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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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obern Teil des Schaftes. Sie wurde dann von dem Komnenen Manuel restauriert
und trug nun ein vergoldetes Kreuz, das die Türken natürlich abrissen. Im
übrigen ließen sie die Säule stehn und restaurierten sie sogar zu der Trauergestalt,
die sie jetzt abgibt.

Wir hielten erst an der Moschee Laleli-Dschami und drangen dann mit dem
Kompaß in der Hand unverzagt nordwärts vor, an einem tiefliegenden Brunnen
und der trocknen Phokaszisterne vorbet zur Moschee Schah-Sadö (d. h. Prinzen¬
moschee), die im sechzehnten Jahrhundert durch Siuau, den größten Baumeister
der Osmanen, erbaut wurde. Sie gehört zu den schönsten Bauwerken Konstan¬
tinopels und ist ein Heller Kuppelbau, dem durch nicht weniger als 214 Fenster
Licht zugeführt wird. Ein ganzes Netz übereinandergebcmter Kuppeln und Halb-
kuppeln, die auseinander herauszuwachsen scheinen, verleiht dem Gebäude große
Eleganz und Leichtigkeit, während der Wechsel von roten und weißen Steinen nach
meinem Geschmack etwas Unruhiges hat. Koransprüche zieren in riesengroßen
Buchstaben auf blaue Schilder gemalt die Ecken und Pfeiler. Auch hier gab es
wieder Skandal wegen des Trinkgelds. Die türkischen Otjas dürfen eigentlich gar
nichts beanspruchen, sind aber durch die ängstlichen und unsichern Fremden ver¬
wöhnt worden.

Nun gingen wir weiter durch menschenleere Straßen in die richtige "ver-
botne Stadt" hinein. Da ich großen Durst hatte, drehte ich einen Wasserhahn
auf, der über einem Steinbecken aus einer verfallnen Mauer ragte, und trank.
Ich ließ dabei den Hahn vielleicht etwas länger offen, als unbedingt nötig war,
und wurde deswegen von einem Turbanträger, der mit mehreren andern des Weges
kam, scharf zur Rede gestellt. Zum Glück verstand ich' sein Geschimpfe nicht und
beeilte mich, mein Versehen wieder gut zu machen. Obwohl die Stadt durch gro߬
artige Leitungen aus den Reservoirs am Bosporus reichlich mit Wasser versehen
wird und zumal im Frühjahr kein Mangel daran herrscht, steckt dem Türken doch,
was die Sparsamkeit mit dem Wasser betrifft, noch immer der Wüstennomade
im Blute.

Vor Schreck über diese Kollision an einem Orte, wo man so recht das Gefühl
hatte, auf Nimmerwiederkehren verschwinden zu können, gingen wir, um unsre
Lebensgeister aufzufrischen, in das nächste Cafe, das uns ausstieß, das erste echt
türkische in der echten Türkenstadt, das wir besuchten. Vor dem niedrigen Hause
hockten unter zwei Platanen auf niedrigen Holzschemeln ein paar alte, schweigsame
Langbarte, die Kaffeetassen in der Hand; dem einen brachte ein buutgeschürzter
Aufwärter gerade die Wasserpfeife, während die andern aus dem Tschibuk "Tabak
tranken," wie der Türke sagt. Diese lange Weichselrohrpfetfe ist ja der Zauberstab,
der die Türken ans einem der nllerunruhigsten zu einem der allerruhigsteu Völker
gemacht hat. Jetzt wird sie immer seltner, und das moderne Zigarrettenranchen
greift immer mehr um sich. Wir setzten uns nicht zu diesen schweigsamen Rnnchern,
sondern in die niedrige und enge Kaffeestube selbst hinein und schlürften bald das
heiße, satzreiche, ungezuckerte Getränk aus deu kleinen Porzcllantnssen. Mich
wandelte die Lust an, auch einmal die Wasserpfeife zu probieren, ich ließ mir eine
solche Nargileh kommen, und da ich mich ihr nicht gewachsen zeigte, so machte mir
der Aufwärter mit gewaltsamen Brustbewegnngcn mimisch vor, wie ich ziehn sollte.
Lieber drei steile Berge Hinaufkletten als eine Nargileh rauchen! Die Lunge muß
anhaltend mit vollster Kraft arbeiten, wenn man den Tabak brennend erhalten
will. Denn der Weg von ihm durch den Schlauch zum Munde ist gar zu weit.
Ich wollte mir auch Haschisch (Hanf) unter den Tabak mischen lassen, aber mein
Genosse bat mich flehentlich, dies zu unterlassen, weil ich sonst im Haschischransch
Dummheiten verüben oder untransportabel werden könne.

