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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Beweis dafür, wie nötig es ist, gegen sie mit den Mitteln vorzugehen, die wir angegeben
haben; zugleich lieferte die Stellungnahme der anderen Parteien hier auch wieder den Beweis,
das; die Konserbativen wohl die einzigen sind, die ohne Furcht bor einer Schädigung ihrer
Popularität und bor Verlusten bei den Wahlen das dringendste Bedürfnis des Vaterlandes
(wie bei der Finanzrefvrin) anerkennen und sich offen bereit erklären, es zu befriedigen."
(Ur. 691.)

Sollten solche und ähnliche Charakteristiken den Kanzler nicht veranlassen,
wieder reuevoll zu Herrn von Heydebrcmd zurückzukehren, dann müssen wir damit
rechnen, daß bald ein fleißiges Intrigenspiel hinter den Kulissen bei Hofe
beginnt, um deu "liberalen" Kanzler zu verdächtigen und seine Politik als eine
"Gefahr" für die Monarchie hinzustellen. Daß gewisse hohe Herren darin nicht
gerade von Skrupeln geplagt werden, zeigen die Vorgänge beim Sturz des Fürsten
Bülow. In diesem Zusammenhange halten wir die Gefahr von rechts als
die größere für ein Gelingen der Politik des Kanzlers. Gewisse unkontrollierbare
und kaum zu beseitigende Einflüsse sind, wie die Dinge einmal bei Hofe liegen,
imstande, mit einem Schlage zu vernichten, was die aufopfernde, unverdrossene
Arbeit langer Monate mühsam aufgebaut.

Da erhebt sich denn die Frage, ob der Kanzler auch persönlich befähigt
sei, die ihn umlagernden Schwierigkeiten zu überwinden. Wenn rechtschaffenes
Wollen und Geduld ausreichten, um eine dem Lande segensreiche Politik zu führen,
dann könnten wir ziemlich beruhigt in die Zukunft schauen. Beides hat der Kanzler
bewiesen. Trotz allen Anzapfungen und Anfeindungen hat er besonders mit den
Konservativen so viel Geduld gehabt, daß ihm deswegen selbst von befreundeter
Seite Mißtrauen entgegengebracht werden mußte. Erst als alle Ermahnungen an
den gesunden Menschenverstand und den Patriotismus bei den Deutschkonservativen
nicht verfingen, wurde zunächst die "Kreuzzeitung" und dann die Partei energisch
abgeschüttelt und öffentlich desavouiert. Also der Kanzler bewies auch den Mut,
seiner eigenen Sippe ein "bis hierhin und nicht weiter!" zuzurufen. Wir glauben,
daß gerade diese überdies temperamentvoll vorgebrachte Absage seiner Kriegs-
erklärung gegen die Sozialdemokratie erst den machtvollen Unterton gegeben hat,
der sie wie eine "befreiende Tat" ("Köln. Ztg.") wirken läßt. Die Demokraten
wollen solches natürlich nicht gelten lassen. In der mittelparteilichen Presse hat
sein Auftreten im Gegensatz dazu zu schmeichelhaften Vergleichen mit Bismarck
gereizt ("Braunschw. Landesztg."). Dagegen weisen nun wieder die Feinde darauf
hin, Herr von Bethmann habe den Pöbeleien der Sozialdemokratie nicht stand¬
gehalten. Wir möchten darin Zeichen von Schwäche nicht erkennen, wenn auch
Fürst Bülow sich wahrscheinlich aus der Situation einen sofortigen Erfolg
geschmiedet hätte. Ganz abgesehen davon, daß sich Herr von Bethmann zum
erstenmal in der ihm von den Sozialdemokraten bereiteten Lage befand, bildet
Mangel an Schlagfertigkeit und Humor noch keinen Beweis für Unfähigkeit. Es
sei nur an das Verhältnis von Bismarck zu Eugen Richter erinnert. Wie bekannt,
war der Führer des Freisinns für den ersten Kanzler eine so unsympathische
Persönlichkeit, daß es Bismarck zeitweilig physisch unmöglich war, ihn anzuhören.
Solch ein Widerwillen mag auch den heutigen Kanzler ergriffen haben, als er sich das
erstemal der verlogenen Dreistigkeit der Sozialdemokraten in ihrer ganzen Nacktheit
gegenübergestellt sah. Man wird deshalb wegen dieses Vorganges allein nicht
an seiner Tatkraft zu zweifeln brauchen, vorausgesetzt natürlich, daß er sich durch
sein sonstiges Verhalten den Parteien gegenüber als der unabhängige Staatsmann
erweist, der er sein möchte. Nicht von links droht dem Kanzler Gefahr, sondern --
wir unterstreichen -- von rechts, solange er an der Politik der mittleren Linie


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Beweis dafür, wie nötig es ist, gegen sie mit den Mitteln vorzugehen, die wir angegeben
haben; zugleich lieferte die Stellungnahme der anderen Parteien hier auch wieder den Beweis,
das; die Konserbativen wohl die einzigen sind, die ohne Furcht bor einer Schädigung ihrer
Popularität und bor Verlusten bei den Wahlen das dringendste Bedürfnis des Vaterlandes
(wie bei der Finanzrefvrin) anerkennen und sich offen bereit erklären, es zu befriedigen."
(Ur. 691.)

