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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Herrenmenschen

gegen, unten versammelte sich, was es sonst noch an patriotischen Persönlichkeiten
im Orte gab, und das Volk durfte aus der Ferne zusehen. Und dann Pflegte der
große Augenblick zu kommen, wo der Herr Amtshauptmann sein Faß Bier spendete,
und das war der Anfang vom Ende; das Ende des Endes aber verbarg sich in
tiefer Nacht.

Seinen Anfang aber pflegte das Fest ungefähr so zu nehmen, wie die Masern
ausbrechen. Das heißt es kommen zuerst einzelne Fälle vor, dann breitet sich die
Seuche aus, und dann bilden sich ganze Krankheitsherde. So Pflegte auch am Tage
des Kriegerfestes der Patriotismus in Tapnicken zum Ausbruch zu kommen. Schon
lange vor Mittag traten einzelne Fälle von Festtrnnkenheit auf, und allemal war es
das Haus vou Päsch, wo der Patriotismus zuerst nusbrach. Im Laufe des Tages
nahm die Festfeier an Ausdehnung zu. Einzelne Väter kamen schon nicht mehr zu
Tisch. Die Jugend zog mit Fähnchen die Dorfstraße lang und rief Hurra, und
die Mütter schauten sorgenvoll in die Zukunft. Dann bildeten sich patriotische
Herde -- im Dorfkrug, am Hafen und bei Locken, und wenn es dunkel geworden
war, und das Trinken überhand genommen hatte, kam nach laugen Verzögerungen
der Festzug zustande, und es verursachte keine geringe Mühe, Päsch, der um diese
Zeit schon eine bedeutende Schwere angenommen hatte, aufs Pferd zu heben. Denn
Päsch führte das Kommando zufolge eigner Machtäußerung, und wer hätte es gewagt,
der rechten Hand des Allgewaltigen auf dem Amte dieses Recht zu bestreiten?

So Pflegte der Verlauf des Festes zu sein, und so gestaltete sich das Fest
auch in dem Jahre, wo unsre Geschichte spielt. Es hatte Mühe gekostet, den
Doktor zu bewegen, daß er sich daran beteiligte. Er brachte Entschuldigungen
vor, daß er keine Zeit und auch nicht die rechte Stimmung für hiesige patriotische
Feiern habe, aber Schwechtiug erwiderte: Dummes Zeug, Doktor! In Berlin fiele
mirs mich nicht ein, Amiens zu feiern, aber hier, wo ein Unterschied zwischen dem
deutschen Rock und der litauischen Jacke ist, da muß man mitmachen, auch wenn
Gropposf dabei ist. Und Sie werden sich doch wohl nicht den Anschein geben
wollen, als wenn Sie sich fürchteten?

Das wollte nun der Doktor allerdings nicht, und so nahm er denn mit
Schwcchting und andern Röcke tragenden Leuten aus Tapnicken und von auswärts
Aufstellung in der Tür des Kurhauses, während Gropposf und sein Stab den
Balkon betraten.

Man wartete geraume Zeit. Endlich kamen sie. Von fern her hörte man
die dumpfen Schläge einer Panke. Eine Pauke hatten sie allerdings nicht, sondern
die quer vor den Bauch ihres Trägers gehängte Feuertroinmel, die mit einem
Holzlöffel bearbeitet wurde. Dann vernahm man die Töne einer Art von Musik,
die von zwei Ziehharmonikas, einer Guitarre und einer Querpfeife gemacht wurde.
Dazwischen erklangen mit größter Anstrengung geblasne Trompetensignnle von
kuhhornähnlichem Klänge. Jetzt kam der Zug heran. Zuerst die Musik, und dann
zwei Mann, die von Zeit zu Zeit Magnesiumstreichhölzer aufflammen ließen, und
dann Päsch, der bedenklich schief auf dem Pferde saß und mit schwerer Zunge und
ohne sichtlichen Erfolg seinen Grui kommandierte. Hierauf folgte die Fahne. Man
hatte, um etwas Fahnenähnliches herzustellen, einen Schiffswimpel an eine Stange
genagelt. Und endlich kamen die Mannen, zwei und zwei mit geschultertem
Spazierstock. Nicht ohne einiges Parlamentieren marschierte der Zug auf. Päsch
ritt vor die Mitte, gebot Rrrruhe, setzte ein paarmal vergeblich an und brachte
dann sein Hoch folgendermaßen heraus: Derrr heutige Tag -- derrr heutige Tag
von Amiens, an welchem das -- Rrrregiment die verfluchten Rrrrothosen -- be-
drrrückt hat, und wo die prrreußische Schneid existiert hat, der lebe hoch! hoch!
hoch! -- Kameraden, nun wolln wir einmal, fuhr Päsch fort, einen Parrrade-
warsch vor dem Herrn Amtshauptmann machen. In Sektionen links schwenkt,
barsch. Parrrademarsch -- in Sektionen -- Donnerwetter, Musik! Wo bleibt
denn die Musik?


