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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Die Arbeiterfrage in Fidschi

anderen Kolonien abzuleistende Arbeitskontrakte verboten. Das bezog sich seit
zwei Jahren nun auch auf Fidschi. Die Nachfolgerin der Firma I. C. God-
defroy u. Sohn in Samoa, die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft
der Südsee, hat bekanntlich auf Grund alt verbriefter Rechte noch die Er¬
laubnis, dort, sowie in Deutsch-Neuguinea, eine gewisse Anzahl Arbeiter anzu¬
werben. Aber auch diese Rechte werden heute schon durch den Neid der weniger
Begünstigten beschnitten.

In Fidschi stellen aber die dort zurückgebliebenen fast dreitausend Salomon-
insulaner noch eine Aktiva in der Arbeiterfrage dar, für deren Behandlung ein
Gesetz, die "OräinanLS I^o. V ok 1888" erlassen worden ist. Einige Para¬
graphen aus dieser Verordnung dürften hier interessieren.

Der Einwanderungskommissar (Aufsichtsbeamter) in Fidschi darf jede
Plantage auf sanitäre und wohnliche Verhältnisse der Polnnesier untersuchen.
Jedes Schiff, das zur Anwerbung von Arbeitern für Fidschi eine Erlaubnis
erhalten hat, muß eine Kaution von 500 Pfund Sterling hinterlegen, die bei
Übertretung der Gesetzes Vorschriften verfallen kann. Nur in britischen Schiffen
dürfen Arbeiter nach Fidschi gebracht werden. Zur Aufrechterhaltung der
Humanität ist weiter bestimmt worden, daß der Kapitän eines solchen An¬
werbeschiffes keinen Anteil an dem Gewinn der Fahrt haben darf. Ebenso
sind die Löhne der Mannschaft unabhängig von der Zahl der angeworbenen
Arbeiter. Die Schiffe dürfen nicht unter 25 Tonnen Register Rauminhalt
aufweisen. Mehr als drei Arbeiter für je 2 Tonnen Schiffsraum sollen nicht
befördert werden. Für die Reisen selbst werden entsprechende Vorschriften bezüglich
der Bequemlichkeit der Arbeiter erlassen, u. a. müssen die Schiffe Proviant und
Wasser für die Fahrten mitnehmen:

April bis Dezember bis
Arbeileranwerbnngs- ^. 5 r November April
^ Inseln von nach von nach
Fidschi Fidschi
Tage Tage Tage Tage
Scenen Hebriden . Tanna, Erromango, 9 12 11 12
Malicolo, Apia,
Santo, Auroro,
Pentecost, Bank-
Insel .... 12 14 16 14
Salomoninseln . Santa Cruz, Vanikoro 14 18 17 18
S. Christvval, Ma-
layata, Guadcil-
canar .... 18 22 22 22
Bougainville, Isabel
Choiseul ... 21 30 26 30

Weiter bestimmt dieselbe Verordnung, daß jedes Anwerbungsschiff einen
Regierungsbeamten frei mitnehmen muß. Dessen Passagekosten und Beköstigung
trägt das Schiff, Der Regierungsbeamte kontrolliert die Behandlung der Arbeiter
an Bord. Es darf kein Polynesier angeworben werden, der unter zwanzig und


Grenzboten IV 1913 29
Die Arbeiterfrage in Fidschi

anderen Kolonien abzuleistende Arbeitskontrakte verboten. Das bezog sich seit
zwei Jahren nun auch auf Fidschi. Die Nachfolgerin der Firma I. C. God-
defroy u. Sohn in Samoa, die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft
der Südsee, hat bekanntlich auf Grund alt verbriefter Rechte noch die Er¬
laubnis, dort, sowie in Deutsch-Neuguinea, eine gewisse Anzahl Arbeiter anzu¬
werben. Aber auch diese Rechte werden heute schon durch den Neid der weniger
Begünstigten beschnitten.

In Fidschi stellen aber die dort zurückgebliebenen fast dreitausend Salomon-
insulaner noch eine Aktiva in der Arbeiterfrage dar, für deren Behandlung ein
Gesetz, die „OräinanLS I^o. V ok 1888" erlassen worden ist. Einige Para¬
graphen aus dieser Verordnung dürften hier interessieren.

