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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

wirklich durchführen, so wäre damit eine Aussicht auf eine raschere Beilegung des
ganzen Konflikts eröffnet, denn um den "legitimen" Sultan Abdul Asif würden
sich dann die Mächte wohl wenig kümmern.

Während in Europa die internationalen Verhältnisse an einem gewissen Ruhe¬
punkte angelangt find, entwickeln sich auf der andern Hälfte der Erdkugel merk¬
würdige Dinge, die nicht gerade auf eine friedliche Zukunft hindeuten. Die Be¬
ziehungen der Union zu Japan sind und bleiben gespannt, und es ist kein Beweis
dagegen, daß die anfangs angekündigte, dann wieder abgeleugnete Entsendung der
nordamerikanischen Schlachtflotte nach dem Großen Ozean doch noch stattfindet, und
daß von der Befestigung Hcuvais, der Philippinen und der amerikanischen Ostküste
die Rede ist. Die große Bundesrepublik hatte bisher im politisch-militärischen Sinne
keine Nachbarn; Kanada wäre ihrem Angriff gegenüber zu Lande wehrlos, und
Mexiko ist erst unter Porfirio Diaz zur Konsolidation gelangt, hat aber Mühe,
gegen das Übergewicht des nordamerikanischen Kapitals seine wirtschaftliche Selb¬
ständigkeit zu behaupten. So hat denn die Union bisher niemals ernsthafte Land¬
kriege zu führen gehabt und ist darauf auch gar nicht eingerichtet. Mit Milizen
und Freiwilligen gewinnt man gegen reguläre Heere vielleicht Schlachten, aber keine
Feldzüge, und die stehende Armee des Bundes ist dazu viel zu schwach, wenn sie auch
stark vermehrt worden ist. Seitdem nun die Union mit der Okkupation der spanischen
Antillen und der Philippinen über ihren natürlichen Machtkreis hinausgegriffen hat,
zum "Imperialismus" übergegangen ist, hat sie sich in der jungen japanischen Gro߬
macht mit ihrem gewaltigen siegreichen Heere und ihrer starken Flotte, die die größte
Seeschlacht seit Trafalgar geschlagen und gewonnen hat, einen höchst gefährlichen und
ehrgeizigen Nachbarn selbst geschaffen. Mag sie ihm zur See gewachsen sein -- noch
fehlen freilich die Proben, da die Siege über die veraltete, schlecht gerüstete spanische
Flotte nichts bedeuten --, zu Lande kann sich die Union heute ganz gewiß nicht im
entferntesten mit den Japanern messen. Um das zu können, müßte sie eine stehende
Armee von ein Paarmalhunderttausend Mann aufstellen, da die jetzige kaum aus¬
reicht, um kleine Expeditionen, wie die kubanische, zu unternehmen und die beab¬
sichtigten Küstenbefestigungen angemessen zu besetzen. Daß eine stolze, kräftige, reiche
und energische Bevölkerung von 80 Millionen das alles mit Leichtigkeit leisten könnte,
wenn ihr die nötige Zeit bleibt, ist unzweifelhaft. Aber eine solche starke Armee,
die doch Bundessache sein müßte, würde die Bundesgewalt ungeheuer verstärken
(Milizen und Freiwillige sind bekanntlich Sache der Einzelstaaten) und der demo¬
kratischen Verfassung und Sitte innerlich widersprechen, weil sie ohne einen straff
militärischen Geist der Unterordnung und des Gehorsams undenkbar ist. Zugleich
ist diese demokratische Gesellschaft in der dringendsten Gefahr, wirtschaftlich und dadurch
mich politisch unter die Oligarchie einer Anzahl von "Milliardären" zu geraten, die
gerade aus der absoluten demokratischen Freiheit des wirtschaftlichen Lebens erwachsen
sind und mit ihren "Trusts" die Eisenbahnen des ungeheuern Landes und den Handel
mit seinen wichtigsten Produkten unbedingt beherrschen. Daß der Präsident Theodor
Roosevelt, einer der bedeutendsten, die jemals die Union gelenkt haben, energisch in
dem Kampf gegen die korrumpierende Macht der "Trusts" auftritt und schon alle
die Eisenbahnen, die das Gebiet mehrerer Staaten berühren, unter eine gewisse
Aufsicht der Bundesgewalt gestellt hat, bedeutet offenbar eine Stärkung dieser Gewalt,
"tho der Staatsgewalt überhaupt, die hier denselben Kampf mit dem privaten
Großbesitz führt, den die deutschen Monarchien seinerzeit mit den feudalen Gro߬
grundherrschaften zu führen gehabt haben. Unter dem doppelten Drucke dieses Kampfes
gegen die Trusts und der veränderten internationalen Lage, die sie zu einer aktiven
auswärtigen Politik großen Stils zwingt, geht die Union wahrscheinlich großen innern
Veränderungen entgegen. Es kann kommen, wie in den Grenzboten schon vor Jahren


Grenzboton 111 1907 7V
Maßgebliches und Unmaßgebliches

wirklich durchführen, so wäre damit eine Aussicht auf eine raschere Beilegung des
ganzen Konflikts eröffnet, denn um den „legitimen" Sultan Abdul Asif würden
sich dann die Mächte wohl wenig kümmern.

