Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Die Gehalte der Universitätsprofessoren.

Ein Berliner Professor hat
einmal die Bemerkung gemacht: "Zu den Dingen, die sich auch in unsrer Zeit
schrankenloser Öffentlichkeit noch der vollständigsten und ausdauerndsten Unbekannt-
heit erfreuen, gehören u. a. auch die innern Zustände unsrer Universitäten." An
diese Worte wird man erinnert, wenn man sieht, wie in der Presse über die Ein-
kvmmensverhältnisse der Universitätsprofessoren geredet, und es fast ausnahmslos
für eine Schädigung der Interessen der betreffenden Universität erklärt wird, wenn
ein Professor einem Rufe folgt, ohne daß die Unterrtchtsverwciltung Opfer gebracht
hätte, um ihn zurückzuhalten. Es müßte sich aber doch jeder verständig Urteilende
sagen, daß es durchaus nicht empfehlenswert erscheint, in Bernfungsfällen, die nicht
von besondrer Art sind, jedesmal oder auch nur in der Regel ein Aufbietungs¬
verfahren zu veranlassen und auf diese Weise eine ungemessene Steigerung der
Professorenbesoldungen herbeizuführen. Das liegt weder im Interesse des Staats
noch in dem der Universitäten, die allen Grund haben, sich vor dem wachsenden
"Mammonismus," vor dem Paulsen mit Recht gewarnt hat, zu hüten.

Deshalb ist es für die Unterrichtsverwaltungen nötig, in jedem Berufungsfalle
zu prüfen, ob und wie weit sie ihrerseits mit einem Angebot vorgehn sollen. Denn
in ihren Augen ist nicht jeder Professor in dem Maße unersetzlich, wie er selbst
es vielleicht glaubt, oder wie es von seinen Anhängern versichert wird. Diese
Prüfung wird auch in Zukunft nicht selten dazu führen, daß dem Berufnen ruhig
die Wahl gelassen, die Entscheidung ohne jedes weitere Angebot in seine Hand
gelegt wird. Wenn aber in diesem Zusammenhange, was insbesondre Preußen be¬
trifft, auf das dort bestehende "Fiskalsystem des Honorarabzngs" und dessen ver¬
meintliche Nachteile aufmerksam gemacht wird, so beweist dies nur, daß die Herren
Kritiker die Bedeutung und Wirkungen dieses "Systems" nicht kennen. In Wahr¬
heit liegen die Dinge so, daß die preußische Unterrichtsverwaltung trotz desselben
imstande ist, es in deu Berufungsfällen, wo es angebracht erscheint, mit jeder
Konkurrenz außerpreußischer Universitäten aufzunehmen. Und so ist es denn auch
eine feststehende Tatsache, daß eine für wünschenswert erachtete Zurückhaltung eines
nach auswärts berufnen preußische" oder umgekehrt die Berufung eines außer-
preußischeu Professors nach Preußen ans finanziellen Rücksichten noch niemals ge¬
scheitert ist.


Ernst von der Brügger.

In dem am 19. Dezember vorigen Jahres zu
Riga verstorbnen Ernst von der Brügger betrauern die Grenzboten eine" ihrer
ausgezeichnetsten Mitarbeiter. Am 10. November 1840 zu Laidsen bei Talfer in
Kurland geboren, hat der Verewigte in Dorpat die Rechtswissenschaft studiert,
dann auf Auslandsreisen seine Ausbildung vollendet und 1867 eine Anstellung
bei der livländischen Gouvernementsregierung gefunden. Im Jahre 1871 übernahm
er die Leitung der Baltischen Monatsschrift und 1876 die der Nattoncilzeitung in
Berlin. Die wirtschaftliche Lage des Gutes Degaizen im Gouvernement Kowno,
das er 1869 erworben hatte, nötigte ihn, schon nach drei Jahren nach Rußland
zurückzukehren. Da sich jedoch das Besitztum trotz aller Anstrengungen nicht halten
ließ, siedelte er ganz nach Deutschland über und wurde 1882 in das Preßbureau
des Auswärtigen Amtes des Deutschen Reichs berufen. Unter den Männern, denen
er in dieser Stellung näher trat, sind besonders Graf Herbert Bismarck und der
gegenwärtige Statthalter von Elsaß-Lothringen, Fürst Hohenlohe, zu nennen. Um¬
fassendes historisches Wissen, die genaue, nicht bloß aus Büchern sondern auch aus
lebendiger Anschauung gewonnene Kenntnis von Land und Leuten in den wichtigsten
Staaten Europas, besonders die in der Praxis des Gutsbesitzers erworbne tiefe
Einsicht in die wirtschaftliche Lage Rußlands, dazu ein durch Philosophie geschärfter
Blick in die Ferne, verbunden mit einem gefunden Sinn für die nahe Wirklichkeit
befähigten ihn zum politischen Publizisten ersten Ranges, um so mehr, als ein edler
Charakter und feines sittliches Empfinden nicht allein seinen Stil adeln, sondern