Der Einwanderungskommissar (Aufsichtsbeamter) in Fidschi darf jede
Plantage auf sanitäre und wohnliche Verhältnisse der Polnnesier untersuchen.
Jedes Schiff, das zur Anwerbung von Arbeitern für Fidschi eine Erlaubnis
erhalten hat, muß eine Kaution von 500 Pfund Sterling hinterlegen, die bei
Übertretung der Gesetzes Vorschriften verfallen kann. Nur in britischen Schiffen
dürfen Arbeiter nach Fidschi gebracht werden. Zur Aufrechterhaltung der
Humanität ist weiter bestimmt worden, daß der Kapitän eines solchen An¬
werbeschiffes keinen Anteil an dem Gewinn der Fahrt haben darf. Ebenso
sind die Löhne der Mannschaft unabhängig von der Zahl der angeworbenen
Arbeiter. Die Schiffe dürfen nicht unter 25 Tonnen Register Rauminhalt
aufweisen. Mehr als drei Arbeiter für je 2 Tonnen Schiffsraum sollen nicht
befördert werden. Für die Reisen selbst werden entsprechende Vorschriften bezüglich
der Bequemlichkeit der Arbeiter erlassen, u. a. müssen die Schiffe Proviant und
Wasser für die Fahrten mitnehmen:

April bis Dezember bis
Arbeileranwerbnngs- ^. 5 r November April
^ Inseln von nach von nach
Fidschi Fidschi
Tage Tage Tage Tage
Scenen Hebriden . Tanna, Erromango, 9 12 11 12
Malicolo, Apia,
Santo, Auroro,
Pentecost, Bank-
Insel .... 12 14 16 14
Salomoninseln . Santa Cruz, Vanikoro 14 18 17 18
S. Christvval, Ma-
layata, Guadcil-
canar .... 18 22 22 22
Bougainville, Isabel
Choiseul ... 21 30 26 30

Weiter bestimmt dieselbe Verordnung, daß jedes Anwerbungsschiff einen
Regierungsbeamten frei mitnehmen muß. Dessen Passagekosten und Beköstigung
trägt das Schiff, Der Regierungsbeamte kontrolliert die Behandlung der Arbeiter
an Bord. Es darf kein Polynesier angeworben werden, der unter zwanzig und


Grenzboten IV 1913 29
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[0461] Die Arbeiterfrage in Fidschi anderen Kolonien abzuleistende Arbeitskontrakte verboten. Das bezog sich seit zwei Jahren nun auch auf Fidschi. Die Nachfolgerin der Firma I. C. God- defroy u. Sohn in Samoa, die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft der Südsee, hat bekanntlich auf Grund alt verbriefter Rechte noch die Er¬ laubnis, dort, sowie in Deutsch-Neuguinea, eine gewisse Anzahl Arbeiter anzu¬ werben. Aber auch diese Rechte werden heute schon durch den Neid der weniger Begünstigten beschnitten. In Fidschi stellen aber die dort zurückgebliebenen fast dreitausend Salomon- insulaner noch eine Aktiva in der Arbeiterfrage dar, für deren Behandlung ein Gesetz, die „OräinanLS I^o. V ok 1888" erlassen worden ist. Einige Para¬ graphen aus dieser Verordnung dürften hier interessieren. Der Einwanderungskommissar (Aufsichtsbeamter) in Fidschi darf jede Plantage auf sanitäre und wohnliche Verhältnisse der Polnnesier untersuchen. Jedes Schiff, das zur Anwerbung von Arbeitern für Fidschi eine Erlaubnis erhalten hat, muß eine Kaution von 500 Pfund Sterling hinterlegen, die bei Übertretung der Gesetzes Vorschriften verfallen kann. Nur in britischen Schiffen dürfen Arbeiter nach Fidschi gebracht werden. Zur Aufrechterhaltung der Humanität ist weiter bestimmt worden, daß der Kapitän eines solchen An¬ werbeschiffes keinen Anteil an dem Gewinn der Fahrt haben darf. Ebenso sind die Löhne der Mannschaft unabhängig von der Zahl der angeworbenen Arbeiter. Die Schiffe dürfen nicht unter 25 Tonnen Register Rauminhalt aufweisen. Mehr als drei Arbeiter für je 2 Tonnen Schiffsraum sollen nicht befördert werden. Für die Reisen selbst werden entsprechende Vorschriften bezüglich der Bequemlichkeit der Arbeiter erlassen, u. a. müssen die Schiffe Proviant und Wasser für die Fahrten mitnehmen: April bis Dezember bis Arbeileranwerbnngs- ^. 5 r November April ^ Inseln von nach von nach Fidschi Fidschi Tage Tage Tage Tage Scenen Hebriden . Tanna, Erromango, 9 12 11 12 Malicolo, Apia, Santo, Auroro, Pentecost, Bank- Insel .... 12 14 16 14 Salomoninseln . Santa Cruz, Vanikoro 14 18 17 18 S. Christvval, Ma- layata, Guadcil- canar .... 18 22 22 22 Bougainville, Isabel Choiseul ... 21 30 26 30 Weiter bestimmt dieselbe Verordnung, daß jedes Anwerbungsschiff einen Regierungsbeamten frei mitnehmen muß. Dessen Passagekosten und Beköstigung trägt das Schiff, Der Regierungsbeamte kontrolliert die Behandlung der Arbeiter an Bord. Es darf kein Polynesier angeworben werden, der unter zwanzig und Grenzboten IV 1913 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/461>, abgerufen am 16.06.2024.