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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

Urkunde entwickelt und alsbald ausgeführt worden. Die neue Stadt Dobrilugk
erhob sich "ach einer vom Herzoge festgesetzten Bauordnung tu hufeisenförmiger Form
ostwärts vom Schloßgraben auf dem Gelände des ehemaligen Schloßvorwerks.
Mitten durch das von einem Wassergraben umflossene Stadttemplum wurde in statt¬
licher Breite genau von West nach' Ost die Hauptstraße geführt, genau parallel
dazu mehrere Nebenstraßen, die samt der Hauptstraße in der Mitte von einer
südnördlichen Straße rechtwinklig gekreuzt werden. Wo die südnördliche Straße
die Hauptstraße überschreitet, erhob sich als größtes Haus des ganzen Ortes das
stattliche Gasthaus mit seinem hohen Mansardendache und seinen geräumigen Höfen.
Es ist noch jetzt in der Hauptsache unversehrt erhalten und verrät seinen sächsischen
Ursprung durch die Benennung "Zum Rautenstrauch." Seine Räume dienten bei
Anwesenheit des Hofes auch den Kavalieren als Unterkunft, deshalb wurde es früher
auch das "Kavalierhaus" genannt. In der großen Gaststube steht ein alter eiserner
Ofen mit den Knrschwertern und der Jahreszahl 1562: er ist also weit älter als
das Haus und wohl aus einem der Schlösser Vater Augusts herbeigebracht worden.
Die Stadt erinnert in ihrer Regelmäßigkeit und in ihrer Grundgestalt an das auch
hufeisenförmig vor dem Schloß der badischen Markgrafen angelegte Mannheim. An
dieses sind im Laufe der Zeit große Vorstädte angewachsen, aber Dobrilugk hat
bis heute seine Gestalt fast unverändert bewahrt und kau" als ein Typus der Stadt¬
gründungen aus der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts gelten.

Mit der Erbauung der Stadt und ihrer Erhebung zur Residenz mußte sich
natürlich auch der Gedanke an eine Wiederherstellung der Klosterkirche einfinden.
Es war wie eine Mahnung dazu, als man im Jahre 1672 bei der Umwandlung
des alten Klosterkirchhofs in einen Lustgarten im Boden eine 1534 unter dem Abte
Johannes gegossene Kirchenglocke unversehrt vorfand, die Wohl in irgend einer
Kriegsnot dort verborgen worden war. Im Jahre 1673 begann die Wiederher¬
stellung der Kirche, 1676 wurde sie geweiht. Es ist anzuerkennen, daß man die
machtvolle Schlichtheit des Jnnern der dreischiffigen spätromanischen Basilika nicht
durch barocke Einbänden oder Gipsverkleiduug, wie in Neuzelle, zerstört hat. So
macht denn heute schon die Kirche im Innern einen ihrer großen Vergangenheit
durchaus würdigen Eindruck. Aber sie wird vielleicht in wenig Jahren ihrer
ursprünglichen Gestalt noch ähnlicher sein. Das hier und da, namentlich an den
Fenstern vorgenommne Abklopfen des Putzes hat nämlich ergeben, daß sich darunter
hartglasierte Ziegel mit abwechselnd roter und schwarzer Färbung zeigen. Noch
weiß man nicht, ob dies im ganzen Bereich des aus den ersten Jahrzehnten des
dreizehnten Jahrhunderts stammenden Bauwerks der Fall ist. Darüber werdeu
weitere Untersuchungen bald Licht verbreiten, und dann werden die Architekten aus
der Schule Friedrich Adlers nicht ruhn und rasten, bis der Putz völlig beseitigt
und die alte Backsteinherrlichkeit wiederhergestellt ist.

Vielleicht verhilft auch der vielvermögende Kunstsinn unsers Kaisers, wie es
bei der alten Klosterkirche zu Mühlberg mit so schönem Erfolge geschehn ist. der
ehrwürdigen Stiftskirche von Dobrilugk zu einer freudvollen Auferstehung. Sie
>se ja der einzige Rest der alten Herrlichkeit. Denn die übrigen Klostergebäude,
die Abtswohnung und die Kreuzgänge, die ein nach Westen zu an die Kirche nn-
gcschobnes Quadrat bildeten, sind 1852 durch Feuer zerstört und nicht wieder auf¬
gebaut worden, nur einige alte romanische Werkstücke sieht man in den Mauern
der Scheuern und Ställe, die jetzt den einst geweihten Platz würdelos umgeben.
In seiner Mitte trauern einige Birken und Fichte" um das, was nicht mehr ist.

