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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Falle, wo die Vertreter und Leiter der öffentlichen Meinung auf dem Theater der
"ternntioualen Politik nicht nur Zuschauer sondern auch Akteure sind. Der Akteur
verliert aber notwendigerweise -- wenigstens für die Dauer der Aufführung _
w'ige von deu in Deutschland so sehr geschätzten Rechten des Zuschauers. Wenn
w der russischen Zirkularuote zur Haager Konferenz England und Spanien auf°er einen Seite ihren Abrüstungsvorschlag, Rußland, Österreich-Ungarn und Deutsch¬
land ihren Vorbehalt, ihn zu diskutiere", zur Kenntnis der Öffentlichkeit gebracht
laben, wenn einige Wochen später von der Tribüne des Reichstags der Reichskanzler
"'Ire moralische Position dargelegt und begründet, und darauf der englische Premier
in einer Rede seinen Standpunkt verteidigt hat, so find das mir die Signale der in
wer Schlacht kommandierender Generale, Signale, die wirkungslos bleiben, wenn
puer folgend sich nicht die Soldaten in Bewegung setzen, sich entwickeln oder feuern.

Das Heer aber, das die eigentliche soldatische Schlacht schlagt, ist die Presse.

Daß unsre Presse in diesen ihren Qualitäten der Presse des Auslandes nicht
">mer ebenbürtig ist, ist eine bedauerliche, aber trotz vieler und wesentlicher Be¬
gebungen immer noch wahre Tatsache. Es hängt das wohl mit einer Reihe
vn Gründen zusammen, alten leidigen deutschen Angewohnheiten oder Anlagen,
cum sich auch in den letzten Jahrzehnten viel geändert hat, und wenn sich eine
, "he der großen und auch kleinerer Zeitungen nicht nur der Rechte sondern auch
Pflichte" der öffentlichen Meinung bewußt ist, so ist doch die Anschauung, daß
i!^ Annalist nicht uur Zuschauer und Kritiker, sondern auch mitspielender Akteur
^ - bei uns nicht in gleichem Grade wie in England oder Frankreich durchgedrungen.
^"^ Zeit des Burenkrieges hat einer der Führer des Amel-Englandrummels eine
gewisse Anschauung mit folgenden prägnanten Worten zusammengefaßt: Es ist
ter Recht, auf England zu schimpfen; Aufgabe der Regierung ist es, dafür zu
Aust"' Schaden daraus entsteht. Es ist kaum möglich, einen präzisern
N° s ^ ^. finden für eine gewisse unter Deutschen ureingesesseue Anschauung vom
j. )^mis des Privatmannes zum Staate --- man müßte denn so weit gehn und
n Staat eine Institution nennen, deren Zweck es ist, dem Bürger eine ange-
^cynie Gelegenheit, zu schimpfen, zu geben. Über deutsche Kritiksucht und Doleri-
t Asinus ist genug geschrieben worden: sie werden sich schwerlich ändern. Aber
eUeicht kann man hoffen, daß sich, da das Deutsche Reich ja noch ein junger
raad ist, im Laufe der Zeit etwas von jener "Staatsgesinnung" herausbildet,
^ das heutige England einen Teil seiner wichtigsten Erfolge verdankt. Das
^ort wird wenig gebraucht, in Deutschland nicht, weil man dort nicht weiß, was
damit bezeichnen soll, in England nicht, weil Selbstverständlichkeiten keiner
^°rde bedürfen. In Deutschland sollte man sich bemühen, dies Wort so "bc-
eiitend" als möglich auszusprechen. Novalis hat einmal gesagt: Jeder Engländer
! eine Insel. Dieser Satz läßt ja, wie alle guten Sätze, eine Reihe verschiedner
^terpretativnen zu. Man kann unter anderm aus ihm heraushole", daß jeder
de? in ^ ^" kleines England ist, ein Spiegelbild der Idee seines Staates. In
. " Bewußtsein jedes einzelnen ist das ganze des Staates, dem er angehört,
el? ? enthalten. Es ist das nicht eine Art Patriotismus, die sich immer selber
^/ert und Radau und Pathos nötig hat, sondern ein stilles Gefühl einer ideellen
^"'^nschaft mit der Staatsidee: Staatsgesinnung. Diese Staatsgesinnung ist die
" , '^"tige Ergänzung des Individualismus, die Überzeugung, daß der Mensch
" zum einen Teil ein auf sich selbst gestelltes und sich selbst genügendes Jndi-
Lan^' ö"'" andern Teil Mitglied eines Organismus ist, und daß es Gebiete,
^^""gen, Vorkommnisse gibt, bei denen der zweite Teil nicht uur infolge äußerer
Spssk^' ^"dern durch innere Logik ohne Konflikt mit einer gewissen unbewußten
'^erstäudlichkeit über dem ersten steht. Soweit besteht die antike Staats-
"Mng trotz aller Theorien der gänzlich unpolitischen Aufklärungszeit auch heute


