Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.Die Blumen des Llorentin Rley Sie sprach mit gesenkten Blicken, jetzt sah sie den Florentin an und lächelte. "Die großen giftigen Glockenblumen haben immer vor dem Fenster Sie spielte mit den: Löffel, aus dem sie eben die Medizin getrunken hatte Sie setzte sich und aß ihre Suppe. -- Später meinte Jelde mit neuem Anlauf gegen das Mädchen: "Hast nicht "Jettchen," antwortete Wieschen ruhig, "wenn eine Wunde heil ist, dann Wieschen sprach nach außen sicherer, als sie innen eigentlich war. Noch Der Dienst, in den Wieschen sich versagt hatte, war draußen in der Ebene Die Bauern in den Bergen hielten nicht viel von der ganz flachen Ebene. Aber Wieschen dachte, es würde ein leichtes Hinauswandern sein, wo sich Die Blumen des Llorentin Rley Sie sprach mit gesenkten Blicken, jetzt sah sie den Florentin an und lächelte. „Die großen giftigen Glockenblumen haben immer vor dem Fenster Sie spielte mit den: Löffel, aus dem sie eben die Medizin getrunken hatte Sie setzte sich und aß ihre Suppe. — Später meinte Jelde mit neuem Anlauf gegen das Mädchen: „Hast nicht „Jettchen," antwortete Wieschen ruhig, „wenn eine Wunde heil ist, dann Wieschen sprach nach außen sicherer, als sie innen eigentlich war. Noch Der Dienst, in den Wieschen sich versagt hatte, war draußen in der Ebene Die Bauern in den Bergen hielten nicht viel von der ganz flachen Ebene. Aber Wieschen dachte, es würde ein leichtes Hinauswandern sein, wo sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0333" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322080"/> <fw type="header" place="top"> Die Blumen des Llorentin Rley</fw><lb/> <p xml:id="ID_1420"> Sie sprach mit gesenkten Blicken, jetzt sah sie den Florentin an und lächelte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1421"> „Die großen giftigen Glockenblumen haben immer vor dem Fenster<lb/> gestanden, wenn ich genäht habe, da ist mir mit dem Atmen vielleicht Gift in<lb/> die Lunge gekommen." Es klang, als sage sie: „Vielleicht um alle die Liebe<lb/> wurde ich krank."</p><lb/> <p xml:id="ID_1422"> Sie spielte mit den: Löffel, aus dem sie eben die Medizin getrunken hatte<lb/> und stand so unschlüssig, als könne sie sich nicht loßreißen von einer Erinnerung.<lb/> Plötzlich war sie wie aufgeweckt und neu hingestellt, „Wenn einem der Doktor<lb/> sagt: es kann dir die Medizin nicht nützen, wenn du nicht mithilfst gesund zu<lb/> werden — und: werde gesund, oder du mußt in den Sarg — dagegen ist<lb/> alles nichts, was man meint Schlimmes erlebt zu haben. Es kann kein Herz<lb/> ganz krank sein in einem gesunden Leib, darum will ich nun sehen, daß ich gesund<lb/> werde am Körper, und mit dem anderen wird es sich dann helfen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1423"> Sie setzte sich und aß ihre Suppe. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1424"> Später meinte Jelde mit neuem Anlauf gegen das Mädchen: „Hast nicht<lb/> viel Scham, daß du vor uns allen so von dir gesprochen hast, von deiner<lb/> Unglücksliebe, mein' ich, wie der Bursche dabei war."</p><lb/> <p xml:id="ID_1425"> „Jettchen," antwortete Wieschen ruhig, „wenn eine Wunde heil ist, dann<lb/> kann man sich wieder dran stoßen. Und wenn man in ein Taschentuch greint —<lb/> solange es naß ist, läßt man es keinen befühlen und versteckt es; aber später,<lb/> wenn es trocken ist, dann kann man es jedem einen zeigen und sagen: dahinein<lb/> hab' ich einmal gegreint."</p><lb/> <p xml:id="ID_1426"> Wieschen sprach nach außen sicherer, als sie innen eigentlich war. Noch<lb/> würde viel Wind wehen müssen, der ihr großes buntes Sacktuch, in das sie<lb/> noch manche Träne kommen ließ, ganz trocknete. Aber mit der Sicherheit, die<lb/> sie nach außen gab. erzwang sie sich mehr und mehr die innere.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1427"> Der Dienst, in den Wieschen sich versagt hatte, war draußen in der Ebene<lb/> des Paderborner Heidelandes und so weit vom bergischen Heimatdorf entfernt,<lb/> wie man in ein und dem anderen Tage bei gutem Ausschreiten gehen konnte.<lb/> Wieschen wußte nicht, wohinaus der Weg ging, und die Menschen, zu denen<lb/> sie kommen sollte, waren ihr fremd wie die Heide selbst, in der sie wohnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1428"> Die Bauern in den Bergen hielten nicht viel von der ganz flachen Ebene.<lb/> Ein Ochse, wußten sie, zöge dort den Pflug ebensogut über den Morgen Land<lb/> wie zwei Gäule bei ihnen, das Feld werfe nicht so schwere Steine, aber auch<lb/> nicht so schwere Frucht aus. 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Die Blumen des Llorentin Rley
Sie sprach mit gesenkten Blicken, jetzt sah sie den Florentin an und lächelte.
