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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Postsparkassen

der Trustees haftet, hinter denen aber in keinem Falle, wie in Deutschland,
eine öffentliche Korporation als Garantieverband steht.

Von diesem Gesichtspunkt der mangelnden Sicherheit der Privatsparkassen
ist die jetzige Einführung der amerikanischen Postsparkasse zu beurteilen. Taft
ist der Ansicht, daß viele Millionen Dollar, die jetzt alljährlich ins Ausland
gehen oder durch die Einwanderer aus Mißtrauen gegen die amerikanischen
Banken (zu denen auch die Sparkassen "Saving Banks" gehören) thesauriert
werden, dadurch der Regierung zur Verfügung gestellt werden. Er glaubt auch,
daß bei Festsetzung eines zweiprozentigen Einlagenzinsfußes den anderen Banken
kein Schaden erwachsen würde. Das Streben der ausländischen Arbeiter nach
einer Regierungsgarantie für ihre Depositen wird durch einen Vorfall in Kansas
City in anschaulicher Weise dargelegt. Die dortigen Postbeamten wurden kürzlich
durch die große Anzahl der aufliegenden Postanweisungen in Erstaunen gesetzt,
die nicht zur Zahlung präsentiert wurden. Eine Untersuchung der Angelegenheit
ergab, daß die Einwanderer in der Gewißheit, daß ihr Geld auf diese Weise
durchaus sicher sei, das Postamt als Sparkasse benutzten, indem sie für mehr
als 12 Millionen Kronen Postanweisungen auf sich selbst einzahlten. Die
Gewißheit, ihre Gelder sicher verwahrt zu haben, diente ihnen als Kompensation
für den Ausfall der Zinsen. ("Deutsche Sparkassen-Zeitung", Organ des
Reichsverbandes deutscher Sparkassen in Osterreich, Wien, IV. Jahrgang 1909
Ur. 24 S. 450.)

Diese Verhältnisse bleiben sehr beachtenswert, wenn man die Frage prüfen
will, ob die Einführung der Postsparkasse auch in Deutschland zweckmäßig
sein würde.

Man hat es bei Postsparkassen mit staatlichen Einrichtungen zu tun, ver¬
möge deren die PostVerwaltung es übernimmt, Sparbeträge anzunehmen, an
die vom Staate mit der Verwaltung der Spargelder beauftragte Stelle abzu¬
führen und auf Verlangen dein Einleger zurückzuzahlen.

Der Staat tritt mit der Errichtung von Postsparkassen selbst als Unter¬
nehmer auf; er nimmt Spareinlagen entgegen, leistet für ihre Verzinsung und
Rückzahlung Gewähr und hat für eine Anlegung der bei ihm eingezahlten
Kapitalien Sorge zu tragen, welche nicht nur zur Aufbringung der den Einlegern
versprochenen Zinsen, sondern auch zur Deckung der Unkosten ausreicht.

Die Postsparkassen sollen erleichterte Spargelegenheit dadurch geben, daß
die Möglichkeit besteht, bei jedem Postamt Ein- und Rückzahlungen in kleinen
Beträgen zu bewirken. Sie sind gleichzeitig ein Mittel, den Staatskredit durch
die Anlegung der Spargelder in Staatspapieren zu fördern und ihren Kurs
zu heben und hochzuhalten.

Es ist demnach durchaus zu verstehen, daß die Postsparkassenfrage auch
die Sparkassenkreise Deutschlands sehr bewegt hat. Ihre Anhänger haben die
Einrichtung der Postsparkassen auch in Deutschland befürwortet, weil sie diese
für den einzigen, billigsten und am schnellsten zum Ziele führenden Weg halten,


Postsparkassen

der Trustees haftet, hinter denen aber in keinem Falle, wie in Deutschland,
eine öffentliche Korporation als Garantieverband steht.

Von diesem Gesichtspunkt der mangelnden Sicherheit der Privatsparkassen
ist die jetzige Einführung der amerikanischen Postsparkasse zu beurteilen. Taft
ist der Ansicht, daß viele Millionen Dollar, die jetzt alljährlich ins Ausland
gehen oder durch die Einwanderer aus Mißtrauen gegen die amerikanischen
Banken (zu denen auch die Sparkassen „Saving Banks" gehören) thesauriert
werden, dadurch der Regierung zur Verfügung gestellt werden. Er glaubt auch,
daß bei Festsetzung eines zweiprozentigen Einlagenzinsfußes den anderen Banken
kein Schaden erwachsen würde. Das Streben der ausländischen Arbeiter nach
einer Regierungsgarantie für ihre Depositen wird durch einen Vorfall in Kansas
City in anschaulicher Weise dargelegt. Die dortigen Postbeamten wurden kürzlich
durch die große Anzahl der aufliegenden Postanweisungen in Erstaunen gesetzt,
die nicht zur Zahlung präsentiert wurden. Eine Untersuchung der Angelegenheit
ergab, daß die Einwanderer in der Gewißheit, daß ihr Geld auf diese Weise
durchaus sicher sei, das Postamt als Sparkasse benutzten, indem sie für mehr
als 12 Millionen Kronen Postanweisungen auf sich selbst einzahlten. Die
Gewißheit, ihre Gelder sicher verwahrt zu haben, diente ihnen als Kompensation
für den Ausfall der Zinsen. („Deutsche Sparkassen-Zeitung", Organ des
Reichsverbandes deutscher Sparkassen in Osterreich, Wien, IV. Jahrgang 1909
Ur. 24 S. 450.)

Diese Verhältnisse bleiben sehr beachtenswert, wenn man die Frage prüfen
will, ob die Einführung der Postsparkasse auch in Deutschland zweckmäßig
sein würde.

Man hat es bei Postsparkassen mit staatlichen Einrichtungen zu tun, ver¬
möge deren die PostVerwaltung es übernimmt, Sparbeträge anzunehmen, an
die vom Staate mit der Verwaltung der Spargelder beauftragte Stelle abzu¬
führen und auf Verlangen dein Einleger zurückzuzahlen.

Der Staat tritt mit der Errichtung von Postsparkassen selbst als Unter¬
nehmer auf; er nimmt Spareinlagen entgegen, leistet für ihre Verzinsung und
Rückzahlung Gewähr und hat für eine Anlegung der bei ihm eingezahlten
Kapitalien Sorge zu tragen, welche nicht nur zur Aufbringung der den Einlegern
versprochenen Zinsen, sondern auch zur Deckung der Unkosten ausreicht.

Die Postsparkassen sollen erleichterte Spargelegenheit dadurch geben, daß
die Möglichkeit besteht, bei jedem Postamt Ein- und Rückzahlungen in kleinen
Beträgen zu bewirken. Sie sind gleichzeitig ein Mittel, den Staatskredit durch
die Anlegung der Spargelder in Staatspapieren zu fördern und ihren Kurs
zu heben und hochzuhalten.

Es ist demnach durchaus zu verstehen, daß die Postsparkassenfrage auch
die Sparkassenkreise Deutschlands sehr bewegt hat. Ihre Anhänger haben die
Einrichtung der Postsparkassen auch in Deutschland befürwortet, weil sie diese
für den einzigen, billigsten und am schnellsten zum Ziele führenden Weg halten,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/32>, abgerufen am 15.05.2024.