Sollten solche und ähnliche Charakteristiken den Kanzler nicht veranlassen,
wieder reuevoll zu Herrn von Heydebrcmd zurückzukehren, dann müssen wir damit
rechnen, daß bald ein fleißiges Intrigenspiel hinter den Kulissen bei Hofe
beginnt, um deu „liberalen" Kanzler zu verdächtigen und seine Politik als eine
»Gefahr" für die Monarchie hinzustellen. Daß gewisse hohe Herren darin nicht
gerade von Skrupeln geplagt werden, zeigen die Vorgänge beim Sturz des Fürsten
Bülow. In diesem Zusammenhange halten wir die Gefahr von rechts als
die größere für ein Gelingen der Politik des Kanzlers. Gewisse unkontrollierbare
und kaum zu beseitigende Einflüsse sind, wie die Dinge einmal bei Hofe liegen,
imstande, mit einem Schlage zu vernichten, was die aufopfernde, unverdrossene
Arbeit langer Monate mühsam aufgebaut.

Da erhebt sich denn die Frage, ob der Kanzler auch persönlich befähigt
sei, die ihn umlagernden Schwierigkeiten zu überwinden. Wenn rechtschaffenes
Wollen und Geduld ausreichten, um eine dem Lande segensreiche Politik zu führen,
dann könnten wir ziemlich beruhigt in die Zukunft schauen. Beides hat der Kanzler
bewiesen. Trotz allen Anzapfungen und Anfeindungen hat er besonders mit den
Konservativen so viel Geduld gehabt, daß ihm deswegen selbst von befreundeter
Seite Mißtrauen entgegengebracht werden mußte. Erst als alle Ermahnungen an
den gesunden Menschenverstand und den Patriotismus bei den Deutschkonservativen
nicht verfingen, wurde zunächst die „Kreuzzeitung" und dann die Partei energisch
abgeschüttelt und öffentlich desavouiert. Also der Kanzler bewies auch den Mut,
seiner eigenen Sippe ein „bis hierhin und nicht weiter!" zuzurufen. Wir glauben,
daß gerade diese überdies temperamentvoll vorgebrachte Absage seiner Kriegs-
erklärung gegen die Sozialdemokratie erst den machtvollen Unterton gegeben hat,
der sie wie eine „befreiende Tat" („Köln. Ztg.") wirken läßt. Die Demokraten
wollen solches natürlich nicht gelten lassen. In der mittelparteilichen Presse hat
sein Auftreten im Gegensatz dazu zu schmeichelhaften Vergleichen mit Bismarck
gereizt („Braunschw. Landesztg."). Dagegen weisen nun wieder die Feinde darauf
hin, Herr von Bethmann habe den Pöbeleien der Sozialdemokratie nicht stand¬
gehalten. Wir möchten darin Zeichen von Schwäche nicht erkennen, wenn auch
Fürst Bülow sich wahrscheinlich aus der Situation einen sofortigen Erfolg
geschmiedet hätte. Ganz abgesehen davon, daß sich Herr von Bethmann zum
erstenmal in der ihm von den Sozialdemokraten bereiteten Lage befand, bildet
Mangel an Schlagfertigkeit und Humor noch keinen Beweis für Unfähigkeit. Es
sei nur an das Verhältnis von Bismarck zu Eugen Richter erinnert. Wie bekannt,
war der Führer des Freisinns für den ersten Kanzler eine so unsympathische
Persönlichkeit, daß es Bismarck zeitweilig physisch unmöglich war, ihn anzuhören.
Solch ein Widerwillen mag auch den heutigen Kanzler ergriffen haben, als er sich das
erstemal der verlogenen Dreistigkeit der Sozialdemokraten in ihrer ganzen Nacktheit
gegenübergestellt sah. Man wird deshalb wegen dieses Vorganges allein nicht
an seiner Tatkraft zu zweifeln brauchen, vorausgesetzt natürlich, daß er sich durch
sein sonstiges Verhalten den Parteien gegenüber als der unabhängige Staatsmann
erweist, der er sein möchte. Nicht von links droht dem Kanzler Gefahr, sondern —
wir unterstreichen — von rechts, solange er an der Politik der mittleren Linie


