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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Verwischte Spuren

ellendick ist und Lastwagen tragt; im Westen verbrämt nur ein schwacher, blaß-
goldner Rand die kleinen roten Wolken, und im Norden ist der Horizont schon
dunkelstahlblau mit einem Ton wie Rauchtopns.

Jenseits des Sees warten die Schlitten; wir packen uns warm ein, die Faust¬
handschuhe werden angezogen, die Kragen aufgeschlagen, und dann geht es heim¬
wärts -- wir haben eine gute Stunde Wegs. In hausender Fahrt bergauf, bergab;
die blauen Schatten der Blockhäuser werden tiefer und tiefer, hier und dort wird
schon Licht angezündet -- und da fühlt man die Kälte doppelt. Denn jetzt ist es
kalt, bitter kalt trotz der Windstille, und jetzt merkt man auch, daß man sich den
ganzen Tag in freier Luft bewegt hat, und daß man ein Verlangen nach Wärme
und nach Speise empfindet -- vorläufig hauptsächlich nach Wärme.

Einer aus unsrer Schlittengesellschaft -- es ist natürlich der lange Oberst¬
leutnant -- kommt plötzlich, als wir am allermeisten frieren, ans den Einfall, uns
das prasselnde Feuer ans Birkenscheiten in dem Kachelofen des Hotels zu schildern,
und nach einer Weile hat er sogar die Frechheit, uns zu fragen, ob wir, wenn
uns die Wahl gestellt würde, einem Teller dampfender gelber Erbsen, hier auf dem
Schlitten serviert, oder einer glühend heißen Wildbretpastete mit krosser, geborstner
Teigkruste und saftiger, getrüffelter Füllung den Vorzug geben würden. Wir können
alle zusammen die Herrlichkeiten riechen und schmecken, während er spricht, und wir
können die Birkenscheite hören und sehen, aber wir antworten ihm nicht, wir frieren
verstimmt weiter, und ich persönlich entsinne mich, wie dieser boshafte Jagdgenosse
im vorigen Jahr am 16. Juli, als wir in sengender Sonnenglut einen ganzen Tag
im Ödumer Moor arbeiteten und nahe daran waren, vor Durst zu verschmachten,
plötzlich unsre Leidenschaften aufstachelte, indem er die Frage aufwarf, ob man in
dieseni Augenblick lieber einen Krug eiskalten Münchner Bieres oder eine halbe Flasche
kellertempenerten Mosel trinken würde. Die Wirkung war denn doch noch größer.

Jetzt nähern wir uns der kleinen Stadt, die sich um die Bahnstation ange¬
siedelt hat; die winzigen elektrischen Glühlampen an den Telegraphenstangen werfen
schmale Lichtstreifen auf den Schnee, wir sausen durch die "Hauptstraße," biegen
auf den "Marktplatz" ein und halten schließlich vor dem Hotel.

Fünf Minuten später sind wir der einen Seligkeit teilhaftig geworden, von
der wir ans dem ganzen Wege geträumt haben: wir liegen ohne Überkleider und
ohne Stiefel auf dem Bett in einem warmen Zimmer, und nun haben wir noch
eine ganze Stunde vor uns, in der wir mit der Pfeife im Munde unsern Appetit
zu dem späten Mittagessen schärfen können.

Der Oberstleutnant Pflegt zu sagen, daß die Stunde das beste bei deu Jagde"
in Smcialcmd sei. Das ist natürlich auch Übertreibung, aber eine wunderbare Stunde
ist es doch. Es kommt kein andres Licht in das Zimmer als der gedämpfte, rotgelbe
Schein, den die glühenden Birkenscheite im Ofen verbreiten, draußen aber funkeln
die Sterne an dem dunkeln Himmel und glitzern auf der Schneedecke da unten.

Der Oberstleutnant und ich sind Zimmergefährten; wir schlafen nicht, eigentlich
wach sind wir aber auch nicht: Wir können noch so eben das Feuer in unsern
Pfeifen im Gange halten.

Sich nur, wie rein und weich der Schnee da draußen liegt, sage ich, im
Grunde nur um zu dokumentieren, daß ich nicht eingeschlafen bin.

In, antwortet er, ich war auch gerade in dieselbe Betrachtung versunken, und
weißt du, an wen ich dabei denken mußte? An Betty Lange -- erinnerst du dich
ihrer wohl noch?

Betty Lange? -- Nein.

Freilich, die hübsche Mamsell auf Arvedgnard -- ihrer mußt du dich doch
noch entsinnen!

