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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

Böhmen zurückgegeben, dem Kurfürsten von Sachsen aber nur ein der Höhe seiner
Ansprüche entsprechendes Pfandrecht an den .Klosterdörfern eingeräumt werden sollte,
kam nicht zur Ausführung, und so konnte im ersten Jahre des Schmalkaldischen
Krieges (1546) "Sebastian, Herr von der Weydmühle auf Comothan, Böhmischer
Königl. Majestät und der Cron von Böhmen Obrister Feldhauptmann" in seinem
hochtrabenden Kriegsmanifest wider Johann Friedrich diesem vorwerfen, daß er "nn-
verknndet und unverwahret sich unterstanden, der K. M. und der Cron Böhmen
Eigentum, das Stift und Closter Dobrilugk unbilltcher und unrechtmäßiger Weise
einzuziehen." Infolge der Niederlage Johann Friedrichs auf der Lochauer Heide
fiel Dobrilugk wieder um Böhmen zurück. Aber die verödeten Zellen füllten sich nicht
wieder mit Mönchen, sondern das Kloster wurde mit allen seinen Gütern an den
Landvogt der Lausitz, Albrecht Schlick, Grase" zu Passauu (Bassano), verpfändet.
Von den Schlick ging die Pfandherrschaft 1550 auf die Herren von Gersdorf über.
In dieser Zeit (1561) verwandte König Ferdinand die Summe von jährlich
450 Neichstnlern aus den Einkünften von Dobrilugk zur "Fundation der Brüderschaft
derer Jesuiten in dem Collegio zu S. Element in der alten Stadt Prag." Als
Dobrilugk aber im Jahre 1602 durch eine Urkunde Kaiser Rudolfs des Zweiten
nicht mehr als Pfandbesitz, sondern als eine freie Herrschaft an die reich begüterten
Freiherren von Promnitz überging, wurden den Jesuiten zur Ablösung des Legats
15000 Taler bar ausgezahlt. Die Promnitz verkauften am 27. Juli 1623 Dobrilugk
an den neuen Landesherrn der Lausitz, an den Kurfürsten Johann Georg den Ersten
von Sachsen. Dieser ordnete zwar 1626 die Leistungen und Verpflichtungen der
ehemaligen Klosterdörfer durch eine "Zehend-Ordnung" aufs neue, übrigens aber
interessierte ihn Dobrilugk besonders als ein überaus großes und ergiebiges Jagd¬
gebiet. Er ließ also "eben dem Kloster im Geschmack der damals noch blühenden
deutschen Renaissance ein hochgiebliges Schloß erbauen. Es ist fast unversehrt er¬
halten, ein fester nud zugleich zierlicher Bau von viereckigem Grundriß, mit einer
niedrigen Mauer eingefaßt, vor der wieder ein breiter und tiefer Graben und eine
zweite. Mauer liegt. Über den Graben führt zum Portal eine zweibogige Brücke,
im Hofe erhebt sich ein schöner, schlanker Turm; außerdem fallen gewaltige kupferne
Negenspeier und eine zierliche Galerie des ersten Stockes mit guter Steinmetzarbeit
auf. Das ganze Bauwerk zeigt den dänisch-sächsischen Geschmack der ersten Hälfte
des siebzehnten Jahrhunderts (s. Knrsächsische Streifzüge I, S. 191), namentlich der
hübsche Brunnen, auf dessen Rand sich zwei oben durch Gebälk verbundne Säulen
erheben, die einen Löwen mit dem sächsischen Wappen tragen, erinnert durchaus an
den Brunnen der Lichtenburg bei Prettin, der derselben Zeit angehört. Schlimme
Schicksale hat in dieser Zeit die ehrwürdige Klosterkirche erduldet. Da Dobrilugk
nur noch ein kurfürstliches Jagdhaus war, so verfiel die große Kirche, die Pfarr¬
stelle wurde eingezogen, die Gutsinsafsen gingen nach Kirchhain zum Gottesdienste.
