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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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auch dafür sorgten, daß er bei der Würdigung politischer Zwecke und Mittel niemals
die höchsten sittlichen Ziele der Menschheit aus den Augen verlor.

Außer unzähligen Zeitschriftenartikeln hat er eine Reihe wertvoller Bücher
veröffentlicht: ..Polens Auflösung," "Rußland und die Juden," "Die Agrarver-
hnltnisse in den russischen Ostseeprovinzen," "Die Regierung Peters des Großen
"ut seiner nächsten Nachfolger." Sein letztes Werk: "Rußland. Kulturstudien von
E. v. d. Br.." ist im vierten Baude des Jahrgangs 1902 der Grenzboten S. 611
besprochen worden. Deren Mitarbeiter ist er viele Jahre lang gewesen. Wir
zählen nachstehend nur die Beiträge auf. die er seit 1900 gespendet hat. Im
ersten Bande des Jahrgangs 1900: "Polnische Politik" und "Englische Supre¬
matie in Afrika." Im zweiten Baude: "Wohin gehn wir?", dann: "Europa und
England" und "Kontinentales und maritimes Gleichgewicht." Im vierten Bande:
"Latifundien und Bauerngut" im den baltischen Provinzen) und "China" (wegen
des Jangtsevertrags). Im ersten Bande 1901: "Die Poleuknmpfe" (bei dem Streit
über die polnischen Briefausschriften). Im zweiten Bande: "Kipling und Tolstoi"
(Kipling als Verherrlicher des modernen Gladiatorentums; enthält eine meisterhafte
Charakterisierung des englischen und des russischen Volkstums). Im dritten Bande:
"Eine Denkschrift des Ministers Witte." Keine dieser Arbeiten ist eins der Pro¬
dukte flüchtiger Tagesschriftstellerei, die mit dem Ablauf des Tages ihrer Abfassung
jede Bedeutung verlieren; sie verdienen alle, vom Politiker, vom Historiker von
Zeit zu Zeit wieder nachgeschlagen zu werden. Von der Brüggens Blick war vor¬
zugsweise nach Osten gerichtet, und darum muß der Mann als ein Seher geschätzt
werden, den uns die Vorsehung gesandt hat, denn die Entscheidung der Geschicke
des deutschen Volks liegt tatsächlich im Osten. Man nehme nur folgende Gedanken
zusammen (im ersten Bande des Jahrgangs 1900 S. 67): "dort sin Rußlands
arbeitet man mit allen Mitteln des Staats vergebens daran, sich die Deutschen
vom Leibe zu halte"; hier sin Preußenj arbeitet man mit allen zulässigen Mitteln
und zweifelhaftem Erfolge daran, Deutsche herbeizulocken. Dort hat der Deutsche
alles zum Gegner und niemand zum Schutz als seine Kraft, die aber genügt, sich
Polen, Russen und Juden gegenüber zu behaupten; hier kann alle Macht des
Staats und alles Geld ihn kaum vor dem polnischen Andrang auf den Beinen
erhalten." Dann im zweiten Bande S. 555: "Deutschland mit seiner großen
Landmacht ist für England viel wert als Gegengewicht gegen Rußland und wäre
ihm von dem Augenblick an verhaßt, wo es aufhören müßte, zu glauben, daß sich
Deutschland im Notfall oder aus Interesse einem überschäumenden Slawentum
entgegenwerfen werde." Endlich S. 558 bis 559 den Nachweis, daß England
Europa kaum mehr braucht, Europa dagegen England nicht entbehren kann, während
ihm Rußland in seinem gegenwärtigen Zustande nichts nützt.. Man fasse diese
Stellen zusammen, und es zeigen sich die Umrisse eines der ernstlichsten Erwägung
würdigen Zukunftsprogrmnms. Verleger, Redaktion, Mitarbeiter und Leser der
Grenzboten werden dem zu früh dnhingegangnen verdienstvollen Manne ein dank¬
bares Andenken bewahren.


Zum Simplieissimusstreit.

Außer der sexuellen Seite, die in den Grenz¬
boten (man vergleiche auch die vortreffliche Studie über das Nackte in der Kunst
im vorjährigen vierten Bande S. 294 und 359) hoffentlich zu allgemeiner Zu¬
friedenheit erledigt worden ist, hat die Sache noch mancherlei andre Seiten. Zum
Beispiel: eariearo heißt übertreiben. Die Kladderadatschbilder sind wirkliche Karika¬
turen, denn Fratzen wie die des verstorbnen Papstes lassen das Urbild leicht er¬
kennen, da sie die wirklichen Züge des Karikierten darbieten, nur daß sie das
weniger Schöne darin verstärken. Die Simplicissimusbilder dagegen sind nnr hä߬
liche Fratzen, aber meist keine Karikaturen; sie übertreiben zum Beispiel nicht die
weniger schönen Züge in der Erscheinung unsrer Soldaten "ut Offiziere, sondern
dichten ihnen nicht vvrhnndne an.


