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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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in der Pädagogik wollte und forderte. Dieser
Literaturnachweis wird all denen, die heut
in der Pädagogik Rat und Belehrung suchen,
also für alle Pädagogen, für Arzte und ge¬
bildete Laien, ein willkommener Führer sein,
vor allem ein zuverlässiger. Der Verfasser
hat von einem Höhenfluge aus die Brenn¬
punkte, die Hauptförderungen der einzelnen
Schriften bestimmt und sie zu einem klaren
Bild von den: heutigen Standpunkt der
Pädagogik und der Schulhygiene geordnet.
Diese rein objektive Darstellung des Für und
des Wider in den Schriften gewinnt an
Frische durch die zu allen wichtigen Fragen
bekundete persönliche Stellung Dickhoffs.

Um den reichen Inhalt anzudeuten, will
ich den Inhalt skizzieren. Eine Reform unserer
Schule wird als notwendig empfunden, weil
sie kein physiologisches und Psychologisches
Verständnis der Kindesnatur zeige; sie besitze
kein methodisches Geschick, verstehe nicht Sach¬
gebiete vernünftig zu konzentrieren, und end¬
lich fehle es ihr an sozial-Pädagogischen
Verständnis. Dies sind die Vorwürfe, die
Dickhoff in den Werken entgegentreten. Er
zeigt das Ideal der Modernisten: Persönlich¬
keitskulten, das freie Sichentfalten, das Sich¬
ausleben der Kindesnatur.

Der Verfasser sichtet nun eingehend und
sorgfältig das breite Material und zeigt, in¬
wieweit die Vorwürfe berechtigt sind und was
an den Vorschlägen brauchbar ist, immer
knapp und treffend; dabei weiß er geschickt
seine persönliche Stellung zu begründen. Ein¬
zelne Kapitel, in erster Linie das über "Schul¬
zucht", sind ungemein treffend und glänzend
in der Darstellung. Ich nenne noch "An¬
schauungsunterricht", "Malendes Zeichnen"
und "Blumenpflege". Nicht ganz teile ich
seine Ansichten über den Wert des Werk¬
unterrichts.

Kurz noch eine prinzipielle Frage. Auf
S. 69 sagt der Verfasser: "Lehrplan, Lehr¬
stoff und Lehrweiso müssen die Probe aus¬
halten, ob sie auf das kindliche Interesse ge¬
stimmt sind." Worauf ist denn nun das
kindliche Interesse gestimmt? Doch Wohl auf
Spiel und spielende Beschäftigung, womit
Naturvölker im allgemeinen noch heute aus¬
kommen. Der Kulturmensch braucht aber
Arbeit, Schaffen; der Trieb dazu muß durch

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Gewöhnung entwickelt werden; und das ist
der kindlichen Natur unbequem. Ob der
Verfasser mit seiner Forderung nicht doch
etwas weit geht? -- Jedenfalls aber tönt durch
die ganze Schrift die mahnende Stimme:
Macht euch los vom Schema, laßt das Kind
zum rechten Menschenkinds erblühen. Erzieht
aber das Kind nicht bloß dahin, daß es frei
sein Recht fordern darf, sondern daß es auch
Pflichten hat. Gott gab nicht bloß das Kind,
sondern er gab ihm auch Eltern und Er¬
zieher. Individualität -- aber auch Autorität!

Ein Meisterwerk in der Zusammenfassung
ist das Schlußwort Das ganze Buch ist
reich an Gedanken, man kann es nur ab¬
schnittsweise lesen. Ich empfehle es allen
um die Erziehung besorgten Menschen.