Dazu kamen arge Verwüstungen im Dreißigjährigen Kriege. Im Jahre 1643 wurde
die Kirche von den Schweden ausgebrannt und stand seitdem ohne Dach da. Noch
heute zeigen die Ziegelpilaster im Innern Spuren von Wasserzehrnng, es muß also
längere Zeit in die Kirche geschneit und geregnet haben.

Eine Zeit der Regeneration für die denkwürdige Stätte brach im Jahre 1657 an,
als lant dem Testament Johann Georgs des Ersten und nach einem Vertrage seiner
Söhne die Niederlausitz und das Stift Merseburg und dazu auch die Ämter Dobrilugk
und Finsterwalde an den Herzog Christian den Ersten von Sachsen-Merseburg über¬
gingen. Nun wurde das Dobrilugker Jagdschloß bis zum Jahre 1738, wo die
Merseburger Linie des sächsischen Kurhauses ausstarb, auf kürzere oder längere Zeit
Residenz, und so kam der tüchtige Herzog Christian der Erste ans den Gedanken,
sowohl wegen "Unterbringung der Hofsleute, als auch sonsten wegen der Hmidwergks
Leute, welche des dergleichen Hoffstatt fast täglich, ja stündlich nicht Wohl zu ent-
rathen . . ., an diesem zur Nahrung fast bequem gelegnen Orte eine Stadt anbauen
zu lassen." Der Plan dazu ist in'einer am 2. Mai 1664 zu Merseburg datierten


Wanderungen in der Niederlausitz

Böhmen zurückgegeben, dem Kurfürsten von Sachsen aber nur ein der Höhe seiner
Ansprüche entsprechendes Pfandrecht an den .Klosterdörfern eingeräumt werden sollte,
kam nicht zur Ausführung, und so konnte im ersten Jahre des Schmalkaldischen
Krieges (1546) „Sebastian, Herr von der Weydmühle auf Comothan, Böhmischer
Königl. Majestät und der Cron von Böhmen Obrister Feldhauptmann" in seinem
hochtrabenden Kriegsmanifest wider Johann Friedrich diesem vorwerfen, daß er „nn-
verknndet und unverwahret sich unterstanden, der K. M. und der Cron Böhmen
Eigentum, das Stift und Closter Dobrilugk unbilltcher und unrechtmäßiger Weise
einzuziehen." Infolge der Niederlage Johann Friedrichs auf der Lochauer Heide
fiel Dobrilugk wieder um Böhmen zurück. Aber die verödeten Zellen füllten sich nicht
wieder mit Mönchen, sondern das Kloster wurde mit allen seinen Gütern an den
Landvogt der Lausitz, Albrecht Schlick, Grase« zu Passauu (Bassano), verpfändet.
Von den Schlick ging die Pfandherrschaft 1550 auf die Herren von Gersdorf über.
In dieser Zeit (1561) verwandte König Ferdinand die Summe von jährlich
450 Neichstnlern aus den Einkünften von Dobrilugk zur „Fundation der Brüderschaft
derer Jesuiten in dem Collegio zu S. Element in der alten Stadt Prag." Als
Dobrilugk aber im Jahre 1602 durch eine Urkunde Kaiser Rudolfs des Zweiten
nicht mehr als Pfandbesitz, sondern als eine freie Herrschaft an die reich begüterten
Freiherren von Promnitz überging, wurden den Jesuiten zur Ablösung des Legats
15000 Taler bar ausgezahlt. Die Promnitz verkauften am 27. Juli 1623 Dobrilugk
an den neuen Landesherrn der Lausitz, an den Kurfürsten Johann Georg den Ersten
von Sachsen. Dieser ordnete zwar 1626 die Leistungen und Verpflichtungen der
ehemaligen Klosterdörfer durch eine „Zehend-Ordnung" aufs neue, übrigens aber
interessierte ihn Dobrilugk besonders als ein überaus großes und ergiebiges Jagd¬
gebiet. Er ließ also «eben dem Kloster im Geschmack der damals noch blühenden
deutschen Renaissance ein hochgiebliges Schloß erbauen. Es ist fast unversehrt er¬
halten, ein fester nud zugleich zierlicher Bau von viereckigem Grundriß, mit einer