Falle, wo die Vertreter und Leiter der öffentlichen Meinung auf dem Theater der
»ternntioualen Politik nicht nur Zuschauer sondern auch Akteure sind. Der Akteur
verliert aber notwendigerweise — wenigstens für die Dauer der Aufführung _
w'ige von deu in Deutschland so sehr geschätzten Rechten des Zuschauers. Wenn
w der russischen Zirkularuote zur Haager Konferenz England und Spanien auf°er einen Seite ihren Abrüstungsvorschlag, Rußland, Österreich-Ungarn und Deutsch¬
land ihren Vorbehalt, ihn zu diskutiere», zur Kenntnis der Öffentlichkeit gebracht
laben, wenn einige Wochen später von der Tribüne des Reichstags der Reichskanzler
"'Ire moralische Position dargelegt und begründet, und darauf der englische Premier
in einer Rede seinen Standpunkt verteidigt hat, so find das mir die Signale der in
wer Schlacht kommandierender Generale, Signale, die wirkungslos bleiben, wenn
puer folgend sich nicht die Soldaten in Bewegung setzen, sich entwickeln oder feuern.

Das Heer aber, das die eigentliche soldatische Schlacht schlagt, ist die Presse.

Daß unsre Presse in diesen ihren Qualitäten der Presse des Auslandes nicht
»>mer ebenbürtig ist, ist eine bedauerliche, aber trotz vieler und wesentlicher Be¬
gebungen immer noch wahre Tatsache. Es hängt das wohl mit einer Reihe
vn Gründen zusammen, alten leidigen deutschen Angewohnheiten oder Anlagen,
cum sich auch in den letzten Jahrzehnten viel geändert hat, und wenn sich eine
, "he der großen und auch kleinerer Zeitungen nicht nur der Rechte sondern auch
Pflichte» der öffentlichen Meinung bewußt ist, so ist doch die Anschauung, daß
i!^ Annalist nicht uur Zuschauer und Kritiker, sondern auch mitspielender Akteur
^ - bei uns nicht in gleichem Grade wie in England oder Frankreich durchgedrungen.
^"^ Zeit des Burenkrieges hat einer der Führer des Amel-Englandrummels eine
gewisse Anschauung mit folgenden prägnanten Worten zusammengefaßt: Es ist
ter Recht, auf England zu schimpfen; Aufgabe der Regierung ist es, dafür zu
Aust"' Schaden daraus entsteht. Es ist kaum möglich, einen präzisern
N° s ^ ^. finden für eine gewisse unter Deutschen ureingesesseue Anschauung vom
j. )^mis des Privatmannes zum Staate —- man müßte denn so weit gehn und
n Staat eine Institution nennen, deren Zweck es ist, dem Bürger eine ange-
^cynie Gelegenheit, zu schimpfen, zu geben. Über deutsche Kritiksucht und Doleri-
t Asinus ist genug geschrieben worden: sie werden sich schwerlich ändern. Aber
eUeicht kann man hoffen, daß sich, da das Deutsche Reich ja noch ein junger
raad ist, im Laufe der Zeit etwas von jener „Staatsgesinnung" herausbildet,
^ das heutige England einen Teil seiner wichtigsten Erfolge verdankt. Das
^ort wird wenig gebraucht, in Deutschland nicht, weil man dort nicht weiß, was
damit bezeichnen soll, in England nicht, weil Selbstverständlichkeiten keiner
^°rde bedürfen. In Deutschland sollte man sich bemühen, dies Wort so „bc-
eiitend" als möglich auszusprechen. Novalis hat einmal gesagt: Jeder Engländer
! eine Insel. Dieser Satz läßt ja, wie alle guten Sätze, eine Reihe verschiedner
^terpretativnen zu. Man kann unter anderm aus ihm heraushole», daß jeder
de? in ^ ^" kleines England ist, ein Spiegelbild der Idee seines Staates. In
. " Bewußtsein jedes einzelnen ist das ganze des Staates, dem er angehört,
el? ? enthalten. Es ist das nicht eine Art Patriotismus, die sich immer selber
^/ert und Radau und Pathos nötig hat, sondern ein stilles Gefühl einer ideellen
^"'^nschaft mit der Staatsidee: Staatsgesinnung. Diese Staatsgesinnung ist die
„ , '^"tige Ergänzung des Individualismus, die Überzeugung, daß der Mensch
" zum einen Teil ein auf sich selbst gestelltes und sich selbst genügendes Jndi-
Lan^' ö"'" andern Teil Mitglied eines Organismus ist, und daß es Gebiete,
^^"«gen, Vorkommnisse gibt, bei denen der zweite Teil nicht uur infolge äußerer
Spssk^' ^"dern durch innere Logik ohne Konflikt mit einer gewissen unbewußten
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"Mng trotz aller Theorien der gänzlich unpolitischen Aufklärungszeit auch heute


