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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Menschenfrühliug

sein Möglichstes tat, zu helfen und zu retten. Aber die kalte, dunkle Nacht, die
Nässe, die Erregung waren drei Todesengel, die ihre Fittiche über das alte Haus
breiteten, die kein Flehen, keine Sorgsamkeit wieder vertreiben konnte, und einer
von ihnen hatte es ja auch schon vorher gemeldet. Vor einer Woche noch war die
alte Frau Peters gemütlich plaudernd in ihrem Garten aus und nieder gegangen,
hatte ein freundliches Wort für Arrete gehabt und ihr eine Rose geschenkt. Nun
hielt sie die Rosen von demselben Strauch in ihren kalten Händen, und ihr alter
Mann saß bitterlich weinend an ihrem Sarge.

Doktor Sudeck nahm es im ganzen gemütlich mit seinen Patienten. Wenn
sie starben, dann wollten sie eben nicht wieder gesund werden, und alle Menschen
mußten sterben; aber in diesem Fall war er zornig.

Hundert Jahre hätte die alte Peters alt werden können, wenn nicht das Feuer
gekommen wäre. Das Hüsteln war Angewohnheit und hatte nichts zu bedeuten,
aber so ein nächtliches Erlebnis konnte der Organismus nicht überstehn. Hätte
ich nur den Brandstifter, den elendigen, ich würde ihm den Hals umdrehn!

Das Feuer ist ja von selbst entstanden! sagte Christel mit trockner Stimme.

Der Doktor lachte kurz auf.

Du hast wohl deine Weisheit von Bürgermeisters Karoline! Der hohen Obrigkeit
paßt es nicht, nach einem Brandstifter suchen zu müssen, deshalb sagt sie, das Feuer
sei von selbst entstanden. Aber der alte Peters hat mir noch gestern gesagt, er
wisse ganz genau, daß das Feuer angelegt sei. Jetzt hat er keine Zeit gehabt,
seine Nachforschungen anzustellen, später aber, wenn seine Frau beerdigt ist, wird
er sich schon rühren. Und er ist ein schlauer Mann, er wird mehr sinden als
unser teurer Bürgermeister.

Doktor Sudeck und die beiden kleinen Mädchen aßen gemeinsam zu Abend.
Die Doktorin lag noch im Bett, und ihre Krankheit verdroß ihren Gatten auch.
Jedenfalls schalt er noch eine Weile vor sich hin und achtete nicht darauf, daß
Christel blaß war und die Speisen nicht anrührte.

Anneli sah es wohl, aber sie dachte nicht darüber nach. Sie selbst vermochte
kaum ihre Milch zu trinken, und die Augen fielen ihr beinahe zu. Dabei fror sie,
und dann flutete wieder ein heißer Strom durch ihren Körper. Sobald sie konnte,
schlüpfte sie in das Giebelzimmer und legte sich ins Bett. Im Bett wars gut.
Da saß manchmal ein Englein zu ihren Füßen, bewegte seine schimmernden Flügel
und erzählte eine geheimnisvolle Geschichte. Von Virneburg, der Frau Bäcker¬
meisterin und den Gräbern in der Kirchhofecke. Oder es berichtete von Falkenhorst,
von dem Pony, von Bernb. Und Plötzlich verwandelte es sich in eine Gouvernante,
die mit einem Lineal in der Luft umherfuchtelte und von ihren Schülerinnen weg¬
geschickt wurde.

Mit Anbruch des Tages verschwand die Erscheinung, es blieben nur der Frost,
die Müdigkeit, die Hitze und dazwischen das nutzlose Lernen. Eines Tages läuteten
die Glocken sehr laut. Frau Peters wurde zu Grabe getragen. Die gute Alte,
die Anneli manche Liebe erwiesen hatte und nun ihren Einzug hielt in die stille
Stadt der Toten, wo schon Tante Fritze wohnte und mit ihr so viele andre.

Auch Onkel Aurelius folgte dem Sarge. Er machte ein mürrisches Gesicht
und war blaß, weil er ungern an den Tod dachte. Aber eines Tages würde der
Tod doch auch an ihn denken.

Doktor Sudeck stützte den alten Ehemann, der sich mühsam von der Stelle
bewegte. Tränen liefen über sein faltiges Gesicht, und er schüttelte immer wieder
den Kopf. Gerade, als könnte er den lieben Gott nicht begreifen.

Noch immer läuteten die Glocken, und bedächtig wandelte der Zug aus der
Stadt. Sie, die da wandelten, kehrten wieder zurück, die aber, die getragen wurde,
blieb da draußen.