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Die Gehalte der Universitätsprofessoren.

Ein Berliner Professor hat
einmal die Bemerkung gemacht: „Zu den Dingen, die sich auch in unsrer Zeit
schrankenloser Öffentlichkeit noch der vollständigsten und ausdauerndsten Unbekannt-
heit erfreuen, gehören u. a. auch die innern Zustände unsrer Universitäten." An
diese Worte wird man erinnert, wenn man sieht, wie in der Presse über die Ein-
kvmmensverhältnisse der Universitätsprofessoren geredet, und es fast ausnahmslos
für eine Schädigung der Interessen der betreffenden Universität erklärt wird, wenn
ein Professor einem Rufe folgt, ohne daß die Unterrtchtsverwciltung Opfer gebracht
hätte, um ihn zurückzuhalten. Es müßte sich aber doch jeder verständig Urteilende
sagen, daß es durchaus nicht empfehlenswert erscheint, in Bernfungsfällen, die nicht
von besondrer Art sind, jedesmal oder auch nur in der Regel ein Aufbietungs¬
verfahren zu veranlassen und auf diese Weise eine ungemessene Steigerung der
Professorenbesoldungen herbeizuführen. Das liegt weder im Interesse des Staats
noch in dem der Universitäten, die allen Grund haben, sich vor dem wachsenden
„Mammonismus," vor dem Paulsen mit Recht gewarnt hat, zu hüten.

Deshalb ist es für die Unterrichtsverwaltungen nötig, in jedem Berufungsfalle
zu prüfen, ob und wie weit sie ihrerseits mit einem Angebot vorgehn sollen. Denn
in ihren Augen ist nicht jeder Professor in dem Maße unersetzlich, wie er selbst
es vielleicht glaubt, oder wie es von seinen Anhängern versichert wird. Diese
Prüfung wird auch in Zukunft nicht selten dazu führen, daß dem Berufnen ruhig
die Wahl gelassen, die Entscheidung ohne jedes weitere Angebot in seine Hand
gelegt wird. Wenn aber in diesem Zusammenhange, was insbesondre Preußen be¬
trifft, auf das dort bestehende „Fiskalsystem des Honorarabzngs" und dessen ver¬
meintliche Nachteile aufmerksam gemacht wird, so beweist dies nur, daß die Herren
Kritiker die Bedeutung und Wirkungen dieses „Systems" nicht kennen. In Wahr¬
heit liegen die Dinge so, daß die preußische Unterrichtsverwaltung trotz desselben
imstande ist, es in deu Berufungsfällen, wo es angebracht erscheint, mit jeder
Konkurrenz außerpreußischer Universitäten aufzunehmen. Und so ist es denn auch
eine feststehende Tatsache, daß eine für wünschenswert erachtete Zurückhaltung eines
nach auswärts berufnen preußische» oder umgekehrt die Berufung eines außer-
preußischeu Professors nach Preußen ans finanziellen Rücksichten noch niemals ge¬
scheitert ist.


Ernst von der Brügger.