Während in Europa die internationalen Verhältnisse an einem gewissen Ruhe¬
punkte angelangt find, entwickeln sich auf der andern Hälfte der Erdkugel merk¬
würdige Dinge, die nicht gerade auf eine friedliche Zukunft hindeuten. Die Be¬
ziehungen der Union zu Japan sind und bleiben gespannt, und es ist kein Beweis
dagegen, daß die anfangs angekündigte, dann wieder abgeleugnete Entsendung der
nordamerikanischen Schlachtflotte nach dem Großen Ozean doch noch stattfindet, und
daß von der Befestigung Hcuvais, der Philippinen und der amerikanischen Ostküste
die Rede ist. Die große Bundesrepublik hatte bisher im politisch-militärischen Sinne
keine Nachbarn; Kanada wäre ihrem Angriff gegenüber zu Lande wehrlos, und
Mexiko ist erst unter Porfirio Diaz zur Konsolidation gelangt, hat aber Mühe,
gegen das Übergewicht des nordamerikanischen Kapitals seine wirtschaftliche Selb¬
ständigkeit zu behaupten. So hat denn die Union bisher niemals ernsthafte Land¬
kriege zu führen gehabt und ist darauf auch gar nicht eingerichtet. Mit Milizen
und Freiwilligen gewinnt man gegen reguläre Heere vielleicht Schlachten, aber keine
Feldzüge, und die stehende Armee des Bundes ist dazu viel zu schwach, wenn sie auch
stark vermehrt worden ist. Seitdem nun die Union mit der Okkupation der spanischen
Antillen und der Philippinen über ihren natürlichen Machtkreis hinausgegriffen hat,
zum „Imperialismus" übergegangen ist, hat sie sich in der jungen japanischen Gro߬
macht mit ihrem gewaltigen siegreichen Heere und ihrer starken Flotte, die die größte
Seeschlacht seit Trafalgar geschlagen und gewonnen hat, einen höchst gefährlichen und
ehrgeizigen Nachbarn selbst geschaffen. Mag sie ihm zur See gewachsen sein — noch
fehlen freilich die Proben, da die Siege über die veraltete, schlecht gerüstete spanische
Flotte nichts bedeuten —, zu Lande kann sich die Union heute ganz gewiß nicht im
entferntesten mit den Japanern messen. Um das zu können, müßte sie eine stehende
Armee von ein Paarmalhunderttausend Mann aufstellen, da die jetzige kaum aus¬
reicht, um kleine Expeditionen, wie die kubanische, zu unternehmen und die beab¬
sichtigten Küstenbefestigungen angemessen zu besetzen. Daß eine stolze, kräftige, reiche
und energische Bevölkerung von 80 Millionen das alles mit Leichtigkeit leisten könnte,
wenn ihr die nötige Zeit bleibt, ist unzweifelhaft. Aber eine solche starke Armee,
die doch Bundessache sein müßte, würde die Bundesgewalt ungeheuer verstärken
(Milizen und Freiwillige sind bekanntlich Sache der Einzelstaaten) und der demo¬
kratischen Verfassung und Sitte innerlich widersprechen, weil sie ohne einen straff
militärischen Geist der Unterordnung und des Gehorsams undenkbar ist. Zugleich
ist diese demokratische Gesellschaft in der dringendsten Gefahr, wirtschaftlich und dadurch
mich politisch unter die Oligarchie einer Anzahl von „Milliardären" zu geraten, die
gerade aus der absoluten demokratischen Freiheit des wirtschaftlichen Lebens erwachsen
sind und mit ihren „Trusts" die Eisenbahnen des ungeheuern Landes und den Handel
mit seinen wichtigsten Produkten unbedingt beherrschen. Daß der Präsident Theodor
Roosevelt, einer der bedeutendsten, die jemals die Union gelenkt haben, energisch in
dem Kampf gegen die korrumpierende Macht der „Trusts" auftritt und schon alle
die Eisenbahnen, die das Gebiet mehrerer Staaten berühren, unter eine gewisse
Aufsicht der Bundesgewalt gestellt hat, bedeutet offenbar eine Stärkung dieser Gewalt,
"tho der Staatsgewalt überhaupt, die hier denselben Kampf mit dem privaten
Großbesitz führt, den die deutschen Monarchien seinerzeit mit den feudalen Gro߬
grundherrschaften zu führen gehabt haben. Unter dem doppelten Drucke dieses Kampfes
gegen die Trusts und der veränderten internationalen Lage, die sie zu einer aktiven
auswärtigen Politik großen Stils zwingt, geht die Union wahrscheinlich großen innern
Veränderungen entgegen. Es kann kommen, wie in den Grenzboten schon vor Jahren