Lrnst wienecke
Genealogie

Ein Geschlecht, dem der "Semigotha" ganz
besonderes Unrecht tut, indem er von ihm
jüdische Herkunft behauptet, sind die Frei¬
herren von Kap-Herr, denen u. n. der Fidei-
kommißherr Freiherr Hermann vonKaP-Herr-
Lockwitz zu Lockmitz im Königreich Sachsen,
geboren 18S3, und der Fürstlich Schaumburg-
Lippische Kabinettschef Freiherr Hermann
von Kap-Herr, geboren 1863, angehören.
Die Genealogie der Kap-Herr ist nämlich
schon seit langem einwandfrei veröffentlicht.
Es geschah dieses im "Deutschen Herold",
Ur. 4, vom Jahre 1897. Diese Monatsschrift
ist, wie bekannt sein dürfte, das Organ des
Vereins "Herold" zu Berlin, des ältesten,
angesehensten und mitgliederreichsten unter den
genealogisch - heraldischen Fachvereinen der
deutschsprachlichen Länder. An seiner Zeit¬
schrift durfte das "Redaktionskomitee" des
"Semigotha" nicht achtlos vorübergehen.
Und da sich dort am Fuße der vorbezeichneten
Stammtafel der Kap-Herr sogar die Sätze
finden: "Die vorstehende, auf urkundlichen
Belegen (Kirchenbüchern usw.) beruhende
Stammtafel liefert den Beweis, daß die
mehrfach anSgesProchene Behauptung, die
Familie von Kap-Herr sei israelitischer Ab¬
stammung, völlig erfunden ist. Die eigentüm¬
liche Schreibweise des Namens findet sich schon
im siebzehnten Jahrhundert und ist jedenfalls
angenommen worden, um eine unrichtige

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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in der Pädagogik wollte und forderte. Dieser
Literaturnachweis wird all denen, die heut
in der Pädagogik Rat und Belehrung suchen,
also für alle Pädagogen, für Arzte und ge¬
bildete Laien, ein willkommener Führer sein,
vor allem ein zuverlässiger. Der Verfasser
hat von einem Höhenfluge aus die Brenn¬
punkte, die Hauptförderungen der einzelnen
Schriften bestimmt und sie zu einem klaren
Bild von den: heutigen Standpunkt der
Pädagogik und der Schulhygiene geordnet.
Diese rein objektive Darstellung des Für und
des Wider in den Schriften gewinnt an
Frische durch die zu allen wichtigen Fragen
bekundete persönliche Stellung Dickhoffs.

Um den reichen Inhalt anzudeuten, will
ich den Inhalt skizzieren. Eine Reform unserer
Schule wird als notwendig empfunden, weil
sie kein physiologisches und Psychologisches
Verständnis der Kindesnatur zeige; sie besitze
kein methodisches Geschick, verstehe nicht Sach¬
gebiete vernünftig zu konzentrieren, und end¬
lich fehle es ihr an sozial-Pädagogischen
Verständnis. Dies sind die Vorwürfe, die
Dickhoff in den Werken entgegentreten. Er
zeigt das Ideal der Modernisten: Persönlich¬
keitskulten, das freie Sichentfalten, das Sich¬
ausleben der Kindesnatur.

Der Verfasser sichtet nun eingehend und
sorgfältig das breite Material und zeigt, in¬
wieweit die Vorwürfe berechtigt sind und was
an den Vorschlägen brauchbar ist, immer
knapp und treffend; dabei weiß er geschickt
seine persönliche Stellung zu begründen. Ein¬
zelne Kapitel, in erster Linie das über „Schul¬
zucht", sind ungemein treffend und glänzend
in der Darstellung. Ich nenne noch „An¬
schauungsunterricht", „Malendes Zeichnen"
und „Blumenpflege". Nicht ganz teile ich
seine Ansichten über den Wert des Werk¬
unterrichts.

