Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.Reichsspiegel Mir scheinen diese Sätze nur richtig, falls sich der Offizier a. D. aus freier Wahl Reichsspiegel Mir scheinen diese Sätze nur richtig, falls sich der Offizier a. D. aus freier Wahl <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0059" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/321806"/> <fw type="header" place="top"> Reichsspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_171" next="#ID_172"> Mir scheinen diese Sätze nur richtig, falls sich der Offizier a. D. aus freier Wahl<lb/> in das kaufmännische oder industrielle Getriebe hineinbegibt, wo er möglicherweise<lb/> gezwungen ist, von unten anzufangen und sich auch hiervor nicht scheuen darf,<lb/> wenn dies zur Erreichung eines höheren Zieles nötig ist. In den Staats- und<lb/> Gemeindestellungen aber liegen die Dinge anders. Die berufliche Erziehung<lb/> des Offiziers hat ihn nichts anderes kennen gelehrt, als eine Zweiteilung in der<lb/> Organisation. Ihm ist zur Gewohnheit gemacht worden, den Offizier als unter allen<lb/> Umständen dem Unteroffizier übergeordnet zu betrachten. Er sieht dauernd, wie der<lb/> jüngste Offizier, der vom Dienst noch recht wenig versteht, vermöge seiner größeren<lb/> Allgemeinbildung und besseren Vermögenslage von vornherein Stellungen bekleidet,<lb/> die der Unteroffizier nie erreichen kann. Mit diesem von ihm selbst gro߬<lb/> gezogenen Standesbewußtsein sollte der Staat auch beim Vergeben der Zivilstellen<lb/> an Offiziere und Unteroffiziere rechnen, sollte auch seinerseits die Grenzen bei<lb/> der Wiederanstellung einhalten. Sonst setzt er sich in Widerspruch mit seinen<lb/> eigenen Grundsätzen. Die Offiziere sind ja doch durch ihre Verabschiedung nicht<lb/> minderwertig geworden! Wenn, wie gesagt, der einzelne Offizier a. D. aus<lb/> Gründen pekuniärer Notlage auch untergeordnete Stellungen anzunehmen sich<lb/> entschließt, so ist das seine Sache, die hierin sich aussprechende Arbeitslust und<lb/> Energie verdienen hohe Achtung. Die Stellen aber, die der Staat den altgedienter<lb/> Offizieren anbietet, dürfen nur solche sein, die der gesellschaftlichen Stellung des</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0059]
Reichsspiegel
Mir scheinen diese Sätze nur richtig, falls sich der Offizier a. D. aus freier Wahl
in das kaufmännische oder industrielle Getriebe hineinbegibt, wo er möglicherweise
gezwungen ist, von unten anzufangen und sich auch hiervor nicht scheuen darf,
wenn dies zur Erreichung eines höheren Zieles nötig ist. In den Staats- und
Gemeindestellungen aber liegen die Dinge anders. Die berufliche Erziehung
des Offiziers hat ihn nichts anderes kennen gelehrt, als eine Zweiteilung in der
Organisation. Ihm ist zur Gewohnheit gemacht worden, den Offizier als unter allen
Umständen dem Unteroffizier übergeordnet zu betrachten. Er sieht dauernd, wie der
jüngste Offizier, der vom Dienst noch recht wenig versteht, vermöge seiner größeren
Allgemeinbildung und besseren Vermögenslage von vornherein Stellungen bekleidet,
die der Unteroffizier nie erreichen kann. Mit diesem von ihm selbst gro߬
gezogenen Standesbewußtsein sollte der Staat auch beim Vergeben der Zivilstellen
an Offiziere und Unteroffiziere rechnen, sollte auch seinerseits die Grenzen bei
der Wiederanstellung einhalten. Sonst setzt er sich in Widerspruch mit seinen
eigenen Grundsätzen. Die Offiziere sind ja doch durch ihre Verabschiedung nicht
minderwertig geworden! Wenn, wie gesagt, der einzelne Offizier a. D. aus
Gründen pekuniärer Notlage auch untergeordnete Stellungen anzunehmen sich
entschließt, so ist das seine Sache, die hierin sich aussprechende Arbeitslust und
Energie verdienen hohe Achtung. Die Stellen aber, die der Staat den altgedienter
Offizieren anbietet, dürfen nur solche sein, die der gesellschaftlichen Stellung des
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