Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Landesverteidigung und Llotrennovclle

Jndiensthaltung und verbunden damit vermehrte Einstellungen machen daher
nicht nur keine Schwierigkeiten, sie dienen vielmehr dem paritätischen Prinzip,
daß jeder Wehrpflichtige das Waffenhandwerk erlernt haben muß.

Werden die auf den Werften liegenden Schiffe mit aktivein Personal in
Dienst gestellt, so müssen sie gleich den anderen Schiffen zu Übungsfahrten im
Verbände in See gehen und zu diesem Zweck aus organisatorischen und mili¬
tärischen Gründen zu einheitlichen Geschwadern zusammengefaßt werden.

Heute wie immer werden Schlachten auf hoher See -- und nur diese
entscheiden über Krieg und Frieden -- von Linienschiffen geschlagen. Nicht die
Blockade der in Port Arthur zur Untätigkeit verdammten russischen Schiffe
entschied den endgültigen Sieg Japans, sondern der Linienschiffskampf bei
Tsuschima. Kreuzer und Torpedoboote sind notwendige Gehilfen Umschau zu
halten, den Kampf einzuleiten oder einen Schleier um die Stellung des eigenen
Gros zu breiten. Entscheidung geben sie dem Kampfe nicht.

Das Flottengesetz steht zwei aktive Linienschiffsgeschwader vor, die zur
Hochseeflotte zusammengefaßt im Dienst sind, zwei weitere Geschwader, zur
Hälfte bemannt, im Zustande der Reserve. Vermehrte Jndiensthaltung
würde somit die Schaffung eines dritten aktiven Geschwaders zur
Folge haben. Das würde unsere ständige Bereitschaft zur See wesentlich
erhöhen, scheint somit ein Haupterfordernis, um der großen englischen Über¬
legenheit bei Beginn eines Krieges begegnen zu können.

Für das Problem, wie der Stärkere dem Schwächeren wehren kann, gibt
die Geschichte keine Lösung. Das Rezept Alexanders des Großen: "Es ist dem
Wolf gleichgültig, wie groß die Schafherde ist", ist England gegenüber nicht
anwendbar. Wenn daher auch ein materieller Kräfteausgleich nie möglich sein
wird, so müssen wir wenigstens fordern, daß die vorhandenen Waffen in voll¬
endeter Bereitschaft gehalten werden.

Hand in Hand mit der Schaffung eines dritten Geschwaders müßte auch
wohl eine entsprechende Vermehrung des Verbandes der Aufklärungs¬
schiffe gehen. Die Zahl der Kreuzer steht zu der der Linienschiffe in allen
Mariner in einem bestimmten durch die Praxis geschaffenen Verhältnis. Auch
hier könnte der vorhandenen Knappheit durch Indienststellung der als Material¬
reserve vorgesehenen Schiffe in gewissen Grenzen begegnet werden. Gerade hier
stehen wir hinter England weit zurück. Man wird deshalb der Hauptforderung
des Flottenvereins der letzten Monate nach rascherem Ersah der veralteten
großen Kreuzer Berechtigung nicht absprechen können.

Das deutsche Tordedobootswesen steht dank eines ausgezeichneten
Organisationsprinzips auf der Höhe. Zudem steht das Flottengesetz im Laufe
der nächsten Jahre planmäßig bereits eine Erhöhung der Zahl der bereiten
Flottillen vor. Aber auch hier läßt der infolge steten kriegsmüßigen Übens
außerordentlich anstrengende Dienst eine Erhöhung des für so schwere Arbeit
reichlich knapp bemessenen Personals sehr erwünscht erscheinen.


Landesverteidigung und Llotrennovclle

Jndiensthaltung und verbunden damit vermehrte Einstellungen machen daher
nicht nur keine Schwierigkeiten, sie dienen vielmehr dem paritätischen Prinzip,
daß jeder Wehrpflichtige das Waffenhandwerk erlernt haben muß.

Werden die auf den Werften liegenden Schiffe mit aktivein Personal in
Dienst gestellt, so müssen sie gleich den anderen Schiffen zu Übungsfahrten im
Verbände in See gehen und zu diesem Zweck aus organisatorischen und mili¬
tärischen Gründen zu einheitlichen Geschwadern zusammengefaßt werden.

Heute wie immer werden Schlachten auf hoher See — und nur diese
entscheiden über Krieg und Frieden — von Linienschiffen geschlagen. Nicht die
Blockade der in Port Arthur zur Untätigkeit verdammten russischen Schiffe
entschied den endgültigen Sieg Japans, sondern der Linienschiffskampf bei
Tsuschima. Kreuzer und Torpedoboote sind notwendige Gehilfen Umschau zu
halten, den Kampf einzuleiten oder einen Schleier um die Stellung des eigenen
Gros zu breiten. Entscheidung geben sie dem Kampfe nicht.