Die Umgebung von Dobrilugk bietet manchen schönen Spaziergang, z. B. nach
der Hnmmermühle,' deren schöner großer Teich an den alten, von den Mönchen
besonders gepflegten Fischreichtum der Gegend erinnert. Auch der ehemalige Wild¬
erten auf den- rechten Ufer der Kleinen Elster mit seinen schön angelegten Wegen
und herrlichen Baumgruppen bewahrt noch einen Schimmer des alten Glanzes.
Überhaupt hat ein jahrhundertelanger Anbau rings um Dobrilugk und Kirchhain


Wanderungen in der Niederlausitz

Urkunde entwickelt und alsbald ausgeführt worden. Die neue Stadt Dobrilugk
erhob sich »ach einer vom Herzoge festgesetzten Bauordnung tu hufeisenförmiger Form
ostwärts vom Schloßgraben auf dem Gelände des ehemaligen Schloßvorwerks.
Mitten durch das von einem Wassergraben umflossene Stadttemplum wurde in statt¬
licher Breite genau von West nach' Ost die Hauptstraße geführt, genau parallel
dazu mehrere Nebenstraßen, die samt der Hauptstraße in der Mitte von einer
südnördlichen Straße rechtwinklig gekreuzt werden. Wo die südnördliche Straße
die Hauptstraße überschreitet, erhob sich als größtes Haus des ganzen Ortes das
stattliche Gasthaus mit seinem hohen Mansardendache und seinen geräumigen Höfen.
Es ist noch jetzt in der Hauptsache unversehrt erhalten und verrät seinen sächsischen
Ursprung durch die Benennung „Zum Rautenstrauch." Seine Räume dienten bei
Anwesenheit des Hofes auch den Kavalieren als Unterkunft, deshalb wurde es früher
auch das „Kavalierhaus" genannt. In der großen Gaststube steht ein alter eiserner
Ofen mit den Knrschwertern und der Jahreszahl 1562: er ist also weit älter als
das Haus und wohl aus einem der Schlösser Vater Augusts herbeigebracht worden.
Die Stadt erinnert in ihrer Regelmäßigkeit und in ihrer Grundgestalt an das auch
hufeisenförmig vor dem Schloß der badischen Markgrafen angelegte Mannheim. An
dieses sind im Laufe der Zeit große Vorstädte angewachsen, aber Dobrilugk hat
bis heute seine Gestalt fast unverändert bewahrt und kau« als ein Typus der Stadt¬
gründungen aus der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts gelten.

Mit der Erbauung der Stadt und ihrer Erhebung zur Residenz mußte sich
natürlich auch der Gedanke an eine Wiederherstellung der Klosterkirche einfinden.
Es war wie eine Mahnung dazu, als man im Jahre 1672 bei der Umwandlung
des alten Klosterkirchhofs in einen Lustgarten im Boden eine 1534 unter dem Abte
Johannes gegossene Kirchenglocke unversehrt vorfand, die Wohl in irgend einer
Kriegsnot dort verborgen worden war. Im Jahre 1673 begann die Wiederher¬
stellung der Kirche, 1676 wurde sie geweiht. Es ist anzuerkennen, daß man die
machtvolle Schlichtheit des Jnnern der dreischiffigen spätromanischen Basilika nicht
durch barocke Einbänden oder Gipsverkleiduug, wie in Neuzelle, zerstört hat. So
macht denn heute schon die Kirche im Innern einen ihrer großen Vergangenheit
durchaus würdigen Eindruck. Aber sie wird vielleicht in wenig Jahren ihrer
ursprünglichen Gestalt noch ähnlicher sein. Das hier und da, namentlich an den
Fenstern vorgenommne Abklopfen des Putzes hat nämlich ergeben, daß sich darunter
hartglasierte Ziegel mit abwechselnd roter und schwarzer Färbung zeigen. Noch
weiß man nicht, ob dies im ganzen Bereich des aus den ersten Jahrzehnten des
dreizehnten Jahrhunderts stammenden Bauwerks der Fall ist. Darüber werdeu
weitere Untersuchungen bald Licht verbreiten, und dann werden die Architekten aus
der Schule Friedrich Adlers nicht ruhn und rasten, bis der Putz völlig beseitigt
und die alte Backsteinherrlichkeit wiederhergestellt ist.

Vielleicht verhilft auch der vielvermögende Kunstsinn unsers Kaisers, wie es
bei der alten Klosterkirche zu Mühlberg mit so schönem Erfolge geschehn ist. der
ehrwürdigen Stiftskirche von Dobrilugk zu einer freudvollen Auferstehung. Sie
>se ja der einzige Rest der alten Herrlichkeit. Denn die übrigen Klostergebäude,
die Abtswohnung und die Kreuzgänge, die ein nach Westen zu an die Kirche nn-
gcschobnes Quadrat bildeten, sind 1852 durch Feuer zerstört und nicht wieder auf¬
gebaut worden, nur einige alte romanische Werkstücke sieht man in den Mauern
der Scheuern und Ställe, die jetzt den einst geweihten Platz würdelos umgeben.
In seiner Mitte trauern einige Birken und Fichte» um das, was nicht mehr ist.

