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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Die Arbeiterfrage in Fidschi

Samoa sehr gering, wo chinesische Kukis, einschließlich der eben genannten
Unkosten, im Jahr etwa 750 Mark kosten*). Fidschi stellt sich infolgedessen in
bezug auf die Lösung der Arbeiterfrage weitaus günstiger, als unsere deutsche
Nachbarkolonie.

Wie bereits ausgeführt, kommt der Fidschianer als regelmäßiger Arbeiter
nicht in Frage. Zuweilen hat er Lust zu arbeiten. Sein Arbeitsverhältnis
wird dann nach der Verordnung von 1895 (The Fijian Labour Ordinance, 1895)
geregelt. Er muß seine Bereitwilligkeit zur Arbeit zuerst dem "Turaga-ni-loro",
dem Häuptling seines Dorfes anzeigen, der davon dem "Bull", dem Distrikts¬
häuptling. Mitteilung macht. Wenn beide einwilligen, kann der Fidschianer
arbeiten unter folgenden Bedingungen:

1. Ist der Fidschianer verheiratet, so soll er sich nicht länger als drei Mo¬
nate zur Kontraktarbeit verpflichten.

2. Seine Abwesenheit vom Dorfe darf nicht mit den für die Dorfgemein
schaft giltigen Gesetzen in Konflikt geraten.

3. Seine Gegenwart wird vom Distriktsrat für gewisse Arbeiten nicht
verlangt.

Frauen und Kinder unter vierzehn Jahren dürfen nicht in Arbeit gehen;
sie dürfen aber ihren Gemahl und Vater auf die Pflanzung begleiten. In
diesem Falle darf der Fidschianer länger als drei Monate arbeiten, doch muß
eine zweckentsprechende Behausung für die Familie von der Pflanzung bereit¬
gehalten werden. Die Anwerbung wird von der Negierung durch Lizenzen
beaufsichtigt. Der Arbeitskontrakt muß vor einem Bezirksamtmann abgeschlossen
werden. Nach Wahl des Arbeitgebers wird der Fidschianer in Tages- oder
Akkordarbeit beschäftigt. Werden Inder und Fidschianer zusammen angestellt,
so ist die Arbeitsleistung die gleiche. Er soll nicht weniger als 8 Pence Sterling
für den Tag erhalten. Die Tagesstunden sind dieselben wie die der Inder.
Frei-Passagen nach und von der Arbeitsstätte sind bei Beginn und Ende der
Arbeitsverpflichtung zu gewähren. Auch ist die Eingeborenenkopfsteuer vom
Arbeitgeber zu entrichten (1 Pfund Sterling). Ein Viertel des Lohnes ist wöchentlich
und der Rest am Ende des Kontraktes in Gegenwart eines Regierungsbeamten
zu zahlen. Einige Tücher und Bettzeug hat der Fidschianer zu empfangen;
dies aber ist sehr gering und fällt nicht ins Gewicht bei Beurteilung der Arbeiter¬
frage. Sind über fünfzig Fidschianer auf einer Pflanzung beschäftigt, so muß
der Arbeitgeber auf derselben ein Hospital für sie errichten.

Für spezielle Gelegenheitsarbeiten dürfen Fidschianer mit Erlaubnis der
Regierung ebenfalls engagiert werden.

Ich habe bereits ausgeführt, daß das Land in Fidschi den Eingeborenen
gehört. Große Landflächen sind von ihnen an Weiße verpachtet; jedes Jahr



*) In Samoa kostet die Einfuhr eines Chinesen bei dreijährigem Kontrakte einschließlich
RückPassage 400 Mark, d. h. für ein Jahr 133 Mark; für Lohn wird jährlich 240 Mark, für
Verpflegung 260 Mark, für Krankheitsabgang usw. 120 Mark gerechnet.
Die Arbeiterfrage in Fidschi

Samoa sehr gering, wo chinesische Kukis, einschließlich der eben genannten
Unkosten, im Jahr etwa 750 Mark kosten*). Fidschi stellt sich infolgedessen in
bezug auf die Lösung der Arbeiterfrage weitaus günstiger, als unsere deutsche
Nachbarkolonie.

Wie bereits ausgeführt, kommt der Fidschianer als regelmäßiger Arbeiter
nicht in Frage. Zuweilen hat er Lust zu arbeiten. Sein Arbeitsverhältnis
wird dann nach der Verordnung von 1895 (The Fijian Labour Ordinance, 1895)
geregelt. Er muß seine Bereitwilligkeit zur Arbeit zuerst dem „Turaga-ni-loro",
dem Häuptling seines Dorfes anzeigen, der davon dem „Bull", dem Distrikts¬
häuptling. Mitteilung macht. Wenn beide einwilligen, kann der Fidschianer
arbeiten unter folgenden Bedingungen:

