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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Die deutschen Eisenbahnen in Afrika

In den ganzen riesigen Ländermassen, die in Afrika deutscher Besitz sind,
sind bisher, einschließlich der soeben eröffneten Strecke Aus-Schakalskuppe,
nur 1542 Kilometer Eisenbahnlinien vorhanden, von denen obendrein noch weit
mehr als ein Drittel Privatbesitz der Otavi-Gesellschaft ist.

Im einzelnen setzt sich diese Zahl zusammen aus folgenden, schon im Be¬
trieb befindlichen Linien:

Deutschsüdwestafrika
Swakopmund - Tsumeb (Otavibahn, Privatbesitz) , , , 678 Kilometer
Swakopmund--Windhuk...........382 "
Lüderitzbucht-Schakalskuppe.........217
Summa 1177 Kilometer
Kamerun
Viktoria--Sopo (Feldbahn, Privatbesitz)......43 Kilometer
Summa 43 Kilometer
Togo
Lome-Paline..............122 Kilometer
Lome--Anecho..............46 "
Summa 167 Kilometer
Deutschostafrika
Tanga--Wilhelmstal (Usambarabahn)...... 133 Kilometer
Daressalaam--Pugu (Mrogorobahn)....... 22 "
Summa 166 Kilometer

Diese 1542 Kilometer, von denen überdies nur 921 Kilometer dem Deutschen
Reiche oder seinen Schutzgebieten gehören, sind der gesamte Besitz an kolonialen
Bahnen in unsern vier großen afrikanischen Kolonien. Wie rückständig wir in
dieser Beziehung noch sind, zeigt am besten ein Vergleich mit einigen Zahlen
ans den französischen und den englischen Besitzungen in Afrika. Allein in Algier
gab es Ende 1906 2917 Kilometer Schienenwege, in Nhodesia, also im innersten
Afrika, 2101 Kilometer, in der Kapkolonie sogar 4934 Kilometer usw. Schon
1879, also lange vor der Aufteilung Afrikas, existierten in der einen Kapkolonie
genau ebensoviel Kilometer Bahnlinie, wie im Jahre 1907 alle vier deutschen
Kolonialgebiete in Afrika zusammen aufweisen! England hat allein in den sechs
Jahren von 1900 bis 1906 in Afrika 7500 Kilometer neue Bahnlinien geschaffen,
also mehr als das Fünffache der Anzahl, über die Deutschland bisher überhaupt
insgesamt verfügt, und die Gesamtlänge der englischen Bahnen in Afrika belief
sich Ende 1906 sogar auf nahezu das Zehnfache des deutschen Besitzes, nämlich
14677 Kilometer. Auch Frankreichs Schienennetz in Afrika umfaßt 6090 Kilo-
Meter, sodaß die Rückständigkeit der deutschen Kolonien allerdings als eine
sehr merkliche bezeichnet werden muß. Sogar ein, was die Kultur anlangt, so
weit ins Hintertreffen geratner Staat wie Portugal hat seine beiden großen
afrikanischen Kolonialbesitzungen, vom Gelde englischer Unternehmer unterstützt,


Die deutschen Eisenbahnen in Afrika

In den ganzen riesigen Ländermassen, die in Afrika deutscher Besitz sind,
sind bisher, einschließlich der soeben eröffneten Strecke Aus-Schakalskuppe,
nur 1542 Kilometer Eisenbahnlinien vorhanden, von denen obendrein noch weit
mehr als ein Drittel Privatbesitz der Otavi-Gesellschaft ist.

Im einzelnen setzt sich diese Zahl zusammen aus folgenden, schon im Be¬
trieb befindlichen Linien:

Deutschsüdwestafrika
Swakopmund - Tsumeb (Otavibahn, Privatbesitz) , , , 678 Kilometer
Swakopmund—Windhuk...........382 „
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Summa 1177 Kilometer
Kamerun
Viktoria—Sopo (Feldbahn, Privatbesitz)......43 Kilometer
Summa 43 Kilometer
Togo
Lome-Paline..............122 Kilometer
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Summa 167 Kilometer
Deutschostafrika
Tanga—Wilhelmstal (Usambarabahn)...... 133 Kilometer
Daressalaam—Pugu (Mrogorobahn)....... 22 „
Summa 166 Kilometer