In dem am 19. Dezember vorigen Jahres zu
Riga verstorbnen Ernst von der Brügger betrauern die Grenzboten eine» ihrer
ausgezeichnetsten Mitarbeiter. Am 10. November 1840 zu Laidsen bei Talfer in
Kurland geboren, hat der Verewigte in Dorpat die Rechtswissenschaft studiert,
dann auf Auslandsreisen seine Ausbildung vollendet und 1867 eine Anstellung
bei der livländischen Gouvernementsregierung gefunden. Im Jahre 1871 übernahm
er die Leitung der Baltischen Monatsschrift und 1876 die der Nattoncilzeitung in
Berlin. Die wirtschaftliche Lage des Gutes Degaizen im Gouvernement Kowno,
das er 1869 erworben hatte, nötigte ihn, schon nach drei Jahren nach Rußland
zurückzukehren. Da sich jedoch das Besitztum trotz aller Anstrengungen nicht halten
ließ, siedelte er ganz nach Deutschland über und wurde 1882 in das Preßbureau
des Auswärtigen Amtes des Deutschen Reichs berufen. Unter den Männern, denen
er in dieser Stellung näher trat, sind besonders Graf Herbert Bismarck und der
gegenwärtige Statthalter von Elsaß-Lothringen, Fürst Hohenlohe, zu nennen. Um¬
fassendes historisches Wissen, die genaue, nicht bloß aus Büchern sondern auch aus
lebendiger Anschauung gewonnene Kenntnis von Land und Leuten in den wichtigsten
Staaten Europas, besonders die in der Praxis des Gutsbesitzers erworbne tiefe
Einsicht in die wirtschaftliche Lage Rußlands, dazu ein durch Philosophie geschärfter
Blick in die Ferne, verbunden mit einem gefunden Sinn für die nahe Wirklichkeit
befähigten ihn zum politischen Publizisten ersten Ranges, um so mehr, als ein edler
Charakter und feines sittliches Empfinden nicht allein seinen Stil adeln, sondern