1. Ist der Fidschianer verheiratet, so soll er sich nicht länger als drei Mo¬
nate zur Kontraktarbeit verpflichten.

2. Seine Abwesenheit vom Dorfe darf nicht mit den für die Dorfgemein
schaft giltigen Gesetzen in Konflikt geraten.

3. Seine Gegenwart wird vom Distriktsrat für gewisse Arbeiten nicht
verlangt.

Frauen und Kinder unter vierzehn Jahren dürfen nicht in Arbeit gehen;
sie dürfen aber ihren Gemahl und Vater auf die Pflanzung begleiten. In
diesem Falle darf der Fidschianer länger als drei Monate arbeiten, doch muß
eine zweckentsprechende Behausung für die Familie von der Pflanzung bereit¬
gehalten werden. Die Anwerbung wird von der Negierung durch Lizenzen
beaufsichtigt. Der Arbeitskontrakt muß vor einem Bezirksamtmann abgeschlossen
werden. Nach Wahl des Arbeitgebers wird der Fidschianer in Tages- oder
Akkordarbeit beschäftigt. Werden Inder und Fidschianer zusammen angestellt,
so ist die Arbeitsleistung die gleiche. Er soll nicht weniger als 8 Pence Sterling
für den Tag erhalten. Die Tagesstunden sind dieselben wie die der Inder.
Frei-Passagen nach und von der Arbeitsstätte sind bei Beginn und Ende der
Arbeitsverpflichtung zu gewähren. Auch ist die Eingeborenenkopfsteuer vom
Arbeitgeber zu entrichten (1 Pfund Sterling). Ein Viertel des Lohnes ist wöchentlich
und der Rest am Ende des Kontraktes in Gegenwart eines Regierungsbeamten
zu zahlen. Einige Tücher und Bettzeug hat der Fidschianer zu empfangen;
dies aber ist sehr gering und fällt nicht ins Gewicht bei Beurteilung der Arbeiter¬
frage. Sind über fünfzig Fidschianer auf einer Pflanzung beschäftigt, so muß
der Arbeitgeber auf derselben ein Hospital für sie errichten.

Für spezielle Gelegenheitsarbeiten dürfen Fidschianer mit Erlaubnis der
Regierung ebenfalls engagiert werden.

Ich habe bereits ausgeführt, daß das Land in Fidschi den Eingeborenen
gehört. Große Landflächen sind von ihnen an Weiße verpachtet; jedes Jahr



*) In Samoa kostet die Einfuhr eines Chinesen bei dreijährigem Kontrakte einschließlich
RückPassage 400 Mark, d. h. für ein Jahr 133 Mark; für Lohn wird jährlich 240 Mark, für
Verpflegung 260 Mark, für Krankheitsabgang usw. 120 Mark gerechnet.
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[0471] Die Arbeiterfrage in Fidschi Samoa sehr gering, wo chinesische Kukis, einschließlich der eben genannten Unkosten, im Jahr etwa 750 Mark kosten*). Fidschi stellt sich infolgedessen in bezug auf die Lösung der Arbeiterfrage weitaus günstiger, als unsere deutsche Nachbarkolonie. Wie bereits ausgeführt, kommt der Fidschianer als regelmäßiger Arbeiter nicht in Frage. Zuweilen hat er Lust zu arbeiten. Sein Arbeitsverhältnis wird dann nach der Verordnung von 1895 (The Fijian Labour Ordinance, 1895) geregelt. Er muß seine Bereitwilligkeit zur Arbeit zuerst dem „Turaga-ni-loro", dem Häuptling seines Dorfes anzeigen, der davon dem „Bull", dem Distrikts¬ häuptling. Mitteilung macht. Wenn beide einwilligen, kann der Fidschianer arbeiten unter folgenden Bedingungen: 1. Ist der Fidschianer verheiratet, so soll er sich nicht länger als drei Mo¬ nate zur Kontraktarbeit verpflichten. 2. Seine Abwesenheit vom Dorfe darf nicht mit den für die Dorfgemein schaft giltigen Gesetzen in Konflikt geraten. 3. Seine Gegenwart wird vom Distriktsrat für gewisse Arbeiten nicht verlangt. Frauen und Kinder unter vierzehn Jahren dürfen nicht in Arbeit gehen; sie dürfen aber ihren Gemahl und Vater auf die Pflanzung begleiten. In diesem Falle darf der Fidschianer länger als drei Monate arbeiten, doch muß eine zweckentsprechende Behausung für die Familie von der Pflanzung bereit¬ gehalten werden. Die Anwerbung wird von der Negierung durch Lizenzen beaufsichtigt. Der Arbeitskontrakt muß vor einem Bezirksamtmann abgeschlossen werden. Nach Wahl des Arbeitgebers wird der Fidschianer in Tages- oder Akkordarbeit beschäftigt. Werden Inder und Fidschianer zusammen angestellt, so ist die Arbeitsleistung die gleiche. Er soll nicht weniger als 8 Pence Sterling für den Tag erhalten. Die Tagesstunden sind dieselben wie die der Inder. Frei-Passagen nach und von der Arbeitsstätte sind bei Beginn und Ende der Arbeitsverpflichtung zu gewähren. Auch ist die Eingeborenenkopfsteuer vom Arbeitgeber zu entrichten (1 Pfund Sterling). Ein Viertel des Lohnes ist wöchentlich und der Rest am Ende des Kontraktes in Gegenwart eines Regierungsbeamten zu zahlen. Einige Tücher und Bettzeug hat der Fidschianer zu empfangen; dies aber ist sehr gering und fällt nicht ins Gewicht bei Beurteilung der Arbeiter¬ frage. Sind über fünfzig Fidschianer auf einer Pflanzung beschäftigt, so muß der Arbeitgeber auf derselben ein Hospital für sie errichten. Für spezielle Gelegenheitsarbeiten dürfen Fidschianer mit Erlaubnis der Regierung ebenfalls engagiert werden. Ich habe bereits ausgeführt, daß das Land in Fidschi den Eingeborenen gehört. Große Landflächen sind von ihnen an Weiße verpachtet; jedes Jahr *) In Samoa kostet die Einfuhr eines Chinesen bei dreijährigem Kontrakte einschließlich RückPassage 400 Mark, d. h. für ein Jahr 133 Mark; für Lohn wird jährlich 240 Mark, für Verpflegung 260 Mark, für Krankheitsabgang usw. 120 Mark gerechnet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/471>, abgerufen am 05.06.2024.