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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Sie XIV. internationale Revue der Alkoholgegner in Mailand

gleichen Erfolg verbürgen kann als eine gemeinsame Aktion. Ich glaube, daß
die Entwicklung der Dinge zu einer Verneinung dieser Frage führen muß. Die
Wiedereinberufung der Brüsseler Konferenz, die von englischer und französischer
Seite für verfrüht erklärt wird, erscheint gerade jetzt um so nötiger, als die
Gefahr der Sprengung der durch die Brüsseler Akte von 1890 geschaffenen
internationalen Konvention, wenn sich die Dinge so weiter entwickeln wie in
der letzten Zeit, zu befürchten steht. Und wenn wirklich allerseits, vor allem
auch bei Frankreich, der ehrliche Wille zu einer Bekämpfung der afrikanischen
Branntweingefahr vorhanden ist, ist nicht einzusehen, weshalb nicht die Richt¬
linien für ein weiteres gemeinsames Handeln sich finden lassen sollten. Ob
überhaupt mit dem Mittel der Zollerhöhungen das angestrebte Ziel erreicht
werden kann, ist eine andere Frage, die hier zu erörtern es an Raum gebricht.

Eine sehr eingehende Behandlung der afrikanischen Branntweinsrage, die
oben skizziert ist, erfolgte auf den erwähnten Sonderkonferenzen, die die Inter¬
nationale Vereinigung zum Schutze der eingeborenen Raffen vor dem Alko-
holismus, die Internationale Vereinigung gegen den afrikanischen Branntwein-
Handel und die Internationale Vereinigung gegen den Mißbrauch geistiger
Getränke während der Kongreßwoche abhielten. Es kann gesagt werden, daß
diese Sitzungen, an denen die in der Beurteilung der Frage kompetenten Vertreter
der wichtigsten Staaten teilnahmen, zu einer sehr viel eingehenderen Erörterung
Gelegenheit boten, als das auf dem Kongreß selbst der Fall war. Der Erfolg
wird hoffentlich nicht ausbleiben. Über die Ergebnisse der Verhandlungen kann
an dieser Stelle nicht näher berichtet werden. Sie drehten sich zum Teil um
zwei Vorschläge, die von Zacher-Berlin und Möller-Brackwede aufgestellt waren-
Der erstere sprach sich für eine Wiedereinberufung der Brüsseler Konferenz aus
und forderte von den Kolonialstaaten die Einrichtung statistischer Nachweisungen,
die einheitlich aufgemacht und hinreichend genau wären, um über den Alkohol¬
verbrauch in den Kolonien Auskunft zu geben. Diesem Wunsch ist durchaus
baldige Verwirklichung zu wünschen, denn das gegenwärtig vorhandene statistische
Material, wie es die in Brüssel herausgegebenen Ooeuments relativ ü 1^
Impression as la traire clss esclaves enthalten, ist in keiner Weise ausreichend-
Die schon bekannten Möllerschen Vorschläge bezwecken vor allem eine Unter¬
bindung des afrikanischen Branntweinschmuggels, der einer der wundesten Punkte
der Frage ist. Sie fordern, daß Branntwein nur in gestempelten Literflaschen,
die nicht ohne Verletzung der Kennzeichnung geöffnet werden können, zugelassen
werden solle. Größere Gefäße seien zu verbieten. Die Stempelung der Flasche"
in den Ausgangshäfen dürfte keine besonderen Schwierigkeiten machen, so daß
in der vorgeschlagenen Regelung in der Tat eine durchführbare und wirksame
Maßnahme gegen den Schmuggel gesehen werden kann. Des weiteren wurde
mit Recht die Unterdrückung des Entstehens eines Brennereigewerbes in den
Kolonien verlangt, weiterhin, was ebenfalls sehr wichtig, die Aufhebung der von
Rußland und England gewährten hohen Ausfuhrvergütungen. Sie bedeuten in


