Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.In der Residenz zu Aleinhausen Ja, Betty, ganz gewiß, ich werde Diakonissin! Ich Habs schon all die letzten Ernsthaft sah die kleine Lisbeth Lenz ihrer Freundin dabei ins Gesicht, während Da begreif ich dich nicht, Lisbeth; warum denn grad das? Ach, ich denke es mir schön, kranken Menschen zu helfen, sie zu trösten -- Ne du! Da würd' ich doch noch lieber Malerin oder so was! Du könntst Nein -- Malerinnen gibts genug. Dafür muß man wirklich etwas Großes Ja, diesen Winter war freilich gar nichts los, da hast du schon Recht -- bis Du verstehst mich nicht, Betty -- ich will ja keine Vergnügungen. Ach, ihr Das is ja nett! So -- na -- und Betty lehnte sich an das Geländer der Beide sahen schweigend auf das klare Wasser hinab. Dann sagte Betty in Ein tiefer Seufzer entrang sich dabei ihrer Brust, ihr war, als sähe sie dor t Lisbeth sagte nichts. Aber um ihren Mund hatte bei der Strophe etwas wie Kennst du die schönen Verse auch? fragte sie dann leise. Ja, ich hatt sie neulich auf einem Knallbonbon! Ach du, das war übrigens Sind Sie es denn wirklich, Fräulein Lisbeth?! tönte da eine Stimme hinter - Es ist mir zu schrecklich leid, daß ich noch nicht dazu kam, Ihnen und Ihren Sie sah ihn mit traurigen Angen an. Ja, wir dachten schon, Sie kämen wohl gar nicht mehr. Er schien es zu überhören. Aber wahrhaftig, sagte er dann, ich hätte Sie kaum wieder erkannt, so groß Sagen Sie nur hübsch! fiel Betty, der sich Robert mit einer Verbeugung Nein wirklich? Ja, ich glaub -- ich weiß noch nicht -- Wie um Schonung bittend, sahen ihn die braunen Augen an. Grenzboten IV 1906 15
In der Residenz zu Aleinhausen Ja, Betty, ganz gewiß, ich werde Diakonissin! Ich Habs schon all die letzten Ernsthaft sah die kleine Lisbeth Lenz ihrer Freundin dabei ins Gesicht, während Da begreif ich dich nicht, Lisbeth; warum denn grad das? Ach, ich denke es mir schön, kranken Menschen zu helfen, sie zu trösten — Ne du! Da würd' ich doch noch lieber Malerin oder so was! Du könntst Nein — Malerinnen gibts genug. Dafür muß man wirklich etwas Großes Ja, diesen Winter war freilich gar nichts los, da hast du schon Recht — bis Du verstehst mich nicht, Betty — ich will ja keine Vergnügungen. Ach, ihr Das is ja nett! So — na — und Betty lehnte sich an das Geländer der Beide sahen schweigend auf das klare Wasser hinab. Dann sagte Betty in Ein tiefer Seufzer entrang sich dabei ihrer Brust, ihr war, als sähe sie dor t Lisbeth sagte nichts. Aber um ihren Mund hatte bei der Strophe etwas wie Kennst du die schönen Verse auch? fragte sie dann leise. Ja, ich hatt sie neulich auf einem Knallbonbon! Ach du, das war übrigens Sind Sie es denn wirklich, Fräulein Lisbeth?! tönte da eine Stimme hinter - Es ist mir zu schrecklich leid, daß ich noch nicht dazu kam, Ihnen und Ihren Sie sah ihn mit traurigen Angen an. Ja, wir dachten schon, Sie kämen wohl gar nicht mehr. Er schien es zu überhören. Aber wahrhaftig, sagte er dann, ich hätte Sie kaum wieder erkannt, so groß Sagen Sie nur hübsch! fiel Betty, der sich Robert mit einer Verbeugung Nein wirklich? Ja, ich glaub — ich weiß noch nicht — Wie um Schonung bittend, sahen ihn die braunen Augen an. Grenzboten IV 1906 15
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In der Residenz zu Aleinhausen
Ja, Betty, ganz gewiß, ich werde Diakonissin! Ich Habs schon all die letzten
Jahre gedacht — aber nun weiß ichs ganz bestimmt.
Ernsthaft sah die kleine Lisbeth Lenz ihrer Freundin dabei ins Gesicht, während
sie nebeneinander durch die verwinkelten Gäßchen gingen.
Da begreif ich dich nicht, Lisbeth; warum denn grad das?
Ach, ich denke es mir schön, kranken Menschen zu helfen, sie zu trösten —
Ne du! Da würd' ich doch noch lieber Malerin oder so was! Du könntst
ja hier beim Löblhuber Unterricht nehmen?
Nein — Malerinnen gibts genug. Dafür muß man wirklich etwas Großes
können, so wie —- oder — sie brach plötzlich ab. Nein, und ich muß auch fort von
hier —> mir ist manchmal, als erstickte ich — so eng ist alles, so — so — traurig.
Ja, diesen Winter war freilich gar nichts los, da hast du schon Recht — bis
auf Scherwinsky —
Du verstehst mich nicht, Betty — ich will ja keine Vergnügungen. Ach, ihr
seid alle so anders —
Das is ja nett! So — na — und Betty lehnte sich an das Geländer der
Brücke, über die sie gerade schritten, und trällerte mit den Fingern darauf.
Beide sahen schweigend auf das klare Wasser hinab. Dann sagte Betty in
Pathetischem Ton:
Ein tiefer Seufzer entrang sich dabei ihrer Brust, ihr war, als sähe sie dor t
unten die rotbesetzte Uniform des Leutnants Scherwinsky vorübergleiten. In wenig
Tagen war ja sein Urlaub abgelaufen — würde sie ihn wohl je mehr zu Gesicht
bekommen?
Lisbeth sagte nichts. Aber um ihren Mund hatte bei der Strophe etwas wie
Schmerz gezuckt.
Kennst du die schönen Verse auch? fragte sie dann leise.
Ja, ich hatt sie neulich auf einem Knallbonbon! Ach du, das war übrigens
fein! Scherwinsky wollte gerade —
Sind Sie es denn wirklich, Fräulein Lisbeth?! tönte da eine Stimme hinter
den beiden Mädchen, und sie fuhren erschrocken herum. Es war Robert Fetter,
der mit einer Mappe unter dem Arm aus dem Park kam. Erstaunt sah er in
das junge Gesicht.
- Es ist mir zu schrecklich leid, daß ich noch nicht dazu kam, Ihnen und Ihren
Eltern guten Tag zu sagen — nun freu ich mich aber vou ganzem Herzen —
Sie sah ihn mit traurigen Angen an.
Ja, wir dachten schon, Sie kämen wohl gar nicht mehr.
Er schien es zu überhören.
Aber wahrhaftig, sagte er dann, ich hätte Sie kaum wieder erkannt, so groß
sind Sie geworden und so — so —
Sagen Sie nur hübsch! fiel Betty, der sich Robert mit einer Verbeugung
vorgestellt hatte, lachend ein, und da will sie Krankenpflegerin werden! Und sie
schlug ihrer Freundin auf die Hand.
Nein wirklich?
Ja, ich glaub — ich weiß noch nicht —
Wie um Schonung bittend, sahen ihn die braunen Augen an.
Grenzboten IV 1906 15
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