Anneli hatte an der Straße zwischen den andern Neugierigen gestanden; nun
lief sie in den Garten und an Cäsars kleine Grabstätte. Für ihn hatten keine


Menschenfrühliug

sein Möglichstes tat, zu helfen und zu retten. Aber die kalte, dunkle Nacht, die
Nässe, die Erregung waren drei Todesengel, die ihre Fittiche über das alte Haus
breiteten, die kein Flehen, keine Sorgsamkeit wieder vertreiben konnte, und einer
von ihnen hatte es ja auch schon vorher gemeldet. Vor einer Woche noch war die
alte Frau Peters gemütlich plaudernd in ihrem Garten aus und nieder gegangen,
hatte ein freundliches Wort für Arrete gehabt und ihr eine Rose geschenkt. Nun
hielt sie die Rosen von demselben Strauch in ihren kalten Händen, und ihr alter
Mann saß bitterlich weinend an ihrem Sarge.

Doktor Sudeck nahm es im ganzen gemütlich mit seinen Patienten. Wenn
sie starben, dann wollten sie eben nicht wieder gesund werden, und alle Menschen
mußten sterben; aber in diesem Fall war er zornig.

Hundert Jahre hätte die alte Peters alt werden können, wenn nicht das Feuer
gekommen wäre. Das Hüsteln war Angewohnheit und hatte nichts zu bedeuten,
aber so ein nächtliches Erlebnis konnte der Organismus nicht überstehn. Hätte
ich nur den Brandstifter, den elendigen, ich würde ihm den Hals umdrehn!

Das Feuer ist ja von selbst entstanden! sagte Christel mit trockner Stimme.

Der Doktor lachte kurz auf.

Du hast wohl deine Weisheit von Bürgermeisters Karoline! Der hohen Obrigkeit
paßt es nicht, nach einem Brandstifter suchen zu müssen, deshalb sagt sie, das Feuer
sei von selbst entstanden. Aber der alte Peters hat mir noch gestern gesagt, er
wisse ganz genau, daß das Feuer angelegt sei. Jetzt hat er keine Zeit gehabt,
seine Nachforschungen anzustellen, später aber, wenn seine Frau beerdigt ist, wird
er sich schon rühren. Und er ist ein schlauer Mann, er wird mehr sinden als
unser teurer Bürgermeister.

Doktor Sudeck und die beiden kleinen Mädchen aßen gemeinsam zu Abend.
Die Doktorin lag noch im Bett, und ihre Krankheit verdroß ihren Gatten auch.
Jedenfalls schalt er noch eine Weile vor sich hin und achtete nicht darauf, daß
Christel blaß war und die Speisen nicht anrührte.

Anneli sah es wohl, aber sie dachte nicht darüber nach. Sie selbst vermochte
kaum ihre Milch zu trinken, und die Augen fielen ihr beinahe zu. Dabei fror sie,
und dann flutete wieder ein heißer Strom durch ihren Körper. Sobald sie konnte,
schlüpfte sie in das Giebelzimmer und legte sich ins Bett. Im Bett wars gut.
Da saß manchmal ein Englein zu ihren Füßen, bewegte seine schimmernden Flügel
und erzählte eine geheimnisvolle Geschichte. Von Virneburg, der Frau Bäcker¬
meisterin und den Gräbern in der Kirchhofecke. Oder es berichtete von Falkenhorst,
von dem Pony, von Bernb. Und Plötzlich verwandelte es sich in eine Gouvernante,
die mit einem Lineal in der Luft umherfuchtelte und von ihren Schülerinnen weg¬
geschickt wurde.

Mit Anbruch des Tages verschwand die Erscheinung, es blieben nur der Frost,
die Müdigkeit, die Hitze und dazwischen das nutzlose Lernen. Eines Tages läuteten
die Glocken sehr laut. Frau Peters wurde zu Grabe getragen. Die gute Alte,
die Anneli manche Liebe erwiesen hatte und nun ihren Einzug hielt in die stille
Stadt der Toten, wo schon Tante Fritze wohnte und mit ihr so viele andre.

Auch Onkel Aurelius folgte dem Sarge. Er machte ein mürrisches Gesicht
und war blaß, weil er ungern an den Tod dachte. Aber eines Tages würde der
Tod doch auch an ihn denken.

Doktor Sudeck stützte den alten Ehemann, der sich mühsam von der Stelle
bewegte. Tränen liefen über sein faltiges Gesicht, und er schüttelte immer wieder
den Kopf. Gerade, als könnte er den lieben Gott nicht begreifen.

Noch immer läuteten die Glocken, und bedächtig wandelte der Zug aus der
Stadt. Sie, die da wandelten, kehrten wieder zurück, die aber, die getragen wurde,
blieb da draußen.