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[0593] Maßgebliches und Unmaßgebliches Beweis dafür, wie nötig es ist, gegen sie mit den Mitteln vorzugehen, die wir angegeben haben; zugleich lieferte die Stellungnahme der anderen Parteien hier auch wieder den Beweis, das; die Konserbativen wohl die einzigen sind, die ohne Furcht bor einer Schädigung ihrer Popularität und bor Verlusten bei den Wahlen das dringendste Bedürfnis des Vaterlandes (wie bei der Finanzrefvrin) anerkennen und sich offen bereit erklären, es zu befriedigen." (Ur. 691.) Sollten solche und ähnliche Charakteristiken den Kanzler nicht veranlassen, wieder reuevoll zu Herrn von Heydebrcmd zurückzukehren, dann müssen wir damit rechnen, daß bald ein fleißiges Intrigenspiel hinter den Kulissen bei Hofe beginnt, um deu „liberalen" Kanzler zu verdächtigen und seine Politik als eine »Gefahr" für die Monarchie hinzustellen. Daß gewisse hohe Herren darin nicht gerade von Skrupeln geplagt werden, zeigen die Vorgänge beim Sturz des Fürsten Bülow. In diesem Zusammenhange halten wir die Gefahr von rechts als die größere für ein Gelingen der Politik des Kanzlers. Gewisse unkontrollierbare und kaum zu beseitigende Einflüsse sind, wie die Dinge einmal bei Hofe liegen, imstande, mit einem Schlage zu vernichten, was die aufopfernde, unverdrossene Arbeit langer Monate mühsam aufgebaut. Da erhebt sich denn die Frage, ob der Kanzler auch persönlich befähigt sei, die ihn umlagernden Schwierigkeiten zu überwinden. Wenn rechtschaffenes Wollen und Geduld ausreichten, um eine dem Lande segensreiche Politik zu führen, dann könnten wir ziemlich beruhigt in die Zukunft schauen. Beides hat der Kanzler bewiesen. Trotz allen Anzapfungen und Anfeindungen hat er besonders mit den Konservativen so viel Geduld gehabt, daß ihm deswegen selbst von befreundeter Seite Mißtrauen entgegengebracht werden mußte. Erst als alle Ermahnungen an den gesunden Menschenverstand und den Patriotismus bei den Deutschkonservativen nicht verfingen, wurde zunächst die „Kreuzzeitung" und dann die Partei energisch abgeschüttelt und öffentlich desavouiert. Also der Kanzler bewies auch den Mut, seiner eigenen Sippe ein „bis hierhin und nicht weiter!" zuzurufen. Wir glauben, daß gerade diese überdies temperamentvoll vorgebrachte Absage seiner Kriegs- erklärung gegen die Sozialdemokratie erst den machtvollen Unterton gegeben hat, der sie wie eine „befreiende Tat" („Köln. Ztg.") wirken läßt. Die Demokraten wollen solches natürlich nicht gelten lassen. In der mittelparteilichen Presse hat sein Auftreten im Gegensatz dazu zu schmeichelhaften Vergleichen mit Bismarck gereizt („Braunschw. Landesztg."). Dagegen weisen nun wieder die Feinde darauf hin, Herr von Bethmann habe den Pöbeleien der Sozialdemokratie nicht stand¬ gehalten. Wir möchten darin Zeichen von Schwäche nicht erkennen, wenn auch Fürst Bülow sich wahrscheinlich aus der Situation einen sofortigen Erfolg geschmiedet hätte. Ganz abgesehen davon, daß sich Herr von Bethmann zum erstenmal in der ihm von den Sozialdemokraten bereiteten Lage befand, bildet Mangel an Schlagfertigkeit und Humor noch keinen Beweis für Unfähigkeit. Es sei nur an das Verhältnis von Bismarck zu Eugen Richter erinnert. Wie bekannt, war der Führer des Freisinns für den ersten Kanzler eine so unsympathische Persönlichkeit, daß es Bismarck zeitweilig physisch unmöglich war, ihn anzuhören. Solch ein Widerwillen mag auch den heutigen Kanzler ergriffen haben, als er sich das erstemal der verlogenen Dreistigkeit der Sozialdemokraten in ihrer ganzen Nacktheit gegenübergestellt sah. Man wird deshalb wegen dieses Vorganges allein nicht an seiner Tatkraft zu zweifeln brauchen, vorausgesetzt natürlich, daß er sich durch sein sonstiges Verhalten den Parteien gegenüber als der unabhängige Staatsmann erweist, der er sein möchte. Nicht von links droht dem Kanzler Gefahr, sondern — wir unterstreichen — von rechts, solange er an der Politik der mittleren Linie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/593>, abgerufen am 31.05.2024.