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[0545] Maßgebliches und Unmaßgebliches wirklich durchführen, so wäre damit eine Aussicht auf eine raschere Beilegung des ganzen Konflikts eröffnet, denn um den „legitimen" Sultan Abdul Asif würden sich dann die Mächte wohl wenig kümmern. Während in Europa die internationalen Verhältnisse an einem gewissen Ruhe¬ punkte angelangt find, entwickeln sich auf der andern Hälfte der Erdkugel merk¬ würdige Dinge, die nicht gerade auf eine friedliche Zukunft hindeuten. Die Be¬ ziehungen der Union zu Japan sind und bleiben gespannt, und es ist kein Beweis dagegen, daß die anfangs angekündigte, dann wieder abgeleugnete Entsendung der nordamerikanischen Schlachtflotte nach dem Großen Ozean doch noch stattfindet, und daß von der Befestigung Hcuvais, der Philippinen und der amerikanischen Ostküste die Rede ist. Die große Bundesrepublik hatte bisher im politisch-militärischen Sinne keine Nachbarn; Kanada wäre ihrem Angriff gegenüber zu Lande wehrlos, und Mexiko ist erst unter Porfirio Diaz zur Konsolidation gelangt, hat aber Mühe, gegen das Übergewicht des nordamerikanischen Kapitals seine wirtschaftliche Selb¬ ständigkeit zu behaupten. So hat denn die Union bisher niemals ernsthafte Land¬ kriege zu führen gehabt und ist darauf auch gar nicht eingerichtet. Mit Milizen und Freiwilligen gewinnt man gegen reguläre Heere vielleicht Schlachten, aber keine Feldzüge, und die stehende Armee des Bundes ist dazu viel zu schwach, wenn sie auch stark vermehrt worden ist. Seitdem nun die Union mit der Okkupation der spanischen Antillen und der Philippinen über ihren natürlichen Machtkreis hinausgegriffen hat, zum „Imperialismus" übergegangen ist, hat sie sich in der jungen japanischen Gro߬ macht mit ihrem gewaltigen siegreichen Heere und ihrer starken Flotte, die die größte Seeschlacht seit Trafalgar geschlagen und gewonnen hat, einen höchst gefährlichen und ehrgeizigen Nachbarn selbst geschaffen. Mag sie ihm zur See gewachsen sein — noch fehlen freilich die Proben, da die Siege über die veraltete, schlecht gerüstete spanische Flotte nichts bedeuten —, zu Lande kann sich die Union heute ganz gewiß nicht im entferntesten mit den Japanern messen. Um das zu können, müßte sie eine stehende Armee von ein Paarmalhunderttausend Mann aufstellen, da die jetzige kaum aus¬ reicht, um kleine Expeditionen, wie die kubanische, zu unternehmen und die beab¬ sichtigten Küstenbefestigungen angemessen zu besetzen. Daß eine stolze, kräftige, reiche und energische Bevölkerung von 80 Millionen das alles mit Leichtigkeit leisten könnte, wenn ihr die nötige Zeit bleibt, ist unzweifelhaft. Aber eine solche starke Armee, die doch Bundessache sein müßte, würde die Bundesgewalt ungeheuer verstärken (Milizen und Freiwillige sind bekanntlich Sache der Einzelstaaten) und der demo¬ kratischen Verfassung und Sitte innerlich widersprechen, weil sie ohne einen straff militärischen Geist der Unterordnung und des Gehorsams undenkbar ist. Zugleich ist diese demokratische Gesellschaft in der dringendsten Gefahr, wirtschaftlich und dadurch mich politisch unter die Oligarchie einer Anzahl von „Milliardären" zu geraten, die gerade aus der absoluten demokratischen Freiheit des wirtschaftlichen Lebens erwachsen sind und mit ihren „Trusts" die Eisenbahnen des ungeheuern Landes und den Handel mit seinen wichtigsten Produkten unbedingt beherrschen. Daß der Präsident Theodor Roosevelt, einer der bedeutendsten, die jemals die Union gelenkt haben, energisch in dem Kampf gegen die korrumpierende Macht der „Trusts" auftritt und schon alle die Eisenbahnen, die das Gebiet mehrerer Staaten berühren, unter eine gewisse Aufsicht der Bundesgewalt gestellt hat, bedeutet offenbar eine Stärkung dieser Gewalt, "tho der Staatsgewalt überhaupt, die hier denselben Kampf mit dem privaten Großbesitz führt, den die deutschen Monarchien seinerzeit mit den feudalen Gro߬ grundherrschaften zu führen gehabt haben. Unter dem doppelten Drucke dieses Kampfes gegen die Trusts und der veränderten internationalen Lage, die sie zu einer aktiven auswärtigen Politik großen Stils zwingt, geht die Union wahrscheinlich großen innern Veränderungen entgegen. Es kann kommen, wie in den Grenzboten schon vor Jahren Grenzboton 111 1907 7V

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/545>, abgerufen am 15.05.2024.