Das Flottengesetz steht zwei aktive Linienschiffsgeschwader vor, die zur
Hochseeflotte zusammengefaßt im Dienst sind, zwei weitere Geschwader, zur
Hälfte bemannt, im Zustande der Reserve. Vermehrte Jndiensthaltung
würde somit die Schaffung eines dritten aktiven Geschwaders zur
Folge haben. Das würde unsere ständige Bereitschaft zur See wesentlich
erhöhen, scheint somit ein Haupterfordernis, um der großen englischen Über¬
legenheit bei Beginn eines Krieges begegnen zu können.

Für das Problem, wie der Stärkere dem Schwächeren wehren kann, gibt
die Geschichte keine Lösung. Das Rezept Alexanders des Großen: „Es ist dem
Wolf gleichgültig, wie groß die Schafherde ist", ist England gegenüber nicht
anwendbar. Wenn daher auch ein materieller Kräfteausgleich nie möglich sein
wird, so müssen wir wenigstens fordern, daß die vorhandenen Waffen in voll¬
endeter Bereitschaft gehalten werden.

Hand in Hand mit der Schaffung eines dritten Geschwaders müßte auch
wohl eine entsprechende Vermehrung des Verbandes der Aufklärungs¬
schiffe gehen. Die Zahl der Kreuzer steht zu der der Linienschiffe in allen
Mariner in einem bestimmten durch die Praxis geschaffenen Verhältnis. Auch
hier könnte der vorhandenen Knappheit durch Indienststellung der als Material¬
reserve vorgesehenen Schiffe in gewissen Grenzen begegnet werden. Gerade hier
stehen wir hinter England weit zurück. Man wird deshalb der Hauptforderung
des Flottenvereins der letzten Monate nach rascherem Ersah der veralteten
großen Kreuzer Berechtigung nicht absprechen können.

