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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Der lNarquis von Larabas

allein das Recht, auf der Welt zu sein, jung und schön, wie sie war. Kalt fand
es ebenfalls hier herrlich. Im übrigen sagte sie nichts zu ihm, doch war sie so
sehr von Schönheitseindrücken erfüllt, daß sie es aussprechen mußte. Sie nahm
sich zusammen und wurde wohlerzogen.

Plötzlich blitzte es schalkhaft in ihren Augen.

Gestehn Sie, Herr Gutsverwalter, sind Sie es gewesen, der an Pastor Kabel
telephoniert hat?

Ja, Kalt gestand es ein, und darüber wurden sie gute Freunde.

Die Exzellenz und der Volksvertreter erörterten die bevorstehenden schneidigen
Manöver der Partei; Ihre Gnaden nickte ein, denn die Sonne auf dem Wasser
machte schläfrig; Kalt und die Komtesse dagegen schwatzten munter, wie die Jugend
zu schwatzen pflegt, während die frische Brise über die Wellen strich, und Möwen
die alte Zampa umkreisten.

Als man über die Landzunge der Insel hinausgekommen war, erwachte in
der Lehnsgräfin "die Mutter" ihrer Tochter wieder. Sie trat zu den beiden hin
und machte dem Gespräch ein Ende.

Sie können Jörgen Steenfeld von mir grüßen und ihm sagen, daß wir einmal
zu euch hinüberkommen werden.

Es soll eine Überraschung sein, lachte Rose.

Ihre Gnaden verstand nicht, was damit gemeint war, und diese kleine private
Vertraulichkeit schuf eine Brücke zwischen beiden. Und in demselben Augenblick
tauchte in Kalt ein Gedanke auf, der einen prophetischen Glanz über ihn warf
und sogar die Dreißigtausend in seiner Tasche verdunkelte.

Die Komtesse und Jörgen Steenfeld, die wären ein Paar! Und wer diesen
Bund stiften sollte, das war er -- Kalt! Er selbst war so gerührt über diese
ausgedachte Wohltat, daß es ihn dringend nach einer Stärkung verlangte und er
das Gespräch abbrach.

Erst innen auf dem Fjord traf er wieder mit der Exzellenzenfamilie zusammen
und schied nachher äußerst zeremoniell von ihr.

Die Exzellenz sah diplomatisch aus und flüsterte durch die Nase: Also -- ich
kann auf Sie zählen.

Und Kalt kam sich wie ein Felsen vor, der den großen Mann und dessen
Zukunft trug."

Komtesse Rose lächelte und reichte ihm mit einem "Auf Wiedersehen in eng¬
lischer Weise die Hand.

Kalks Weg führte nach der Hauptstadt. Er teilte sein CoupL mit einem
mittlern Verkehrsbeamten, und in Röskilde, wo die Bagage der Exzellenzenherr¬
schaft einen kleinen Zngstillstcmd verursachte, wurde ihm ein Kopfnicken der Komtesse
zuteil. In der Hauptstadt bestellte Kalt sein Haus, und als er am Tage darauf
nach Steensgaard weiterzog, warf sein Heiratsplan über die Dreißigtausend einen
Schatten wie ein Eichbaum über ein Gänseblümchen.

(Fortsetzung folgt)




Grenzboten I 190820
Der lNarquis von Larabas

allein das Recht, auf der Welt zu sein, jung und schön, wie sie war. Kalt fand
es ebenfalls hier herrlich. Im übrigen sagte sie nichts zu ihm, doch war sie so
sehr von Schönheitseindrücken erfüllt, daß sie es aussprechen mußte. Sie nahm
sich zusammen und wurde wohlerzogen.

Plötzlich blitzte es schalkhaft in ihren Augen.

Gestehn Sie, Herr Gutsverwalter, sind Sie es gewesen, der an Pastor Kabel
telephoniert hat?

Ja, Kalt gestand es ein, und darüber wurden sie gute Freunde.

Die Exzellenz und der Volksvertreter erörterten die bevorstehenden schneidigen
Manöver der Partei; Ihre Gnaden nickte ein, denn die Sonne auf dem Wasser
machte schläfrig; Kalt und die Komtesse dagegen schwatzten munter, wie die Jugend
zu schwatzen pflegt, während die frische Brise über die Wellen strich, und Möwen
die alte Zampa umkreisten.

Als man über die Landzunge der Insel hinausgekommen war, erwachte in
der Lehnsgräfin „die Mutter" ihrer Tochter wieder. Sie trat zu den beiden hin
und machte dem Gespräch ein Ende.

Sie können Jörgen Steenfeld von mir grüßen und ihm sagen, daß wir einmal
zu euch hinüberkommen werden.

Es soll eine Überraschung sein, lachte Rose.

Ihre Gnaden verstand nicht, was damit gemeint war, und diese kleine private
Vertraulichkeit schuf eine Brücke zwischen beiden. Und in demselben Augenblick
tauchte in Kalt ein Gedanke auf, der einen prophetischen Glanz über ihn warf
und sogar die Dreißigtausend in seiner Tasche verdunkelte.

Die Komtesse und Jörgen Steenfeld, die wären ein Paar! Und wer diesen
Bund stiften sollte, das war er — Kalt! Er selbst war so gerührt über diese
ausgedachte Wohltat, daß es ihn dringend nach einer Stärkung verlangte und er
das Gespräch abbrach.

Erst innen auf dem Fjord traf er wieder mit der Exzellenzenfamilie zusammen
und schied nachher äußerst zeremoniell von ihr.

Die Exzellenz sah diplomatisch aus und flüsterte durch die Nase: Also — ich
kann auf Sie zählen.

Und Kalt kam sich wie ein Felsen vor, der den großen Mann und dessen
Zukunft trug."

Komtesse Rose lächelte und reichte ihm mit einem „Auf Wiedersehen in eng¬
lischer Weise die Hand.

Kalks Weg führte nach der Hauptstadt. Er teilte sein CoupL mit einem
mittlern Verkehrsbeamten, und in Röskilde, wo die Bagage der Exzellenzenherr¬
schaft einen kleinen Zngstillstcmd verursachte, wurde ihm ein Kopfnicken der Komtesse
zuteil. In der Hauptstadt bestellte Kalt sein Haus, und als er am Tage darauf
nach Steensgaard weiterzog, warf sein Heiratsplan über die Dreißigtausend einen
Schatten wie ein Eichbaum über ein Gänseblümchen.

(Fortsetzung folgt)




Grenzboten I 190820
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/153>, abgerufen am 22.05.2024.