niedrigen Mauer eingefaßt, vor der wieder ein breiter und tiefer Graben und eine
zweite. Mauer liegt. Über den Graben führt zum Portal eine zweibogige Brücke,
im Hofe erhebt sich ein schöner, schlanker Turm; außerdem fallen gewaltige kupferne
Negenspeier und eine zierliche Galerie des ersten Stockes mit guter Steinmetzarbeit
auf. Das ganze Bauwerk zeigt den dänisch-sächsischen Geschmack der ersten Hälfte
des siebzehnten Jahrhunderts (s. Knrsächsische Streifzüge I, S. 191), namentlich der
hübsche Brunnen, auf dessen Rand sich zwei oben durch Gebälk verbundne Säulen
erheben, die einen Löwen mit dem sächsischen Wappen tragen, erinnert durchaus an
den Brunnen der Lichtenburg bei Prettin, der derselben Zeit angehört. Schlimme
Schicksale hat in dieser Zeit die ehrwürdige Klosterkirche erduldet. Da Dobrilugk
nur noch ein kurfürstliches Jagdhaus war, so verfiel die große Kirche, die Pfarr¬
stelle wurde eingezogen, die Gutsinsafsen gingen nach Kirchhain zum Gottesdienste.
Dazu kamen arge Verwüstungen im Dreißigjährigen Kriege. Im Jahre 1643 wurde
die Kirche von den Schweden ausgebrannt und stand seitdem ohne Dach da. Noch
heute zeigen die Ziegelpilaster im Innern Spuren von Wasserzehrnng, es muß also
längere Zeit in die Kirche geschneit und geregnet haben.

Eine Zeit der Regeneration für die denkwürdige Stätte brach im Jahre 1657 an,
als lant dem Testament Johann Georgs des Ersten und nach einem Vertrage seiner
Söhne die Niederlausitz und das Stift Merseburg und dazu auch die Ämter Dobrilugk
und Finsterwalde an den Herzog Christian den Ersten von Sachsen-Merseburg über¬
gingen. Nun wurde das Dobrilugker Jagdschloß bis zum Jahre 1738, wo die
Merseburger Linie des sächsischen Kurhauses ausstarb, auf kürzere oder längere Zeit
Residenz, und so kam der tüchtige Herzog Christian der Erste ans den Gedanken,
sowohl wegen „Unterbringung der Hofsleute, als auch sonsten wegen der Hmidwergks
Leute, welche des dergleichen Hoffstatt fast täglich, ja stündlich nicht Wohl zu ent-
rathen . . ., an diesem zur Nahrung fast bequem gelegnen Orte eine Stadt anbauen
zu lassen." Der Plan dazu ist in'einer am 2. Mai 1664 zu Merseburg datierten


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[0598] Wanderungen in der Niederlausitz Böhmen zurückgegeben, dem Kurfürsten von Sachsen aber nur ein der Höhe seiner Ansprüche entsprechendes Pfandrecht an den .Klosterdörfern eingeräumt werden sollte, kam nicht zur Ausführung, und so konnte im ersten Jahre des Schmalkaldischen Krieges (1546) „Sebastian, Herr von der Weydmühle auf Comothan, Böhmischer Königl. Majestät und der Cron von Böhmen Obrister Feldhauptmann" in seinem hochtrabenden Kriegsmanifest wider Johann Friedrich diesem vorwerfen, daß er „nn- verknndet und unverwahret sich unterstanden, der K. M. und der Cron Böhmen Eigentum, das Stift und Closter Dobrilugk unbilltcher und unrechtmäßiger Weise einzuziehen." Infolge der Niederlage Johann Friedrichs auf der Lochauer Heide fiel Dobrilugk wieder um Böhmen zurück. Aber die verödeten Zellen füllten sich nicht wieder mit Mönchen, sondern das Kloster wurde mit allen seinen Gütern an den Landvogt der Lausitz, Albrecht Schlick, Grase« zu Passauu (Bassano), verpfändet. Von den Schlick ging die Pfandherrschaft 1550 auf die Herren von Gersdorf über. In dieser Zeit (1561) verwandte