Das deutsche Tordedobootswesen steht dank eines ausgezeichneten
Organisationsprinzips auf der Höhe. Zudem steht das Flottengesetz im Laufe
der nächsten Jahre planmäßig bereits eine Erhöhung der Zahl der bereiten
Flottillen vor. Aber auch hier läßt der infolge steten kriegsmüßigen Übens
außerordentlich anstrengende Dienst eine Erhöhung des für so schwere Arbeit
reichlich knapp bemessenen Personals sehr erwünscht erscheinen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320685"/>
          <fw type="header" place="top"> Landesverteidigung und Llotrennovclle</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1072" prev="#ID_1071"> Jndiensthaltung und verbunden damit vermehrte Einstellungen machen daher<lb/>
nicht nur keine Schwierigkeiten, sie dienen vielmehr dem paritätischen Prinzip,<lb/>
daß jeder Wehrpflichtige das Waffenhandwerk erlernt haben muß.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1073"> Werden die auf den Werften liegenden Schiffe mit aktivein Personal in<lb/>
Dienst gestellt, so müssen sie gleich den anderen Schiffen zu Übungsfahrten im<lb/>
Verbände in See gehen und zu diesem Zweck aus organisatorischen und mili¬<lb/>
tärischen Gründen zu einheitlichen Geschwadern zusammengefaßt werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1074"> Heute wie immer werden Schlachten auf hoher See &#x2014; und nur diese<lb/>
entscheiden über Krieg und Frieden &#x2014; von Linienschiffen geschlagen. Nicht die<lb/>
Blockade der in Port Arthur zur Untätigkeit verdammten russischen Schiffe<lb/>
entschied den endgültigen Sieg Japans, sondern der Linienschiffskampf bei<lb/>
Tsuschima. Kreuzer und Torpedoboote sind notwendige Gehilfen Umschau zu<lb/>
halten, den Kampf einzuleiten oder einen Schleier um die Stellung des eigenen<lb/>
Gros zu breiten.  Entscheidung geben sie dem Kampfe nicht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1075"> Das Flottengesetz steht zwei aktive Linienschiffsgeschwader vor, die zur<lb/>
Hochseeflotte zusammengefaßt im Dienst sind, zwei weitere Geschwader, zur<lb/>
Hälfte bemannt, im Zustande der Reserve. Vermehrte Jndiensthaltung<lb/>
würde somit die Schaffung eines dritten aktiven Geschwaders zur<lb/>
Folge haben. Das würde unsere ständige Bereitschaft zur See wesentlich<lb/>
erhöhen, scheint somit ein Haupterfordernis, um der großen englischen Über¬<lb/>
legenheit bei Beginn eines Krieges begegnen zu können.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1076"> Für das Problem, wie der Stärkere dem Schwächeren wehren kann, gibt<lb/>
die Geschichte keine Lösung. Das Rezept Alexanders des Großen: &#x201E;Es ist dem<lb/>
Wolf gleichgültig, wie groß die Schafherde ist", ist England gegenüber nicht<lb/>
anwendbar. Wenn daher auch ein materieller Kräfteausgleich nie möglich sein<lb/>
wird, so müssen wir wenigstens fordern, daß die vorhandenen Waffen in voll¬<lb/>
endeter Bereitschaft gehalten werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1077"> Hand in Hand mit der Schaffung eines dritten Geschwaders müßte auch<lb/>
wohl eine entsprechende Vermehrung des Verbandes der Aufklärungs¬<lb/>
schiffe gehen. Die Zahl der Kreuzer steht zu der der Linienschiffe in allen<lb/>
Mariner in einem bestimmten durch die Praxis geschaffenen Verhältnis. Auch<lb/>
hier könnte der vorhandenen Knappheit durch Indienststellung der als Material¬<lb/>
reserve vorgesehenen Schiffe in gewissen Grenzen begegnet werden. Gerade hier<lb/>
stehen wir hinter England weit zurück. Man wird deshalb der Hauptforderung<lb/>
des Flottenvereins der letzten Monate nach rascherem Ersah der veralteten<lb/>
großen Kreuzer Berechtigung nicht absprechen können.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1078"> Das deutsche Tordedobootswesen steht dank eines ausgezeichneten<lb/>
Organisationsprinzips auf der Höhe. Zudem steht das Flottengesetz im Laufe<lb/>
der nächsten Jahre planmäßig bereits eine Erhöhung der Zahl der bereiten<lb/>
Flottillen vor. Aber auch hier läßt der infolge steten kriegsmüßigen Übens<lb/>
außerordentlich anstrengende Dienst eine Erhöhung des für so schwere Arbeit<lb/>
reichlich knapp bemessenen Personals sehr erwünscht erscheinen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0268] Landesverteidigung und Llotrennovclle Jndiensthaltung und verbunden damit vermehrte Einstellungen machen daher nicht nur keine Schwierigkeiten, sie dienen vielmehr dem paritätischen Prinzip, daß jeder Wehrpflichtige das Waffenhandwerk erlernt haben muß. Werden die auf den Werften liegenden Schiffe mit aktivein Personal in Dienst gestellt, so müssen sie gleich den anderen Schiffen zu Übungsfahrten im Verbände in See gehen und zu diesem Zweck aus organisatorischen und mili¬ tärischen Gründen zu einheitlichen Geschwadern zusammengefaßt werden. Heute wie immer werden Schlachten auf hoher See — und nur diese entscheiden über Krieg und Frieden — von Linienschiffen geschlagen. Nicht die Blockade der in Port Arthur zur Untätigkeit verdammten russischen Schiffe entschied den endgültigen Sieg Japans, sondern der Linienschiffskampf bei Tsuschima. Kreuzer und Torpedoboote sind notwendige Gehilfen Umschau zu halten, den Kampf einzuleiten oder einen Schleier um die Stellung des eigenen Gros zu breiten. Entscheidung geben sie dem Kampfe nicht. Das Flottengesetz steht zwei aktive Linienschiffsgeschwader vor, die zur Hochseeflotte zusammengefaßt im Dienst sind, zwei weitere Geschwader, zur Hälfte bemannt, im Zustande der Reserve. Vermehrte Jndiensthaltung würde somit die Schaffung eines dritten aktiven Geschwaders zur Folge haben. Das würde unsere ständige Bereitschaft zur See wesentlich erhöhen, scheint somit ein Haupterfordernis, um der großen englischen Über¬ legenheit bei Beginn eines Krieges begegnen zu können. Für das Problem, wie der Stärkere dem Schwächeren wehren kann, gibt die Geschichte keine Lösung. Das Rezept Alexanders des Großen: „Es ist dem Wolf gleichgültig, wie groß die Schafherde ist", ist England gegenüber nicht anwendbar. Wenn daher auch ein materieller Kräfteausgleich nie möglich sein wird, so müssen wir wenigstens fordern, daß die vorhandenen Waffen in voll¬ endeter Bereitschaft gehalten werden. Hand in Hand mit der Schaffung eines dritten Geschwaders müßte auch wohl eine entsprechende Vermehrung des Verbandes der Aufklärungs¬ schiffe gehen. Die Zahl der Kreuzer steht zu der der Linienschiffe in allen Mariner in einem bestimmten durch die Praxis geschaffenen Verhältnis. Auch hier könnte der vorhandenen Knappheit durch Indienststellung der als Material¬ reserve vorgesehenen Schiffe in gewissen Grenzen begegnet werden. Gerade hier stehen wir hinter England weit zurück. Man wird deshalb der Hauptforderung des Flottenvereins der letzten Monate nach rascherem Ersah der veralteten großen Kreuzer Berechtigung nicht absprechen können. Das deutsche Tordedobootswesen steht dank eines ausgezeichneten Organisationsprinzips auf der Höhe. Zudem steht das Flottengesetz im Laufe der nächsten Jahre planmäßig bereits eine Erhöhung der Zahl der bereiten Flottillen vor. Aber auch hier läßt der infolge steten kriegsmüßigen Übens außerordentlich anstrengende Dienst eine Erhöhung des für so schwere Arbeit reichlich knapp bemessenen Personals sehr erwünscht erscheinen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/268
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/268>, abgerufen am 29.05.2024.