Unser nächstes Ziel, die Marcicmssciule, war nicht leicht zu finden. Wir
mußten lange nach dem "Kuh Tahas," wie der Türke sie nennt, herumfragen, und
auch als wir ihr schiefes, bizarres, mit noch einem Adler Von ursprünglich Vieren


Aonstantinc>xc>litauische Reiseerlebnisse

obern Teil des Schaftes. Sie wurde dann von dem Komnenen Manuel restauriert
und trug nun ein vergoldetes Kreuz, das die Türken natürlich abrissen. Im
übrigen ließen sie die Säule stehn und restaurierten sie sogar zu der Trauergestalt,
die sie jetzt abgibt.

Wir hielten erst an der Moschee Laleli-Dschami und drangen dann mit dem
Kompaß in der Hand unverzagt nordwärts vor, an einem tiefliegenden Brunnen
und der trocknen Phokaszisterne vorbet zur Moschee Schah-Sadö (d. h. Prinzen¬
moschee), die im sechzehnten Jahrhundert durch Siuau, den größten Baumeister
der Osmanen, erbaut wurde. Sie gehört zu den schönsten Bauwerken Konstan¬
tinopels und ist ein Heller Kuppelbau, dem durch nicht weniger als 214 Fenster
Licht zugeführt wird. Ein ganzes Netz übereinandergebcmter Kuppeln und Halb-
kuppeln, die auseinander herauszuwachsen scheinen, verleiht dem Gebäude große
Eleganz und Leichtigkeit, während der Wechsel von roten und weißen Steinen nach
meinem Geschmack etwas Unruhiges hat. Koransprüche zieren in riesengroßen
Buchstaben auf blaue Schilder gemalt die Ecken und Pfeiler. Auch hier gab es
wieder Skandal wegen des Trinkgelds. Die türkischen Otjas dürfen eigentlich gar
nichts beanspruchen, sind aber durch die ängstlichen und unsichern Fremden ver¬
wöhnt worden.

Nun gingen wir weiter durch menschenleere Straßen in die richtige „ver-
botne Stadt" hinein. Da ich großen Durst hatte, drehte ich einen Wasserhahn
auf, der über einem Steinbecken aus einer verfallnen Mauer ragte, und trank.
Ich ließ dabei den Hahn vielleicht etwas länger offen, als unbedingt nötig war,
und wurde deswegen von einem Turbanträger, der mit mehreren andern des Weges
kam, scharf zur Rede gestellt. Zum Glück verstand ich' sein Geschimpfe nicht und
beeilte mich, mein Versehen wieder gut zu machen. Obwohl die Stadt durch gro߬
artige Leitungen aus den Reservoirs am Bosporus reichlich mit Wasser versehen
wird und zumal im Frühjahr kein Mangel daran herrscht, steckt dem Türken doch,
was die Sparsamkeit mit dem Wasser betrifft, noch immer der Wüstennomade
im Blute.

Vor Schreck über diese Kollision an einem Orte, wo man so recht das Gefühl
hatte, auf Nimmerwiederkehren verschwinden zu können, gingen wir, um unsre
Lebensgeister aufzufrischen, in das nächste Cafe, das uns ausstieß, das erste echt
türkische in der echten Türkenstadt, das wir besuchten. Vor dem niedrigen Hause
hockten unter zwei Platanen auf niedrigen Holzschemeln ein paar alte, schweigsame
Langbarte, die Kaffeetassen in der Hand; dem einen brachte ein buutgeschürzter
Aufwärter gerade die Wasserpfeife, während die andern aus dem Tschibuk „Tabak
tranken," wie der Türke sagt. Diese lange Weichselrohrpfetfe ist ja der Zauberstab,
der die Türken ans einem der nllerunruhigsten zu einem der allerruhigsteu Völker
gemacht hat. Jetzt wird sie immer seltner, und das moderne Zigarrettenranchen
greift immer mehr um sich. Wir setzten uns nicht zu diesen schweigsamen Rnnchern,
sondern in die niedrige und enge Kaffeestube selbst hinein und schlürften bald das
heiße, satzreiche, ungezuckerte Getränk aus deu kleinen Porzcllantnssen. Mich
wandelte die Lust an, auch einmal die Wasserpfeife zu probieren, ich ließ mir eine
solche Nargileh kommen, und da ich mich ihr nicht gewachsen zeigte, so machte mir
der Aufwärter mit gewaltsamen Brustbewegnngcn mimisch vor, wie ich ziehn sollte.
Lieber drei steile Berge Hinaufkletten als eine Nargileh rauchen! Die Lunge muß
anhaltend mit vollster Kraft arbeiten, wenn man den Tabak brennend erhalten
will. Denn der Weg von ihm durch den Schlauch zum Munde ist gar zu weit.
Ich wollte mir auch Haschisch (Hanf) unter den Tabak mischen lassen, aber mein
Genosse bat mich flehentlich, dies zu unterlassen, weil ich sonst im Haschischransch
Dummheiten verüben oder untransportabel werden könne.

