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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Die militärischen Machtmittel der Japaner

31 Offizieren bestehende Armeekommission erst zum Frühjahr dieses Jahres
aufgelöst werden soll.

Aber trotz dieser Schwierigkeiten der Berichterstattung wird die nachstehende
Darstellung, die wir von dem zukünftigen Aussehen des japanischen Heeres, von
den schon durchgeführten und noch ausstehenden Reformen geben, nicht ohne
Wert sein, weil sie auf der Zusammenstellung aller nur zuverlässigen Veröffent¬
lichungen beruht und auch schon die letzten Parlamentsverhandlungen über den
Militäretat berücksichtigt.

Einleitend sei bemerkt, daß sich im Augenblick des Friedensschlusses die
japanische Operationsarmee auf dem Kriegsschauplatze aus 1 Garde- und 15 Liuien-
infanteriedivisionen sowie aus 19 Reserveiufanteriebrigaden in der Gesamtstärke
von 344 Bataillonen zusammengesetzt hatte. Im Oktober 1905 wurde dann eine
16. Linieninfantcriedivision gebildet und zugleich bestimmt, daß die 13. und die
15. Division bis auf weiteres in Korea, die 14. und die 16. Division in der
Mandschurei verbleiben sollten. Alle übrigen Truppen wurden nach der Heimat
in ihre Friedensgarnisonen zurückgebracht, die Neserveformationen wurden auf¬
gelöst.

Schon kurz danach begannen die Beratungen der erwähnten Armeekommission,
in welcher Weise die militärischen Erfahrungen des Krieges nutzbar zu machen
seien, und welche Maßnahmen für eine Reorganisation der Armee in Betracht
kämen. Das Ergebnis dieser Erwägungen läßt sich dahin zusammenfassen, daß
zunächst die Aufstellung Volt vier neuen Divistonen (17 bis 20) empfohlen worden
ist- Eine Gliederung des Heeres in Armeekorps, jedes Korps zu zwei Divisionen,
wurde für wünschenswert erachtet; sie sollte jedoch erst in Angriff genommen
werden, nachdem die Formation aller zwanzig Divisionen beendet sei. Die Garde¬
division soll als selbständige Einheit beibehalten werden. Für die Kavallerie ist
eine allmähliche Vermehrung vorgeschlagen worden, jedoch läßt sich keine Be¬
stätigung dafür finden, daß, wie es in der Tagespresse vielfach hieß, 8 Kavallerie¬
divisionen aufgestellt werden solle". Sehr zahlreich sind die Vorschlüge für
Reformen bei der Artillerie. Abgesehen von der Beschaffung ganz neuer Ge¬
schütze vom Rohrrücklaufsystem, "die mit möglichster Beschleunigung zu betreiben
sei", wurde eine Neugliederung der Feld- und Gebirgsartillerie sowie die Auf¬
stellung reitender Batterien und einer schweren Artillerie des Feldheeres für
dringlich befunden. An sonstigen militärischen Reformen wurden die Ver¬
besserung des Nekrutierungsgesetzes, Errichtung einer Luftschifferabteilung, die
Vermehrung der Maschinengewehrabteilungen -- bei jedem Infanterieregiment
eine Abteilung zu sechs Gewehren --, die Formation berittener Infanterie,
Vermehrung der Eisenbahntruppen -- das im Kriege aufgestellte Eisenbahn¬
regiment soll um zwei verstärkt werden --. Vermehrung und Verbesserung
der Trainorganisationen, Vergrößerung der Arsenale, Einrichtung eigner Be¬
kleidungswirtschaft bei den Truppenteilen und Zuteilung von Zahnärzten an die
Divisionsstäbe empfohlen.


Die militärischen Machtmittel der Japaner

31 Offizieren bestehende Armeekommission erst zum Frühjahr dieses Jahres
aufgelöst werden soll.

Aber trotz dieser Schwierigkeiten der Berichterstattung wird die nachstehende
Darstellung, die wir von dem zukünftigen Aussehen des japanischen Heeres, von
den schon durchgeführten und noch ausstehenden Reformen geben, nicht ohne
Wert sein, weil sie auf der Zusammenstellung aller nur zuverlässigen Veröffent¬
lichungen beruht und auch schon die letzten Parlamentsverhandlungen über den
Militäretat berücksichtigt.

Einleitend sei bemerkt, daß sich im Augenblick des Friedensschlusses die
japanische Operationsarmee auf dem Kriegsschauplatze aus 1 Garde- und 15 Liuien-
infanteriedivisionen sowie aus 19 Reserveiufanteriebrigaden in der Gesamtstärke
von 344 Bataillonen zusammengesetzt hatte. Im Oktober 1905 wurde dann eine
16. Linieninfantcriedivision gebildet und zugleich bestimmt, daß die 13. und die
15. Division bis auf weiteres in Korea, die 14. und die 16. Division in der
Mandschurei verbleiben sollten. Alle übrigen Truppen wurden nach der Heimat
in ihre Friedensgarnisonen zurückgebracht, die Neserveformationen wurden auf¬
gelöst.