König Ferdinand die Summe von jährlich 450 Neichstnlern aus den Einkünften von Dobrilugk zur „Fundation der Brüderschaft derer Jesuiten in dem Collegio zu S. Element in der alten Stadt Prag." Als Dobrilugk aber im Jahre 1602 durch eine Urkunde Kaiser Rudolfs des Zweiten nicht mehr als Pfandbesitz, sondern als eine freie Herrschaft an die reich begüterten Freiherren von Promnitz überging, wurden den Jesuiten zur Ablösung des Legats 15000 Taler bar ausgezahlt. Die Promnitz verkauften am 27. Juli 1623 Dobrilugk an den neuen Landesherrn der Lausitz, an den Kurfürsten Johann Georg den Ersten von Sachsen. Dieser ordnete zwar 1626 die Leistungen und Verpflichtungen der ehemaligen Klosterdörfer durch eine „Zehend-Ordnung" aufs neue, übrigens aber interessierte ihn Dobrilugk besonders als ein überaus großes und ergiebiges Jagd¬ gebiet. Er ließ also «eben dem Kloster im Geschmack der damals noch blühenden deutschen Renaissance ein hochgiebliges Schloß erbauen. Es ist fast unversehrt er¬ halten, ein fester nud zugleich zierlicher Bau von viereckigem Grundriß, mit einer niedrigen Mauer eingefaßt, vor der wieder ein breiter und tiefer Graben und eine zweite. Mauer liegt. Über den Graben führt zum Portal eine zweibogige Brücke, im Hofe erhebt sich ein schöner, schlanker Turm; außerdem fallen gewaltige kupferne Negenspeier und eine zierliche Galerie des ersten Stockes mit guter Steinmetzarbeit auf. Das ganze Bauwerk zeigt den dänisch-sächsischen Geschmack der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts (s. Knrsächsische Streifzüge I, S. 191), namentlich der hübsche Brunnen, auf dessen Rand sich zwei oben durch Gebälk verbundne Säulen erheben, die einen Löwen mit dem sächsischen Wappen tragen, erinnert durchaus an den Brunnen der Lichtenburg bei Prettin, der derselben Zeit angehört. Schlimme Schicksale hat in dieser Zeit die ehrwürdige Klosterkirche erduldet. Da Dobrilugk nur noch ein kurfürstliches Jagdhaus war, so verfiel die große Kirche, die Pfarr¬ stelle wurde eingezogen, die Gutsinsafsen gingen nach Kirchhain zum Gottesdienste. Dazu kamen arge Verwüstungen im Dreißigjährigen Kriege. Im Jahre 1643 wurde die Kirche von den Schweden ausgebrannt und stand seitdem ohne Dach da. Noch heute zeigen die Ziegelpilaster im Innern Spuren von Wasserzehrnng, es muß also längere Zeit in die Kirche geschneit und geregnet haben. Eine Zeit der Regeneration für die denkwürdige Stätte brach im Jahre 1657 an, als lant dem Testament Johann Georgs des Ersten und nach einem Vertrage seiner Söhne die Niederlausitz und das Stift Merseburg und dazu auch die Ämter Dobrilugk und Finsterwalde an den Herzog Christian den Ersten von Sachsen-Merseburg über¬ gingen. Nun wurde das Dobrilugker Jagdschloß bis zum Jahre 1738, wo die Merseburger Linie des sächsischen Kurhauses ausstarb, auf kürzere oder längere Zeit Residenz, und so kam der tüchtige Herzog Christian der Erste ans den Gedanken, sowohl wegen „Unterbringung der Hofsleute, als auch sonsten wegen der Hmidwergks Leute, welche des dergleichen Hoffstatt fast täglich, ja stündlich nicht Wohl zu ent- rathen . . ., an diesem zur Nahrung fast bequem gelegnen Orte eine Stadt anbauen zu lassen." Der Plan dazu ist in'einer am 2. Mai 1664 zu Merseburg datierten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/598>, abgerufen am 17.06.2024.