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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

mit etwaigen Prisen einen unsrer wenigen Häfen zu erreichen, und sie könnten
somit ebenfalls sehr wohl in die Lage kommen, wie jetzt die russischen, Prisen mit
Konterbande zu versenken. Unsre Presse wird also gut tun, das Vorgehn der
russischen Schiffe, so lange bis die einzelnen Fälle diplomatisch geklärt sind, mit
einiger Vorsicht zu behandeln und sich gegenwärtig zu halten, daß deutsche Kreuzer
vielleicht morgen tun müssen, was die russischen heute getan haben. Daß die rus¬
sische Marine mit besondrer Unfreundlichkeit gegen Schiffe deutscher Nationalität
vorgeht, darf ebenso als ausgeschlossen gelten wie etwa die Annahme, daß ihre
Instruktionen in diesem Sinne lauten. Solche Fragen lassen sich nicht nach
Theorien und Prinzipien, sondern nur von Fall zu Fall entscheiden, und das
Völkerrecht zur See ist fast so flüssig wie das Meer selbst. Jede Nation wird
geneigt sein, dieselbe Frage ganz anders zu beurteilen, je nachdem sie kriegführende
oder neutrale Macht ist.

Rußland hat gegenwärtig damit zu rechnen, daß der Handel der ganzen Welt
geneigt und darauf aus ist, den Japanern Kriegsbedürfnisse zu liefern, soviel diese
nur haben wollen, namentlich aber der englische und der amerikanische Handel. Diese
Zufuhr zu unterbinden, reicht die russische Kreuzerflotte nicht aus, um so begreif¬
licher ist es, daß sie in einzelnen Fällen rigoros verfährt. Engländer und Ameri¬
kaner würden das um keinen Deut anders machen. Wollen neutrale Reeber solche
Verluste vermeiden, so sollen sie ihre Schiffe nicht zu solchen Zwecken hergeben.
Wer sich auf einen Kriegsschauplatz begibt, hat immer mit der Möglichkeit zu rechnen,
von einer Kugel getroffen zu werden; neutrale Schiffe, die sich in den Dienst der
Interessen einer kriegführenden Macht stellen, nehmen damit alles Risiko auf sich.
Was eine kriegführende Macht als Konterbande ansehen will, steht allein bei ihr
und richtet sich nach den Bedürfnissen des Gegners. Bei einem englisch-ameri¬
kanischen Kriege zum Beispiel würde Amerika Weizen als Konterbande ansehen,
weil Getreide in England fehlt, während England Getreide freilassen würde, das
für Amerika doch keinen Verproviantierungswert hat. Die Verproviantierung nicht
nur des feindlichen Heeres, sondern auch des feindlichen Landes zu erschweren und
nach Möglichkeit zu verhindern, ist das Recht jeder kriegführenden Macht. Mithin
ist auch die von der Weser-Zeitung aufgestellte Theorie, daß nicht der nehmende
Seeoffizier, sondern das Prisengericht über das Schicksal eines genominnen Schiffes
zu entscheiden habe, ausgenommen in Fällen von Seenot oder wenn das Handels¬
schiff Widerstand leistet, in dieser absoluten Fassung nicht haltbar. Ein Kreuzer
zum Beispiel, der mit einer bestimmten militärischen Aufgabe entsandt wird und
unterwegs einem neutralen Schiff begegnet, dessen Ladung sich als Konterbande
erweist, hat ganz zweifellos das Recht, entweder das Schiff, das er dem Feinde
entgegen nicht mitnehmen kann, oder doch wenigstens die beanstandete Ladung zu
vernichten. Stellt sich hinterher heraus, daß dabei ein Irrtum oder ein Unrecht
begangen worden ist, so hat die betreffende Regierung Genugtuung und Ent¬
schädigung zu leisten, mehr aber liegt nicht vor. Krieg ist eben Krieg, und'
neutrale Schiffe, die nicht Gefahr laufen wollen, sollen nicht die Häfen und die
Gewässer kriegführender Parteien aufsuchen. Die "Thea" hatte Fische geladen, ob
diese wirklich Kriegskonterbande darstellen, zumal bei der jetzt in Asien herrschenden
Temperatur, ist eine andre Frage, die eben auf dem Wege diplomatischer Ver¬
handlung auszutragen sein wird. Zweifelloser liegt die Sache schon bei dem
britischen Schiff "Knight Commcmder," denn eisernes Brückenmaterial, auch wenn
es nicht unmittelbar für die Feldarmee bestimmt ist, wird immer direkt oder
indirekt der Kriegführung zustatten kommen. Alle diese Fälle sehen theoretisch be¬
trachtet freilich danach aus, als ob sie von einer internationalen Seerechtskonferenz,
hübsch in Reih und Glied gebracht und nach Paragraphen geordnet werden könnten-
Schließlich wird sich aber herausstellen, daß keine Macht in der vollen Ausnutzung
einer jeweiligen Überlegenheit zur See gehindert sein will. .