Unser nächstes Ziel, die Marcicmssciule, war nicht leicht zu finden. Wir
mußten lange nach dem „Kuh Tahas," wie der Türke sie nennt, herumfragen, und
auch als wir ihr schiefes, bizarres, mit noch einem Adler Von ursprünglich Vieren


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[0574] Aonstantinc>xc>litauische Reiseerlebnisse obern Teil des Schaftes. Sie wurde dann von dem Komnenen Manuel restauriert und trug nun ein vergoldetes Kreuz, das die Türken natürlich abrissen. Im übrigen ließen sie die Säule stehn und restaurierten sie sogar zu der Trauergestalt, die sie jetzt abgibt. Wir hielten erst an der Moschee Laleli-Dschami und drangen dann mit dem Kompaß in der Hand unverzagt nordwärts vor, an einem tiefliegenden Brunnen und der trocknen Phokaszisterne vorbet zur Moschee Schah-Sadö (d. h. Prinzen¬ moschee), die im sechzehnten Jahrhundert durch Siuau, den größten Baumeister der Osmanen, erbaut wurde. Sie gehört zu den schönsten Bauwerken Konstan¬ tinopels und ist ein Heller Kuppelbau, dem durch nicht weniger als 214 Fenster Licht zugeführt wird. Ein ganzes Netz übereinandergebcmter Kuppeln und Halb- kuppeln, die auseinander herauszuwachsen scheinen, verleiht dem Gebäude große Eleganz und Leichtigkeit, während der Wechsel von roten und weißen Steinen nach meinem Geschmack etwas Unruhiges hat. Koransprüche zieren in riesengroßen Buchstaben auf blaue Schilder gemalt die Ecken und Pfeiler. Auch hier gab es wieder Skandal wegen des Trinkgelds. Die türkischen Otjas dürfen eigentlich gar nichts beanspruchen, sind aber durch die ängstlichen und unsichern Fremden ver¬ wöhnt worden. Nun gingen wir weiter durch menschenleere Straßen in die richtige „ver- botne Stadt" hinein. Da ich großen Durst hatte, drehte ich einen Wasserhahn auf, der über einem Steinbecken aus einer verfallnen Mauer ragte, und trank. Ich ließ dabei den Hahn vielleicht etwas länger offen, als unbedingt nötig war, und wurde deswegen von einem Turbanträger, der mit mehreren andern des Weges kam, scharf zur Rede gestellt. Zum Glück verstand ich' sein Geschimpfe nicht und beeilte mich, mein Versehen wieder gut zu machen. Obwohl die Stadt durch gro߬ artige Leitungen aus den Reservoirs am Bosporus reichlich mit Wasser versehen wird und zumal im Frühjahr kein Mangel daran herrscht, steckt dem Türken doch, was die Sparsamkeit mit dem Wasser betrifft, noch immer der Wüstennomade im Blute. Vor Schreck über diese Kollision an einem Orte, wo man so recht das Gefühl hatte, auf Nimmerwiederkehren verschwinden zu können, gingen wir, um unsre Lebensgeister aufzufrischen, in das nächste Cafe, das uns ausstieß, das erste echt türkische in der echten Türkenstadt, das wir besuchten. Vor dem niedrigen Hause hockten unter zwei Platanen auf niedrigen Holzschemeln ein paar alte, schweigsame Langbarte, die Kaffeetassen in der Hand; dem einen brachte ein buutgeschürzter Aufwärter gerade die Wasserpfeife, während die andern aus dem Tschibuk „Tabak tranken," wie der Türke sagt. Diese lange Weichselrohrpfetfe ist ja der Zauberstab, der die Türken ans einem der nllerunruhigsten zu einem der allerruhigsteu Völker gemacht hat. Jetzt wird sie immer seltner, und das moderne Zigarrettenranchen greift immer mehr um sich. Wir setzten uns nicht zu diesen schweigsamen Rnnchern, sondern in die niedrige und enge Kaffeestube selbst hinein und schlürften bald das heiße, satzreiche, ungezuckerte Getränk aus deu kleinen Porzcllantnssen. Mich wandelte die Lust an, auch einmal die Wasserpfeife zu probieren, ich ließ mir eine solche Nargileh kommen, und da ich mich ihr nicht gewachsen zeigte, so machte mir der Aufwärter mit gewaltsamen Brustbewegnngcn mimisch vor, wie ich ziehn sollte. Lieber drei steile Berge Hinaufkletten als eine Nargileh rauchen! Die Lunge muß anhaltend mit vollster Kraft arbeiten, wenn man den Tabak brennend erhalten will. Denn der Weg von ihm durch den Schlauch zum Munde ist gar zu weit. Ich wollte mir auch Haschisch (Hanf) unter den Tabak mischen lassen, aber mein Genosse bat mich flehentlich, dies zu unterlassen, weil ich sonst im Haschischransch Dummheiten verüben oder untransportabel werden könne. Unser nächstes Ziel, die Marcicmssciule, war nicht leicht zu finden. Wir mußten lange nach dem „Kuh Tahas," wie der Türke sie nennt, herumfragen, und auch als wir ihr schiefes, bizarres, mit noch einem Adler Von ursprünglich Vieren

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/574>, abgerufen am 20.05.2024.