Die Umgebung von Dobrilugk bietet manchen schönen Spaziergang, z. B. nach
der Hnmmermühle,' deren schöner großer Teich an den alten, von den Mönchen
besonders gepflegten Fischreichtum der Gegend erinnert. Auch der ehemalige Wild¬
erten auf den- rechten Ufer der Kleinen Elster mit seinen schön angelegten Wegen
und herrlichen Baumgruppen bewahrt noch einen Schimmer des alten Glanzes.
Überhaupt hat ein jahrhundertelanger Anbau rings um Dobrilugk und Kirchhain


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[0599] Wanderungen in der Niederlausitz Urkunde entwickelt und alsbald ausgeführt worden. Die neue Stadt Dobrilugk erhob sich »ach einer vom Herzoge festgesetzten Bauordnung tu hufeisenförmiger Form ostwärts vom Schloßgraben auf dem Gelände des ehemaligen Schloßvorwerks. Mitten durch das von einem Wassergraben umflossene Stadttemplum wurde in statt¬ licher Breite genau von West nach' Ost die Hauptstraße geführt, genau parallel dazu mehrere Nebenstraßen, die samt der Hauptstraße in der Mitte von einer südnördlichen Straße rechtwinklig gekreuzt werden. Wo die südnördliche Straße die Hauptstraße überschreitet, erhob sich als größtes Haus des ganzen Ortes das stattliche Gasthaus mit seinem hohen Mansardendache und seinen geräumigen Höfen. Es ist noch jetzt in der Hauptsache unversehrt erhalten und verrät seinen sächsischen Ursprung durch die Benennung „Zum Rautenstrauch." Seine Räume dienten bei Anwesenheit des Hofes auch den Kavalieren als Unterkunft, deshalb wurde es früher auch das „Kavalierhaus" genannt. In der großen Gaststube steht ein alter eiserner Ofen mit den Knrschwertern und der Jahreszahl 1562: er ist also weit älter als das Haus und wohl aus einem der Schlösser Vater Augusts herbeigebracht worden. Die Stadt erinnert in ihrer Regelmäßigkeit und in ihrer Grundgestalt an das auch hufeisenförmig vor dem Schloß der badischen Markgrafen angelegte Mannheim. An dieses sind im Laufe der Zeit große Vorstädte angewachsen, aber Dobrilugk hat bis heute seine Gestalt fast unverändert bewahrt und kau« als ein Typus der Stadt¬ gründungen aus der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts gelten. Mit der Erbauung der Stadt und ihrer Erhebung zur Residenz mußte sich natürlich auch der Gedanke an eine Wiederherstellung der Klosterkirche einfinden. Es war wie eine Mahnung dazu, als man im Jahre 1672 bei der Umwandlung des alten Klosterkirchhofs in einen Lustgarten im Boden eine 1534 unter dem Abte Johannes gegossene Kirchenglocke unversehrt vorfand, die Wohl in irgend einer Kriegsnot dort verborgen worden war. Im Jahre 1673 begann die Wiederher¬ stellung der Kirche, 1676 wurde sie geweiht. Es ist anzuerkennen, daß man die machtvolle Schlichtheit des Jnnern der dreischiffigen spätromanischen Basilika nicht durch barocke Einbänden oder Gipsverkleiduug, wie in Neuzelle, zerstört hat. So macht denn heute schon die Kirche im Innern einen ihrer großen Vergangenheit durchaus würdigen Eindruck. Aber sie wird vielleicht in wenig Jahren ihrer ursprünglichen Gestalt noch ähnlicher sein. Das hier und da, namentlich an den Fenstern vorgenommne Abklopfen des Putzes hat nämlich ergeben, daß sich darunter hartglasierte Ziegel mit abwechselnd roter und schwarzer Färbung zeigen. Noch weiß man nicht, ob dies im ganzen Bereich des aus den ersten Jahrzehnten des dreizehnten Jahrhunderts stammenden Bauwerks der Fall ist. Darüber werdeu weitere Untersuchungen bald Licht verbreiten, und dann werden die Architekten aus der Schule Friedrich Adlers nicht ruhn und rasten, bis der Putz völlig beseitigt und die alte Backsteinherrlichkeit wiederhergestellt ist. Vielleicht verhilft auch der vielvermögende Kunstsinn unsers Kaisers, wie es bei der alten Klosterkirche zu Mühlberg mit so schönem Erfolge geschehn ist. der ehrwürdigen Stiftskirche von Dobrilugk zu einer freudvollen Auferstehung. Sie >se ja der einzige Rest der alten Herrlichkeit. Denn die übrigen Klostergebäude, die Abtswohnung und die Kreuzgänge, die ein nach Westen zu an die Kirche nn- gcschobnes Quadrat bildeten, sind 1852 durch Feuer zerstört und nicht wieder auf¬ gebaut worden, nur einige alte romanische Werkstücke sieht man in den Mauern der Scheuern und Ställe, die jetzt den einst geweihten Platz würdelos umgeben. In seiner Mitte trauern einige Birken und Fichte» um das, was nicht mehr ist. Die Umgebung von Dobrilugk bietet manchen schönen Spaziergang, z. B. nach der Hnmmermühle,' deren schöner großer Teich an den alten, von den Mönchen besonders gepflegten Fischreichtum der Gegend erinnert. Auch der ehemalige Wild¬ erten auf den- rechten Ufer der Kleinen Elster mit seinen schön angelegten Wegen und herrlichen Baumgruppen bewahrt noch einen Schimmer des alten Glanzes. Überhaupt hat ein jahrhundertelanger Anbau rings um Dobrilugk und Kirchhain

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/599>, abgerufen am 17.06.2024.