Ob ich mich ihrer entsinnel Auf Arvedgaard hatte ich ja schon als Schüler
verkehrt, und ich hatte den Verkehr fortgesetzt, so lange die brave, gestrenge Herrin,
meines Freundes Hilmars Mutter, lebte, und Betty, die war ja gerade in meinen


Grenzboten IV 1905 96
Verwischte Spuren

ellendick ist und Lastwagen tragt; im Westen verbrämt nur ein schwacher, blaß-
goldner Rand die kleinen roten Wolken, und im Norden ist der Horizont schon
dunkelstahlblau mit einem Ton wie Rauchtopns.

Jenseits des Sees warten die Schlitten; wir packen uns warm ein, die Faust¬
handschuhe werden angezogen, die Kragen aufgeschlagen, und dann geht es heim¬
wärts — wir haben eine gute Stunde Wegs. In hausender Fahrt bergauf, bergab;
die blauen Schatten der Blockhäuser werden tiefer und tiefer, hier und dort wird
schon Licht angezündet — und da fühlt man die Kälte doppelt. Denn jetzt ist es
kalt, bitter kalt trotz der Windstille, und jetzt merkt man auch, daß man sich den
ganzen Tag in freier Luft bewegt hat, und daß man ein Verlangen nach Wärme
und nach Speise empfindet — vorläufig hauptsächlich nach Wärme.

Einer aus unsrer Schlittengesellschaft — es ist natürlich der lange Oberst¬
leutnant — kommt plötzlich, als wir am allermeisten frieren, ans den Einfall, uns
das prasselnde Feuer ans Birkenscheiten in dem Kachelofen des Hotels zu schildern,
und nach einer Weile hat er sogar die Frechheit, uns zu fragen, ob wir, wenn
uns die Wahl gestellt würde, einem Teller dampfender gelber Erbsen, hier auf dem
Schlitten serviert, oder einer glühend heißen Wildbretpastete mit krosser, geborstner
Teigkruste und saftiger, getrüffelter Füllung den Vorzug geben würden. Wir können
alle zusammen die Herrlichkeiten riechen und schmecken, während er spricht, und wir
können die Birkenscheite hören und sehen, aber wir antworten ihm nicht, wir frieren
verstimmt weiter, und ich persönlich entsinne mich, wie dieser boshafte Jagdgenosse
im vorigen Jahr am 16. Juli, als wir in sengender Sonnenglut einen ganzen Tag
im Ödumer Moor arbeiteten und nahe daran waren, vor Durst zu verschmachten,
plötzlich unsre Leidenschaften aufstachelte, indem er die Frage aufwarf, ob man in
dieseni Augenblick lieber einen Krug eiskalten Münchner Bieres oder eine halbe Flasche
kellertempenerten Mosel trinken würde. Die Wirkung war denn doch noch größer.

Jetzt nähern wir uns der kleinen Stadt, die sich um die Bahnstation ange¬
siedelt hat; die winzigen elektrischen Glühlampen an den Telegraphenstangen werfen
schmale Lichtstreifen auf den Schnee, wir sausen durch die „Hauptstraße," biegen
auf den „Marktplatz" ein und halten schließlich vor dem Hotel.

Fünf Minuten später sind wir der einen Seligkeit teilhaftig geworden, von
der wir ans dem ganzen Wege geträumt haben: wir liegen ohne Überkleider und
ohne Stiefel auf dem Bett in einem warmen Zimmer, und nun haben wir noch
eine ganze Stunde vor uns, in der wir mit der Pfeife im Munde unsern Appetit
zu dem späten Mittagessen schärfen können.

Der Oberstleutnant Pflegt zu sagen, daß die Stunde das beste bei deu Jagde«
in Smcialcmd sei. Das ist natürlich auch Übertreibung, aber eine wunderbare Stunde
ist es doch. Es kommt kein andres Licht in das Zimmer als der gedämpfte, rotgelbe
Schein, den die glühenden Birkenscheite im Ofen verbreiten, draußen aber funkeln
die Sterne an dem dunkeln Himmel und glitzern auf der Schneedecke da unten.

Der Oberstleutnant und ich sind Zimmergefährten; wir schlafen nicht, eigentlich
wach sind wir aber auch nicht: Wir können noch so eben das Feuer in unsern
Pfeifen im Gange halten.

Sich nur, wie rein und weich der Schnee da draußen liegt, sage ich, im
Grunde nur um zu dokumentieren, daß ich nicht eingeschlafen bin.

In, antwortet er, ich war auch gerade in dieselbe Betrachtung versunken, und
weißt du, an wen ich dabei denken mußte? An Betty Lange — erinnerst du dich
ihrer wohl noch?

Betty Lange? — Nein.

Freilich, die hübsche Mamsell auf Arvedgnard — ihrer mußt du dich doch
noch entsinnen!

