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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Herbert Spencers System

Gehirn, wo die Störungswelle aus dem sensoriellen in den motonschen
Nervenstrang umbiegt, greift in den mechanischen Prozeß der pMMe em
durch Überlegung und einen von der Sinneswahrnehmung veranlaßten ^Mens-
mtschluß. Allerdings nicht immer, und desto seltner, je älter und wllkommner
entwickelt der Mensch ist. Das kleine Kind bedarf zu jedem Schritt, der An¬
fänger im Klavierspiel zu jeder Berührung einer Taste der Überlegung und
eines besondern Willensakts. Durch Übung, d. h. durch oftmalige Leitung
einer Störungswelle auf demselben Wege, entsteht eine dauernde Verbindung
zwischen dem Sehnerven und den Gliedmassen, eine feste Bahn, die von lever
durch irgend einen Anstoß erregten Welle ohne Hindernis und ohne seitliche
Abweichung durchlaufen wird, sodaß die Seele an der Biegungsstelle acht
mehr einzugreifen braucht: die Bewegung wird automatisch. Doch das anco
wissen die Leser längst aus deutschen Büchern.

Das wichtigste in dem Werke ist die Bestimmung des Verhältnisses von
Leib und Seele, oder vielmehr, weil das Wort Seele schon em metaphysisches
Dogma voraussetzt, das Spencer ablehnt, zwischen den materiellen und den
psychischen Erscheinungen. Wir stellen die entscheidenden Äußerungen abge ur
zusammen. Das sechste Kapitel des ersten Teils überschreib er Althophystolog..
(das sprachlich richtigere Ästhesiphysiologie ist ihm zu schwerfällig); das s
bemerkt er! noch nicht eigentliche Psychologie, aber e sei dan" doch sah^v°n den die Nerventätigkeit begleitenden Bewnßtseinserscheinungen Handel' '
Wir kommen also Saat er zu einer von der vorhergehenden durchaus ver-
schienem Seite unsers Gegen lands (des Nervensystems). Vor uns liegt eme
Klasse von Tat ache^ zwischen denen und den bisher betrachteten kemerle
Gemeinsamkeit wahrgenommen oder auch nur vorgestellt werden kann Die
Physik weiß nichts von den Grundbestandteilen dieser Tatsachen; we objektive
Beobachtung und Zergliederung muß hier durch die subjektive ersetzt werden
Wir haben von d?n Nervenphänomenen zu handeln, sofern ste Pha""
des Bewußtseins sind. Die Veränderungen, die als Zustände eines Nichtsbetrachtet und als mechanische beschrieben worden sind (napf desu exxrösssa
w tsrms ok inotivv). sollen nun als Zustände des Ich aufgefaßt und als
Empfindungen beschrieben werden (napf to dö expre^sa in wrms ok tsÄillAs).
Nachdem wir diese Veränderungen von außen betrachtet haben, sollen wir ne
nun von innen beschauen. Doch: wir sollen sie beschauen, als ob sie zu
derselben Zeit von mehreren wahrgenommen werden könnten. ^ "M genau
gesprochen; ich habe die Beziehungen zu beschreiben, die zwischen den
meinem Bewußtsein auftretenden Empfindungen und den mechanischen ^zungen
des Nervensystems, das ich aus gewissen Gründen zu haben 3^ ' ^stehn, und der Leser hat zu beobachten, ob in ihm ahnt^e BeziehWischer solchen Bewußtseinszustünden und den vorausgesetzten Nerve wffek wu"
vorkommen. Man wird das für unnötige Weitläufigkeit wo acht gar fu
Skepsis halten, aber es ist in Wirklichkeit noch lange nicht w el wchg rounÄ
awuy genug. Deal nur auf einem sehr langen Umwege ge arg n wir zu
dem Glauben, daß Nerventätigkeit und Empfindung ^einander gel^nimmt nur seine eignen Empfindungen wahr. Daß solche Empfindungen auch


Herbert Spencers System

Gehirn, wo die Störungswelle aus dem sensoriellen in den motonschen
Nervenstrang umbiegt, greift in den mechanischen Prozeß der pMMe em
durch Überlegung und einen von der Sinneswahrnehmung veranlaßten ^Mens-
mtschluß. Allerdings nicht immer, und desto seltner, je älter und wllkommner
entwickelt der Mensch ist. Das kleine Kind bedarf zu jedem Schritt, der An¬
fänger im Klavierspiel zu jeder Berührung einer Taste der Überlegung und
eines besondern Willensakts. Durch Übung, d. h. durch oftmalige Leitung
einer Störungswelle auf demselben Wege, entsteht eine dauernde Verbindung
zwischen dem Sehnerven und den Gliedmassen, eine feste Bahn, die von lever
durch irgend einen Anstoß erregten Welle ohne Hindernis und ohne seitliche
Abweichung durchlaufen wird, sodaß die Seele an der Biegungsstelle acht
mehr einzugreifen braucht: die Bewegung wird automatisch. Doch das anco
wissen die Leser längst aus deutschen Büchern.