Eigentümlich ist die Lage Englands. England ist Wohl zum erstenmal der


Maßgebliches und Unmaßgebliches

mit etwaigen Prisen einen unsrer wenigen Häfen zu erreichen, und sie könnten
somit ebenfalls sehr wohl in die Lage kommen, wie jetzt die russischen, Prisen mit
Konterbande zu versenken. Unsre Presse wird also gut tun, das Vorgehn der
russischen Schiffe, so lange bis die einzelnen Fälle diplomatisch geklärt sind, mit
einiger Vorsicht zu behandeln und sich gegenwärtig zu halten, daß deutsche Kreuzer
vielleicht morgen tun müssen, was die russischen heute getan haben. Daß die rus¬
sische Marine mit besondrer Unfreundlichkeit gegen Schiffe deutscher Nationalität
vorgeht, darf ebenso als ausgeschlossen gelten wie etwa die Annahme, daß ihre
Instruktionen in diesem Sinne lauten. Solche Fragen lassen sich nicht nach
Theorien und Prinzipien, sondern nur von Fall zu Fall entscheiden, und das
Völkerrecht zur See ist fast so flüssig wie das Meer selbst. Jede Nation wird
geneigt sein, dieselbe Frage ganz anders zu beurteilen, je nachdem sie kriegführende
oder neutrale Macht ist.

Rußland hat gegenwärtig damit zu rechnen, daß der Handel der ganzen Welt
geneigt und darauf aus ist, den Japanern Kriegsbedürfnisse zu liefern, soviel diese
nur haben wollen, namentlich aber der englische und der amerikanische Handel. Diese
Zufuhr zu unterbinden, reicht die russische Kreuzerflotte nicht aus, um so begreif¬
licher ist es, daß sie in einzelnen Fällen rigoros verfährt. Engländer und Ameri¬
kaner würden das um keinen Deut anders machen. Wollen neutrale Reeber solche
Verluste vermeiden, so sollen sie ihre Schiffe nicht zu solchen Zwecken hergeben.
Wer sich auf einen Kriegsschauplatz begibt, hat immer mit der Möglichkeit zu rechnen,
von einer Kugel getroffen zu werden; neutrale Schiffe, die sich in den Dienst der
Interessen einer kriegführenden Macht stellen, nehmen damit alles Risiko auf sich.
Was eine kriegführende Macht als Konterbande ansehen will, steht allein bei ihr
und richtet sich nach den Bedürfnissen des Gegners. Bei einem englisch-ameri¬
kanischen Kriege zum Beispiel würde Amerika Weizen als Konterbande ansehen,
weil Getreide in England fehlt, während England Getreide freilassen würde, das
für Amerika doch keinen Verproviantierungswert hat. Die Verproviantierung nicht
nur des feindlichen Heeres, sondern auch des feindlichen Landes zu erschweren und
nach Möglichkeit zu verhindern, ist das Recht jeder kriegführenden Macht. Mithin
ist auch die von der Weser-Zeitung aufgestellte Theorie, daß nicht der nehmende
Seeoffizier, sondern das Prisengericht über das Schicksal eines genominnen Schiffes
zu entscheiden habe, ausgenommen in Fällen von Seenot oder wenn das Handels¬
schiff Widerstand leistet, in dieser absoluten Fassung nicht haltbar. Ein Kreuzer
zum Beispiel, der mit einer bestimmten militärischen Aufgabe entsandt wird und
unterwegs einem neutralen Schiff begegnet, dessen Ladung sich als Konterbande
erweist, hat ganz zweifellos das Recht, entweder das Schiff, das er dem Feinde
entgegen nicht mitnehmen kann, oder doch wenigstens die beanstandete Ladung zu
vernichten. Stellt sich hinterher heraus, daß dabei ein Irrtum oder ein Unrecht
begangen worden ist, so hat die betreffende Regierung Genugtuung und Ent¬
schädigung zu leisten, mehr aber liegt nicht vor. Krieg ist eben Krieg, und'
neutrale Schiffe, die nicht Gefahr laufen wollen, sollen nicht die Häfen und die
Gewässer kriegführender Parteien aufsuchen. Die „Thea" hatte Fische geladen, ob
diese wirklich Kriegskonterbande darstellen, zumal bei der jetzt in Asien herrschenden
Temperatur, ist eine andre Frage, die eben auf dem Wege diplomatischer Ver¬
handlung auszutragen sein wird. Zweifelloser liegt die Sache schon bei dem
britischen Schiff „Knight Commcmder," denn eisernes Brückenmaterial, auch wenn
es nicht unmittelbar für die Feldarmee bestimmt ist, wird immer direkt oder
indirekt der Kriegführung zustatten kommen. Alle diese Fälle sehen theoretisch be¬
trachtet freilich danach aus, als ob sie von einer internationalen Seerechtskonferenz,
hübsch in Reih und Glied gebracht und nach Paragraphen geordnet werden könnten-
Schließlich wird sich aber herausstellen, daß keine Macht in der vollen Ausnutzung
einer jeweiligen Überlegenheit zur See gehindert sein will. .

