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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Großbritannien" sahen wir ihn auf Ruskins Pfaden wandeln. Er charakterisiert
das industrielle England und seine Großstädte als abschreckend häßlich, findet das
ganze Leben und Treiben dieser rastlosen Warenproduzenten völlig sinnlos, und
erquickt sich nach der Qual, die ihm der Anblick all dieses Sinnlosen und Häßlichen
verursacht hat, an dem Studium mittelalterlicher Ballwerke lind an einem Besuche
Irlands, dessen Bewohner selbst in dem Zustande der Verlumpung, in die sie
englische Tyrannei hinabgestoßen, noch liebenswürdige und interessante Menschen
geblieben seien. Nach solchen Vorläufern überrascht sein neuestes Buch einiger¬
maßen (Lebensbedingungen moderner Kultur. Vom Verfasser bearbeitete
(so!) Übersetzung von Margarethe Langfeld. Jena, Gustav Fischer). Hier
bekennt er sich zu jenem Evolutionismus, dessen Vertreter den Ruskinismus als
rückständige Romantik zu behandeln pflegen. Den Zustand des niedern Volks, der
mit dem Ideal echten Menschentums in so grellem Widerspruch stehe, führt er auf
die Unterdrückung und Ausbeutung zurück, die von Staat und Kirche geschützt und
gestützt und und der supranaturalen Weltanschauung gerechtfertigt werde. Diese
sei vom Entwicklungswillen zu überwinden, der die Demokratie anstrebe. Gegen
diese grundsätzliche Auffassung des Soziallebens hätte ich sehr viel einzuwenden,
aber sie hat glücklicherweise so gut wie gar keinen Einfluß auf den praktischen Teil
des Buches, in dem von Wohlstand, Staat, Kultur, Schule, Sozialpolitik, Arbeit¬
vertrag, Finanzwirtschaft viel Gutes gesagt wird. Manches von dem, was der
Fürsprecher der Arbeiter hier vorträgt, habe ich selbst ungefähr im Sinne des Ver¬
fassers, wenn auch nicht in seiner streng wissenschaftlichen Form, in den Grenzboten
gepredigt. In den letzten Jahren schien es mir nicht mehr nötig, denn der wirt¬
schaftliche Aufschwung hat uns von dem Massenelend erlöst, mit dem wir in der
Zeit der langen Depression behaftet waren, Regierung und Reichstag haben im
Gebiete der Sozialpolitik ihre Schuldigkeit getan, und die organisierten Arbeiter
sind jetzt stark genug, ihre Interessen selbst mit Erfolg wahrzunehmen. Dem Ziele
der sozialen Entwicklung -- Zukunftstaat oder staatloser Gesellschaft -- gegenüber
bewahrt Steffen die dem Manne der Wissenschaft ziemende Zurückhaltung. Die
Fortschrittsfähigkeit schließe nicht notwendigerweise die Fähigkeit ein, uns von dem
Zustande, zu dem wir fortschreiten, eine deutliche und richtige Vorstellung zu
machen; die Erfahrung lehre, daß alle Knlturideale, die sich der nach Vervoll¬
kommnung Strebende zu bilden pflegt, in hohem Grade mit Irrtümern behaftet
seien. Andre gehn unbedenklicher drauf los, so Franz Oppenheimer in seinem
Büchlein "Der Staat" "Mitten u. Loening in Franfurt a. M.). Er glaubt, daß
sich der "Ranbstaat zur Freibürgerschaft" entwickeln werde, die in Neuseeland nahe¬
zu erreicht sei. Nun, mit dem Urteil über die Gemeinwesen in Neuseeland und
Australien wollen wir lieber noch einige Jahre warten. Im kleinen und kleinsten
Umfange sind ja -- allerdings nur sehr vereinzelt, auch im alten Europa mit der
demokratischen Arbeitverfassung Versuche gemacht worden. Bedeutender als Freches
'.konstitutionelle Fabrik" ist die Zeiß-Stiftung in Jena, die Schöpfung des großen
Optikers und ebenso großen Idealisten Ernst Abbe, dessen Person, Wirken und
Überzeugungen im 2. Bande des Jahrgangs 1907 der Grenzboten S. 502 ff.
gewürdigt worden sind. Abbe hat bekanntlich die Angestellten und Arbeiter zu
Eigentümern der von ihm geschaffenen weltberühmten optischen Werkstatt gemacht.
Sein Ideal war: "Ans freiem Grund mit freiem Volk zu stehn". Doch hatte er
genug Erfahrung als Unternehmer, über den wirtschaftlichen Demokratismus nicht
hinauszugehn. Die technische Organisation des Instituts blieb monarchisch, denn,
sagte er: "Der dümmste Unternehmer ist immer noch der gescheitesten Genossenschaft
überlegen". Abbe hat seine Stiftung auf das engste mit der Universität verbunden'.