Ob ich mich ihrer entsinnel Auf Arvedgaard hatte ich ja schon als Schüler
verkehrt, und ich hatte den Verkehr fortgesetzt, so lange die brave, gestrenge Herrin,
meines Freundes Hilmars Mutter, lebte, und Betty, die war ja gerade in meinen


Grenzboten IV 1905 96
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[0741] Verwischte Spuren ellendick ist und Lastwagen tragt; im Westen verbrämt nur ein schwacher, blaß- goldner Rand die kleinen roten Wolken, und im Norden ist der Horizont schon dunkelstahlblau mit einem Ton wie Rauchtopns. Jenseits des Sees warten die Schlitten; wir packen uns warm ein, die Faust¬ handschuhe werden angezogen, die Kragen aufgeschlagen, und dann geht es heim¬ wärts — wir haben eine gute Stunde Wegs. In hausender Fahrt bergauf, bergab; die blauen Schatten der Blockhäuser werden tiefer und tiefer, hier und dort wird schon Licht angezündet — und da fühlt man die Kälte doppelt. Denn jetzt ist es kalt, bitter kalt trotz der Windstille, und jetzt merkt man auch, daß man sich den ganzen Tag in freier Luft bewegt hat, und daß man ein Verlangen nach Wärme und nach Speise empfindet — vorläufig hauptsächlich nach Wärme. Einer aus unsrer Schlittengesellschaft — es ist natürlich der lange Oberst¬ leutnant — kommt plötzlich, als wir am allermeisten frieren, ans den Einfall, uns das prasselnde Feuer ans Birkenscheiten in dem Kachelofen des Hotels zu schildern, und nach einer Weile hat er sogar die Frechheit, uns zu fragen, ob wir, wenn uns die Wahl gestellt würde, einem Teller dampfender gelber Erbsen, hier auf dem Schlitten serviert, oder einer glühend heißen Wildbretpastete mit krosser, geborstner Teigkruste und saftiger, getrüffelter Füllung den Vorzug geben würden. Wir können alle zusammen die Herrlichkeiten riechen und schmecken, während er spricht, und wir können die Birkenscheite hören und sehen, aber wir antworten ihm nicht, wir frieren verstimmt weiter, und ich persönlich entsinne mich, wie dieser boshafte Jagdgenosse im vorigen Jahr am 16. Juli, als wir in sengender Sonnenglut einen ganzen Tag im Ödumer Moor arbeiteten und nahe daran waren, vor Durst zu verschmachten, plötzlich unsre Leidenschaften aufstachelte, indem er die Frage aufwarf, ob man in dieseni Augenblick lieber einen Krug eiskalten Münchner Bieres oder eine halbe Flasche kellertempenerten Mosel trinken würde. Die Wirkung war denn doch noch größer. Jetzt nähern wir uns der kleinen Stadt, die sich um die Bahnstation ange¬ siedelt hat; die winzigen elektrischen Glühlampen an den Telegraphenstangen werfen schmale Lichtstreifen auf den Schnee, wir sausen durch die „Hauptstraße," biegen auf den „Marktplatz" ein und halten schließlich vor dem Hotel. Fünf Minuten später sind wir der einen Seligkeit teilhaftig geworden, von der wir ans dem ganzen Wege geträumt haben: wir liegen ohne Überkleider und ohne Stiefel auf dem Bett in einem warmen Zimmer, und nun haben wir noch eine ganze Stunde vor uns, in der wir mit der Pfeife im Munde unsern Appetit zu dem späten Mittagessen schärfen können. Der Oberstleutnant Pflegt zu sagen, daß die Stunde das beste bei deu Jagde« in Smcialcmd sei. Das ist natürlich auch Übertreibung, aber eine wunderbare Stunde ist es doch. Es kommt kein andres Licht in das Zimmer als der gedämpfte, rotgelbe Schein, den die glühenden Birkenscheite im Ofen verbreiten, draußen aber funkeln die Sterne an dem dunkeln Himmel und glitzern auf der Schneedecke da unten. Der Oberstleutnant und ich sind Zimmergefährten; wir schlafen nicht, eigentlich wach sind wir aber auch nicht: Wir können noch so eben das Feuer in unsern Pfeifen im Gange halten. Sich nur, wie rein und weich der Schnee da draußen liegt, sage ich, im Grunde nur um zu dokumentieren, daß ich nicht eingeschlafen bin. In, antwortet er, ich war auch gerade in dieselbe Betrachtung versunken, und weißt du, an wen ich dabei denken mußte? An Betty Lange — erinnerst du dich ihrer wohl noch? Betty Lange? — Nein. Freilich, die hübsche Mamsell auf Arvedgnard — ihrer mußt du dich doch noch entsinnen! Ob ich mich ihrer entsinnel Auf Arvedgaard hatte ich ja schon als Schüler verkehrt, und ich hatte den Verkehr fortgesetzt, so lange die brave, gestrenge Herrin, meines Freundes Hilmars Mutter, lebte, und Betty, die war ja gerade in meinen Grenzboten IV 1905 96

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/741>, abgerufen am 19.05.2024.