wollen wir zu Bette gehn, mein Herzchen, und morgen weiter spielen. Sie warf einen hilfesuchenden Blick auf die Photographie ihres Mannes, dessen Augen, des schützenden Glases beraubt, einen noch sorglosen Ausdruck hatten. Wann kam er, ihr zu helfen?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/59>, abgerufen am 26.05.2024.