Grenzboten II 1905 57
Herrenmenschen

gegen, unten versammelte sich, was es sonst noch an patriotischen Persönlichkeiten
im Orte gab, und das Volk durfte aus der Ferne zusehen. Und dann Pflegte der
große Augenblick zu kommen, wo der Herr Amtshauptmann sein Faß Bier spendete,
und das war der Anfang vom Ende; das Ende des Endes aber verbarg sich in
tiefer Nacht.

Seinen Anfang aber pflegte das Fest ungefähr so zu nehmen, wie die Masern
ausbrechen. Das heißt es kommen zuerst einzelne Fälle vor, dann breitet sich die
Seuche aus, und dann bilden sich ganze Krankheitsherde. So Pflegte auch am Tage
des Kriegerfestes der Patriotismus in Tapnicken zum Ausbruch zu kommen. Schon
lange vor Mittag traten einzelne Fälle von Festtrnnkenheit auf, und allemal war es
das Haus vou Päsch, wo der Patriotismus zuerst nusbrach. Im Laufe des Tages
nahm die Festfeier an Ausdehnung zu. Einzelne Väter kamen schon nicht mehr zu
Tisch. Die Jugend zog mit Fähnchen die Dorfstraße lang und rief Hurra, und
die Mütter schauten sorgenvoll in die Zukunft. Dann bildeten sich patriotische
Herde — im Dorfkrug, am Hafen und bei Locken, und wenn es dunkel geworden
war, und das Trinken überhand genommen hatte, kam nach laugen Verzögerungen
der Festzug zustande, und es verursachte keine geringe Mühe, Päsch, der um diese
Zeit schon eine bedeutende Schwere angenommen hatte, aufs Pferd zu heben. Denn
Päsch führte das Kommando zufolge eigner Machtäußerung, und wer hätte es gewagt,
der rechten Hand des Allgewaltigen auf dem Amte dieses Recht zu bestreiten?

So Pflegte der Verlauf des Festes zu sein, und so gestaltete sich das Fest
auch in dem Jahre, wo unsre Geschichte spielt. Es hatte Mühe gekostet, den
Doktor zu bewegen, daß er sich daran beteiligte. Er brachte Entschuldigungen
vor, daß er keine Zeit und auch nicht die rechte Stimmung für hiesige patriotische
Feiern habe, aber Schwechtiug erwiderte: Dummes Zeug, Doktor! In Berlin fiele
mirs mich nicht ein, Amiens zu feiern, aber hier, wo ein Unterschied zwischen dem
deutschen Rock und der litauischen Jacke ist, da muß man mitmachen, auch wenn
Gropposf dabei ist. Und Sie werden sich doch wohl nicht den Anschein geben
wollen, als wenn Sie sich fürchteten?

Das wollte nun der Doktor allerdings nicht, und so nahm er denn mit
Schwcchting und andern Röcke tragenden Leuten aus Tapnicken und von auswärts
Aufstellung in der Tür des Kurhauses, während Gropposf und sein Stab den
Balkon betraten.

Man wartete geraume Zeit. Endlich kamen sie. Von fern her hörte man
die dumpfen Schläge einer Panke. Eine Pauke hatten sie allerdings nicht, sondern
die quer vor den Bauch ihres Trägers gehängte Feuertroinmel, die mit einem
Holzlöffel bearbeitet wurde. Dann vernahm man die Töne einer Art von Musik,
die von zwei Ziehharmonikas, einer Guitarre und einer Querpfeife gemacht wurde.
Dazwischen erklangen mit größter Anstrengung geblasne Trompetensignnle von
kuhhornähnlichem Klänge. Jetzt kam der Zug heran. Zuerst die Musik, und dann
zwei Mann, die von Zeit zu Zeit Magnesiumstreichhölzer aufflammen ließen, und
dann Päsch, der bedenklich schief auf dem Pferde saß und mit schwerer Zunge und
ohne sichtlichen Erfolg seinen Grui kommandierte. Hierauf folgte die Fahne. Man
hatte, um etwas Fahnenähnliches herzustellen, einen Schiffswimpel an eine Stange
genagelt. Und endlich kamen die Mannen, zwei und zwei mit geschultertem
Spazierstock. Nicht ohne einiges Parlamentieren marschierte der Zug auf. Päsch
ritt vor die Mitte, gebot Rrrruhe, setzte ein paarmal vergeblich an und brachte
dann sein Hoch folgendermaßen heraus: Derrr heutige Tag — derrr heutige Tag
von Amiens, an welchem das — Rrrregiment die verfluchten Rrrrothosen — be-
drrrückt hat, und wo die prrreußische Schneid existiert hat, der lebe hoch! hoch!
hoch! — Kameraden, nun wolln wir einmal, fuhr Päsch fort, einen Parrrade-
warsch vor dem Herrn Amtshauptmann machen. In Sektionen links schwenkt,
barsch. Parrrademarsch — in Sektionen — Donnerwetter, Musik! Wo bleibt
denn die Musik?