Eigentümlich ist die Lage Englands. England ist Wohl zum erstenmal der


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[0368] Maßgebliches und Unmaßgebliches mit etwaigen Prisen einen unsrer wenigen Häfen zu erreichen, und sie könnten somit ebenfalls sehr wohl in die Lage kommen, wie jetzt die russischen, Prisen mit Konterbande zu versenken. Unsre Presse wird also gut tun, das Vorgehn der russischen Schiffe, so lange bis die einzelnen Fälle diplomatisch geklärt sind, mit einiger Vorsicht zu behandeln und sich gegenwärtig zu halten, daß deutsche Kreuzer vielleicht morgen tun müssen, was die russischen heute getan haben. Daß die rus¬ sische Marine mit besondrer Unfreundlichkeit gegen Schiffe deutscher Nationalität vorgeht, darf ebenso als ausgeschlossen gelten wie etwa die Annahme, daß ihre Instruktionen in diesem Sinne lauten. Solche Fragen lassen sich nicht nach Theorien und Prinzipien, sondern nur von Fall zu Fall entscheiden, und das Völkerrecht zur See ist fast so flüssig wie das Meer selbst. Jede Nation wird geneigt sein, dieselbe Frage ganz anders zu beurteilen, je nachdem sie kriegführende oder neutrale Macht ist. Rußland hat gegenwärtig damit zu rechnen, daß der Handel der ganzen Welt geneigt und darauf aus ist, den Japanern Kriegsbedürfnisse zu liefern, soviel diese nur haben wollen, namentlich aber der englische und der amerikanische Handel. Diese Zufuhr zu unterbinden, reicht die russische Kreuzerflotte nicht aus, um so begreif¬ licher ist es, daß sie in einzelnen Fällen rigoros verfährt. Engländer und Ameri¬ kaner würden das um keinen Deut anders machen. Wollen neutrale Reeber solche Verluste vermeiden, so sollen sie ihre Schiffe nicht zu solchen Zwecken hergeben. Wer sich auf einen Kriegsschauplatz begibt, hat immer mit der Möglichkeit zu rechnen, von einer Kugel getroffen zu werden; neutrale Schiffe, die sich in den Dienst der Interessen einer kriegführenden Macht stellen, nehmen damit alles Risiko auf sich. Was eine kriegführende Macht als Konterbande ansehen will, steht allein bei ihr und richtet sich nach den Bedürfnissen des Gegners. Bei einem englisch-ameri¬ kanischen Kriege zum Beispiel würde Amerika Weizen als Konterbande ansehen, weil Getreide in England fehlt, während England Getreide freilassen würde, das für Amerika doch keinen Verproviantierungswert hat. Die Verproviantierung nicht nur des feindlichen Heeres, sondern auch des feindlichen Landes zu erschweren und nach Möglichkeit zu verhindern, ist das Recht jeder kriegführenden Macht. Mithin ist auch die von der Weser-Zeitung aufgestellte Theorie, daß nicht der nehmende Seeoffizier, sondern das Prisengericht über das Schicksal eines genominnen Schiffes zu entscheiden habe, ausgenommen in Fällen von Seenot oder wenn das Handels¬ schiff Widerstand leistet, in dieser absoluten Fassung nicht haltbar. Ein Kreuzer zum Beispiel, der mit einer bestimmten militärischen Aufgabe entsandt wird und unterwegs einem neutralen Schiff begegnet, dessen Ladung sich als Konterbande erweist, hat ganz zweifellos das Recht, entweder das Schiff, das er dem Feinde entgegen nicht mitnehmen kann, oder doch wenigstens die beanstandete Ladung zu vernichten. Stellt sich hinterher heraus, daß dabei ein Irrtum oder ein Unrecht begangen worden ist, so hat die betreffende Regierung Genugtuung und Ent¬ schädigung zu leisten, mehr aber liegt nicht vor. Krieg ist eben Krieg, und' neutrale Schiffe, die nicht Gefahr laufen wollen, sollen nicht die Häfen und die Gewässer kriegführender Parteien aufsuchen. Die „Thea" hatte Fische geladen, ob diese wirklich Kriegskonterbande darstellen, zumal bei der jetzt in Asien herrschenden Temperatur, ist eine andre Frage, die eben auf dem Wege diplomatischer Ver¬ handlung auszutragen sein wird. Zweifelloser liegt die Sache schon bei dem britischen Schiff „Knight Commcmder," denn eisernes Brückenmaterial, auch wenn es nicht unmittelbar für die Feldarmee bestimmt ist, wird immer direkt oder indirekt der Kriegführung zustatten kommen. Alle diese Fälle sehen theoretisch be¬ trachtet freilich danach aus, als ob sie von einer internationalen Seerechtskonferenz, hübsch in Reih und Glied gebracht und nach Paragraphen geordnet werden könnten- Schließlich wird sich aber herausstellen, daß keine Macht in der vollen Ausnutzung einer jeweiligen Überlegenheit zur See gehindert sein will. . Eigentümlich ist die Lage Englands. England ist Wohl zum erstenmal der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/368>, abgerufen am 13.05.2024.