Das wichtigste in dem Werke ist die Bestimmung des Verhältnisses von
Leib und Seele, oder vielmehr, weil das Wort Seele schon em metaphysisches
Dogma voraussetzt, das Spencer ablehnt, zwischen den materiellen und den
psychischen Erscheinungen. Wir stellen die entscheidenden Äußerungen abge ur
zusammen. Das sechste Kapitel des ersten Teils überschreib er Althophystolog..
(das sprachlich richtigere Ästhesiphysiologie ist ihm zu schwerfällig); das s
bemerkt er! noch nicht eigentliche Psychologie, aber e sei dan" doch sah^v°n den die Nerventätigkeit begleitenden Bewnßtseinserscheinungen Handel' '
Wir kommen also Saat er zu einer von der vorhergehenden durchaus ver-
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Gemeinsamkeit wahrgenommen oder auch nur vorgestellt werden kann Die
Physik weiß nichts von den Grundbestandteilen dieser Tatsachen; we objektive
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Empfindungen beschrieben werden (napf to dö expre^sa in wrms ok tsÄillAs).
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nun von innen beschauen. Doch: wir sollen sie beschauen, als ob sie zu
derselben Zeit von mehreren wahrgenommen werden könnten. ^ "M genau
gesprochen; ich habe die Beziehungen zu beschreiben, die zwischen den
meinem Bewußtsein auftretenden Empfindungen und den mechanischen ^zungen
des Nervensystems, das ich aus gewissen Gründen zu haben 3^ ' ^stehn, und der Leser hat zu beobachten, ob in ihm ahnt^e BeziehWischer solchen Bewußtseinszustünden und den vorausgesetzten Nerve wffek wu«
vorkommen. Man wird das für unnötige Weitläufigkeit wo acht gar fu
Skepsis halten, aber es ist in Wirklichkeit noch lange nicht w el wchg rounÄ
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[0645] Herbert Spencers System Gehirn, wo die Störungswelle aus dem sensoriellen in den motonschen Nervenstrang umbiegt, greift in den mechanischen Prozeß der pMMe em durch Überlegung und einen von der Sinneswahrnehmung veranlaßten ^Mens- mtschluß. Allerdings nicht immer, und desto seltner, je älter und wllkommner entwickelt der Mensch ist. Das kleine Kind bedarf zu jedem Schritt, der An¬ fänger im Klavierspiel zu jeder Berührung einer Taste der Überlegung und eines besondern Willensakts. Durch Übung, d. h. durch oftmalige Leitung einer Störungswelle auf demselben Wege, entsteht eine dauernde Verbindung zwischen dem Sehnerven und den Gliedmassen, eine feste Bahn, die von lever durch irgend einen Anstoß erregten Welle ohne Hindernis und ohne seitliche Abweichung durchlaufen wird, sodaß die Seele an der Biegungsstelle acht mehr einzugreifen braucht: die Bewegung wird automatisch. Doch das anco wissen die Leser längst aus deutschen Büchern. Das wichtigste in dem Werke ist die Bestimmung des Verhältnisses von Leib und Seele, oder vielmehr, weil das Wort Seele schon em metaphysisches Dogma voraussetzt, das Spencer ablehnt, zwischen den materiellen und den psychischen Erscheinungen. Wir stellen die entscheidenden Äußerungen abge ur zusammen. Das sechste Kapitel des ersten Teils überschreib er Althophystolog.. (das sprachlich richtigere Ästhesiphysiologie ist ihm zu schwerfällig); das s bemerkt er! noch nicht eigentliche Psychologie, aber e sei dan" doch sah^v°n den die Nerventätigkeit begleitenden Bewnßtseinserscheinungen Handel' ' Wir kommen also Saat er zu einer von der vorhergehenden durchaus ver- schienem Seite unsers Gegen lands (des Nervensystems). Vor uns liegt eme Klasse von Tat ache^ zwischen denen und den bisher betrachteten kemerle Gemeinsamkeit wahrgenommen oder auch nur vorgestellt werden kann Die Physik weiß nichts von den Grundbestandteilen dieser Tatsachen; we objektive Beobachtung und Zergliederung muß hier durch die subjektive ersetzt werden Wir haben von d?n Nervenphänomenen zu handeln, sofern ste Pha»» des Bewußtseins sind. Die Veränderungen, die als Zustände eines Nichtsbetrachtet und als mechanische beschrieben worden sind (napf desu exxrösssa w tsrms ok inotivv). sollen nun als Zustände des Ich aufgefaßt und als Empfindungen beschrieben werden (napf to dö expre^sa in wrms ok tsÄillAs). Nachdem wir diese Veränderungen von außen betrachtet haben, sollen wir ne nun von innen beschauen. Doch: wir sollen sie beschauen, als ob sie zu derselben Zeit von mehreren wahrgenommen werden könnten. ^ "M genau gesprochen; ich habe die Beziehungen zu beschreiben, die zwischen den meinem Bewußtsein auftretenden Empfindungen und den mechanischen ^zungen des Nervensystems, das ich aus gewissen Gründen zu haben 3^ ' ^stehn, und der Leser hat zu beobachten, ob in ihm ahnt^e BeziehWischer solchen Bewußtseinszustünden und den vorausgesetzten Nerve wffek wu« vorkommen. Man wird das für unnötige Weitläufigkeit wo acht gar fu Skepsis halten, aber es ist in Wirklichkeit noch lange nicht w el wchg rounÄ awuy genug. Deal nur auf einem sehr langen Umwege ge arg n wir zu dem Glauben, daß Nerventätigkeit und Empfindung ^einander gel^nimmt nur seine eignen Empfindungen wahr. Daß solche Empfindungen auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/645>, abgerufen am 26.05.2024.