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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Nie großen Flotten der Welt im Jahre 1.903

Linienschiffe in Bau zu geben. Bei den Beratungen im Parlament über diesen
Etat war ausgesprochen worden, daß das Schicksal dieses dritten Linienschiffes
von dem britischen Abrüstungsvorschlag, der im Haag gemacht werden sollte,
abhängig zu machen sei. In Wirklichkeit aber hatten Negierung und Volks¬
vertreter wohl von vornherein auch mit diesem Schiff gerechnet. Denn nur so
erklärt es sich, daß der Baubeginn der beiden im vorigen Frühjahr fest be¬
willigten Schiffe bis jetzt hinausgeschoben worden ist. Man will die drei Schiffe
zusammen bauen, um einheitlich bauen zu können und bei allen dreien die
jüngsten Erfahrungen auszunutzen. Die Schiffe sollen einen verbesserten
Dreadnought-Typ darstellen und deren Maße nicht unwesentlich übertreffen.
Über die schwere Armierung gehen die Angaben noch auseinander. Während
die einen wissen wollen, daß, trotz aller Dementis, die Aufstellung neuer Ge¬
schütze von 34,3 Zentimeter Kaliber beabsichtigt sei, melden andre Nachrichten,
daß für die schweren Geschütze der neuen Schiffe das bisherige Kaliber von
30,5 Zentimeter beibehalten und nur ihre Nohrlünge von 45 auf 50 Kaliber
erhöht werde. Se. Vincent, Collingwood und Vanguard, von denen die erste
am 30. Dezember v. I. in Portsmouth begonnen wurde, die zweite am
3. Februar d. I. in Devonport in Angriff genommen ist und Vanguard auf einer
Privatwerft bald folgen wird, sollen danach ein Deplacement von 20900 Tonnen
(Dreadnought 19500 Tonnen) erhalten, eine Länge von 152,4 Metern und
eine Breite von 25,6 Metern haben und mit 10 30,5-Zentimeter-K/50-Ge-
schützen und 20 10,2-Zentimeter-Geschützen bestückt werden. Außer diesen drei
Linienschiffen sind im vorjährigen Marineetat noch ein schneller ungepanzerter
Kreuzer, fünf Hochseetorpedvbootszerstörer, zwölf Torpedoboote erster Klasse
und zwölf Unterseeboote gefordert worden; es ist also nahezu das gleiche Pro¬
gramm aufgestellt gewesen, wie es im Jahre 1906 vorlag.

Die Zahl der im Jahre 1907 zur Ablieferung gelangten Schiffe ist nicht
groß und steht in dieser Hinsicht hinter dem vorhergehenden Jahre zurück.
Erstmalig in Dienst gestellt wurden das Linienschiff Dreadnought, die Panzer¬
kreuzer Warrior, Achilles, Natal und Cochrane, acht Unterseeboote vom L-Typ
und das Werkstattschiff Cyclops. Zahlreich sind dagegen die Stapelläufe
großer Schiffe gewesen, denn die drei Linienschiffe der Temeraire-Klasse und
vier Panzerkreuzer, darunter drei von der vielbesprochnen Jnvincible-Klasse
(17527 Tonnen), wurden zu Wasser gelassen. Es wird von Interesse sein,
ob sich die Erwartungen der Admiralität bestätigen, daß diese sieben Schiffe,
dazu noch die Schlachtschiffe Lord Nelson und Agamemnon, die 1906 vom
Stapel gelaufen sind, und die Panzerkreuzer Shannon und Defence schon in
diesem Jahre in die Front treten können. Dadurch würde die englische Flotte
im Jahre 1908 einen Zuwachs von fünf Linienschiffen und sechs Panzerkreuzern
erhalten.