Grenzvoten II 1910 73
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Großbritannien" sahen wir ihn auf Ruskins Pfaden wandeln. Er charakterisiert
das industrielle England und seine Großstädte als abschreckend häßlich, findet das
ganze Leben und Treiben dieser rastlosen Warenproduzenten völlig sinnlos, und
erquickt sich nach der Qual, die ihm der Anblick all dieses Sinnlosen und Häßlichen
verursacht hat, an dem Studium mittelalterlicher Ballwerke lind an einem Besuche
Irlands, dessen Bewohner selbst in dem Zustande der Verlumpung, in die sie
englische Tyrannei hinabgestoßen, noch liebenswürdige und interessante Menschen
geblieben seien. Nach solchen Vorläufern überrascht sein neuestes Buch einiger¬
maßen (Lebensbedingungen moderner Kultur. Vom Verfasser bearbeitete
(so!) Übersetzung von Margarethe Langfeld. Jena, Gustav Fischer). Hier
bekennt er sich zu jenem Evolutionismus, dessen Vertreter den Ruskinismus als
rückständige Romantik zu behandeln pflegen. Den Zustand des niedern Volks, der
mit dem Ideal echten Menschentums in so grellem Widerspruch stehe, führt er auf
die Unterdrückung und Ausbeutung zurück, die von Staat und Kirche geschützt und
gestützt und und der supranaturalen Weltanschauung gerechtfertigt werde. Diese
sei vom Entwicklungswillen zu überwinden, der die Demokratie anstrebe. Gegen
diese grundsätzliche Auffassung des Soziallebens hätte ich sehr viel einzuwenden,
aber sie hat glücklicherweise so gut wie gar keinen Einfluß auf den praktischen Teil
des Buches, in dem von Wohlstand, Staat, Kultur, Schule, Sozialpolitik, Arbeit¬
vertrag, Finanzwirtschaft viel Gutes gesagt wird. Manches von dem, was der
Fürsprecher der Arbeiter hier vorträgt, habe ich selbst ungefähr im Sinne des Ver¬
fassers, wenn auch nicht in seiner streng wissenschaftlichen Form, in den Grenzboten
gepredigt. In den letzten Jahren schien es mir nicht mehr nötig, denn der wirt¬
schaftliche Aufschwung hat uns von dem Massenelend erlöst, mit dem wir in der
Zeit der langen Depression behaftet waren, Regierung und Reichstag haben im
Gebiete der Sozialpolitik ihre Schuldigkeit getan, und die organisierten Arbeiter
sind jetzt stark genug, ihre Interessen selbst mit Erfolg wahrzunehmen. Dem Ziele
der sozialen Entwicklung — Zukunftstaat oder staatloser Gesellschaft — gegenüber
bewahrt Steffen die dem Manne der Wissenschaft ziemende Zurückhaltung. Die
Fortschrittsfähigkeit schließe nicht notwendigerweise die Fähigkeit ein, uns von dem
Zustande, zu dem wir fortschreiten, eine deutliche und richtige Vorstellung zu
machen; die Erfahrung lehre, daß alle Knlturideale, die sich der nach Vervoll¬
kommnung Strebende zu bilden pflegt, in hohem Grade mit Irrtümern behaftet
seien. Andre gehn unbedenklicher drauf los, so Franz Oppenheimer in seinem
Büchlein „Der Staat" «Mitten u. Loening in Franfurt a. M.). Er glaubt, daß
sich der „Ranbstaat zur Freibürgerschaft" entwickeln werde, die in Neuseeland nahe¬
zu erreicht sei. Nun, mit dem Urteil über die Gemeinwesen in Neuseeland und
Australien wollen wir lieber noch einige Jahre warten. Im kleinen und kleinsten
Umfange sind ja — allerdings nur sehr vereinzelt, auch im alten Europa mit der
demokratischen Arbeitverfassung Versuche gemacht worden. Bedeutender als Freches
'.konstitutionelle Fabrik" ist die Zeiß-Stiftung in Jena, die Schöpfung des großen
Optikers und ebenso großen Idealisten Ernst Abbe, dessen Person, Wirken und
Überzeugungen im 2. Bande des Jahrgangs 1907 der Grenzboten S. 502 ff.
gewürdigt worden sind. Abbe hat bekanntlich die Angestellten und Arbeiter zu
Eigentümern der von ihm geschaffenen weltberühmten optischen Werkstatt gemacht.
Sein Ideal war: „Ans freiem Grund mit freiem Volk zu stehn". Doch hatte er
genug Erfahrung als Unternehmer, über den wirtschaftlichen Demokratismus nicht
hinauszugehn. Die technische Organisation des Instituts blieb monarchisch, denn,
sagte er: „Der dümmste Unternehmer ist immer noch der gescheitesten Genossenschaft
überlegen". Abbe hat seine Stiftung auf das engste mit der Universität verbunden'.


Grenzvoten II 1910 73
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/589>, abgerufen am 18.05.2024.