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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Postsparkassen

nur in Form von Gebühren auf die Sparkassen abgewälzt werden, deren Über¬
nahme den letzteren unbeschadet ihrer Leistungsfähigkeit nicht möglich ist.

Unter diesen Umständen müssen aber die kommunalen Sparkassen eifrig
bestrebt sein, diejenigen Einrichtungen, welche infolge ihrer nicht einheitlichen
und dezentralisierten Organisation gegenwärtig noch am schwächsten entwickelt
sind, zu verbessern und umzugestalten. Diese Mängel bestehen in erster Linie
und vielfach noch in einer unzureichenden Zugänglichkeit der Kassen in zeitlicher
und örtlicher Beziehung und in der noch nicht durchgeführten Verallgemeinerung
des Üebertragbarkeitsverkehrs.

Der letztere namentlich, durch welchen die Einlagen eines Sparers ohne
erhebliche Mühewaltung und ohne Kosten und Zinsverluste für ihn von der
Sparkasse seines bisherigen Wohnortes an die des neuen überwiesen werden
können, bildet einen Hauptvorzug des Postsparkassenwesens. Die Einrichtung
erleichtert das Weitersparen des Einlegers an dem neuen Wohnorte und schützt
vor der Versuchung, abgehobene Spargelder zu vergeuden. Namentlich in
Gegenden mit stark fluktuierender Bevölkerung, in Industriezentren ist sie von
größter Bedeutung, indem sie die volkswirtschaftlich so wichtige "Freizügigkeit
der Sparbücher" begründet.

Während der Übertragbarkeitsverkehr bei der zentralisierten Postsparkasse
sehr leicht durchzuführen ist oder sich eigentlich von selbst vollzieht, ist seine
Einrichtung bei den vielen nicht einheitlich organisierten kommunalen Sparkassen
in Deutschland, ja selbst in den einzelnen Bundesstaaten schwer durchzuführen.
Solange er nicht gesetzlich eingeführt ist, -- was allein in Elsaß-Lothringen
der Fall ist -- kann er nur im Wege der freien Vereinbarung unter den
einzelnen Kassen eingerichtet werden. Der deutsche Sparkassenverband hat sich
in dieser Beziehung wesentliche Verdienste erworben und erreicht, daß ein großer
Teil der ihm angeschlossenen Kassen den Übertragbarkeitsverkehr untereinander
eingerichtet hat. Eine durchgreifende und befriedigende Organisation würde
dagegen erzielt werden, wenn es, wie zu hoffen, zu der in der Entstehung
begriffenen deutschen Kommunalbank und dem damit verbundenen Zentralinstitut
der kommunalen Sparkassen kommen sollte. Die Zentralisierung der deutschen
Sparkassen auf solcher Grundlage, welche für diese überhaupt vou größter
Bedeutung wäre, würde allerdings diesen mit dem Postsparkassenwesen unleugbar
verbundenen Vorzug auch den deutschen kommunalen Sparkassen in vollkommenem
Maße zuwenden und dadurch denjenigen, welche auch heute noch der Einrichtung
einer Neichspostsparkasse das Wort reden, ein wesentliches Agitationsmittel
nehmen.




Postsparkassen

nur in Form von Gebühren auf die Sparkassen abgewälzt werden, deren Über¬
nahme den letzteren unbeschadet ihrer Leistungsfähigkeit nicht möglich ist.

Unter diesen Umständen müssen aber die kommunalen Sparkassen eifrig
bestrebt sein, diejenigen Einrichtungen, welche infolge ihrer nicht einheitlichen
und dezentralisierten Organisation gegenwärtig noch am schwächsten entwickelt
sind, zu verbessern und umzugestalten. Diese Mängel bestehen in erster Linie
und vielfach noch in einer unzureichenden Zugänglichkeit der Kassen in zeitlicher
und örtlicher Beziehung und in der noch nicht durchgeführten Verallgemeinerung
des Üebertragbarkeitsverkehrs.

Der letztere namentlich, durch welchen die Einlagen eines Sparers ohne
erhebliche Mühewaltung und ohne Kosten und Zinsverluste für ihn von der
Sparkasse seines bisherigen Wohnortes an die des neuen überwiesen werden
können, bildet einen Hauptvorzug des Postsparkassenwesens. Die Einrichtung
erleichtert das Weitersparen des Einlegers an dem neuen Wohnorte und schützt
vor der Versuchung, abgehobene Spargelder zu vergeuden. Namentlich in
Gegenden mit stark fluktuierender Bevölkerung, in Industriezentren ist sie von
größter Bedeutung, indem sie die volkswirtschaftlich so wichtige „Freizügigkeit
der Sparbücher" begründet.