Schon kurz danach begannen die Beratungen der erwähnten Armeekommission,
in welcher Weise die militärischen Erfahrungen des Krieges nutzbar zu machen
seien, und welche Maßnahmen für eine Reorganisation der Armee in Betracht
kämen. Das Ergebnis dieser Erwägungen läßt sich dahin zusammenfassen, daß
zunächst die Aufstellung Volt vier neuen Divistonen (17 bis 20) empfohlen worden
ist- Eine Gliederung des Heeres in Armeekorps, jedes Korps zu zwei Divisionen,
wurde für wünschenswert erachtet; sie sollte jedoch erst in Angriff genommen
werden, nachdem die Formation aller zwanzig Divisionen beendet sei. Die Garde¬
division soll als selbständige Einheit beibehalten werden. Für die Kavallerie ist
eine allmähliche Vermehrung vorgeschlagen worden, jedoch läßt sich keine Be¬
stätigung dafür finden, daß, wie es in der Tagespresse vielfach hieß, 8 Kavallerie¬
divisionen aufgestellt werden solle». Sehr zahlreich sind die Vorschlüge für
Reformen bei der Artillerie. Abgesehen von der Beschaffung ganz neuer Ge¬
schütze vom Rohrrücklaufsystem, „die mit möglichster Beschleunigung zu betreiben
sei", wurde eine Neugliederung der Feld- und Gebirgsartillerie sowie die Auf¬
stellung reitender Batterien und einer schweren Artillerie des Feldheeres für
dringlich befunden. An sonstigen militärischen Reformen wurden die Ver¬
besserung des Nekrutierungsgesetzes, Errichtung einer Luftschifferabteilung, die
Vermehrung der Maschinengewehrabteilungen — bei jedem Infanterieregiment
eine Abteilung zu sechs Gewehren —, die Formation berittener Infanterie,
Vermehrung der Eisenbahntruppen — das im Kriege aufgestellte Eisenbahn¬
regiment soll um zwei verstärkt werden —. Vermehrung und Verbesserung
der Trainorganisationen, Vergrößerung der Arsenale, Einrichtung eigner Be¬
kleidungswirtschaft bei den Truppenteilen und Zuteilung von Zahnärzten an die
Divisionsstäbe empfohlen.


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[0395] Die militärischen Machtmittel der Japaner 31 Offizieren bestehende Armeekommission erst zum Frühjahr dieses Jahres aufgelöst werden soll. Aber trotz dieser Schwierigkeiten der Berichterstattung wird die nachstehende Darstellung, die wir von dem zukünftigen Aussehen des japanischen Heeres, von den schon durchgeführten und noch ausstehenden Reformen geben, nicht ohne Wert sein, weil sie auf der Zusammenstellung aller nur zuverlässigen Veröffent¬ lichungen beruht und auch schon die letzten Parlamentsverhandlungen über den Militäretat berücksichtigt. Einleitend sei bemerkt, daß sich im Augenblick des Friedensschlusses die japanische Operationsarmee auf dem Kriegsschauplatze aus 1 Garde- und 15 Liuien- infanteriedivisionen sowie aus 19 Reserveiufanteriebrigaden in der Gesamtstärke von 344 Bataillonen zusammengesetzt hatte. Im Oktober 1905 wurde dann eine 16. Linieninfantcriedivision gebildet und zugleich bestimmt, daß die 13. und die 15. Division bis auf weiteres in Korea, die 14. und die 16. Division in der Mandschurei verbleiben sollten. Alle übrigen Truppen wurden nach der Heimat in ihre Friedensgarnisonen zurückgebracht, die Neserveformationen wurden auf¬ gelöst. Schon kurz danach begannen die Beratungen der erwähnten Armeekommission, in welcher Weise die militärischen Erfahrungen des Krieges nutzbar zu machen seien, und welche Maßnahmen für eine Reorganisation der Armee in Betracht kämen. Das Ergebnis dieser Erwägungen läßt sich dahin zusammenfassen, daß zunächst die Aufstellung Volt vier neuen Divistonen (17 bis 20) empfohlen worden ist- Eine Gliederung des Heeres in Armeekorps, jedes Korps zu zwei Divisionen, wurde für wünschenswert erachtet; sie sollte jedoch erst in Angriff genommen werden, nachdem die Formation aller zwanzig Divisionen beendet sei. Die Garde¬ division soll als selbständige Einheit beibehalten werden. Für die Kavallerie ist eine allmähliche Vermehrung vorgeschlagen worden, jedoch läßt sich keine Be¬ stätigung dafür finden, daß, wie es in der Tagespresse vielfach hieß, 8 Kavallerie¬ divisionen aufgestellt werden solle». Sehr zahlreich sind die Vorschlüge für Reformen bei der Artillerie. Abgesehen von der Beschaffung ganz neuer Ge¬ schütze vom Rohrrücklaufsystem, „die mit möglichster Beschleunigung zu betreiben sei", wurde eine Neugliederung der Feld- und Gebirgsartillerie sowie die Auf¬ stellung reitender Batterien und einer schweren Artillerie des Feldheeres für dringlich befunden. An sonstigen militärischen Reformen wurden die Ver¬ besserung des Nekrutierungsgesetzes, Errichtung einer Luftschifferabteilung, die Vermehrung der Maschinengewehrabteilungen — bei jedem Infanterieregiment eine Abteilung zu sechs Gewehren —, die Formation berittener Infanterie, Vermehrung der Eisenbahntruppen — das im Kriege aufgestellte Eisenbahn¬ regiment soll um zwei verstärkt werden —. Vermehrung und Verbesserung der Trainorganisationen, Vergrößerung der Arsenale, Einrichtung eigner Be¬ kleidungswirtschaft bei den Truppenteilen und Zuteilung von Zahnärzten an die Divisionsstäbe empfohlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/395>, abgerufen am 05.06.2024.