Mit Hugo Jacobi ist den Grenzboten am 4. November unerwartet einer ihrer tätigsten und bedeutendsten Mitarbeiter im Alter von erst 64 Jahren entrissen worden. Zwar hat er nur wenig Jahre zu diesem Kreise gehört, aber er brachte ihm die Erfahrungen eines reichen Lebens und einer langen und rühmlichen publizistischen Laufbahn, einen ent¬ schlossenen und warmen deutschen Patriotismus und wertvolle persönliche Verbindungen zu. Als Soldat hatte er die Kriege von 1866 und 1870 mitgemacht, als Journalist war er seit 1870 in Berlin, Straßburg, München und wieder in Berlin, meist in leitender Stellung an großen Blättern tätig gewesen, bis er sich 1902 zurückzog. Im nächsten Jahre, 1903, trat er in den Kreis der regelmäßigen Mitarbeiter unsrer Zeit¬ schrift ein. Eine Reihe von politischen und historischen Artikeln, die er nnr selten mit seinem Namen zeichnete, floß in diesen wenigen Jahren aus seiner gewandten Feder, alle ausgezeichnet durch Sachkenntnis, maßvolles, immer zutreffendes Urteil und energisches, klares preußisch¬ deutsches Nationalgefühl, das das Wohl und das Interesse der gesamten Nation hoch über alle Sonderbestrebungen und alle Parteipolitik stellte. Noch in den letzten Monaten hat er in längerer Ausführung die Kata¬ strophe von Jena und die tiefeingreifende, selbstverleugnende Tätigkeit des Großherzogs Friedrich von Baden im Hauptquartier vou Versailles beim Abschluß der Reichsverfassung und der Herstellung des Kaisertums auf Grund eingehender und sorgsamer Studien geschildert. Regelmäßig aber bearbeitete er die Wochenübersicht, die seit dem Oktober 1903 unter dem Titel "Reichsspiegel" erschien und ein unbefangnes scharf beleuchtetes Bild der Ereignisse gab, die für das Reich von Bedeutung waren. Der letzte Brief, den Jacobi an die Redaktion sandte, entschuldigte das Aus¬ bleiben des fälligen Beitrags mit schwerer Krankheit; er hatte ihn nicht mehr selbst geschrieben, sondern nur noch mit zitternder Hand unter¬ zeichnet, aber noch voll Hoffnung auf baldige Genesung und ohne Ahnung von seinem nahen Ende. Die Grenzboten aber werden ihm, dem treuen Freunde ihres unvergeßlichen Leiters Johannes Grunow, dem er so bald im Tode nachgefolgt ist, ein treues und dankbares An¬ * denken bewahren.
Hugo Jacobi f
Mit Hugo Jacobi ist den Grenzboten am 4. November unerwartet einer ihrer tätigsten und bedeutendsten Mitarbeiter im Alter von erst 64 Jahren entrissen worden. Zwar hat er nur wenig Jahre zu diesem Kreise gehört, aber er brachte ihm die Erfahrungen eines reichen Lebens und einer langen und rühmlichen publizistischen Laufbahn, einen ent¬ schlossenen und warmen deutschen Patriotismus und wertvolle persönliche Verbindungen zu. Als Soldat hatte er die Kriege von 1866 und 1870 mitgemacht, als Journalist war er seit 1870 in Berlin, Straßburg, München und wieder in Berlin, meist in leitender Stellung an großen Blättern tätig gewesen, bis er sich 1902 zurückzog. Im nächsten Jahre, 1903, trat er in den Kreis der regelmäßigen Mitarbeiter unsrer Zeit¬ schrift ein. Eine Reihe von politischen und historischen Artikeln, die er nnr selten mit seinem Namen zeichnete, floß in diesen wenigen Jahren aus seiner gewandten Feder, alle ausgezeichnet durch Sachkenntnis, maßvolles, immer zutreffendes Urteil und energisches, klares preußisch¬ deutsches Nationalgefühl, das das Wohl und das Interesse der gesamten Nation hoch über alle Sonderbestrebungen und alle Parteipolitik stellte. Noch in den letzten Monaten hat er in längerer Ausführung die