Anneli hatte an der Straße zwischen den andern Neugierigen gestanden; nun
lief sie in den Garten und an Cäsars kleine Grabstätte. Für ihn hatten keine


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[0346] Menschenfrühliug sein Möglichstes tat, zu helfen und zu retten. Aber die kalte, dunkle Nacht, die Nässe, die Erregung waren drei Todesengel, die ihre Fittiche über das alte Haus breiteten, die kein Flehen, keine Sorgsamkeit wieder vertreiben konnte, und einer von ihnen hatte es ja auch schon vorher gemeldet. Vor einer Woche noch war die alte Frau Peters gemütlich plaudernd in ihrem Garten aus und nieder gegangen, hatte ein freundliches Wort für Arrete gehabt und ihr eine Rose geschenkt. Nun hielt sie die Rosen von demselben Strauch in ihren kalten Händen, und ihr alter Mann saß bitterlich weinend an ihrem Sarge. Doktor Sudeck nahm es im ganzen gemütlich mit seinen Patienten. Wenn sie starben, dann wollten sie eben nicht wieder gesund werden, und alle Menschen mußten sterben; aber in diesem Fall war er zornig. Hundert Jahre hätte die alte Peters alt werden können, wenn nicht das Feuer gekommen wäre. Das Hüsteln war Angewohnheit und hatte nichts zu bedeuten, aber so ein nächtliches Erlebnis konnte der Organismus nicht überstehn. Hätte ich nur den Brandstifter, den elendigen, ich würde ihm den Hals umdrehn! Das Feuer ist ja von selbst entstanden! sagte Christel mit trockner Stimme. Der Doktor lachte kurz auf. Du hast wohl deine Weisheit von Bürgermeisters Karoline! Der hohen Obrigkeit paßt es nicht, nach einem Brandstifter suchen zu müssen, deshalb sagt sie, das Feuer sei von selbst entstanden. Aber der alte Peters hat mir noch gestern gesagt, er wisse ganz genau, daß das Feuer angelegt sei. Jetzt hat er keine Zeit gehabt, seine Nachforschungen anzustellen, später aber, wenn seine Frau beerdigt ist, wird er sich schon rühren. Und er ist ein schlauer Mann, er wird mehr sinden als unser teurer Bürgermeister. Doktor Sudeck und die beiden kleinen Mädchen aßen gemeinsam zu Abend. Die Doktorin lag noch im Bett, und ihre Krankheit verdroß ihren Gatten auch. Jedenfalls schalt er noch eine Weile vor sich hin und achtete nicht darauf, daß Christel blaß war und die Speisen nicht anrührte. Anneli sah es wohl, aber sie dachte nicht darüber nach. Sie selbst vermochte kaum ihre Milch zu trinken, und die Augen fielen ihr beinahe zu. Dabei fror sie, und dann flutete wieder ein heißer Strom durch ihren Körper. Sobald sie konnte, schlüpfte sie in das Giebelzimmer und legte sich ins Bett. Im Bett wars gut. Da saß manchmal ein Englein zu ihren Füßen, bewegte seine schimmernden Flügel und erzählte eine geheimnisvolle Geschichte. Von Virneburg, der Frau Bäcker¬ meisterin und den Gräbern in der Kirchhofecke. Oder es berichtete von Falkenhorst, von dem Pony, von Bernb. Und Plötzlich verwandelte es sich in eine Gouvernante, die mit einem Lineal in der Luft umherfuchtelte und von ihren Schülerinnen weg¬ geschickt wurde. Mit Anbruch des Tages verschwand die Erscheinung, es blieben nur der Frost, die Müdigkeit, die Hitze und dazwischen das nutzlose Lernen. Eines Tages läuteten die Glocken sehr laut. Frau Peters wurde zu Grabe getragen. Die gute Alte, die Anneli manche Liebe erwiesen hatte und nun ihren Einzug hielt in die stille Stadt der Toten, wo schon Tante Fritze wohnte und mit ihr so viele andre. Auch Onkel Aurelius folgte dem Sarge. Er machte ein mürrisches Gesicht und war blaß, weil er ungern an den Tod dachte. Aber eines Tages würde der Tod doch auch an ihn denken. Doktor Sudeck stützte den alten Ehemann, der sich mühsam von der Stelle bewegte. Tränen liefen über sein faltiges Gesicht, und er schüttelte immer wieder den Kopf. Gerade, als könnte er den lieben Gott nicht begreifen. Noch immer läuteten die Glocken, und bedächtig wandelte der Zug aus der Stadt. Sie, die da wandelten, kehrten wieder zurück, die aber, die getragen wurde, blieb da draußen. Anneli hatte an der Straße zwischen den andern Neugierigen gestanden; nun lief sie in den Garten und an Cäsars kleine Grabstätte. Für ihn hatten keine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/346>, abgerufen am 15.06.2024.