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0812" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/293611"/>
              <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            </div>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Die Gehalte der Universitätsprofessoren.</head>
            <p xml:id="ID_4740"> Ein Berliner Professor hat<lb/>
einmal die Bemerkung gemacht: &#x201E;Zu den Dingen, die sich auch in unsrer Zeit<lb/>
schrankenloser Öffentlichkeit noch der vollständigsten und ausdauerndsten Unbekannt-<lb/>
heit erfreuen, gehören u. a. auch die innern Zustände unsrer Universitäten." An<lb/>
diese Worte wird man erinnert, wenn man sieht, wie in der Presse über die Ein-<lb/>
kvmmensverhältnisse der Universitätsprofessoren geredet, und es fast ausnahmslos<lb/>
für eine Schädigung der Interessen der betreffenden Universität erklärt wird, wenn<lb/>
ein Professor einem Rufe folgt, ohne daß die Unterrtchtsverwciltung Opfer gebracht<lb/>
hätte, um ihn zurückzuhalten. Es müßte sich aber doch jeder verständig Urteilende<lb/>
sagen, daß es durchaus nicht empfehlenswert erscheint, in Bernfungsfällen, die nicht<lb/>
von besondrer Art sind, jedesmal oder auch nur in der Regel ein Aufbietungs¬<lb/>
verfahren zu veranlassen und auf diese Weise eine ungemessene Steigerung der<lb/>
Professorenbesoldungen herbeizuführen. Das liegt weder im Interesse des Staats<lb/>
noch in dem der Universitäten, die allen Grund haben, sich vor dem wachsenden<lb/>
&#x201E;Mammonismus," vor dem Paulsen mit Recht gewarnt hat, zu hüten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_4741"> Deshalb ist es für die Unterrichtsverwaltungen nötig, in jedem Berufungsfalle<lb/>
zu prüfen, ob und wie weit sie ihrerseits mit einem Angebot vorgehn sollen. Denn<lb/>
in ihren Augen ist nicht jeder Professor in dem Maße unersetzlich, wie er selbst<lb/>
es vielleicht glaubt, oder wie es von seinen Anhängern versichert wird. Diese<lb/>
Prüfung wird auch in Zukunft nicht selten dazu führen, daß dem Berufnen ruhig<lb/>
die Wahl gelassen, die Entscheidung ohne jedes weitere Angebot in seine Hand<lb/>
gelegt wird. Wenn aber in diesem Zusammenhange, was insbesondre Preußen be¬<lb/>
trifft, auf das dort bestehende &#x201E;Fiskalsystem des Honorarabzngs" und dessen ver¬<lb/>
meintliche Nachteile aufmerksam gemacht wird, so beweist dies nur, daß die Herren<lb/>
Kritiker die Bedeutung und Wirkungen dieses &#x201E;Systems" nicht kennen. In Wahr¬<lb/>
heit liegen die Dinge so, daß die preußische Unterrichtsverwaltung trotz desselben<lb/>
imstande ist, es in deu Berufungsfällen, wo es angebracht erscheint, mit jeder<lb/>
Konkurrenz außerpreußischer Universitäten aufzunehmen. Und so ist es denn auch<lb/>
eine feststehende Tatsache, daß eine für wünschenswert erachtete Zurückhaltung eines<lb/>
nach auswärts berufnen preußische» oder umgekehrt die Berufung eines außer-<lb/>
preußischeu Professors nach Preußen ans finanziellen Rücksichten noch niemals ge¬<lb/>
scheitert ist.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Ernst von der Brügger.</head>
            <p xml:id="ID_4742" next="#ID_4743"> In dem am 19. Dezember vorigen Jahres zu<lb/>
Riga verstorbnen Ernst von der Brügger betrauern die Grenzboten eine» ihrer<lb/>
ausgezeichnetsten Mitarbeiter. Am 10. November 1840 zu Laidsen bei Talfer in<lb/>
Kurland geboren, hat der Verewigte in Dorpat die Rechtswissenschaft studiert,<lb/>
dann auf Auslandsreisen seine Ausbildung vollendet und 1867 eine Anstellung<lb/>
bei der livländischen Gouvernementsregierung gefunden. Im Jahre 1871 übernahm<lb/>
er die Leitung der Baltischen Monatsschrift und 1876 die der Nattoncilzeitung in<lb/>
Berlin. Die wirtschaftliche Lage des Gutes Degaizen im Gouvernement Kowno,<lb/>
das er 1869 erworben hatte, nötigte ihn, schon nach drei Jahren nach Rußland<lb/>
zurückzukehren. Da sich jedoch das Besitztum trotz aller Anstrengungen nicht halten<lb/>
ließ, siedelte er ganz nach Deutschland über und wurde 1882 in das Preßbureau<lb/>
des Auswärtigen Amtes des Deutschen Reichs berufen. Unter den Männern, denen<lb/>
er in dieser Stellung näher trat, sind besonders Graf Herbert Bismarck und der<lb/>
gegenwärtige Statthalter von Elsaß-Lothringen, Fürst Hohenlohe, zu nennen. Um¬<lb/>
fassendes historisches Wissen, die genaue, nicht bloß aus Büchern sondern auch aus<lb/>
lebendiger Anschauung gewonnene Kenntnis von Land und Leuten in den wichtigsten<lb/>
Staaten Europas, besonders die in der Praxis des Gutsbesitzers erworbne tiefe<lb/>
Einsicht in die wirtschaftliche Lage Rußlands, dazu ein durch Philosophie geschärfter<lb/>