Sie XIV. internationale Revue der Alkoholgegner in Mailand

gleichen Erfolg verbürgen kann als eine gemeinsame Aktion. Ich glaube, daß
die Entwicklung der Dinge zu einer Verneinung dieser Frage führen muß. Die
Wiedereinberufung der Brüsseler Konferenz, die von englischer und französischer
Seite für verfrüht erklärt wird, erscheint gerade jetzt um so nötiger, als die
Gefahr der Sprengung der durch die Brüsseler Akte von 1890 geschaffenen
internationalen Konvention, wenn sich die Dinge so weiter entwickeln wie in
der letzten Zeit, zu befürchten steht. Und wenn wirklich allerseits, vor allem
auch bei Frankreich, der ehrliche Wille zu einer Bekämpfung der afrikanischen
Branntweingefahr vorhanden ist, ist nicht einzusehen, weshalb nicht die Richt¬
linien für ein weiteres gemeinsames Handeln sich finden lassen sollten. Ob
überhaupt mit dem Mittel der Zollerhöhungen das angestrebte Ziel erreicht
werden kann, ist eine andere Frage, die hier zu erörtern es an Raum gebricht.

Eine sehr eingehende Behandlung der afrikanischen Branntweinsrage, die
oben skizziert ist, erfolgte auf den erwähnten Sonderkonferenzen, die die Inter¬
nationale Vereinigung zum Schutze der eingeborenen Raffen vor dem Alko-
holismus, die Internationale Vereinigung gegen den afrikanischen Branntwein-
Handel und die Internationale Vereinigung gegen den Mißbrauch geistiger
Getränke während der Kongreßwoche abhielten. Es kann gesagt werden, daß
diese Sitzungen, an denen die in der Beurteilung der Frage kompetenten Vertreter
der wichtigsten Staaten teilnahmen, zu einer sehr viel eingehenderen Erörterung
Gelegenheit boten, als das auf dem Kongreß selbst der Fall war. Der Erfolg
wird hoffentlich nicht ausbleiben. Über die Ergebnisse der Verhandlungen kann
an dieser Stelle nicht näher berichtet werden. Sie drehten sich zum Teil um
zwei Vorschläge, die von Zacher-Berlin und Möller-Brackwede aufgestellt waren-
Der erstere sprach sich für eine Wiedereinberufung der Brüsseler Konferenz aus
und forderte von den Kolonialstaaten die Einrichtung statistischer Nachweisungen,
die einheitlich aufgemacht und hinreichend genau wären, um über den Alkohol¬
verbrauch in den Kolonien Auskunft zu geben. Diesem Wunsch ist durchaus
baldige Verwirklichung zu wünschen, denn das gegenwärtig vorhandene statistische
Material, wie es die in Brüssel herausgegebenen Ooeuments relativ ü 1^
Impression as la traire clss esclaves enthalten, ist in keiner Weise ausreichend-
Die schon bekannten Möllerschen Vorschläge bezwecken vor allem eine Unter¬
bindung des afrikanischen Branntweinschmuggels, der einer der wundesten Punkte
der Frage ist. Sie fordern, daß Branntwein nur in gestempelten Literflaschen,
die nicht ohne Verletzung der Kennzeichnung geöffnet werden können, zugelassen
werden solle. Größere Gefäße seien zu verbieten. Die Stempelung der Flasche»
in den Ausgangshäfen dürfte keine besonderen Schwierigkeiten machen, so daß
in der vorgeschlagenen Regelung in der Tat eine durchführbare und wirksame
Maßnahme gegen den Schmuggel gesehen werden kann. Des weiteren wurde
mit Recht die Unterdrückung des Entstehens eines Brennereigewerbes in den
Kolonien verlangt, weiterhin, was ebenfalls sehr wichtig, die Aufhebung der von
Rußland und England gewährten hohen Ausfuhrvergütungen. Sie bedeuten in