Maßgebliches »ut Unmaßgebliches

auch dafür sorgten, daß er bei der Würdigung politischer Zwecke und Mittel niemals
die höchsten sittlichen Ziele der Menschheit aus den Augen verlor.

Außer unzähligen Zeitschriftenartikeln hat er eine Reihe wertvoller Bücher
veröffentlicht: ..Polens Auflösung," „Rußland und die Juden," „Die Agrarver-
hnltnisse in den russischen Ostseeprovinzen," „Die Regierung Peters des Großen
»ut seiner nächsten Nachfolger." Sein letztes Werk: „Rußland. Kulturstudien von
E. v. d. Br.." ist im vierten Baude des Jahrgangs 1902 der Grenzboten S. 611
besprochen worden. Deren Mitarbeiter ist er viele Jahre lang gewesen. Wir
zählen nachstehend nur die Beiträge auf. die er seit 1900 gespendet hat. Im
ersten Bande des Jahrgangs 1900: „Polnische Politik" und „Englische Supre¬
matie in Afrika." Im zweiten Baude: „Wohin gehn wir?", dann: „Europa und
England" und „Kontinentales und maritimes Gleichgewicht." Im vierten Bande:
„Latifundien und Bauerngut" im den baltischen Provinzen) und „China" (wegen
des Jangtsevertrags). Im ersten Bande 1901: „Die Poleuknmpfe" (bei dem Streit
über die polnischen Briefausschriften). Im zweiten Bande: „Kipling und Tolstoi"
(Kipling als Verherrlicher des modernen Gladiatorentums; enthält eine meisterhafte
Charakterisierung des englischen und des russischen Volkstums). Im dritten Bande:
„Eine Denkschrift des Ministers Witte." Keine dieser Arbeiten ist eins der Pro¬
dukte flüchtiger Tagesschriftstellerei, die mit dem Ablauf des Tages ihrer Abfassung
jede Bedeutung verlieren; sie verdienen alle, vom Politiker, vom Historiker von
Zeit zu Zeit wieder nachgeschlagen zu werden. Von der Brüggens Blick war vor¬
zugsweise nach Osten gerichtet, und darum muß der Mann als ein Seher geschätzt
werden, den uns die Vorsehung gesandt hat, denn die Entscheidung der Geschicke
des deutschen Volks liegt tatsächlich im Osten. Man nehme nur folgende Gedanken
zusammen (im ersten Bande des Jahrgangs 1900 S. 67): „dort sin Rußlands
arbeitet man mit allen Mitteln des Staats vergebens daran, sich die Deutschen
vom Leibe zu halte»; hier sin Preußenj arbeitet man mit allen zulässigen Mitteln
und zweifelhaftem Erfolge daran, Deutsche herbeizulocken. Dort hat der Deutsche
alles zum Gegner und niemand zum Schutz als seine Kraft, die aber genügt, sich
Polen, Russen und Juden gegenüber zu behaupten; hier kann alle Macht des
Staats und alles Geld ihn kaum vor dem polnischen Andrang auf den Beinen
erhalten." Dann im zweiten Bande S. 555: „Deutschland mit seiner großen
Landmacht ist für England viel wert als Gegengewicht gegen Rußland und wäre
ihm von dem Augenblick an verhaßt, wo es aufhören müßte, zu glauben, daß sich
Deutschland im Notfall oder aus Interesse einem überschäumenden Slawentum
entgegenwerfen werde." Endlich S. 558 bis 559 den Nachweis, daß England
Europa kaum mehr braucht, Europa dagegen England nicht entbehren kann, während
ihm Rußland in seinem gegenwärtigen Zustande nichts nützt.. Man fasse diese
Stellen zusammen, und es zeigen sich die Umrisse eines der ernstlichsten Erwägung
würdigen Zukunftsprogrmnms. Verleger, Redaktion, Mitarbeiter und Leser der
Grenzboten werden dem zu früh dnhingegangnen verdienstvollen Manne ein dank¬
bares Andenken bewahren.


Zum Simplieissimusstreit.

Außer der sexuellen Seite, die in den Grenz¬
boten (man vergleiche auch die vortreffliche Studie über das Nackte in der Kunst
im vorjährigen vierten Bande S. 294 und 359) hoffentlich zu allgemeiner Zu¬
friedenheit erledigt worden ist, hat die Sache noch mancherlei andre Seiten. Zum
Beispiel: eariearo heißt übertreiben. Die Kladderadatschbilder sind wirkliche Karika¬
turen, denn Fratzen wie die des verstorbnen Papstes lassen das Urbild leicht er¬
kennen, da sie die wirklichen Züge des Karikierten darbieten, nur daß sie das
weniger Schöne darin verstärken. Die Simplicissimusbilder dagegen sind nnr hä߬
liche Fratzen, aber meist keine Karikaturen; sie übertreiben zum Beispiel nicht die
weniger schönen Züge in der Erscheinung unsrer Soldaten »ut Offiziere, sondern
dichten ihnen nicht vvrhnndne an.