Diese 1542 Kilometer, von denen überdies nur 921 Kilometer dem Deutschen
Reiche oder seinen Schutzgebieten gehören, sind der gesamte Besitz an kolonialen
Bahnen in unsern vier großen afrikanischen Kolonien. Wie rückständig wir in
dieser Beziehung noch sind, zeigt am besten ein Vergleich mit einigen Zahlen
ans den französischen und den englischen Besitzungen in Afrika. Allein in Algier
gab es Ende 1906 2917 Kilometer Schienenwege, in Nhodesia, also im innersten
Afrika, 2101 Kilometer, in der Kapkolonie sogar 4934 Kilometer usw. Schon
1879, also lange vor der Aufteilung Afrikas, existierten in der einen Kapkolonie
genau ebensoviel Kilometer Bahnlinie, wie im Jahre 1907 alle vier deutschen
Kolonialgebiete in Afrika zusammen aufweisen! England hat allein in den sechs
Jahren von 1900 bis 1906 in Afrika 7500 Kilometer neue Bahnlinien geschaffen,
also mehr als das Fünffache der Anzahl, über die Deutschland bisher überhaupt
insgesamt verfügt, und die Gesamtlänge der englischen Bahnen in Afrika belief
sich Ende 1906 sogar auf nahezu das Zehnfache des deutschen Besitzes, nämlich
14677 Kilometer. Auch Frankreichs Schienennetz in Afrika umfaßt 6090 Kilo-
Meter, sodaß die Rückständigkeit der deutschen Kolonien allerdings als eine
sehr merkliche bezeichnet werden muß. Sogar ein, was die Kultur anlangt, so
weit ins Hintertreffen geratner Staat wie Portugal hat seine beiden großen
afrikanischen Kolonialbesitzungen, vom Gelde englischer Unternehmer unterstützt,


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[0555] Die deutschen Eisenbahnen in Afrika In den ganzen riesigen Ländermassen, die in Afrika deutscher Besitz sind, sind bisher, einschließlich der soeben eröffneten Strecke Aus-Schakalskuppe, nur 1542 Kilometer Eisenbahnlinien vorhanden, von denen obendrein noch weit mehr als ein Drittel Privatbesitz der Otavi-Gesellschaft ist. Im einzelnen setzt sich diese Zahl zusammen aus folgenden, schon im Be¬ trieb befindlichen Linien: Deutschsüdwestafrika Swakopmund - Tsumeb (Otavibahn, Privatbesitz) , , , 678 Kilometer Swakopmund—Windhuk...........382 „ Lüderitzbucht-Schakalskuppe.........217 Summa 1177 Kilometer Kamerun Viktoria—Sopo (Feldbahn, Privatbesitz)......43 Kilometer Summa 43 Kilometer Togo Lome-Paline..............122 Kilometer Lome—Anecho..............46 „ Summa 167 Kilometer Deutschostafrika Tanga—Wilhelmstal (Usambarabahn)...... 133 Kilometer Daressalaam—Pugu (Mrogorobahn)....... 22 „ Summa 166 Kilometer Diese 1542 Kilometer, von denen überdies nur 921 Kilometer dem Deutschen Reiche oder seinen Schutzgebieten gehören, sind der gesamte Besitz an kolonialen Bahnen in unsern vier großen afrikanischen Kolonien. Wie rückständig wir in dieser Beziehung noch sind, zeigt am besten ein Vergleich mit einigen Zahlen ans den französischen und den englischen Besitzungen in Afrika. Allein in Algier gab es Ende 1906 2917 Kilometer Schienenwege, in Nhodesia, also im innersten Afrika, 2101 Kilometer, in der Kapkolonie sogar 4934 Kilometer usw. Schon 1879, also lange vor der Aufteilung Afrikas, existierten in der einen Kapkolonie genau ebensoviel Kilometer Bahnlinie, wie im Jahre 1907 alle vier deutschen Kolonialgebiete in Afrika zusammen aufweisen! England hat allein in den sechs Jahren von 1900 bis 1906 in Afrika 7500 Kilometer neue Bahnlinien geschaffen, also mehr als das Fünffache der Anzahl, über die Deutschland bisher überhaupt insgesamt verfügt, und die Gesamtlänge der englischen Bahnen in Afrika belief sich Ende 1906 sogar auf nahezu das Zehnfache des deutschen Besitzes, nämlich 14677 Kilometer. Auch Frankreichs Schienennetz in Afrika umfaßt 6090 Kilo- Meter, sodaß die Rückständigkeit der deutschen Kolonien allerdings als eine sehr merkliche bezeichnet werden muß. Sogar ein, was die Kultur anlangt, so weit ins Hintertreffen geratner Staat wie Portugal hat seine beiden großen afrikanischen Kolonialbesitzungen, vom Gelde englischer Unternehmer unterstützt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/555>, abgerufen am 29.05.2024.