Kurz noch eine prinzipielle Frage. Auf
S. 69 sagt der Verfasser: „Lehrplan, Lehr¬
stoff und Lehrweiso müssen die Probe aus¬
halten, ob sie auf das kindliche Interesse ge¬
stimmt sind." Worauf ist denn nun das
kindliche Interesse gestimmt? Doch Wohl auf
Spiel und spielende Beschäftigung, womit
Naturvölker im allgemeinen noch heute aus¬
kommen. Der Kulturmensch braucht aber
Arbeit, Schaffen; der Trieb dazu muß durch

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Gewöhnung entwickelt werden; und das ist
der kindlichen Natur unbequem. Ob der
Verfasser mit seiner Forderung nicht doch
etwas weit geht? — Jedenfalls aber tönt durch
die ganze Schrift die mahnende Stimme:
Macht euch los vom Schema, laßt das Kind
zum rechten Menschenkinds erblühen. Erzieht
aber das Kind nicht bloß dahin, daß es frei
sein Recht fordern darf, sondern daß es auch
Pflichten hat. Gott gab nicht bloß das Kind,
sondern er gab ihm auch Eltern und Er¬
zieher. Individualität — aber auch Autorität!

Ein Meisterwerk in der Zusammenfassung
ist das Schlußwort Das ganze Buch ist
reich an Gedanken, man kann es nur ab¬
schnittsweise lesen. Ich empfehle es allen
um die Erziehung besorgten Menschen.

Lrnst wienecke
Genealogie

Ein Geschlecht, dem der „Semigotha" ganz
besonderes Unrecht tut, indem er von ihm
jüdische Herkunft behauptet, sind die Frei¬
herren von Kap-Herr, denen u. n. der Fidei-
kommißherr Freiherr Hermann vonKaP-Herr-
Lockwitz zu Lockmitz im Königreich Sachsen,
geboren 18S3, und der Fürstlich Schaumburg-
Lippische Kabinettschef Freiherr Hermann
von Kap-Herr, geboren 1863, angehören.
Die Genealogie der Kap-Herr ist nämlich
schon seit langem einwandfrei veröffentlicht.
Es geschah dieses im „Deutschen Herold",
Ur. 4, vom Jahre 1897. Diese Monatsschrift
ist, wie bekannt sein dürfte, das Organ des
Vereins „Herold" zu Berlin, des ältesten,
angesehensten und mitgliederreichsten unter den
genealogisch - heraldischen Fachvereinen der
deutschsprachlichen Länder. An seiner Zeit¬
schrift durfte das „Redaktionskomitee" des
„Semigotha" nicht achtlos vorübergehen.
Und da sich dort am Fuße der vorbezeichneten
Stammtafel der Kap-Herr sogar die Sätze
finden: „Die vorstehende, auf urkundlichen
Belegen (Kirchenbüchern usw.) beruhende
Stammtafel liefert den Beweis, daß die
mehrfach anSgesProchene Behauptung, die
Familie von Kap-Herr sei israelitischer Ab¬
stammung, völlig erfunden ist. Die eigentüm¬
liche Schreibweise des Namens findet sich schon
im siebzehnten Jahrhundert und ist jedenfalls
angenommen worden, um eine unrichtige