Kata¬ strophe von Jena und die tiefeingreifende, selbstverleugnende Tätigkeit des Großherzogs Friedrich von Baden im Hauptquartier vou Versailles beim Abschluß der Reichsverfassung und der Herstellung des Kaisertums auf Grund eingehender und sorgsamer Studien geschildert. Regelmäßig aber bearbeitete er die Wochenübersicht, die seit dem Oktober 1903 unter dem Titel „Reichsspiegel" erschien und ein unbefangnes scharf beleuchtetes Bild der Ereignisse gab, die für das Reich von Bedeutung waren. Der letzte Brief, den Jacobi an die Redaktion sandte, entschuldigte das Aus¬ bleiben des fälligen Beitrags mit schwerer Krankheit; er hatte ihn nicht mehr selbst geschrieben, sondern nur noch mit zitternder Hand unter¬ zeichnet, aber noch voll Hoffnung auf baldige Genesung und ohne Ahnung von seinem nahen Ende. Die Grenzboten aber werden ihm, dem treuen Freunde ihres unvergeßlichen Leiters Johannes Grunow, dem er so bald im Tode nachgefolgt ist, ein treues und dankbares An¬ * denken bewahren.
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Hugo Jacobi f
Mit Hugo Jacobi ist den Grenzboten am 4. November unerwartet
einer ihrer tätigsten und bedeutendsten Mitarbeiter im Alter von erst
64 Jahren entrissen worden. Zwar hat er nur wenig Jahre zu diesem
Kreise gehört, aber er brachte ihm die Erfahrungen eines reichen Lebens
und einer langen und rühmlichen publizistischen Laufbahn, einen ent¬
schlossenen und warmen deutschen Patriotismus und wertvolle persönliche
Verbindungen zu. Als Soldat hatte er die Kriege von 1866 und 1870
mitgemacht, als Journalist war er seit 1870 in Berlin, Straßburg,
München und wieder in Berlin, meist in leitender Stellung an großen
Blättern tätig gewesen, bis er sich 1902 zurückzog. Im nächsten Jahre,
1903, trat er in den Kreis der regelmäßigen Mitarbeiter unsrer Zeit¬
schrift ein. Eine Reihe von politischen und historischen Artikeln, die er
nnr selten mit seinem Namen zeichnete, floß in diesen wenigen Jahren
aus seiner gewandten Feder, alle ausgezeichnet durch Sachkenntnis,
maßvolles, immer zutreffendes Urteil und energisches, klares preußisch¬
deutsches Nationalgefühl, das das Wohl und das Interesse der gesamten
Nation hoch über alle Sonderbestrebungen und alle Parteipolitik stellte.
Noch in den letzten Monaten hat er in längerer Ausführung die Kata¬
strophe von Jena und die tiefeingreifende, selbstverleugnende Tätigkeit
des Großherzogs Friedrich von Baden im Hauptquartier vou Versailles
beim Abschluß der Reichsverfassung und der Herstellung des Kaisertums
auf Grund eingehender und sorgsamer Studien geschildert. Regelmäßig
aber bearbeitete er die Wochenübersicht, die seit dem Oktober 1903 unter
dem Titel „Reichsspiegel" erschien und ein unbefangnes scharf beleuchtetes
Bild der Ereignisse gab, die für das Reich von Bedeutung waren. Der
letzte Brief, den Jacobi an die Redaktion sandte, entschuldigte das Aus¬
bleiben des fälligen Beitrags mit schwerer Krankheit; er hatte ihn nicht
mehr selbst geschrieben, sondern nur noch mit zitternder Hand unter¬
zeichnet, aber noch voll Hoffnung auf baldige Genesung und ohne
Ahnung von seinem nahen Ende. Die Grenzboten aber werden ihm,
dem treuen Freunde ihres unvergeßlichen Leiters Johannes Grunow,
dem er so bald im Tode nachgefolgt ist, ein treues und dankbares An¬
* denken bewahren.
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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/335>, abgerufen am 15.05.2024.
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