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[0813] Maßgebliches »ut Unmaßgebliches auch dafür sorgten, daß er bei der Würdigung politischer Zwecke und Mittel niemals die höchsten sittlichen Ziele der Menschheit aus den Augen verlor. Außer unzähligen Zeitschriftenartikeln hat er eine Reihe wertvoller Bücher veröffentlicht: ..Polens Auflösung," „Rußland und die Juden," „Die Agrarver- hnltnisse in den russischen Ostseeprovinzen," „Die Regierung Peters des Großen »ut seiner nächsten Nachfolger." Sein letztes Werk: „Rußland. Kulturstudien von E. v. d. Br.." ist im vierten Baude des Jahrgangs 1902 der Grenzboten S. 611 besprochen worden. Deren Mitarbeiter ist er viele Jahre lang gewesen. Wir zählen nachstehend nur die Beiträge auf. die er seit 1900 gespendet hat. Im ersten Bande des Jahrgangs 1900: „Polnische Politik" und „Englische Supre¬ matie in Afrika." Im zweiten Baude: „Wohin gehn wir?", dann: „Europa und England" und „Kontinentales und maritimes Gleichgewicht." Im vierten Bande: „Latifundien und Bauerngut" im den baltischen Provinzen) und „China" (wegen des Jangtsevertrags). Im ersten Bande 1901: „Die Poleuknmpfe" (bei dem Streit über die polnischen Briefausschriften). Im zweiten Bande: „Kipling und Tolstoi" (Kipling als Verherrlicher des modernen Gladiatorentums; enthält eine meisterhafte Charakterisierung des englischen und des russischen Volkstums). Im dritten Bande: „Eine Denkschrift des Ministers Witte." Keine dieser Arbeiten ist eins der Pro¬ dukte flüchtiger Tagesschriftstellerei, die mit dem Ablauf des Tages ihrer Abfassung jede Bedeutung verlieren; sie verdienen alle, vom Politiker, vom Historiker von Zeit zu Zeit wieder nachgeschlagen zu werden. Von der Brüggens Blick war vor¬ zugsweise nach Osten gerichtet, und darum muß der Mann als ein Seher geschätzt werden, den uns die Vorsehung gesandt hat, denn die Entscheidung der Geschicke des deutschen Volks liegt tatsächlich im Osten. Man nehme nur folgende Gedanken zusammen (im ersten Bande des Jahrgangs 1900 S. 67): „dort sin Rußlands arbeitet man mit allen Mitteln des Staats vergebens daran, sich die Deutschen vom Leibe zu halte»; hier sin Preußenj arbeitet man mit allen zulässigen Mitteln und zweifelhaftem Erfolge daran, Deutsche herbeizulocken. Dort hat der Deutsche alles zum Gegner und niemand zum Schutz als seine Kraft, die aber genügt, sich Polen, Russen und Juden gegenüber zu behaupten; hier kann alle Macht des Staats und alles Geld ihn kaum vor dem polnischen Andrang auf den Beinen erhalten." Dann im zweiten Bande S. 555: „Deutschland mit seiner großen Landmacht ist für England viel wert als Gegengewicht gegen Rußland und wäre ihm von dem Augenblick an verhaßt, wo es aufhören müßte, zu glauben, daß sich Deutschland im Notfall oder aus Interesse einem überschäumenden Slawentum entgegenwerfen werde." Endlich S. 558 bis 559 den Nachweis, daß England Europa kaum mehr braucht, Europa dagegen England nicht entbehren kann, während ihm Rußland in seinem gegenwärtigen Zustande nichts nützt.. Man fasse diese Stellen zusammen, und es zeigen sich die Umrisse eines der ernstlichsten Erwägung würdigen Zukunftsprogrmnms. Verleger, Redaktion, Mitarbeiter und Leser der Grenzboten werden dem zu früh dnhingegangnen verdienstvollen Manne ein dank¬ bares Andenken bewahren. Zum Simplieissimusstreit. Außer der sexuellen Seite, die in den Grenz¬ boten (man vergleiche auch die vortreffliche Studie über das Nackte in der Kunst im vorjährigen vierten Bande S. 294 und 359) hoffentlich zu allgemeiner Zu¬ friedenheit erledigt worden ist, hat die Sache noch mancherlei andre Seiten. Zum Beispiel: eariearo heißt übertreiben. Die Kladderadatschbilder sind wirkliche Karika¬ turen, denn Fratzen wie die des verstorbnen Papstes lassen das Urbild leicht er¬ kennen, da sie die wirklichen Züge des Karikierten darbieten, nur daß sie das weniger Schöne darin verstärken. Die Simplicissimusbilder dagegen sind nnr hä߬ liche Fratzen, aber meist keine Karikaturen; sie übertreiben zum Beispiel nicht die weniger schönen Züge in der Erscheinung unsrer Soldaten »ut Offiziere, sondern dichten ihnen nicht vvrhnndne an.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/813>, abgerufen am 27.05.2024.