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[0442] Maßgebliches und Unmaßgebliches in der Pädagogik wollte und forderte. Dieser Literaturnachweis wird all denen, die heut in der Pädagogik Rat und Belehrung suchen, also für alle Pädagogen, für Arzte und ge¬ bildete Laien, ein willkommener Führer sein, vor allem ein zuverlässiger. Der Verfasser hat von einem Höhenfluge aus die Brenn¬ punkte, die Hauptförderungen der einzelnen Schriften bestimmt und sie zu einem klaren Bild von den: heutigen Standpunkt der Pädagogik und der Schulhygiene geordnet. Diese rein objektive Darstellung des Für und des Wider in den Schriften gewinnt an Frische durch die zu allen wichtigen Fragen bekundete persönliche Stellung Dickhoffs. Um den reichen Inhalt anzudeuten, will ich den Inhalt skizzieren. Eine Reform unserer Schule wird als notwendig empfunden, weil sie kein physiologisches und Psychologisches Verständnis der Kindesnatur zeige; sie besitze kein methodisches Geschick, verstehe nicht Sach¬ gebiete vernünftig zu konzentrieren, und end¬ lich fehle es ihr an sozial-Pädagogischen Verständnis. Dies sind die Vorwürfe, die Dickhoff in den Werken entgegentreten. Er zeigt das Ideal der Modernisten: Persönlich¬ keitskulten, das freie Sichentfalten, das Sich¬ ausleben der Kindesnatur. Der Verfasser sichtet nun eingehend und sorgfältig das breite Material und zeigt, in¬ wieweit die Vorwürfe berechtigt sind und was an den Vorschlägen brauchbar ist, immer knapp und treffend; dabei weiß er geschickt seine persönliche Stellung zu begründen. Ein¬ zelne Kapitel, in erster Linie das über „Schul¬ zucht", sind ungemein treffend und glänzend in der Darstellung. Ich nenne noch „An¬ schauungsunterricht", „Malendes Zeichnen" und „Blumenpflege". Nicht ganz teile ich seine Ansichten über den Wert des Werk¬ unterrichts. Kurz noch eine prinzipielle Frage. Auf S. 69 sagt der Verfasser: „Lehrplan, Lehr¬ stoff und Lehrweiso müssen die Probe aus¬ halten, ob sie auf das kindliche Interesse ge¬ stimmt sind." Worauf ist denn nun das kindliche Interesse gestimmt? Doch Wohl auf Spiel und spielende Beschäftigung, womit Naturvölker im allgemeinen noch heute aus¬ kommen. Der Kulturmensch braucht aber Arbeit, Schaffen; der Trieb dazu muß durch Gewöhnung entwickelt werden; und das ist der kindlichen Natur unbequem. Ob der Verfasser mit seiner Forderung nicht doch etwas weit geht? — Jedenfalls aber tönt durch die ganze Schrift die mahnende Stimme: Macht euch los vom Schema, laßt das Kind zum rechten Menschenkinds erblühen. Erzieht aber das Kind nicht bloß dahin, daß es frei sein Recht fordern darf, sondern daß es auch Pflichten hat. Gott gab nicht bloß das Kind, sondern er gab ihm auch Eltern und Er¬ zieher. Individualität — aber auch Autorität! Ein Meisterwerk in der Zusammenfassung ist das Schlußwort Das ganze Buch ist reich an Gedanken, man kann es nur ab¬ schnittsweise lesen. Ich empfehle es allen um die Erziehung besorgten Menschen. Lrnst wienecke Genealogie Ein Geschlecht, dem der „Semigotha" ganz besonderes Unrecht tut, indem er von ihm jüdische Herkunft behauptet, sind die Frei¬ herren von Kap-Herr, denen u. n. der Fidei- kommißherr Freiherr Hermann vonKaP-Herr- Lockwitz zu Lockmitz im Königreich Sachsen, geboren 18S3, und der Fürstlich Schaumburg- Lippische Kabinettschef Freiherr Hermann von Kap-Herr, geboren 1863, angehören. Die Genealogie der Kap-Herr ist nämlich schon seit langem einwandfrei veröffentlicht. Es geschah dieses im „Deutschen Herold", Ur. 4, vom Jahre 1897. Diese Monatsschrift ist, wie bekannt sein dürfte, das Organ des Vereins „Herold" zu Berlin, des ältesten, angesehensten und mitgliederreichsten unter den genealogisch - heraldischen Fachvereinen der deutschsprachlichen Länder. An seiner Zeit¬ schrift durfte das „Redaktionskomitee" des „Semigotha" nicht achtlos vorübergehen. Und da sich dort am Fuße der vorbezeichneten Stammtafel der Kap-Herr sogar die Sätze finden: „Die vorstehende, auf urkundlichen Belegen (Kirchenbüchern usw.) beruhende Stammtafel liefert den Beweis, daß die mehrfach anSgesProchene Behauptung, die Familie von Kap-Herr sei israelitischer Ab¬ stammung, völlig erfunden ist. Die eigentüm¬ liche Schreibweise des Namens findet sich schon im siebzehnten Jahrhundert und ist jedenfalls angenommen worden, um eine unrichtige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/442>, abgerufen am 18.05.2024.