„Die großen giftigen Glockenblumen haben immer vor dem Fenster
gestanden, wenn ich genäht habe, da ist mir mit dem Atmen vielleicht Gift in
die Lunge gekommen." Es klang, als sage sie: „Vielleicht um alle die Liebe
wurde ich krank."
Sie spielte mit den: Löffel, aus dem sie eben die Medizin getrunken hatte
und stand so unschlüssig, als könne sie sich nicht loßreißen von einer Erinnerung.
Plötzlich war sie wie aufgeweckt und neu hingestellt, „Wenn einem der Doktor
sagt: es kann dir die Medizin nicht nützen, wenn du nicht mithilfst gesund zu
werden — und: werde gesund, oder du mußt in den Sarg — dagegen ist
alles nichts, was man meint Schlimmes erlebt zu haben. Es kann kein Herz
ganz krank sein in einem gesunden Leib, darum will ich nun sehen, daß ich gesund
werde am Körper, und mit dem anderen wird es sich dann helfen."
Sie setzte sich und aß ihre Suppe. —
Später meinte Jelde mit neuem Anlauf gegen das Mädchen: „Hast nicht
viel Scham, daß du vor uns allen so von dir gesprochen hast, von deiner
Unglücksliebe, mein' ich, wie der Bursche dabei war."
„Jettchen," antwortete Wieschen ruhig, „wenn eine Wunde heil ist, dann
kann man sich wieder dran stoßen. Und wenn man in ein Taschentuch greint —
solange es naß ist, läßt man es keinen befühlen und versteckt es; aber später,
wenn es trocken ist, dann kann man es jedem einen zeigen und sagen: dahinein
hab' ich einmal gegreint."
Wieschen sprach nach außen sicherer, als sie innen eigentlich war. Noch
würde viel Wind wehen müssen, der ihr großes buntes Sacktuch, in das sie
noch manche Träne kommen ließ, ganz trocknete. Aber mit der Sicherheit, die
sie nach außen gab. erzwang sie sich mehr und mehr die innere.
Der Dienst, in den Wieschen sich versagt hatte, war draußen in der Ebene
des Paderborner Heidelandes und so weit vom bergischen Heimatdorf entfernt,
wie man in ein und dem anderen Tage bei gutem Ausschreiten gehen konnte.
Wieschen wußte nicht, wohinaus der Weg ging, und die Menschen, zu denen
sie kommen sollte, waren ihr fremd wie die Heide selbst, in der sie wohnten.
Die Bauern in den Bergen hielten nicht viel von der ganz flachen Ebene.
Ein Ochse, wußten sie, zöge dort den Pflug ebensogut über den Morgen Land
wie zwei Gäule bei ihnen, das Feld werfe nicht so schwere Steine, aber auch
nicht so schwere Frucht aus. Ein Feld, wußten sie weiter, mußte seinen Rücken
krümmen, ein gerader Rücken konnte jetzt und nimmer einen vollen Sack Ernte
tragen und abwerfen.
Aber Wieschen dachte, es würde ein leichtes Hinauswandern sein, wo sich
einem kein Berg in den Weg stellte, und wo man die Biegungen der Wege
überschauen konnte bis in stundenweite. Des Bauern Hof, wo sie bedienstet
werden sollte und wo jetzt Sommertags die goldenen Felder wogten, war Heide
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