Blick in die Ferne, verbunden mit einem gefunden Sinn für die nahe Wirklichkeit<lb/>
befähigten ihn zum politischen Publizisten ersten Ranges, um so mehr, als ein edler<lb/>
Charakter und feines sittliches Empfinden nicht allein seinen Stil adeln, sondern</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0812] Maßgebliches und Unmaßgebliches Die Gehalte der Universitätsprofessoren. Ein Berliner Professor hat einmal die Bemerkung gemacht: „Zu den Dingen, die sich auch in unsrer Zeit schrankenloser Öffentlichkeit noch der vollständigsten und ausdauerndsten Unbekannt- heit erfreuen, gehören u. a. auch die innern Zustände unsrer Universitäten." An diese Worte wird man erinnert, wenn man sieht, wie in der Presse über die Ein- kvmmensverhältnisse der Universitätsprofessoren geredet, und es fast ausnahmslos für eine Schädigung der Interessen der betreffenden Universität erklärt wird, wenn ein Professor einem Rufe folgt, ohne daß die Unterrtchtsverwciltung Opfer gebracht hätte, um ihn zurückzuhalten. Es müßte sich aber doch jeder verständig Urteilende sagen, daß es durchaus nicht empfehlenswert erscheint, in Bernfungsfällen, die nicht von besondrer Art sind, jedesmal oder auch nur in der Regel ein Aufbietungs¬ verfahren zu veranlassen und auf diese Weise eine ungemessene Steigerung der Professorenbesoldungen herbeizuführen. Das liegt weder im Interesse des Staats noch in dem der Universitäten, die allen Grund haben, sich vor dem wachsenden „Mammonismus," vor dem Paulsen mit Recht gewarnt hat, zu hüten. Deshalb ist es für die Unterrichtsverwaltungen nötig, in jedem Berufungsfalle zu prüfen, ob und wie weit sie ihrerseits mit einem Angebot vorgehn sollen. Denn in ihren Augen ist nicht jeder Professor in dem Maße unersetzlich, wie er selbst es vielleicht glaubt, oder wie es von seinen Anhängern versichert wird. Diese Prüfung wird auch in Zukunft nicht selten dazu führen, daß dem Berufnen ruhig die Wahl gelassen, die Entscheidung ohne jedes weitere Angebot in seine Hand gelegt wird. Wenn aber in diesem Zusammenhange, was insbesondre Preußen be¬ trifft, auf das dort bestehende „Fiskalsystem des Honorarabzngs" und dessen ver¬ meintliche Nachteile aufmerksam gemacht wird, so beweist dies nur, daß die Herren Kritiker die Bedeutung und Wirkungen dieses „Systems" nicht kennen. In Wahr¬ heit liegen die Dinge so, daß die preußische Unterrichtsverwaltung trotz desselben imstande ist, es in deu Berufungsfällen, wo es angebracht erscheint, mit jeder Konkurrenz außerpreußischer Universitäten aufzunehmen. Und so ist es denn auch eine feststehende Tatsache, daß eine für wünschenswert erachtete Zurückhaltung eines nach auswärts berufnen preußische» oder umgekehrt die Berufung eines außer- preußischeu Professors nach Preußen ans finanziellen Rücksichten noch niemals ge¬ scheitert ist. Ernst von der Brügger. In dem am 19. Dezember vorigen Jahres zu Riga verstorbnen Ernst von der Brügger betrauern die Grenzboten eine» ihrer ausgezeichnetsten Mitarbeiter. Am 10. November 1840 zu Laidsen bei Talfer in Kurland geboren, hat der Verewigte in Dorpat die Rechtswissenschaft studiert, dann auf Auslandsreisen seine Ausbildung vollendet und 1867 eine Anstellung bei der livländischen Gouvernementsregierung gefunden. Im Jahre 1871 übernahm er die Leitung der Baltischen Monatsschrift und 1876 die der Nattoncilzeitung in Berlin. Die wirtschaftliche Lage des Gutes Degaizen im Gouvernement Kowno, das er 1869 erworben hatte, nötigte ihn, schon nach drei Jahren nach Rußland zurückzukehren. Da sich jedoch das Besitztum trotz aller Anstrengungen nicht halten ließ, siedelte er ganz nach Deutschland über und wurde 1882 in das Preßbureau des Auswärtigen Amtes des Deutschen Reichs berufen. Unter den Männern, denen er in dieser Stellung näher trat, sind besonders Graf Herbert Bismarck und der gegenwärtige Statthalter von Elsaß-Lothringen, Fürst Hohenlohe, zu nennen. Um¬ fassendes historisches Wissen, die genaue, nicht bloß aus Büchern sondern auch aus lebendiger Anschauung gewonnene Kenntnis von Land und Leuten in den wichtigsten Staaten Europas, besonders die in der Praxis des Gutsbesitzers erworbne tiefe Einsicht in die wirtschaftliche Lage Rußlands, dazu ein durch Philosophie geschärfter Blick in die Ferne, verbunden mit einem gefunden Sinn für die nahe Wirklichkeit befähigten ihn zum politischen Publizisten ersten Ranges, um so mehr, als ein edler Charakter und feines sittliches Empfinden nicht allein seinen Stil adeln, sondern

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/812
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/812>, abgerufen am 17.06.2024.