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[0276] Sie XIV. internationale Revue der Alkoholgegner in Mailand gleichen Erfolg verbürgen kann als eine gemeinsame Aktion. Ich glaube, daß die Entwicklung der Dinge zu einer Verneinung dieser Frage führen muß. Die Wiedereinberufung der Brüsseler Konferenz, die von englischer und französischer Seite für verfrüht erklärt wird, erscheint gerade jetzt um so nötiger, als die Gefahr der Sprengung der durch die Brüsseler Akte von 1890 geschaffenen internationalen Konvention, wenn sich die Dinge so weiter entwickeln wie in der letzten Zeit, zu befürchten steht. Und wenn wirklich allerseits, vor allem auch bei Frankreich, der ehrliche Wille zu einer Bekämpfung der afrikanischen Branntweingefahr vorhanden ist, ist nicht einzusehen, weshalb nicht die Richt¬ linien für ein weiteres gemeinsames Handeln sich finden lassen sollten. Ob überhaupt mit dem Mittel der Zollerhöhungen das angestrebte Ziel erreicht werden kann, ist eine andere Frage, die hier zu erörtern es an Raum gebricht. Eine sehr eingehende Behandlung der afrikanischen Branntweinsrage, die oben skizziert ist, erfolgte auf den erwähnten Sonderkonferenzen, die die Inter¬ nationale Vereinigung zum Schutze der eingeborenen Raffen vor dem Alko- holismus, die Internationale Vereinigung gegen den afrikanischen Branntwein- Handel und die Internationale Vereinigung gegen den Mißbrauch geistiger Getränke während der Kongreßwoche abhielten. Es kann gesagt werden, daß diese Sitzungen, an denen die in der Beurteilung der Frage kompetenten Vertreter der wichtigsten Staaten teilnahmen, zu einer sehr viel eingehenderen Erörterung Gelegenheit boten, als das auf dem Kongreß selbst der Fall war. Der Erfolg wird hoffentlich nicht ausbleiben. Über die Ergebnisse der Verhandlungen kann an dieser Stelle nicht näher berichtet werden. Sie drehten sich zum Teil um zwei Vorschläge, die von Zacher-Berlin und Möller-Brackwede aufgestellt waren- Der erstere sprach sich für eine Wiedereinberufung der Brüsseler Konferenz aus und forderte von den Kolonialstaaten die Einrichtung statistischer Nachweisungen, die einheitlich aufgemacht und hinreichend genau wären, um über den Alkohol¬ verbrauch in den Kolonien Auskunft zu geben. Diesem Wunsch ist durchaus baldige Verwirklichung zu wünschen, denn das gegenwärtig vorhandene statistische Material, wie es die in Brüssel herausgegebenen Ooeuments relativ ü 1^ Impression as la traire clss esclaves enthalten, ist in keiner Weise ausreichend- Die schon bekannten Möllerschen Vorschläge bezwecken vor allem eine Unter¬ bindung des afrikanischen Branntweinschmuggels, der einer der wundesten Punkte der Frage ist. Sie fordern, daß Branntwein nur in gestempelten Literflaschen, die nicht ohne Verletzung der Kennzeichnung geöffnet werden können, zugelassen werden solle. Größere Gefäße seien zu verbieten. Die Stempelung der Flasche» in den Ausgangshäfen dürfte keine besonderen Schwierigkeiten machen, so daß in der vorgeschlagenen Regelung in der Tat eine durchführbare und wirksame Maßnahme gegen den Schmuggel gesehen werden kann. Des weiteren wurde mit Recht die Unterdrückung des Entstehens eines Brennereigewerbes in den Kolonien verlangt, weiterhin, was ebenfalls sehr wichtig, die Aufhebung der von Rußland und England gewährten hohen Ausfuhrvergütungen. Sie bedeuten in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/276>, abgerufen am 11.05.2024.