Von einer Einschränkung der englischen Flottenrüstungen ist nach dem
jetzt vorliegenden Marinebudget für das Etatsjahr 1903/09 vorläufig noch keine


Nie großen Flotten der Welt im Jahre 1.903

Linienschiffe in Bau zu geben. Bei den Beratungen im Parlament über diesen
Etat war ausgesprochen worden, daß das Schicksal dieses dritten Linienschiffes
von dem britischen Abrüstungsvorschlag, der im Haag gemacht werden sollte,
abhängig zu machen sei. In Wirklichkeit aber hatten Negierung und Volks¬
vertreter wohl von vornherein auch mit diesem Schiff gerechnet. Denn nur so
erklärt es sich, daß der Baubeginn der beiden im vorigen Frühjahr fest be¬
willigten Schiffe bis jetzt hinausgeschoben worden ist. Man will die drei Schiffe
zusammen bauen, um einheitlich bauen zu können und bei allen dreien die
jüngsten Erfahrungen auszunutzen. Die Schiffe sollen einen verbesserten
Dreadnought-Typ darstellen und deren Maße nicht unwesentlich übertreffen.
Über die schwere Armierung gehen die Angaben noch auseinander. Während
die einen wissen wollen, daß, trotz aller Dementis, die Aufstellung neuer Ge¬
schütze von 34,3 Zentimeter Kaliber beabsichtigt sei, melden andre Nachrichten,
daß für die schweren Geschütze der neuen Schiffe das bisherige Kaliber von
30,5 Zentimeter beibehalten und nur ihre Nohrlünge von 45 auf 50 Kaliber
erhöht werde. Se. Vincent, Collingwood und Vanguard, von denen die erste
am 30. Dezember v. I. in Portsmouth begonnen wurde, die zweite am
3. Februar d. I. in Devonport in Angriff genommen ist und Vanguard auf einer
Privatwerft bald folgen wird, sollen danach ein Deplacement von 20900 Tonnen
(Dreadnought 19500 Tonnen) erhalten, eine Länge von 152,4 Metern und
eine Breite von 25,6 Metern haben und mit 10 30,5-Zentimeter-K/50-Ge-
schützen und 20 10,2-Zentimeter-Geschützen bestückt werden. Außer diesen drei
Linienschiffen sind im vorjährigen Marineetat noch ein schneller ungepanzerter
Kreuzer, fünf Hochseetorpedvbootszerstörer, zwölf Torpedoboote erster Klasse
und zwölf Unterseeboote gefordert worden; es ist also nahezu das gleiche Pro¬
gramm aufgestellt gewesen, wie es im Jahre 1906 vorlag.

Die Zahl der im Jahre 1907 zur Ablieferung gelangten Schiffe ist nicht
groß und steht in dieser Hinsicht hinter dem vorhergehenden Jahre zurück.
Erstmalig in Dienst gestellt wurden das Linienschiff Dreadnought, die Panzer¬
kreuzer Warrior, Achilles, Natal und Cochrane, acht Unterseeboote vom L-Typ
und das Werkstattschiff Cyclops. Zahlreich sind dagegen die Stapelläufe
großer Schiffe gewesen, denn die drei Linienschiffe der Temeraire-Klasse und
vier Panzerkreuzer, darunter drei von der vielbesprochnen Jnvincible-Klasse
(17527 Tonnen), wurden zu Wasser gelassen. Es wird von Interesse sein,
ob sich die Erwartungen der Admiralität bestätigen, daß diese sieben Schiffe,
dazu noch die Schlachtschiffe Lord Nelson und Agamemnon, die 1906 vom
Stapel gelaufen sind, und die Panzerkreuzer Shannon und Defence schon in
diesem Jahre in die Front treten können. Dadurch würde die englische Flotte
im Jahre 1908 einen Zuwachs von fünf Linienschiffen und sechs Panzerkreuzern
erhalten.

Von einer Einschränkung der englischen Flottenrüstungen ist nach dem
jetzt vorliegenden Marinebudget für das Etatsjahr 1903/09 vorläufig noch keine


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/12>, abgerufen am 15.05.2024.