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[0441] Falle, wo die Vertreter und Leiter der öffentlichen Meinung auf dem Theater der »ternntioualen Politik nicht nur Zuschauer sondern auch Akteure sind. Der Akteur verliert aber notwendigerweise — wenigstens für die Dauer der Aufführung _ w'ige von deu in Deutschland so sehr geschätzten Rechten des Zuschauers. Wenn w der russischen Zirkularuote zur Haager Konferenz England und Spanien auf°er einen Seite ihren Abrüstungsvorschlag, Rußland, Österreich-Ungarn und Deutsch¬ land ihren Vorbehalt, ihn zu diskutiere», zur Kenntnis der Öffentlichkeit gebracht laben, wenn einige Wochen später von der Tribüne des Reichstags der Reichskanzler "'Ire moralische Position dargelegt und begründet, und darauf der englische Premier in einer Rede seinen Standpunkt verteidigt hat, so find das mir die Signale der in wer Schlacht kommandierender Generale, Signale, die wirkungslos bleiben, wenn puer folgend sich nicht die Soldaten in Bewegung setzen, sich entwickeln oder feuern. Das Heer aber, das die eigentliche soldatische Schlacht schlagt, ist die Presse. Daß unsre Presse in diesen ihren Qualitäten der Presse des Auslandes nicht »>mer ebenbürtig ist, ist eine bedauerliche, aber trotz vieler und wesentlicher Be¬ gebungen immer noch wahre Tatsache. Es hängt das wohl mit einer Reihe vn Gründen zusammen, alten leidigen deutschen Angewohnheiten oder Anlagen, cum sich auch in den letzten Jahrzehnten viel geändert hat, und wenn sich eine , "he der großen und auch kleinerer Zeitungen nicht nur der Rechte sondern auch Pflichte» der öffentlichen Meinung bewußt ist, so ist doch die Anschauung, daß i!^ Annalist nicht uur Zuschauer und Kritiker, sondern auch mitspielender Akteur ^ - bei uns nicht in gleichem Grade wie in England oder Frankreich durchgedrungen. ^"^ Zeit des Burenkrieges hat einer der Führer des Amel-Englandrummels eine gewisse Anschauung mit folgenden prägnanten Worten zusammengefaßt: Es ist ter Recht, auf England zu schimpfen; Aufgabe der Regierung ist es, dafür zu Aust"' Schaden daraus entsteht. Es ist kaum möglich, einen präzisern N° s ^ ^. finden für eine gewisse unter Deutschen ureingesesseue Anschauung vom j. )^mis des Privatmannes zum Staate —- man müßte denn so weit gehn und n Staat eine Institution nennen, deren Zweck es ist, dem Bürger eine ange- ^cynie Gelegenheit, zu schimpfen, zu geben. Über deutsche Kritiksucht und Doleri- t Asinus ist genug geschrieben worden: sie werden sich schwerlich ändern. Aber eUeicht kann man hoffen, daß sich, da das Deutsche Reich ja noch ein junger raad ist, im Laufe der Zeit etwas von jener „Staatsgesinnung" herausbildet, ^ das heutige England einen Teil seiner wichtigsten Erfolge verdankt. Das ^ort wird wenig gebraucht, in Deutschland nicht, weil man dort nicht weiß, was damit bezeichnen soll, in England nicht, weil Selbstverständlichkeiten keiner ^°rde bedürfen. In Deutschland sollte man sich bemühen, dies Wort so „bc- eiitend" als möglich auszusprechen. Novalis hat einmal gesagt: Jeder Engländer ! eine Insel. Dieser Satz läßt ja, wie alle guten Sätze, eine Reihe verschiedner ^terpretativnen zu. Man kann unter anderm aus ihm heraushole», daß jeder de? in ^ ^" kleines England ist, ein Spiegelbild der Idee seines Staates. In . " Bewußtsein jedes einzelnen ist das ganze des Staates, dem er angehört, el? ? enthalten. Es ist das nicht eine Art Patriotismus, die sich immer selber ^/ert und Radau und Pathos nötig hat, sondern ein stilles Gefühl einer ideellen ^"'^nschaft mit der Staatsidee: Staatsgesinnung. Diese Staatsgesinnung ist die „ , '^"tige Ergänzung des Individualismus, die Überzeugung, daß der Mensch " zum einen Teil ein auf sich selbst gestelltes und sich selbst genügendes Jndi- Lan^' ö"'" andern Teil Mitglied eines Organismus ist, und daß es Gebiete, ^^"«gen, Vorkommnisse gibt, bei denen der zweite Teil nicht uur infolge äußerer Spssk^' ^"dern durch innere Logik ohne Konflikt mit einer gewissen unbewußten '^erstäudlichkeit über dem ersten steht. Soweit besteht die antike Staats- "Mng trotz aller Theorien der gänzlich unpolitischen Aufklärungszeit auch heute

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/441>, abgerufen am 13.06.2024.