Grenzboten II 1905 57
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[0453] Herrenmenschen gegen, unten versammelte sich, was es sonst noch an patriotischen Persönlichkeiten im Orte gab, und das Volk durfte aus der Ferne zusehen. Und dann Pflegte der große Augenblick zu kommen, wo der Herr Amtshauptmann sein Faß Bier spendete, und das war der Anfang vom Ende; das Ende des Endes aber verbarg sich in tiefer Nacht. Seinen Anfang aber pflegte das Fest ungefähr so zu nehmen, wie die Masern ausbrechen. Das heißt es kommen zuerst einzelne Fälle vor, dann breitet sich die Seuche aus, und dann bilden sich ganze Krankheitsherde. So Pflegte auch am Tage des Kriegerfestes der Patriotismus in Tapnicken zum Ausbruch zu kommen. Schon lange vor Mittag traten einzelne Fälle von Festtrnnkenheit auf, und allemal war es das Haus vou Päsch, wo der Patriotismus zuerst nusbrach. Im Laufe des Tages nahm die Festfeier an Ausdehnung zu. Einzelne Väter kamen schon nicht mehr zu Tisch. Die Jugend zog mit Fähnchen die Dorfstraße lang und rief Hurra, und die Mütter schauten sorgenvoll in die Zukunft. Dann bildeten sich patriotische Herde — im Dorfkrug, am Hafen und bei Locken, und wenn es dunkel geworden war, und das Trinken überhand genommen hatte, kam nach laugen Verzögerungen der Festzug zustande, und es verursachte keine geringe Mühe, Päsch, der um diese Zeit schon eine bedeutende Schwere angenommen hatte, aufs Pferd zu heben. Denn Päsch führte das Kommando zufolge eigner Machtäußerung, und wer hätte es gewagt, der rechten Hand des Allgewaltigen auf dem Amte dieses Recht zu bestreiten? So Pflegte der Verlauf des Festes zu sein, und so gestaltete sich das Fest auch in dem Jahre, wo unsre Geschichte spielt. Es hatte Mühe gekostet, den Doktor zu bewegen, daß er sich daran beteiligte. Er brachte Entschuldigungen vor, daß er keine Zeit und auch nicht die rechte Stimmung für hiesige patriotische Feiern habe, aber Schwechtiug erwiderte: Dummes Zeug, Doktor! In Berlin fiele mirs mich nicht ein, Amiens zu feiern, aber hier, wo ein Unterschied zwischen dem deutschen Rock und der litauischen Jacke ist, da muß man mitmachen, auch wenn Gropposf dabei ist. Und Sie werden sich doch wohl nicht den Anschein geben wollen, als wenn Sie sich fürchteten? Das wollte nun der Doktor allerdings nicht, und so nahm er denn mit Schwcchting und andern Röcke tragenden Leuten aus Tapnicken und von auswärts Aufstellung in der Tür des Kurhauses, während Gropposf und sein Stab den Balkon betraten. Man wartete geraume Zeit. Endlich kamen sie. Von fern her hörte man die dumpfen Schläge einer Panke. Eine Pauke hatten sie allerdings nicht, sondern die quer vor den Bauch ihres Trägers gehängte Feuertroinmel, die mit einem Holzlöffel bearbeitet wurde. Dann vernahm man die Töne einer Art von Musik, die von zwei Ziehharmonikas, einer Guitarre und einer Querpfeife gemacht wurde. Dazwischen erklangen mit größter Anstrengung geblasne Trompetensignnle von kuhhornähnlichem Klänge. Jetzt kam der Zug heran. Zuerst die Musik, und dann zwei Mann, die von Zeit zu Zeit Magnesiumstreichhölzer aufflammen ließen, und dann Päsch, der bedenklich schief auf dem Pferde saß und mit schwerer Zunge und ohne sichtlichen Erfolg seinen Grui kommandierte. Hierauf folgte die Fahne. Man hatte, um etwas Fahnenähnliches herzustellen, einen Schiffswimpel an eine Stange genagelt. Und endlich kamen die Mannen, zwei und zwei mit geschultertem Spazierstock. Nicht ohne einiges Parlamentieren marschierte der Zug auf. Päsch ritt vor die Mitte, gebot Rrrruhe, setzte ein paarmal vergeblich an und brachte dann sein Hoch folgendermaßen heraus: Derrr heutige Tag — derrr heutige Tag von Amiens, an welchem das — Rrrregiment die verfluchten Rrrrothosen — be- drrrückt hat, und wo die prrreußische Schneid existiert hat, der lebe hoch! hoch! hoch! — Kameraden, nun wolln wir einmal, fuhr Päsch fort, einen Parrrade- warsch vor dem Herrn Amtshauptmann machen. In Sektionen links schwenkt, barsch. Parrrademarsch — in Sektionen — Donnerwetter, Musik! Wo bleibt denn die Musik? Grenzboten II 1905 57

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/453>, abgerufen am 19.05.2024.