Während der Übertragbarkeitsverkehr bei der zentralisierten Postsparkasse
sehr leicht durchzuführen ist oder sich eigentlich von selbst vollzieht, ist seine
Einrichtung bei den vielen nicht einheitlich organisierten kommunalen Sparkassen
in Deutschland, ja selbst in den einzelnen Bundesstaaten schwer durchzuführen.
Solange er nicht gesetzlich eingeführt ist, — was allein in Elsaß-Lothringen
der Fall ist — kann er nur im Wege der freien Vereinbarung unter den
einzelnen Kassen eingerichtet werden. Der deutsche Sparkassenverband hat sich
in dieser Beziehung wesentliche Verdienste erworben und erreicht, daß ein großer
Teil der ihm angeschlossenen Kassen den Übertragbarkeitsverkehr untereinander
eingerichtet hat. Eine durchgreifende und befriedigende Organisation würde
dagegen erzielt werden, wenn es, wie zu hoffen, zu der in der Entstehung
begriffenen deutschen Kommunalbank und dem damit verbundenen Zentralinstitut
der kommunalen Sparkassen kommen sollte. Die Zentralisierung der deutschen
Sparkassen auf solcher Grundlage, welche für diese überhaupt vou größter
Bedeutung wäre, würde allerdings diesen mit dem Postsparkassenwesen unleugbar
verbundenen Vorzug auch den deutschen kommunalen Sparkassen in vollkommenem
Maße zuwenden und dadurch denjenigen, welche auch heute noch der Einrichtung
einer Neichspostsparkasse das Wort reden, ein wesentliches Agitationsmittel
nehmen.




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[0039] Postsparkassen nur in Form von Gebühren auf die Sparkassen abgewälzt werden, deren Über¬ nahme den letzteren unbeschadet ihrer Leistungsfähigkeit nicht möglich ist. Unter diesen Umständen müssen aber die kommunalen Sparkassen eifrig bestrebt sein, diejenigen Einrichtungen, welche infolge ihrer nicht einheitlichen und dezentralisierten Organisation gegenwärtig noch am schwächsten entwickelt sind, zu verbessern und umzugestalten. Diese Mängel bestehen in erster Linie und vielfach noch in einer unzureichenden Zugänglichkeit der Kassen in zeitlicher und örtlicher Beziehung und in der noch nicht durchgeführten Verallgemeinerung des Üebertragbarkeitsverkehrs. Der letztere namentlich, durch welchen die Einlagen eines Sparers ohne erhebliche Mühewaltung und ohne Kosten und Zinsverluste für ihn von der Sparkasse seines bisherigen Wohnortes an die des neuen überwiesen werden können, bildet einen Hauptvorzug des Postsparkassenwesens. Die Einrichtung erleichtert das Weitersparen des Einlegers an dem neuen Wohnorte und schützt vor der Versuchung, abgehobene Spargelder zu vergeuden. Namentlich in Gegenden mit stark fluktuierender Bevölkerung, in Industriezentren ist sie von größter Bedeutung, indem sie die volkswirtschaftlich so wichtige „Freizügigkeit der Sparbücher" begründet. Während der Übertragbarkeitsverkehr bei der zentralisierten Postsparkasse sehr leicht durchzuführen ist oder sich eigentlich von selbst vollzieht, ist seine Einrichtung bei den vielen nicht einheitlich organisierten kommunalen Sparkassen in Deutschland, ja selbst in den einzelnen Bundesstaaten schwer durchzuführen. Solange er nicht gesetzlich eingeführt ist, — was allein in Elsaß-Lothringen der Fall ist — kann er nur im Wege der freien Vereinbarung unter den einzelnen Kassen eingerichtet werden. Der deutsche Sparkassenverband hat sich in dieser Beziehung wesentliche Verdienste erworben und erreicht, daß ein großer Teil der ihm angeschlossenen Kassen den Übertragbarkeitsverkehr untereinander eingerichtet hat. Eine durchgreifende und befriedigende Organisation würde dagegen erzielt werden, wenn es, wie zu hoffen, zu der in der Entstehung begriffenen deutschen Kommunalbank und dem damit verbundenen Zentralinstitut der kommunalen Sparkassen kommen sollte. Die Zentralisierung der deutschen Sparkassen auf solcher Grundlage, welche für diese überhaupt vou größter Bedeutung wäre, würde allerdings diesen mit dem Postsparkassenwesen unleugbar verbundenen Vorzug auch den deutschen kommunalen Sparkassen in vollkommenem Maße zuwenden und dadurch denjenigen, welche auch heute noch der Einrichtung einer Neichspostsparkasse das Wort reden, ein wesentliches Agitationsmittel nehmen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/39>, abgerufen am 15.05.2024.